76 |
5.Die letzten Worte des Täufers.C. 3, 22 — 36. |
5.The last words of the Baptist.C. 3, 22 – 36. |
76/77 | Wenn der Herr sonst seinen Aufenthalt wechselt, so läßt es ihn der Vierte nie ohne einen besonderen Grund thun: aus Judäa treiben ihn die Nachstellungen seiner Feinde nach Galiläa und von hier ruft ihn die Festzeit wieder nach Judäa zurück. Dießmal läßt er ihn, als er in Jerusalem des Großen genug gethan hatte, als wäre er nur in Judäa an seinem Platze, sich in das offene Land begeben und hier mit seinen »Jüngern tau-send umherziehen. Da er nämlich seinen Herrn in die Nähe des Täufers und mit diesem selbst vermittelst der Taufe in Col- liston bringen wollte, da er in diesem Augenblick nur daran denkt, die Nähe des Täufers erklärlich zu machen, so hat er bereits genug zu pragmatisiren und unterläßt er es für dießmal, den Ortswechsel von Seiten Jesu zu erklären — ohnehin muß er sich die feindselige Gesinnung der Pharisäer für nachher aufsparen, als er die Absicht hatte, Jesum aus Judäa wirklich nach Galiläa (C. 4, 1. 2.) zu versetzen. | When the Lord otherwise changes his place of residence, the Fourth never lets him do so without a special reason: from Judea the persecutions of his enemies drive him to Galilee and from here the festival time calls him back to Judea. This time, when he had done enough in Jerusalem, as if he were only in his place in Judea, he let him go into the open country and wander around with his disciples. For since he wanted to bring his Lord ito the proximity of the Baptist and into collision with him by means of baptism, since he only thinks about it at this moment, so he already has enough to pragmatize and omits for this time to explain the change of place on the part of Jesus – anyway he has to save the hostile attitude of the Pharisees for later, when he had the intention to really bring Jesus from Judea to Galilee (C. 4, 1. 2.). |
77 | Wo war also der Täufer, als die folgende Collision aus- brach? Zu Aenon in der Nähe von Salim. Warum hier, in einer Lokalität, von der wir sonst nichts hören? Weil hier, sagt der Vierte, viel Wasser war! Also am Jordan — so sollen wir es uns wenigstens doch wohl denken? Also darum hat der Vierte die Kunst seines Pragmatismus in dem Grade angestrengt, daß er eigens zwei Städtenamen erfand? So gründlich hat er pragmatisirt, daß wir nun fragen müssen, ob der Jordan anderwärts nicht Wasser genug hatte, daß sich die Täuflinge untertauchen konnten? — daß wir weiter fragen müssen, ob etwa der Täufer nach der Bequemlichkeit der Ufergegend und nicht vielmehr danach die Wahl seines Aufenthaltsorts getroffen haben wird, ob er hoffen konnte, mit seiner Bußpredigt und Taufe Anklang zu finden? | So where was the Baptist when the following collision broke out? At Aenon near Salim. Why here, in a locality of which we hear nothing else? Because here, says the fourth, was much water! So at the Jordan – at least that’s how we should think of it? So that’s why the fourth one has strained the art of his pragmatism to such an extent that he invented two names of cities? So thoroughly did he pragmatize that we must now ask whether the Jordan did not have enough water elsewhere for the baptized to immerse themselves? – that we must further ask whether the Baptist would have chosen his place of residence according to the comfort of the shore area and not rather according to it, whether he could hope to find approval with his sermon of repentance and baptism? |
77/78 | Für alle diese Fragen hat der Vierte kein Gehör — sein Pragmatismus ist auf höhere Dinge gerichtet und außerdem war er kaum so glücklich, den Täufer in Aenon bei Salim, „wo viel Wasser war”, zu wissen, als ihn die Verlegenheit zu einer neuen erklärenden Zwischenbemerkung zwang. Er denkt daran, wie sehr es seine Leser befremden muß, wenn sie den Täufer, nachdem der Herr aufgetreten, noch in voller Wirksamkeit sehen; er erinnert sich, daß seine Leser von einem andern Anschauungs-kreise her — und das ist der synoptische — gewohnt sind, das erste Auftreten Jesu sich nach der Gefangennehmung des Täufers zu denken; er beeilt sich daher zu bemerken, daß damals der Täufer noch nicht ins Gefängniß geworfen war. Er tritt also mit den Synoptikern, mit ihrer Darstellung, wonach Jesus erst nach der Gefangennehmung des Täufers öffentlich auftrat, in entschiedenen Widerspruch — einen Widerspruch, der nur dann erst der Rede seyn wird, wenn das, was der Vierte über die gleichzeitige Wirksamkeit Jesu und des Täufers berichtet, sich überhaupt aufrecht halten kann. | To all these questions the Fourth has no ear — his pragmatism is directed to higher things, and besides, he was hardly so happy as to know the Baptist at Aenon near Salim, “where there was much water,” when embarrassment forced him to a new explanatory interjection. He remembers how much it must alienate his readers to see the Baptist still in full activity after the appearance of the Lord; he remembers that his readers are accustomed from another circle of vision – and that is the synoptic one – to think of the first appearance of Jesus after the imprisonment of the Baptist; he therefore hastens to note that at that time the Baptist had not yet been thrown into prison. He thus enters into a decided contradiction with the Synoptics, with their account, according to which Jesus appeared publicly only after the capture of the Baptist – a contradiction that will only be mentioned if what the fourth one reports about the simultaneous activity of Jesus and the Baptist can be upheld at all. |
78 | Das Schicksal des Eingangs verspricht aber dem ganzen Bericht keine große Dauer. In Folge eines Streits mit den Juden über „Reinigung” sollen die Jünger des Täufers zu ihrem Lehrer kommen und ihm melden — aber was? Sagen sie ihm Etwas über den Streit, der Interesse genug gehabt haben müßte, da er trotz dem, daß Reinigung ohne die Bestimmtheit des Artikels gesetzt ist, nur in einer Controverse über die Taufe ihres Meisters bestehen konnte? Im Gegentheil! Ihre Meldung wäre auch ohne einen solchen Streit über „Reinigung” möglich gewesen — ja, da Alles, was sie ihrem Meister melden, sich auf die Klage beschränkt, daß der, von dem er jenseits des Jordan gezeugt habe, taust und daß Alle ihm zuströmen, so ist der Streit mit den Juden nicht nur unnütz, sondern auch ausgeschlossen und ist der einzige Anlaß ihrer Klage der Augenschein, daß Jesus durch seine Taufe ihren Meister zu verdrängen drohte. | The fate of the entrance, however, does not promise a great duration to the whole report. As a result of a dispute with the Jews about “purification”, the disciples of the Baptist are to come to their teacher and report to him – but what? Do they tell him anything about the dispute, which should have had enough interest, since it could only consist of a controversy about the baptism of their master, despite the fact that purification is set without the definiteness of the article? On the contrary! Their report would have been possible even without such a controversy about “purification” – indeed, since all that they report to their Master is limited to the complaint that He of whom He had begotten beyond the Jordan, that all are flocking to Him, the controversy with the Jews is not only useless but also excluded, and the only occasion of their complaint is the appearance that Jesus, by His baptism, threatened to displace their Master. |
78/79 | Nachdem der Anlaß der Klage gefallen, steht sie allein — um durch sich selbst und ihren innern Widerspruch zu fallen. Der, sagen die mißvergnügten Kläger, „von dem du gezeugt hast”, der also, den du uns als das Lammm Gottes, als den Messias gewiesen — der, den du unendlich über dich hinaus-gestellt, den du selbst als den Allergrößten bezeichnet hast ——-nun, wenn sie wirklich dieß Zeugniß des Täufers gehört, den Finger gesehen haben, der ihnen den einzig Auserwählten zeigte, dann konnte es sie nicht Wunder nehmen und wäre es ihnen unmöglich gewesen, sich darüber zu beklagen, daß der längst Erwartete ihrem Lehrer den Rang ablaufe — hätten sie sich vielmehr freuen müssen, daß Jesus sich als den auswies, als den ihn ihr Lehrer bezeichnet hatte. | After the cause of the complaint has fallen, it stands alone – to fall by itself and its inner contradiction. He, say the displeased plaintiffs, “of whom you have testified,” that is, the one whom you pointed out to us as the Lamb of God, as the Messiah – the one whom you placed infinitely above yourself, whom you yourself called the Most Great ——-now, when they really heard the testimony of the Baptist, saw the finger, which showed them the only chosen one, then they could not have been surprised and it would have been impossible for them to complain about the fact that the one who had been expected for a long time outranked their teacher – they would rather have had to rejoice that Jesus proved to be the one as whom their teacher had called him. |
79 | Da sie aber ein Zeugniß, wie es der Evangelist voraussetzt, nicht gehört, den Finger, der auf das Lamm Gottes zeigte, nicht gesehen haben, so könnte es seyn, daß sie sich über den Zulauf, der Jesu wurde, einmal beklagt haben — ihre Klage könnte noch allein für sich bestehen — ehe es ihr jedoch möglich wird, müßte sich uns wenigstens die Zurechtweisung, die der Täufer den Unzufriednen gibt, als geschichtlich bewähren. | But since they did not hear a testimony, as the evangelist presupposes, and did not see the finger that pointed to the Lamb of God, it could be that they once complained about the influx of Jesus – their complaint could still stand on its own – but before it becomes possible, at least the rebuke that the Baptist gives to the dissatisfied would have to prove to be historical. |
79/80 | Aber wie ist ihr das möglich, wenn der Täufer sogleich im Eingänge derselben (V. 28) mit großer Geflissentlichkeit sich darauf beruft und seine Jünger daran erinnert, daß er ein Zeugniß über Jesus abgelegt habe, welches für uns nicht mehr als geschichtlich besteht? Wie ist es ferner möglich, wenn er im ganzen Verlauf seiner Rede nicht nur wie ein vollendeter Christ spricht, sondern auch wie ein christlicher Glaubenslehrer? Er freut sich der Vereinigung Jesu und der Gemeinde, — wie der Freund des Bräutigams, sagt er, der sich über die Ausrufe des Entzückens freut, die der Bräutigam drinnen, im Ort der Vereinigung hören läßt — er reflectirt über den Gegensatz des Oben und Unten, des Himmels und der Erde, nennt Jesus den vom Himmel gekommenen, der von dem, was er geschaut habe, zeuge — kurz, er läßt sich nach den Worten, die zur Zurechtweisung der Jünger bestimmt sind, in derselben Weise gehen und von seinem Gegenstand fortreißen, wie sich Jesus im Gespräch mit Nikodemus gehen ließ, nachdem er es bereits längst nicht mehr mit diesem zu thun hatte. | But how is this possible, when the Baptist immediately in the beginning (v. 28) refers to it with great fluency and reminds his disciples that he has given a testimony about Jesus, which no longer exists for us as historical? How is it possible, furthermore, that in the whole course of his speech he speaks not only like an accomplished Christian, but also like a Christian teacher of the faith? He rejoices in the union of Jesus and the church, – like the friend of the bridegroom, he says, who rejoices in the exclamations of delight that the bridegroom makes heard inside, in the place of union – he reflects on the opposition of above and below, of heaven and earth, calls Jesus as the one who came from heaven, who testifies to what he has seen – in short, he lets himself be disciples, he lets himself go in the same way and is carried away from his object. and carried away from his object in the same way as Jesus let himself go in the conversation with Nicodemus, long after he no longer had anything to do with him. |
80 | Wenn diese Aehnlichkeit mit der Rede Jesu der des Täufers sehr gefährlich ist, so ist die Klage V. 32, der Herr zeuge von dem, was er in der himmlischen Welt geschaut habe, aber Niemand nehme dieß Zeugniß an, derselben tödtlich. Niemand! — und in demselben Augenblicke, da der Täufer diese Klage ausspricht, sollen seine Jünger ihm neidisch melden, daß Alles zu dem Herrn strömt. Niemand! — die weichmüthige Härte des Vierten, der es liebt, sich am Gegensatz des Evangeliums und der unempfänglichen Welt zu erfreuen, der die Gerechtigkeit seiner Sache am liebsten in der Form der Klage oder Anklage darstellt, hat zur Unzeit dem Täufer eine Klage in den Mund gelegt, noch dazu wörtlich dieselbe Klage, die sein Herr E. 3,11 bereits dem Nikodemus entgegengehalten hatte, eine Klage, die mit ihrer nichtssagenden Hyperbel die großartigen Siege des Evangeliums übersieht und mit ihrer schwächlichen Eintönigkeit uns über die wirklichen, geschichtlichen Kämpfe, die das Evangelium in der Welt zu bestehen hatte, nicht im Geringsten belehrt. | If this similarity with the speech of Jeus to that of the Baptist is very dangerous, the complaint in v. 32 that the Lord testifies of what he has seen in the heavenly world, but no one accepts this testimony, is deadly. No one! – and at the same moment that the Baptist utters this lament, his disciples enviously report to him that everything is flowing to the Lord. No one! – the soft-hearted hardness of the fourth, who loves to delight in the contrast of the gospel and the unreceptive world, who prefers to present the righteousness of his cause in the form of complaint or accusation, has put a complaint into the mouth of the Baptist at the wrong time, moreover literally the same complaint that his master ch. 3:11, a complaint that, with its meaningless hyperbole, overlooks the great victories of the Gospel and, with its feeble monotony, does not teach us in the least about the real historical struggles that the Gospel had to face in the world. |
80/81 | Aus dem Munde des Täufers spricht die schwache liebevolle Seele, die statt wirklich zu kämpfen und die großartigen Erfolge, die das Evangelium bereits davon getragen hatte, inö Auge zu fassen, nur mit derselben, sich immer gleichbleibenden Härte und Schroffheit gegen den Gegensatz ausfahren konnte — spricht der spätere Spekulant, der nicht Gründe genug zusammentragen und wenn er das Zeugniß des Herrn V. 32 bereits damit begründet hat, daß derselbe das Himmlische selbst geschaut habe, es nicht unterlassen konnte, auch noch einen allgemeinen Grundsatz anzuführen: V. 34, Gott, der den Herrn gesandt hat, „gibt den Geist nicht nach dem Maaße” — einen Grundsatz also, der weit über das beabsichtigte Ziel hinaus geht und zugleich die Gemeinde und den Reichthum des Geistes, der ihr zu Gebote steht, im Auge hat. | Out of the mouth of the Baptist speaks the weak loving soul, which instead of really fighting and envisaging the great successes that the gospel had already achieved, could only go out against the opposition with the same, always constant hardness and brusqueness – speaks the later speculator, who could not gather enough reasons and if he had already justified the testimony of the Lord v. 32 with the fact that he himself had seen the heavenly things, could not refrain from also stating a general principle: V. 34, God, who sent the Lord, “does not give the Spirit according to measure” – a principle, then, that goes far beyond the intended goal and at the same time has in mind the congregation and the wealth of the Spirit at its disposal. |
81 | Nun der Kern der Antwort, der wenigstens auf den vorausgesetzten Anlaß Rücksicht nimmt. Der Mensch, sagt der Täufer zu seinen neidischen Jüngern, die ihn zur Eifersucht gegen den Herrn reizen wollen, V. 27—30, kann sich Nichts nehmen, was ihm nicht vom Himmel gegeben ist. So habe er sich ausdrücklich nur als den Vorläufer des Gesalbten bezeichnet und er freue sich auch, daß der Erwartete sich mit der Gemeinde vereint habe, wenn er selbst nun auch abnehmen müsse, wahrend der Herr zunimmt. | Now the core of the answer, which at least takes into account the presupposed occasion. Man, says the Baptist to his envious disciples who want to provoke him to jealousy against the Lord, vv. 27-30, cannot take anything that has not been given to him from heaven. Thus he had expressly called himself only the forerunner of the anointed one, and he was also glad that the expected one had united with the congregation, if he himself now also had to decrease while the Lord increased. |
81 | Der Täufer sagt sogar, daß seine Freude nun erfüllt sey — und doch fühlt er auch Schmerz, spricht er die schmerzliche Nothwendigkeit aus, daß er nun abnehmen müsse? Beide Empfindungen stehen ruhig nebeneinander, ohne Kamps, ohne Berührung — wie ist das möglich? | The Baptist even says that his joy is now fulfilled – and yet he also feels pain, does he express the painful necessity that he must now decrease? Both sensations stand calmly side by side, without struggle, without contact – how is that possible? |
81 | Freude und Schmerz des Täufers sollen zumal durch denselben Gegenstand und durch die Eine und selbe Seite, die der Gegenstand ihm darbietet, hervorgerufen seyn! Die Ankunft des Messias erfüllt seine Freude und weckt seinen Schmerz — als Vorläufer freut er sich über den Gekommenen, als Vorläufer empfindet er die schmerzhafte Nothwendigkeit, daß er nun, da der Verheißene der Gemeinde gegeben ist, abnehmen müsse. | Joy and pain of the Baptist should be caused by the same object and by the one and the same side, which the object presents to him! The arrival of the Messiah fills his joy and awakens his pain – as a forerunner he rejoices over the one who has come, as a forerunner he feels the painful necessity that now, since the promised one has been given to the church, he must decline. |
81/82 | Im wirklichen Menschen kämpfen aber Freude und Schmerz, die durch denselben Gegenstand, noch dazu durch die Eine und selbe Seite desselben hervorgerufen werden, so lange miteinander, bis beide Empfindungen sich ausgeglichen haben oder eine über die andere den Sieg davonträgt. Wäre der Täufer des Vierten ein wirkliches, lebendiges Wesen, so hätte dieVoll-Gesalbten, dem er im Kreis der synoptischen Anschauung nur die Wege bahnte, seinen Jüngern mit dem Finger zeigen konnte. Sein Täufer muß der Vorläufer bleiben und als solcher abnehmen, obwohl er völlig aus seiner bisherigen Stellung heraustreten müßte, nachdem er den Allgewaltigen gefunden hatte, weil nur dieß, sein eignes Geschöpf diese genaue Bekanntschaft mit dem Allerhöchsten gemacht hat. Der Widerspruch, der für ein lebendes Wesen unerträglich wäre, gehört, wie es sich auch gebührt, einem Todten an: — der Täufer des Vierten braucht sich von dem Widerspruch nicht martern zu lassen, weil er als leblos kein Gefühl hat. | In the real human being, however, joy and pain, which are caused by the same object, moreover by the one and the same side of it, fight with each other until both sensations have balanced each other or one wins the victory over the other. If the Baptist of the Fourth were a real, living being, the Fully-Anointed One, to whom he only paved the way in the circle of the synoptic view, could have pointed his finger to his disciples. His Baptist must remain the forerunner and decrease as such, although he would have to step completely out of his previous position, after he had found the Almighty, because only this, his own creature had made this exact acquaintance with the Most High. The contradiction, which would be unbearable for a living being, belongs, as it should, to a dead one: – the Baptist of the Fourth does not need to let himself be tortured by the contradiction, because as lifeless he has no feeling. |
82 | Dieser Täufer ist auch unfähig, über seine Aufgabe und Stellung sich mit Klarheit auszusprechen, weil sein Schöpfer, der Vierte, sich vergeblich abmühen muß, wenn er es versucht, ihm ein Wort über seine untergeordnete Stellung in den Mund zu legen. Im Gegensatz zu dem himmlischen Ursprung und der himmlischen Weisheit des Herrn soll nämlich der Täufer seine Abkunft und den Inhalt seiner Predigt charaktarisiren: — er bringt es aber nur zu dem Gegensatz des Oben und Unten, des Himmlischen und Irdischen, in dem sich der Evangelist zu bewegen liebt. Er, sagt er V. 31. 32, ist von der Erde und spricht auch nur Irdisches, der Herr aber ist vom Himmel und spricht, was er daselbst gesehen hat;——-wie aber, Er, der Täufer, mit seiner ganzen geschichttzchen Aufgabe, mit dem ganzen wesentlichen Inhalt seiner Predigt ist nur von der Erde gezeugt?’ Er spricht nur Irdisches? Allerdings will der Vierte diesen reinen Gegensatz zu dem Himmlischen und dessen Zeugniß aufstellen — nicht nur vergleichsweise wie alle von der Erde Geborenen den Täufer dem Himmlischen hintenanstellen — er will auch nicht nur relativ die himmlische Klarheit der Predigt Jesu zu der irdisch-verhüllten Gestalt, in die sich die Rede des Täufers gekleidet habe, in Gegensatz bringen — er meint vielmehr den Gegensatz absolut und vergißt eS in seinem antithetischen Eifer, daß er selbst C. 1, 6 von dem Täufer gesagt hatte, er sey von Gott gesandt — dasselbe also von ihm gesagt hatte, was er jetzt von dem Herrn sagt (V. 34) — er überfieht so wenig seine eigene Arbeit, daß er nicht daran denkt, wie er dem Täufer auch in diesem Augenblicke nur Himmlisches in den Mund legt, nämlich von Wort zu Wort dasselbe, was er dem Herrn im Gespräch mit Nikodemus (C. 3, 16 folgd.) in den Mund gelegt hatte. | This Baptist is also incapable of expressing himself with clarity about his task and position, because his creator, the Fourth, must struggle in vain when he tries to put a word into his mouth about his subordinate position. In contrast to the heavenly origin and the heavenly wisdom of the Lord, the Baptist is supposed to characterize his origin and the content of his sermon: – but he only brings it to the contrast of above and below, of heavenly and earthly, in which the evangelist loves to move. He, he says v. 31. 32, is from earth and speaks only earthly things, but the Lord is from heaven and speaks what he has seen there;——-but, He, the Baptist, with his whole historical task, with the whole essential content of his sermon, is only begotten from earth?’ He speaks only earthly things? However, the fourth wants to set up this pure contrast to the heavenly and its testimony – not only comparatively as all those born from earth put the Baptist behind the heavenly – he also does not want to contrast only relatively the heavenly clarity of Jesus’ sermon to the earthly-veiled figure in which the speech of the Baptist was clothed – he rather means the contrast absolutely and forgets in his antithetical zeal that he himself ch. 1, 6 that he had said of the baptist that he was sent by God – the same thing he said of him that he now says of the Lord (v. 34) – he overlooks his own work so little that he does not think about how he only puts heavenly things into the mouth of the baptist at this moment, namely from word to word the same thing that he had put into the mouth of the Lord in the conversation with Nicodemus (ch. 3, 16 following). |
82/83 | Ein Bericht, der sich vollständig aufgelöst hat, ist somit auch nicht im Stande, die Anschauung der Synoptiker, die noch Nichts davon wissen, daß Jesus selbst getauft habe, umzufloßen. Der Vierte hat zwar noch ein Gefühl für das Anstößige, was darin liegen würde, wenn der Herr selbst durch die Taufe sich einen Anhang unter dem Volke hätte verschaffen wollen; die erste Gelegenheit, die sich ihm darbot und die er sich bald genug selbst verschaffen konnte, benutzt er dazu, seinen Ausdruck, — denselben Ausdruck, den er so eben noch nothwendig brauchte und allein brauchen konnte — daß der Herr getauft habe, zu berichtigen und zu bemerken, E. 4, 2, nicht er selbst, sondern seine Jünger hätten getauft — allein der Schaden wird damit nicht geheilt und das Anstößige, daß der Herr wenn auch nur durch seine Jünger in einer statutarischen, positiven Form das Volk zu sich habe heranziehen wollen, bleibt in voller Kraft bestehen. Auch mit dieser ängstlichen, nachgetragenen Bemerkung kann der Vierte die synoptische Anschauung, wonach das Werk Jesu allein darin bestand, daß er mit klarer Sicherheit unter das Volk trat und die Unendlichkeit seines Innern dem allgemeinen Bewußtseyn aufschloß, nicht erschüttern; ohne Neid können ihm die Synoptiker seine Bereicherung der Geschichte lassen und ihm das gedrückte und qualvolle Bild gönnen, welches herauskommt, wenn Jesus, diese gegenwärtige Person durch ein positives Statut, ehe er sogar die Unendlichkeit seiner Person der Welt aufgeschlossen, die Leute an sich ketten läßt, — sie, die Synoptiker, die die Stätte schildern, auf deren weitem Raum ein welterobcrndes Princip in freier Sicherheit sich selbst entwickelt, können dem Vierten auch ruhig das Bild lassen, welches er mit seiner Voraussetzung, daß Jesus und Johannes, jeder durch die Taufe sich einen besonderen Anhängerkreis bildeten, geschaffen hat — sie können die beiden auf einander neidischen Schulen immerhin ihren Zank auskämpfen lassen. | A report that has completely dissolved is therefore also not able to overflow the view of the Synoptics, who still know nothing about the fact that Jesus himself baptized. The fourth still has a feeling for the offense, which would lie in it, if the Lord himself would have wanted to acquire a following among the people through baptism; the first opportunity, which was offered to him and which he could soon enough acquire himself, he uses to correct his expression – the same expression, which he still needed and could only use – that the Lord had baptized, and to remark, ch. 4, 2, that not he himself, but his disciples had baptized – only the damage is not healed by this, and the objectionable fact that the Lord had wanted to draw the people to himself, even if only through his disciples, in a statutory, positive form, remains in full force. Even with this anxious, belated remark, the fourth cannot shake the synoptic view, according to which the work of Jesus consisted solely in the fact that he stood among the people with clear certainty and opened up the infinity of his inner being to the general consciousness; without envy the Synoptics can leave him his enrichment of history and grant him the depressed and agonizing image which comes out when Jesus, this present person, by a positive statute, before he has even opened the infinity of his person to the world, has the people chained to him, – they, the Synoptics, who describe the place, They, the Synoptics, who describe the place, on whose wide space a world-obliged principle develops itself in free security, can also calmly leave to the fourth the picture, which he created with his presupposition that Jesus and John, each formed a special circle of followers by the baptism – they can let the two schools, which are envious of each other, fight out their quarrel. |
85/86 | Wenn er es der Mühe für Werth hielte, kann Marcus, der es als einen neuen und bedeutungsvollen Jncidenzpunkt betrachtet wissen will, wenn Petrus sechs Tage vor der Verklärung zu der Einsicht und dem Bekenntniß, daß Jesus der Gesalbte ist, sich erhoben fühlt, dem Vierten die Frage stellen, ob denn das Bekenntniß, welches die Jünger Jesu für ihre Taufe forderten, ein positives, symbolisches war; — er kann ihm noch weiter zusetzen, daran anknüpfen, daß in seinem neuen Evangelium sogar der Täufer schon die vollkommene Einsicht in das Heilswerk und den Glauben an Diesen besitzt, und ihm nun die Aufgabe stellen, er möge es wenigstens einmal versuchen und seinen Lesern eine Ahndung darüber verschaffen, wie sich die Taufe, die Jesus durch seine Jünger verrichten ließ, und die des Johannes von einander unterschieden, ob überhaupt ein Unterschied möglich war, wenn der Täufer den Herrn anerkannt hatte und jene tiefe Einsicht in den Mittelpunkt der christlichen Idee besaß, die er ihm zuschreibt — Marcus kann den Vierten fragen, ob der Täufer überhaupt noch auf den Zukünftigen taufen konnte, als seine Freude erfüllt war — ob er nicht sogar den Täufer als dieses geschichtliche Subject getödtet hat, wenn er ihm den vollendeten Glauben an Jesum, ja die Einsicht in alle Mysterien der christlichen Idee geschenkt und somit in die Kollision versetzt hat, daß er entweder seine geschichtliche Taufe ganz und gar aufgeben, sie in die christliche verwandeln oder seine Wirksamkeit noch vollständiger verändern und ein Lehrer der christlichen Dogmatik werden mußte. | If he considers it worth the effort, Mark, who wants it to be regarded as a new and significant point of evidence, when Peter, six days before the transfiguration, feels raised to the insight and the confession that Jesus is the anointed one, can ask the fourth the question whether the confession, which the disciples of Jesus demanded for their baptism, was a positive, symbolic one; – He can add to this the fact that in his new Gospel even the Baptist already possesses perfect insight into the work of salvation and faith in Him, and now set him the task of trying at least once to give his readers an idea of how the baptism that Jesus had his disciples perform and that of John differed from one another, whether a difference was possible at all if the Baptist had acknowledged the Lord and possessed that deep insight into the center of the Christian idea, which he ascribes to him – Mark can ask the Fourth, whether the Baptist could still baptize at all into the One to come, when his joy was fulfilled – whether he did not even kill the Baptist as this historical subject, when he gave him the completed faith in Jesus, yes, the insight into all the mysteries of the Christian idea, and thus put him into the collision, that he either had to give up his historical baptism altogether, change it into the Christian one, or change its effectiveness even more completely and become a teacher of Christian dogmatics. |
86/87 | Der Vierte wird sich hüten, sich auf diese Fragen einzu- lassen, da er es nur zu wohl weiß, daß er das Sparrwerk, welches seinen Bericht nothdürftig für einen Augenblick zu- sammenhält, eben jenen Synoptikern verdankt, deren Anschauung er mit seiner Bemerkung über die Taufe, die der Herr selbst schon durch seine Jünger verrichten ließ, bereichern wollte. Wenn der Täufer in seiner Antwort auf die neidische Anklage seiner Jünger Jesum den Bräutigam nennt und seine Freude mit der vergleicht, die der Freund des Bräutigams empfindet, so nennt sich der Jesus der Synoptiker (Marc.2,18—20, Matth. 9,15) selbst den Bräutigam und spricht von der Freude derjenigen, denen sie mit Recht zusteht, da der Bräutigam bei ihnen ist; die aber, deren Freude er natürlich nennt und wir im Gegensatz zur gemachten Freude, von der der Vierte spricht, auch nur natürlich nennen können, ist die Freude der Seinigen, seiner Jünger, die so eben gleichfalls in einen Gegensatz zu den Johannesjüngern gestellt waren — aber wiederum in einen natürlichen! — da man den Herrn gefragt hatte, warum die Schüler des Johannes fasten und seine nicht. Das Fasten galt aber als Reinigung, — daher die verklingende Erwähnung derselben in dem Bericht des Vierten, wenn er bemerkt, daß über die Reinigung ein Streit entstand: — er meint die Taufe und doch hat ihn nur die synoptische Darstellung zu diesem Streit gebracht, mit dem er selber Nichts anzufangen wußte, da es ihm genügte, einzelne Nothbalken zn seinem Bau aufzu- raffen; der Balken, nach dem er aber diesmal griff, schien ihm um so haltbarer, da die Synoptiker noch von einem andern Streit wissen, der daher seinen Anlaß nahm, daß die Jünger Jesu nicht die Waschungen vor dem Essen, (diese Reinigung) Vornahmen. | The fourth will be careful not to get involved in these questions, since he knows only too well that he owes the saving work, which holds his report together for a moment, to those very synoptics, whose view he wanted to enrich with his remark about the baptism, which the Lord himself already had performed by his disciples. When the Baptist, in his answer to the envious accusation of his disciples, calls Jesus the Bridegroom and compares his joy with that felt by the friend of the Bridegroom, the Jesus of the Synoptics calls himself (Mark 2,18 -20, Matth. 9,15) himself the bridegroom and speaks of the joy of those to whom it is rightly due, since the bridegroom is with them; but the one whose joy he calls natural, and which we can also only call natural in contrast to the made joy of which the Fourth speaks, is the joy of His own, His disciples, who were thus just likewise placed in contrast to the disciples of John – but again in a natural one! – since they had asked the Lord why John’s disciples fasted and his did not. But fasting was regarded as purification, – hence the fading mention of it in the account of the Fourth, when he remarks that a dispute arose about purification: – he means the baptism, and yet only the synoptic account brought him to this dispute, with which he himself knew nothing to do, since it was enough for him to raise individual emergency beams to his construction; but the beam, which he reached for this time, seemed to him all the more durable, since the synoptics still know of another dispute, which took its cause from the fact that the disciples of Jesus did not perform the ablutions before eating, (this purification). |
87 | Einen Balken hat der Vierte freilich selber zugehauen, die Notiz, daß Jesus, wenn auch durch seine Jünger, taufte, daß für Jesum die Taufe als die christliche etwas Gegenwärtiges war — für den aber, den es kurz vorher (C. 3, 5) keine Mühe kostete, Jesum von der Nothwendigkeit der Taufe sprechen zu lassen, war es auch leicht genug, diese Notiz zu bilden und sie als Motiv für das neue Zeugniß des Täufers in Bewegung zu setzen. | Of course, the fourth man himself has added a beam, the note that Jesus baptized, even if through his disciples, that for Jesus the baptism as the Christian one was something present – but for him, who shortly before (ch. 3, 5) had no trouble to let Jesus speak of the necessity of baptism, it was easy enough to form this note and to set it in motion as a motive for the new testimony of the Baptist. |
87/88 | Daß aber der Täufer, ehe er von dem geschichtlichen Schauplatz verschwindet, noch einmal sein Zeugniß ablegen müsse, darauf brachten ihn Lukas und Matthäus, die das letzte Wort des Täufers auch ein Wort über seine messianische Erwartung seyn lassen. Freilich ist es nur eine Frage, sogar nur eine zweifelnde, wenn der Täufer Jesum durch einige seiner Jünger fragen läßt, ob er der Messias sey, oder ob man eines Andern warten solle. Dem Vierten, der den Täufer in die tiefsten Mysterien des Heilswerkes eingeweiht hat, konnte es aber nicht zweifelhaft seyn, daß der Täufer sein früheres Zeugniß nur wiederholen, höchstens noch einmal durch einige dogmatische Betheurungen und Antithesen bekräftigen konnte, — wobei er aber dennoch von der Voraussetzung, die die Synoptiker ausgebildet hatten, in dem Grade abhängig blieb — von der Macht dieser Voraussetzung ein so glänzendes Zeugniß ablegte, daß er denselben Täufer, den er in den Mittel-Punkt der christlichen Idee gestellt hatte, draußen stehen läßt, während der Bräutigam drinnen mit den Seinigen sich vereinigt. | But that the Baptist, before he disappears from the historical scene, must once again give his testimony, was brought to him by Luke and Matthew, who let the last word of the Baptist also be a word about his messianic expectation. Of course, it is only a question, even only a doubtful one, when the Baptist asks Jesus through some of his disciples whether he is the Messiah or whether one should wait for another. To the fourth, who had initiated the Baptist into the deepest mysteries of the work of salvation, it could not be doubtful that the Baptist could only repeat his earlier testimony, at most confirming it once again by some dogmatic assertions and antitheses, He nevertheless remained dependent on the presupposition that the synoptics had developed to such an extent that he bears such brilliant witness to the power of this presupposition that he leaves the same Baptist, whom he had placed in the center of the Christian idea, standing outside, while the bridegroom unites with his own inside. |
The following two tabs change content below.
Neil Godfrey
Neil is the author of this post. To read more about Neil, see our About page.
Latest posts by Neil Godfrey (see all)
- Can We Reliably Study Unique Events? - 2024-10-01 02:11:56 GMT+0000
- Are Historical Sources “Innocent Until Proven Guilty”? - 2024-09-28 22:47:59 GMT+0000
- The Conquest of Canaan: Observations of a Philologist - 2024-09-21 07:40:15 GMT+0000