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5.Die Compilation des Lukas. |
5.The Compilation of Luke. |
198 | Nachdem selbst die Verwirrung des Matthäusevangeliums dazu hat dienen müssen, uns den Weg zu verrathen, der zum Urbericht führt, werden die Versehen tn der Komposition oes Lukasevangeliums die Richtung dieses Weges — falls es noch nöthig wäre — nur noch mehr befestigen und für die Ordnung und den Zusammenhang des Urberichts ihr bekräftigendes Zeugniß ablegen. | Since even the confusion of Matthew’s Gospel must have served to betray to us the path that leads to the original account, the oversights in the composition of Luke’s Gospel will only strengthen the direction of this path – if it were still necessary – and bear corroborating witness to the order and coherence of the original account. |
198/199 | Aus der Unordnung, welche der übereilte Bruch nur Nazareth und die verspätete Berufung Petri in den ursprünglichen Anfang des Lukasevangeliums gebracht hat, hat sich uns bereits der erste Abschnitt des Urberichts, jener Abschnitt, der das Band zwischen Jesus und Kapernaum knüpft, wiederhergestellt. Die Erzählung von der Heilung des Aussätzigen, die (Luk.5,12—16) auf die Berufung Petri und der ersten Jünger folgt, wird diese Wiederherstellung vollenden. | From the disorder which the hasty break only with Nazareth and the delayed calling of Peter brought into the original beginning of Luke’s Gospel, the first section of the original account, the section that ties Jesus to Capernaum, has already been restored to us. The narrative of the healing of the leper, which (Luk.5,12-16) follows the calling of Peter and the first disciples, will complete this restoration. |
199 | Wenn nämlich der Jesus des Lukas, als er in einer der Städte war*), den Aussätzigen trifft und heilt, so widerspricht dieser Localität, die die Wunderthat von vornherein zu einer offenkundigen Begebenheit macht und den Wunderthäter mit einem Kreis von Zuschauern umgibt, das Gebot an den Aus- sätzigen, er solle mit Niemand von der Sache sprechen (B. 14), Niemandem den wunderbaren Hergang seiner Heilung verrathen. Dieses Verbot, welches nur an seiner Stelle ist, wenn das Wunder in der Einsamkeit geschieht, nahm Lukas aus dem Ur- bericht auf, konnte er nicht auslassen, weil es zu sehr zur epi- grammatischen Zuspitzung des Ganzen gehörte und die Span- nung desselben bedingte — er schrieb es dem ersten Former nach, ohne den Widerspruch zu merken, den der neue Eingang der Erzählung zu demselben bildete. Las Bedürfniß, welches ihm diesen neuen, ungehörigen Eingang aufdrängte, war aber auch zu groß gewesen — nachdem der Reisebericht (Luk. 4, 44) durch den Fischzug Petri und die Berufung der ersten Jünger unter- brochen und viel zu lange aufgchalten war, mußte er einen neuen Ansatz nehmen, mußte der Compilator irgend eine neue Eingangsformel bilden und zu seinem Unglück bildete er, Weil vorher (C. 4, 43) der Pflicht Jesu, auch den andern Städ- ten das Evangelium zu verkündigen, gedacht war, gerade die- jenige, die der Voraussetzung der folgenden Erzählung am schnei- dendsten widersprach. | When Luke’s Jesus, while in one of the cities*), meets the leper and heals him, this locality, which makes the miraculous deed an obvious event from the beginning and surrounds the miracle worker with a circle of spectators, contradicts the command to the leper that he should not speak to anyone about the matter (B. 14), that he should not tell anyone about the miraculous course of his healing. Luke took this prohibition, which is only in its place when the miracle takes place in solitude, from the original account, but he could not omit it because it belonged too much to the epigrammatic intensification of the whole and conditioned the suspense of it – he wrote it after the first former, without noticing the contradiction that the new entrance of the narrative formed to the same. The need that forced this new, inappropriate entrance upon him had also been too great – after the travelogue (Luk. 4, 44) had been interrupted by Peter’s fishing expedition and the calling of the first disciples and had lasted far too long, he had to take a new approach, the compiler had to form some new entrance formula, and to his misfortune, because he had previously (C. 4, 43) the duty of Jesus to preach the gospel to the other cities was thought of, he formed just that, which contradicted the premise of the following story most cuttingly. |
199* | *) Luk. 5, 12. ἐν μιᾷ τῶν πόλεων — eine Eingangsformel, die eben
so viel Werth hat, wie die folgende (V. 17) ἐν μιᾷ τῶν ἡμερῶν |
*) Luk. 5, 12. “In one of the cities” – an introductory formula that has as much value as the has as much value as the following (v. 17) “in one of the days” |
199/200 | Auf die Heilung des Aussätzigen folgt zwar wie im Marcusevangelium der Kampf mit den Pharisäern — folgt der ganze zweite Abschnitt des Urberichts, der die Collision des neuen Princips mit dem jüdischen Wesen darstellt (Luk. 5,17—6,11), aber es fehlt die Spitze des Ganzen, die im dritten Abschnitt des Urberichts den Kampf abschließt, — das Letzte, was für jetzt die jüdischen Gegner des Neuerers wagen konnten, — ihre Behauptung, daß er mit dem Teufel im Bunde stehe. Wie der Compilator einen Theil von den Elementen dieses dritten Abschnitts, die mit dem Vorwurf des Teuselsbündnisses eng zusammen hängen, den Rückzug Jesu in die Einsamkeit, die massenhaften Heilungen, die Erwählung der Zwölfe für die geschichtliche Einleitung der Rede benutzt hat, die im Matthäusevangelium zur Bergrede geworden ist (Luk. 6, 12—19), haben wir bereits gesehen, — es wird sich uns auch bald zeigen, wie wenig er davon ahndete, was die Ankunft der Verwandten Jesu zu bedeuten habe und in welcher nahen Beziehung sie zu dem Auftreten jener gehässigen Ankläger stehe — für jetzt bemerken wir nur, daß er den Vorwurf des Teufelsbündnisses und die Zeichenforderung in unmittelbaren Zusammenhang gebracht, Beides in die Just, d. h. auf jenen chimärischen Boden gestellt hat, auf welchem die große Reise Jesu durch Samaria nach Jerusalem geschieht, und daß er Beides statt von Pharisäern, überhaupt nur von Einigen aus dem Volkshaufen (C. 11, 15. 16) ausgehen läßt. | The healing of the leper is followed, as in the Gospel of Mark, by the fight with the Pharisees – the whole second section of the original report follows, which represents the confrontation of the new principle with the Jewish nature (Luk 5,17-6,11), but the point of the whole, which closes the fight in the third section of the original report, is missing – the last thing that the Jewish opponents of the innovator could dare for now, – their claim that he is in league with the devil. As the compiler used a part of the elements of this third section, which are closely connected with the accusation of the alliance with the devil, the withdrawal of Jesus into solitude, the mass healings, the election of the twelve for the historical introduction of the speech, which in the Gospel of Matthew has become the mountain speech (Luk 6, 12-19). 6, 12-19), we have already seen – it will also soon become clear to us how little he realised what the arrival of Jesus’ relatives meant and how closely it was related to the appearance of those spiteful accusers – for now we only notice that he brought the accusation of the alliance with the devil and the demand for signs into direct connection, both into the Just, i.e. to that chimerical, and the sign of the Lord. i.e. on the chimerical ground on which the great journey of Jesus through Samaria to Jerusalem takes place, and that he lets both to proceed from only some of the crowd instead of Pharisees (C. 11, 15. 16). |
200 | Wenn diese Ablösung des zweiten Abschnitts des Urberichts von seiner Zuspitzung im dritten den Beweis liefert, daß der Verfasser des Lukasevangeliums kein ursprünglicher Schöpfer war und daß er nicht einmal den Bau der von ihm benutzten Urschrist zu würdigen wußte, so stellt auch das Detail seiner Darstellung, namentlich die Verwirrung, die er in den Kampf zwischen dem Neuerer und den Vertretern des jüdischen Privilegiums bringt, das Ungeschick des Compilators bloß. | If this detachment of the second section of the original report from its culmination in the third provides the proof that the author of the Gospel of Luke was not an original creator and that he did not even know how to appreciate the structure of the original Christians used by him, then the detail of his account also shows, especially the confusion which he brings into the struggle between the innovator and the representatives of Jewish privilege, merely the clumsiness of the compiler. |
201 | Es war schon übereilt von ihm und machte ihn zu einem Vorgänger des vierten Evangelisten, daß er sogleich in den An- fang seiner Schrift den entschiedenen Bruch mit dem Zudenthum verlegte und Jesum alsbald nach seinem ersten Auftreten — (in der Synagoge von Nazareth) — das Heil den Juden entzie- hen und auf die Heiden übertragen ließ. Wie der Vierte stürzt er Jesum sogleich bei seinem ersten Auftreten in den Todes- kampf, in den erst die Menge der vorhergehenden Collisionen auslaufen konnte, — wie der Vierte übereilt er die Katastrophe und schaart er sogleich im Anfänge des Kampfs alle Gegner um den Herrn, die erst durch das allmählige Hervor- treten des Gegensatzes gereizt und herbeigerufen werden durften — wie der Vierte muß er es aber auch durch Andeutungen und Voraussetzungen, denen er sich nicht entziehen konnte, verrathen, daß er seine neue> Voraussetzung in einen historischen Typus brächte, der auf einen ganz andern Gang berechnet war — ja, er noch greller als der Vierte, da er ganze Abschnitte des Ur- berichts in seine Darstellung aufnimmt, und er theilt mit seinem Nachfolger das gleiche Mißgeschick, daß er seine neuen Voraus- setzungen nicht wirklich durchführen kann und den Gang des ur- sprünglichen Typus verwirren muß.
Wir vergessen mit ihm, daß sein Jesus in der Synagoge zu Nazareth das Lodesurtheil über das Judenthum ausge- sprachen hat, ehe die Gegner aufgetreten sind, die ihm die Ge- legenheit dazu geben, ein Privilegium der gesetzlichen Welt nach dem andern zu stürzen, und folgen ihm in diese allmählige Entwicklung des Kampfs, die mit der ersten Regung des Gegensatzes bei der Heilung des Gelähmten beginnt. |
It was already hasty of him and made him a predecessor of the fourth gospel evangelist that he immediately placed the decisive break with the Gentiles in the beginning of his writing and had Jesus withdraw salvation from the Jews and transfer it to the Gentiles immediately after his first appearance (in the synagogue of Nazareth). Like the fourth gospel, he plunges Jesus into the death struggle immediately after his first appearance, into which only the multitude of the preceding confrontations could spill out, – like the fourth gospel, he hastens the catastrophe and immediately gathers all opponents around the Lord in the beginning of the struggle, who were only allowed to be provoked and summoned by the gradual emergence of the opposition – but like the fourth gospel, he also has to do it by insinuations and presuppositions, He is even more blatant than the fourth gospel, since he includes whole sections of the original report in his account, and he shares the same misfortune with his successor, that he cannot really carry out his new presuppositions and must confuse the course of the original type.
We forget with him that his Jesus pronounced the Last Judgment on Judaism in the synagogue at Nazareth before the opponents appeared who gave him the opportunity to overthrow one privilege of the legal world after another, and we follow him in this gradual development of the struggle which begins with the first stirring of opposition in the healing of the paralytic. |
201/202 | Während nach dem Urbericht (Marc. 2, 5) nur einig Schriftgelehrte zufällig anwesend sind und im Stillen an der Anmaaßung, mit der Jesus sich die göttliche Kraft der Sünden Vergebung beilegt, Anstoß nehmen, hat Lukas sogleich die Pharisäer und Gesetzeslehrer aus allen Flecken Galiläa’s und Judäa’s und aus Jerusalem (C. 5, 17) herbeigerufen, ohne es zu erklären, Wie es möglich war, daß diese Schaar von Gegnern zusammen kam, ehe Jesus ihre Aufmerksamkeit erweckt hatte. Freilich hat es ihn auch Mühe genug gekostet, alle diese Leute, selbst die Obern aus Jerusalem Herbeizurufen — er hat sich in dem Grade anstrengen, so unausgesetzt im ganzen heiligen Lande umherlaufen müssen, um die Schaar der Gegner herbeizuschaffen, daß er für das Nächste keine Gedanken mehr übrig hat und dem Leser nicht einmal sagen kann, wo sich Jesus befand, als man den Gelähmten zu ihm brächte. Von der Heilung des Aussätzigen zu dem Kampf mit den Pharisäern, der auf Anlaß des kühnen Wortes Jesu an den Gelähmten ausbrach, bildet er den nichtssagenden Uebergang, daß es ״an einem der Tage geschah” — er vergißt es also seinen Lesern zu melden, daß Jesus nach Kapernaum zurückgekehrt war, als er zum erstenmale mit den Vertretern und Vorkämpfern des jüdischen Privilegiums in Berührung kam, und er läßt die- ses erste Treffen wie die folgenden Schlachten an einem unbe- stimmten Ort geschehen, während die Stichworte, die er dem Urbericht entlehnt — (daß Jesus nach der Heilung des Gelähm- ten ״hinausgmg” und den Zöllner Levi ״an der Zollbude sitzend” sah (C. 5, 27), daß ferner die zweite Sabbathsverletzung in ״der Synagoge” geschah (C. 6, 6) — eine genau bestimmte Localität voraussetzen. | While according to the original account (Marc. 2, 5) only a few scribes happened to be present and quietly took offence at the presumption with which Jesus attributed the divine power of forgiveness of sins to Himself, Luke immediately summoned the Pharisees and teachers of the law from all the villages of Galilee and Judea and from Jerusalem (C. 5, 17) without explaining how it was possible that this crowd of opponents came together before Jesus had caught their attention. Admittedly, it cost him enough trouble to summon all these people, even the rulers from Jerusalem – he had to exert himself to such an extent, to run around so incessantly in the whole holy land, in order to summon the crowd of opponents, that he no longer has any thoughts left for the next thing and cannot even tell the reader where Jesus was when the paralytic was brought to him. From the healing of the leper to the fight with the Pharisees that broke out on the occasion of Jesus’ bold word to the paralytic, he makes the meaningless transition that it happened ״on one of the days’ – he thus forgets to tell his readers that Jesus had returned to Capernaum, when he first came into contact with the representatives and champions of the Jewish privilege, and he lets this first meeting as well as the following battles happen at an unspecified place, while the key words he borrows from the original report – (that Jesus saw the tax collector Levi “sitting at the tax booth” after the healing of the paralytic (C. 5, 27), that furthermore the second Sabbath violation happened in ״the synagogue’ (C. 6, 6) – presuppose a precisely determined locality. |
202/203 | Der Schöpfer des Urberichts wußte, wann es an der Zeit sey, daß die Schriftgelchcten von Jerusalem einige aus ihrer Mitte abschickten, um das ganze Wesen Jesu einmal mit eigenen Augen zu prüfen — wußte es, wann Jesus mit den ersten Gegnern aus Jerusalem in Berührung kommen mußte — es war in jener Zeit, als seine Großthaten und besonders die kühnen Schlachten, die er den Anhängern des Gesetzes geliefert hatte, <0 großes Aufsehen gemacht hatten, daß sie auch die Auf- merksamkcit Jerusalems erregten, und als er bald selbst nach der Hauptstadt seinen Todesweg antreten sollte. Diese Abgesandten der Hauptstadt sind daher kaum beim Herrn angelangt, als auch sogleich (Marc. 7,1—23) eine der heftigsten Schlachten entbrennt, in der dem bestehenden Zudenthum und dem Gesetz das Recht, zu bestehen, abgewonnen wird — d. h. hier war es der Mühe werth, daß die Gcsetzesgelehrten von Jerusalem herbeikamen, denn sie sollten das Aeußerste hören, was der Herr vor seinen letzten Donnerworlen über das jüdische Wesen und Gesetz aussprechen konnte — und sie kamen zu rechter Zeit, denn kaum sind sie geschlagen, als Jesus im Zusammentreffen mit dem griechischen Weib aus Syrophönicien anerkennen mußte (Marc. 7, 24—30), daß das Heil seinen Weg zu den Heiden gefunden habe*). | The creator of the original report knew when it was time for the scribal angels of Jerusalem to send some of their number to test the whole nature of Jesus with their own eyes – knew when Jesus had to come into contact with the first opponents from Jerusalem – it was at that time, when his great deeds and especially the bold battles which he had delivered to the followers of the law had caused such a stir that they also attracted the attention of Jerusalem, and when he himself was soon to set out on his death journey to the capital. These envoys from the capital had hardly arrived at the Lord’s when one of the fiercest battles broke out (Mark 7,1-23), in which the right to exist was wrested from the existing cudentium and the law – i.e., here it was worth the trouble. Here it was worth the effort that the scholars of the law came from Jerusalem, because they were supposed to hear the greatest thing that the Lord could say about the Jewish nature and law before His last words of thunder – and they came at the right time, because they were hardly defeated when Jesus had to acknowledge in the encounter with the Greek woman from Syro-Phoenicia (Mark 7, 24-30) that salvation had found its way to the Gentiles*). |
203* | *) In der Schrift des Marcus sind es auch schon Schriftgclehrte aus Jerusalem, die (C. 3,22) die Anklage des Leuselsbündnisses erheben; es ist aber wahrscheinlich, daß diese Notiz erst später der Urschrift aufgedrungen ist und daß ursprünglich dieselben Pharisäer, die vorher mit dem Herrn gekämpft haben, auch diese Anklage erheben — eine Anklage zumal, mit der sie ihre feindselige Absicht (C. 3, 6) zu erreichen und ihn wirklich zu verderben hofften. | *) In the writing of Mark there are also already scribes from Jerusalem who (C. 3,22) raise the accusation of the alliance of the Gentiles; but it is likely that this note was only later added to the original writing and that originally the same Pharisees who had fought with the Lord before also raised this accusation – an accusation with which they hoped to achieve their hostile intention (C. 3, 6) and to really destroy Him. |
203/204 | So eilig hat es Lukas mit seinen Schriftgelebrten aus Jerusalem und allen Theilen Judäa’s und Galiläa’s, daß er sie im Eingänge seines Berichts (C. 5, 17) schon aufstellt, ehe er die Situation gebildet hat — so eilig, daß er nun, wenn er sich ängstlich bemüht, einen Hintergrund zu schaffen, und bemerkt, wie die Kraft des Herrn gerade dazu gestimmt war, ״sie zu heilen”*), in seiner Angst und Flüchtigkeit nicht sieht, daß diese fremden Schriftgelehrten, die durchaus nicht gekommen waren, um sich von Krankheiten heilen zu lassen, die einzigen Leute sind, durch die die Heilkraft Jesu gereizt werden und auf die sie sich richten konnte. | Luke is in such a hurry with his scribes from Jerusalem and all parts of Judea and Galilee that he sets them up in the beginning of his report (C. 5, 17) before he has formed the situation – in such a hurry that now, when he anxiously tries to create a background and notices how the power of the Lord was just tuned to ״heal them’*), he does not see in his anxiety and volatility that these foreign scribes, who had by no means come to be healed of diseases, are the only people through whom the healing power of Jesus could be stimulated and on whom it could be directed. |
204* | *) εἰς τὸ ἰᾶσθαι αὐτοἰς | *) εἰς τὸ ἰᾶσθαι αὐτοἰς |
204 | Wiederum! Der Schöpfer des Urberichts wußte es, daß er seine Schriftgelehrten nicht sogleich im Eingang seiner Er- Zahlung erwähnen durfte, da es unmöglich war, daß sie jetzt schon, als der Herr so eben erst aufgetreten war, in feindseliger Absicht herbeigekommen waren. Er erwähnt sie erst in dem Augenblicke (Marc. 2, 6), als Jesus die Kühnheit wagte, dem Gelähmten seine Sünden zu vergeben — d. h. es ist nur ein Zufall, daß sie zugegen waren, der Herr war ihnen noch unbekannt und erregt erst ihre Aufmerksamkeit und ihr Befremden, als er in jener kühnen Weise dem Gelähmten den Gebrauch seiner Glieder zurückgab. | Again. The creator of the original account knew that he could not mention his scribes immediately at the beginning of his account, for it was impossible that they should have come here with hostile intent even now, when the Lord had so recently appeared.He only mentions them at the moment (Marc. 2, 6) when Jesus dared to forgive the sins of the paralytic – i.e. it is only a coincidence that they were present, the Lord was still unknown to them and only aroused their attention and their surprise when he boldly gave the paralytic back the use of his limbs. |
204/205 | Alle Mühe, die sich Lukas gemacht hatte, um die Gegner des Herrn aus allen Enden des heiligen Landes zusammenzuschaaren, war aber am Ende doch vergebens, wenn er am Schluß seines Berichts bemerkt (C. 5, 26), wie ״Alle Entsetzen ergriff und wie sie Gott priesen und voll Furcht wurden, indem sie bekannten: wir haben heut seltsame Dinge gesehen.” Die Gegner sind vergessen und an ihrer Stelle treten Leute auf, die Gott die Ehre geben, — unbefangene Zuschauer, die bereitwillig in dem seltsamen Ereigniß den Finger Gottes anerkennen. Aber nein! Wenn die Gegner nur wirklich in Vergessenheit gebracht und von der empfänglichen Volksmenge in den Hintergrund gedrängt wären! Wenn der Compilator nur daran gedacht hätte, die Volksmenge wirklich zusammen zu bringen! Aber er war nicht im Stande, auf dem unbestimmten Boden, auf dem das folgende Ereigniß sich zutrug, die Leute zu placiren, die im Urbericht sogleich zusammenströmen, als Jesus wieder in Kapernaum einkehrte — die Schriftgelehrten der Fremde sind die einzigen wirklichen und bestimmten Leute, die er im Eingänge erwähnte — sie sind daher auch unpassend genug die Unbefangenen, die Gott priesen und sich verwundert über den Vorfall aussprachen — durch die Flüchtigkeit und Unachtsamkeit des Kompilators sind sie zu den Leuten geworden, die im Urbericht ( Marc. 2, 12) sich entsetzen und Gott preisen und sich über das Niegesehene verwundert aussprechen, als er, der Gelahmte, frei auftrat und vor ihren Augen hinausging. | All the trouble Luke had taken to gather the Lord’s opponents from all the ends of the holy land was in vain in the end, when he remarks at the end of his report (C. 5, 26), how ״All were amazed, and how they praised God, and were filled with fear, confessing, We have seen strange things this day.” The opponents are forgotten and in their place appear people who give glory to God, -unbiased spectators who readily acknowledge the finger of God in the strange event. But no! If only the opponents were really forgotten and pushed into the background by the receptive crowd! If only the compiler had thought of really bringing the crowd together! But he was not able, on the vague ground on which the following event took place, to place the people who immediately flocked together in the original account when Jesus returned to Capernaum – the scribes of the strangers are the only real and definite people whom he mentioned in the entrance,whom he mentioned in the entry – they are therefore incongruously enough the unbiased ones who praised God and expressed amazement at the incident – through the compiler’s fleetness and carelessness they have become the people who in the primal account ( Mark 2, 12) were astonished and praised God, and were astonished at what they had never seen, when he, the paralytic, appeared freely and went out before their eyes. |
205/206 | Und wenn nun die folgenden Collisionen eintreten, die Pha- risäer und Schriftgelehrten murren (Luk. 5, 30), als sie Jesum mit dem Zöllner Levi und dessen Amtsgenossen zu Tische sitzen sehen — wenn sie, d. h. die Pharisäer, mit merkwürdiger Ob- jectivität der Sprache dem Herrn die Frage stellen, warum seine Zünger nicht fasten*) wie des Zohannes und der Pharisäer Zünger — wenn die Pharisäer (C. 6, 2) sogleich bei der Hand sind, als die Zünger Zesu am Sabbath Aebren pflücken — wenn endlich die Pharisäer und Schristgelehrten (V. 7) an ei- nem andern Sabbath darauf achten, ob er durch die Heilung des Menschen mit der verdorrten Hand das Gesetz brechen würde——-sind das dann dieselben Pharisäer und Schrift- gelehrten, die aus allen Theilen des heiligen Landes zusammen- gekommen waren und da saßen, als man den Gelähmten vor Jesus brächte? Dieselben? Darum wird sich Lukas nicht ab- geängstigt haben, als er zu den folgenden Collisionen kam und sich damit begnügte, dem Urbericht zu folgen und ihm nachzu- schreiben, daß es Pharisäer und Schriftgelehrten waren, die durch ihre Fragen, Bemerkungen und Absichten die siegreichen Erklä- rungen Jesu hervorriefen. Er hat die fremden Gäste vergessen und hält sich an den Urbericht, der einfach von Pharisäern und Schriftgelehrten spricht. | And when the following confrontations occur, when the Pharisees and scribes murmur (Luk. 5, 30) when they see Jesus sitting at the table with the tax collector Levi and his colleagues – when they, i.e. the Pharisees, with strange objectivity of language ask the Lord why His disciples do not fast*) like the disciples of John and the Pharisees – when the Pharisees (C. 6, 2) are immediately at hand when the disciples of Zesu pick the fruit on the Sabbath – when finally the Pharisees and the scholars of Christ (v. 7) look on another Sabbath to see whether he would break the law by healing the man with the withered hand——-are these then the same Pharisees and scribes who had come together from all parts of the holy land and were sitting there when the paralytic was brought before Jesus? The same? That is why Luke will not have been afraid when he came to the following confrontations and was content to follow and copy the original report that it was the Pharisees and scribes who, through their questions, remarks and intentions, brought about Jesus’ victorious declarations. He has forgotten the foreign guests and sticks to the original report, which simply speaks of Pharisees and scribes. |
205* | *) und beten, sehen sie hinzu, wie es sich in einem Evangelium schickt, zu dessen stehenden Formeln es gehört, dah Jesus betet. | *) and pray, they add, as is fitting in a Gospel whose standing formulas include Jesus praying. |
206 | Dem er aber nicht einmal die bedeutungsvolle, gründlich vorbereitete und für die folgende Entwicklung wichtige Schlußbemerkung richtig nachschreiben kann. ״Sie wurden ganz unsinnig, sagt er, als die Pharisäer und Schriftgelehrten die zweite Sabbathsverletzung ruhig mit ansehen mußten (Luk. 5,11), und beredeten sich mit einander, was sie ihm thun wollten.” Was sie ihm thun wollten? Weiter Nichts? Nachdem sie, wie der Urbericht meldet und Lukas ihm nachgeschrieben, ״auf ihn geachtet hatten, ob er am Sabbath heilen würde, damit sie ihn anklagen könnten”?*) Nein! Wenn sie schon diese bestimmte Absicht gehabt hatten und nun erfahren mußten, wie schwer es ihnen die Ueberlegenheit und die durchschneidende Geisteskraft Jesu machte, ihn in einen gerichtlichen Proceß zu verwickeln, dann mußte ihre geheime Berathung ein bestimmteres Ziel haben: — sie mußten sich, wie auch der Urbericht meldet, mit einander berathen, wie sie sein Verderben sicher herbeiführen könnten **). | But he is not even able to correctly copy the meaningful, thoroughly prepared and for the following development important final remark. They became quite senseless, he says, when the Pharisees and scribes had to calmly watch the second Sabbath violation (Luk 5,11), and they discussed with each other what they wanted to do to him”. What would they do to him? Nothing more? After they had, as the original account reports and Luke wrote after him, ״looked to him whether he would heal on the Shabbath, that they might accuse him’?*) No! If they had already had this definite intention and now had to experience how difficult it was for them to involve him in a legal process because of Jesus’ superiority and penetrating spiritual power, then their secret consultation had to have a more definite aim: – they had to consult with each other, as the original report also reports, how they could safely bring about his destruction **). |
206* | *) Marc 3, 2 παρετήρουν . . . . ἵνα κατηγορήσωσιν αὐτοῦ.
Luk. 5, 7. παρετήρουν . . . . ἵνα εῦρωσι κατηγορἰαν αὐτοῦ. **) Marc. 3, 6 ὅπως αὐτὸν ἀπολέσωσι. Die Notiz, dag die Pharisäcr (ebend) ״mit den Herodiancrn” sich beriethen, ist dem Urbericht ursprünglich fremd und aus der spätern Collision Marc. 12, 13 herbeigezogen. |
*Mark 3, 2.παρετήρουν . . . . ἵνα κατηγορήσωσιν αὐτοῦ.
Luk 5, 7. παρετήρουν . . . . ἵνα εῦρωσι κατηγορἰαν αὐτοῦ. **) Mark 3, 6. ὅπως αὐτὸν ἀπολέσωσι. The note that the Pharisees (ibid.) ״conferred with the Herodians” is originally foreign to the original report and is drawn from the later confrontation Mark 12, 13. |
206/207 | Und sie mußten dann, wie es auch im Urbericht geschieht, bald darauf wieder auftreten und zeigen, was sie sich ersonnen und wie sie die heroische Anstrengung Jesu, seinen Kampf mit den Dämonen gerade für das dienlichste Mittel zu ihrem Plan befunden hatten: — d.h. es mußte die Anklage des Teufelsbündnisses folgen, durch sie sie ihren Gegner wirklich zu ruiniren hofften. | And then, as it also happens in the original report, they had to appear again soon afterwards and show what they had devised and how they had found Jesus’ heroic effort, his fight with the demons, to be just the most useful means for their plan: – i.e. the accusation of the devil’s alliance had to follow, by which they really hoped to ruin their opponent. |
207/208 | Lukas geht es bereits ähnlich wie dem Vierten. Er will den Kampf zwischen dem himmlischen Neuerer und dem Judenthum recht lebhaft schildern und weiß den festen und sichern Gang, den der Urbericht dem Kampf gegeben hat, nicht mehr zu würdigen, — er glaubt ein Meisterwerk des Pragmatismus zu vollbringen, wenn er die Katastrophe, die im Urbericht wirklich entsteht und vorbereitet wird, in den Anfang verlegt und Jesum sogleich bei seinem ersten Auftreten mit der ganzen Schaar der Gegner umgibt, die er sich im Urbericht erst durch seine Wirksamkeit erwirbt, und er muß es im Lauf seiner Darstellung doch selbst verrathen, daß er von einer fremden Anschauung abhängig ist, nach welcher sich die Katastrophe nur sehr allmählig bildete, — er fühlt diesen Widersprach, sucht durch die Menge der Collisionen, die er aus einander häuft, den Schein hervorzubringen, als ob der Kampf von Anfang an in der That schon tödtlich gewesen sey, und die Erfolglosigkeit dieser Collisionen, die Leere, in die sie verlausen, muß selbst dafür Zeugniß ablegen, Laß ihn eine Anschauung beherrschte, für welche der Todeskampf erst folgte, als die Partheien in einer Reihe von Treffen ihre Kräfte gemessen hatten. So ist z. B. die Collision, zu welcher im Hause des Pharisäer Simon das Benehmen Jesu gegen die Sünderin Anlaß giebt, ohne alle Folgen und der Compilator sieht sich gezwungen, den Schluß, daß die Tischgäste verwundert ausrufen: ״wer ist der, der auch Sünden vergibt” *), seinem Bericht von der Heilung des Gelähmten zu entlehnen und dem Ausruf der Schriftgelehrten nachzubilden, die zum erstenmale zu ihrem Erstaunen die Entdeckung machten, daß Jesus sich die Kraft der Sündenvergebung zuschrieb. Wenn der Compilator später (C. 11,37) seinen Herrn wieder einmal zum Gast eines Pharisäers macht und ihn die Pharisäer und Schriftgelehrten mit seinen Wehe’s niederdonnern läßt, gibt er allerdings einen Schluß (C. 11, 53. 54), der den letzten Kampf einleiten müßte — er sagt: ״die Pharisäer und Schriftgelehrten fingen nun an hart auf ihn einzudringen und ihm über Mehreres tüchtig zu antworten, indem sie ihm aufpaßten und Etwas aus seinem Munde zu erjagen suchten, damit sie ihn belangen könnten”, — aber diese Anläufe folgen nicht und konnten nicht folgen, da sie erst in Jerusalem an ihrer Stelle sind. Ter Compilator hat die Formeln, mit denen der Urbericht diese letzten Angriffe einleitet (Marc. 11, 18. 12,13), zur unrechten Zeit benutzt und in der Verwirrung seiner Combination sogar das Versehen begangen, die Schriftgelehrten und Pharisäer dem Herrn ״tüchtig antworten” zu lassen, während er den Augenblick darauf selbst bemerkt, daß sie ihm nur auf den Mund sahen und ihn vermittelst seiner Antworten zu fangen suchten. | Luke is already similar to the fourth. He wants to portray the battle between the heavenly innovator and Judaism quite vividly and no longer knows how to appreciate the firm and secure course that the original account has given to the battle, – he believes he is accomplishing a masterpiece of pragmatism when he transfers the catastrophe that really arises and is prepared for in the original account to the beginning and immediately surrounds Jesus with the whole host of opponents at his first appearance, which he only acquires in the original account through his effectiveness, and yet he himself must betray it in the course of his portrayal, that he is dependent on an alien view according to which the catastrophe only developed very gradually – he feels this contradiction, tries to create the appearance, through the number of confrontations that he heaps together, as if the battle had in fact already been fatal from the beginning, and the unsuccessfulness of these confrontations, the emptiness into which they fade, must itself bear witness to the fact that he was dominated by an opinion for which the death struggle only followed when the parties had measured their strength in a series of encounters. Thus, for example, the confrontation to which Jesus’ behaviour towards the sinner in the house of Simon the Pharisee gives rise is without any consequences, and the compiler feels compelled to add the conclusion that the dinner guests exclaim in amazement: ״Who is he who also forgives sins? *) from his account of the healing of the paralytic and to copy the exclamation of the scribes, who for the first time discovered to their amazement that Jesus ascribed to himself the power to forgive sins. When the compiler later (C. 11,37) makes his Lord once again the guest of a Pharisee and lets him thunder down the Pharisees and scribes with his woes, he does however give a conclusion (C. 11, 53. 54), which ought to introduce the final struggle – he says: ״the Pharisees and scribes now began to press hard upon him, and to answer him proficiently about more things, watching him, and seeking to chase SOMETHING out of his mouth, that they might accuse him’, – but these attempts do not and could not follow, since they are not in their place until Jerusalem. The compiler has used the formulas with which the original report introduces these last attacks (Mark 11, 18. 12,13) at the wrong time, and in the confusion of his combination has even made the mistake of letting the scribes and Pharisees “answer” the Lord ״proficiently’, while the moment after he himself notices that they only looked at his mouth and tried to catch him by means of his answers. |
208* | *) Luk. 7, 49. τίς οὖτός ἐστιν ὃς καὶ ἁμαρτίας ἀφίησιν
Luk. 5, 21. τίς ἐστιν οὖτος ὃς . . . . Die Formel ist nachgcbildct dem Ausruf der Jünger nach der Stillung des Sturms Marc. 4, 41. ἄρα τίς οὖτός ἐστιν ὅτι καὶ . . . . . |
*) Luk. 7, 49. τίς οὖτός ἐστιν ὃς καὶ ἁμαρτίας ἀφίησιν
Luk. 5, 21. τίς ἐστιν οὖτος ὃς . . . . The formula is modelled on the exclamation of the disciples after the calming of the storm Marc. 4, 41. αρα τίς ουτός εστιν οτι και . . . . . |
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208/209 | Der Hauptfehler bleibt aber zunächst der, daß Lukas den ganzen zweiten Abschnitt des Urberichts — den Ausbruch und die Entwicklung der Collision mit dem jüdischen Wesen — in seine Eompilation aufnahm, ohne die Fortsetzung und die Steigerung, deren der Zwiespalt für jetzt fähig war, sogleich folgen zu lassen. | The main mistake, however, remains that Luke included the whole second section of the original account – the outbreak and development of the confrontation with the Jewish nature – in his compilation, without letting the continuation and the intensification, of which the discord was now capable, follow immediately. |
209 | Die große Predigt, die Matthäus zur Bergpredigt gemacht hat, trägt die Schuld und lenkte seine Aufmerksamkeit von der Fortsetzung des Kampfes ab — die Eile, mit der er auf diese Predigt losging, verwandelte sich ihm unter den Händen sogar in die Eile, mit der Jesus den Augenblick vorher, ehe er in die Ebene Herabstieg, in der er die große Rede hielt, die Zwölfe erwählte, — die Schnelligkeit, mit der er in einer Parenthese die Namen der Zwölfe hinschreibt, die Flüchtigkeit, mit der er die Berufung der Zwölfe in einer beiläufigen Participialwendung meldet*), macht den ganzen Act zu einer beiläufigen Handlung Jesu — d. h. Lukas hat den Urbericht von der Erwählung der Apostel seinem Interesse für die folgende Predigt Jesu geopfert und die ursprüngliche Bedeutung desselben vollständig vernichtet, indem er ihn von den vorhergehenden Collisionen ablöste und ihm die Erklärung entzog, die er in den massenhaften Heilungen Jesu und in der folgenden Anklage des Teufelsbündnisses besaß.
Auf die große Predigt läßt Lukas die Begebenheit mit dem Hauptmann von Kapernaum und sodann die Erweckung des Jünglings von Nain folgen, die die Botschaft des Täufers herbeiführte (C. 7, 1-20). |
The great sermon which Matthew made the Sermon on the Mount bears the blame, and diverted his attention from the continuation of the struggle – the haste with which he set out on this sermon even turned under his hands into the haste with which Jesus the moment before, the rapidity with which he writes the names of the twelve in a parenthetical, the fleetness with which he announces the calling of the twelve in a casual participial turn*), makes the whole act a casual act of Jesus – i.e. Luke has sacrificed the original report of the election of the apostles to his interest in the following sermon of Jesus and completely destroyed the original meaning of it by detaching it from the preceding confrontations and depriving it of the explanation it possessed in the mass healings of Jesus and in the following accusation of the alliance with the devil.
The great sermon is followed by Luke’s incident with the centurion of Capernaum and then the awakening of the young man of Nain, which brought about the message of the Baptist (C. 7, 1-20). |
209* | *) Luk. 6, l3. καὶ ἐκλεξάμενος ἀπ᾽ αὐτῶν δώδεκα | *) Luk. 6, l3. καὶ ἐκλεξάμενος ἀπ᾽ αὐτῶν δώδεκα |
209/210 | Was diese zweifelnde Frage betrifft, in der die Ahndung des Täufers, daß Jesus der Messias seyn könne, sich ankündigen soll, so ging ihr zwar in der Schrift des Urlukas Nichts voran, was sie zu einem Ding der Unmöglichkeit machte, — das Evangelium, welches Marcion in Handen hatte, berichtete nickt einmal die Taufe Jesu und konnte somit auch nicht den Täufer in eine Situation bringen, in der er wie in der Schrift des Matthäus ein Bewußtseyn über die Messianität Jesu ver- riech, welches seine spätere zweifelnde Frage von vornherein ausschloß — der Frage des Täufers geht Nichts voran, was sie unmöglich machen könnte, aber es folgen ihr Voraussetzung gen und Situationen, welche sie gleichwohl ausschließen und als einen spätern Eindringling bloßstellen. | As far as this doubtful question is concerned, in which the Baptist’s suspicion that Jesus could be the Messiah is supposed to announce itself, nothing preceded it in the writing of Urlukas, which made it a thing of impossibility, – the Gospel, which Marcion had in his hands, did not even report the baptism of Jesus and thus could not bring the Baptist into a situation either, in which, as in Matthew’s writing, he smelled an awareness of Jesus’ Messiahship that excluded his later doubting question from the outset – nothing precedes the Baptist’s question that could make it impossible, but it is followed by presuppositions and situations that nevertheless exclude it and expose it as a later intruder. |
210/211 | Nach der Verklärung hat zwar Lukas das Gespräch zwi- scheu Jesus und den Jüngern über die Erfüllung der Weissagung von der Wiederkehr des Elias in der Person des Täufers ausgelassen — er hat also nicht wie Matthäus auf die klare Leu- tung der Persönlichkeit des Täufers eine schwankender gehaltene folgen lassen; aber es ist ihm doch nicht gelungen, das neue Element mit der ursprünglichen Anlage der evangelischen Geschichte in Einklang zu bringen. Nicht zu erwähnen, daß er unpassender Weise die Lücke, welche die Auslassung jenes Zwiegesprächs verursachte (C. 9, 37), in der Weise ausfüllte, daß er den Herrn erst am Tage nach der Verklärung vom Berg herabkom- men läßt — (während der Eontrast der Herrlichkeit, in der der Herr erschien, und der Hilflosigkeit und Nathlosigkeit der Jün- ger unten am Fuß des Bergs das augenblickliche Herabsteigen forderte) — bedachte er nickt, daß nur die Verklärung, nachdem das Bekenntniß Petri und die Eröffnung Jesu über die Nothwendigkeit seines Leidens unmittelbar vorangegangen war (Luk. 9, 18 — 22), der erste Anlaß zu einer Deutung der Persönlichkeit des Täufers seyn konnte. Die Messianität Jesu war jetzt zum erstenmale ausdrücklich zur Sprache gekommen, Jesus hatte seine Bestimmung vollständig auseinandergesetzt — jetzt schickte es sich daher, daß auch die Bedeutung des Vorläufers anerkannt und derselbe vom Herrn ausdrücklich als der verheißene Vorläufer bezeichnet wurde. Jetzt erst war es für diese Deutung Zeit — der Urbericht stößt in jedem Falle die frühere Deutung des Täufers aus. | After the transfiguration, Luke omitted the conversation between Jesus and the disciples about the fulfilment of the prophecy of the return of Elijah in the person of the Baptist – thus, unlike Matthew, he did not follow the clear illumination of the personality of the Baptist with a more wavering one; but he did not succeed in bringing the new element into harmony with the original structure of the Gospel story. Not to mention that he inappropriately filled the gap caused by the omission of that dialogue (C. 9, 37) in such a way that he only lets the Lord come down from the mountain on the day after the transfiguration – (while the contrast of the glory in which the Lord appeared and the helplessness of the disciples down at the foot of the mountain demanded the immediate descent) – he did not consider that only the transfiguration, after Peter’s confession and Jesus’ opening about the necessity of His suffering had immediately preceded (Luk. 9, 18 – 22), could be the first occasion for an interpretation of the personality of the Baptist. The Messiahship of Jesus was now for the first time explicitly spoken of, Jesus had completely explained His destiny – now it was appropriate that the significance of the forerunner was also acknowledged and that He was explicitly described by the Lord as the promised forerunner. Only now was it time for this interpretation – in any case, the primal report casts out the earlier |
211 | Es war schwierig, die zweifelnde Frage des Täufers und die darauf folgende Erklärung Jesu in den Typus der evangelischen Geschichte einzuzwängen, da die gläubige Anschauung von vornherein dazu geneigt seyn mußte, den Täufer, mochte er auch im Gefängniß sitzen, als einen vollständig Abgeschiedenen zurücktreten zu lassen, nachdem der Herr den Schauplatz betreten hatte — um so schwieriger war es, den Täufer plötzlich, wenn auch nur durch eine Botschaft wieder auftreten zu lassen, da selbst die Erklärung, die Jesus in Folge seiner Frage abgibt, den Abschluß seiner Wirksamkeit voraussetzen und auf seine Person wie auf eine solche Hinweisen muß, die längst der Ver- gangenheit angehört.
In der ursprünglichen Anlage der evangelischen Geschichte war die Frage des Täufers wie die Erklärung, die Jesus über seine geschichtliche Bedeutung gibt, ein Ding der Unmöglichkeit; Beides ist erst später gebildet, als das Werk, dessen Harmonie uns in der Schrift des Marcus erhalten ist, bereits vorhanden war. Ob Lukas der erste Bildner dieser Scene war, wird erst später zu entscheiden seyn — hier bemerken wir nur, daß auch in seiner Schrift, wenngleich er Nichts davon sagt, daß der Täufer im Gefängniß saß, als er seine Frage an Jesum richtete, in der Erklärung Jesu der vollständige Abschluß seiner Wirksamkeit und bald daraus C. 9, 7. 9 sogar die Enthauptung des Täufers als längst vergangen vorausgesetzt wird. |
It was difficult to squeeze the doubting question of the Baptist and the subsequent explanation of Jesus into the type of the Gospel story, since the believing view had to be inclined from the outset to let the Baptist, even if he were in prison, step back as a completely departed person, after the Lord had entered the scene – it was all the more difficult to have the Baptist suddenly reappear, even if only through a message, since even the declaration that Jesus makes as a result of his question must presuppose the conclusion of his activity and refer to his person as to one that has long since belonged to the past.In the original arrangement of the Gospel story, the question of the Baptist, like the explanation that Jesus gives of his historical significance, was a thing of impossibility; both were formed only later, when the work whose harmony is preserved for us in the writing of Mark was already in existence. Whether Luke was the first creator of this scene can only be decided later – here we only note that in his writing, although he says nothing about the fact that the Baptist was in prison when he addressed his question to Jesus, in the explanation of Jesus the complete conclusion of his activity and soon thereafter C. 9, 7. 9 even the beheading of the Baptist is presupposed as long past. |
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212 | Auf den Abschnitt, dessen Interesse die Botschaft des Täufers bildet, zu dem daher auch noch die Erweckung des Züng- lings von Nain zu rechnen ist, da die Kunde von diesem Wunder (C. 7, 16. 18) die Aufmerksamkeit des Täufers und seinen beginnenden Glauben erweckt haben soll, folgt (C. 7, 36—50) die Erzählung von der Sünderin, — jene erfolglose Variation auf die vorhergehenden Collisionen mit dem privilegirten Judenthum — jener Eindringling, der für die Entwicklung der Katastrophe ohne alle Bedeutung ist.
Wenn nun die Parabel vom Säemann folgt, die Notiz von den Frauen, die Jesus auf seiner Wanderung folgten und ihm mit ihrer Habe dienten, die Einleitung bildet und auf die Parabel die Anmeldung der Anverwandten Jesu und seine harte Abweisung derselben folgt (C. 8, 1—21), so sieht es fast so aus, als sollte Alles Lreies in der engsten Beziehung stehen, Anfang und Schluß einen Contrast bilden und auf Beides die Parabel in entgegengesetzter Weise Hinweisen. Ja, es ist so, es kann nicht anders seyn: — jene Frauen, die Lukas nicht umsonst namentlich aufzählen will, die ganze Gesellschaft, die den Herrn begleitet und ihm dient, soll in Vergleich mit seinen leiblichen Verwandten, denen er sie als seine geistigen Verwandten vorzog, hochgestellt und als das gute Land der Parabel, welches den himmlischen Saamen in sich aufnimmt und Frucht bringt, zur Anerkennung gebracht werden. |
The section whose interest is the message of the Baptist, to which therefore also the awakening of the tongues of Nain is to be added, since the news of this miracle (C. 7, 16. 18) is said to have awakened the attention of the Baptist and his incipient faith, then follows (C. 7, 36-50) the story of the sinner, – that unsuccessful variation on the previous confrontations with privileged Judaism – that intruder who is of no importance for the development of the catastrophe.
When the parable of the sower follows, the note of the women who followed Jesus on his journey and served him with their possessions forms the introduction and the parable is followed by the registration of Jesus’ relatives and his harsh rejection of them (C. 8, 1-21), it almost looks as if everything is closely related, the beginning and the end form a contrast and the parable refers to both in the opposite way. Yes, it is so, it cannot be otherwise: – those women whom Luke does not want to list by name for nothing, the whole company that accompanies the Lord and serves him, are to be elevated in comparison with his bodily relatives, to whom he preferred them as his spiritual relatives, and brought to recognition as the good land of the parable, which receives the heavenly seed in itself and brings forth fruit. |
212/213 | Lukas hat diesen Contrast, hat diesen Zusammenhang beab- sichtigt, — aber nicht durch führen können, weil er vom Urbericht viel zu abhängig war, um nicht Elemente mit aufzunehmen, die seiner Absicht Widerstreiten. Wenn er jenes dienende Gefolge verherrlichen wollte, warum hat er die Parabel mit dem Eingang der Erzählung nicht besser in Verbindung gesetzt, warum im Gegentheil die Aufmerksamkeit von jenen Frauen völlig abgelenkt, indem er (B. 11 — 15) den Herrn die Parabel noch aus legen laßt? Warum? Weil er die Parabel einem Werk entlehnte, in welchem die Belehrung der Zünger, nicht aber die Verherrlichung des dienenden Gefolges beabsichtigt wird. Zn seiner Abhängigkeit von der Quelle, die er benutzte, sah der Compilator nicht, wie geziert und haltungslos er das Lob jener Weiber machte, wenn er den Herrn ausdrücklich bemerken ließ, daß der Sinn dieser Parabel (V. 10) dem Volke verborgen sey und daß ihn nur die tiefer Schauenden zu entdecken vermögen — er schrieb seiner Quellenschrift nach, daß es sich beim Verständniß der Parabel um ״das Geheimniß des Himmelreichs” handle — er folgt ihr, wenn er die Zünger zum Volk in Gegensatz stellt, durch ihre Frage nach dem Sinn der Parabel die Auslegung derselben herbeiführt, wenn er ferner den Herrn das Privilegium der Zünger, daß ihnen die Offen- barung der Geheimnisse des Reichs bestimmt ist, behaupten und sie zuletzt zur Bewahrung ihres Vorrechts (V. 18) ermähnen läßt — kurz, er hat seiner Quelle Wendungen entlehnt, die nimmermehr zu dem preiswürdigen Gefolge des Herrn hinführen, und wenn er nun plötzlich die Verwandten desselben auftreten läßt, ohne zu sagen, in welcher Absicht sie kamen, wenn er sodann den Herrn sie auf das härteste ab weisen läßt, ohne dem Leser zu erklären, womit sie dieses strenge Wort verdient hatten, so bricht am Ende sein Bericht zusammen und ist somit auch die Rückbeziehung aus das ruhmwürdige Gefolge Jesu unmöglich geworden. | Luke considered this contrast, this connection, but could not carry it out, because he was far too dependent on the original report not to include elements that contradicted his intention. If he wanted to glorify the servants, why did he not better connect the parable with the beginning of the story, why, on the contrary, did he completely divert the attention from the women by having the Lord (b. 11 – 15) interpret the parable? Why? Because he borrowed the parable from a work in which the instruction of the disciples is intended, but not the glorification of the serving followers. Zn his dependence on the source he used, the compiler did not see how stilted and postureless he made the praise of those women when he had the Lord explicitly remark, that the meaning of this parable (v. 10) is hidden from the people and that only those who look deeper are able to discover it – He follows it when he contrasts the disciples with the people, when he brings about the interpretation of the parable through their question about the meaning of the parable, when he further asserts the privilege of the disciples, that the revelation of the secrets of the kingdom is meant for them, and when he finally exhorts them to preserve their privilege (v. 18). 18) – in short, he has borrowed from his source phrases that never lead to the Lord’s praiseworthy entourage, and when he now suddenly has the relatives of the Lord appear without saying with what intention they came, when he then has the Lord turn them away in the harshest manner without explaining to the reader why they had deserved this harsh word, his account collapses in the end and thus the reference back to the glorious entourage of Jesus has also become impossible. |
213/214 | Der Urbericht erwähnt das weibliche Gefolge Jesu erst in dem Augenblicke, als er ihres Dienstes bedurfte — als sie dem Herrn den letzten Liebesdienst leisten sollten (Marc. 15, 40.41.16,1). Lukas hat sie zur unrechten Zeit erwähnt und an einem Orte unterbringen wollen, wo sich für sie kein Platz findet; die Johanna und Susanna hat er sogar erst selbst geschaffen. | The original account mentions the female entourage of Jesus only at the moment when He needed their service – when they were to render the last service of love to the Lord (Marc. 15, 40.41.16,1). Luke mentioned them at the wrong time and wanted to place them in a place where there was no room for them; he even created Joan and Susanna himself. |
214 | Einem sentimentalen Interesse, einer Absicht, die er mcht einmal durchführen konnte, hat also Lukas den ursprünglichen Zusammenhang zwischen dem Auftreten der feindseligen Schriftgelehrten und der Ankunft der Verwandten Jesu, zwischen dem Verdacht der Letzteren, Jesus müsse von Sinnen gekommen seyn, und der offenen Anklage der erster», er stehe mit dem Teufel im Bunde, geopfert. Wenn er nun später, in der No- tizensammlung, die er in den Urbericht eingeschoben hat, nämlich in seinem Bericht über die Reise Jesu durch Samaria, die Anklage des Teufelsbündnisses anbringt, so kann er es doch nicht lassen, auf die Vertheidigungsrede Jesu das Wort über diejenigen, die den Willen des Vaters thun, d. h. die Aeußerung folgen zu lassen, zu der im UrberM die Ankunft seiner Verwandten den Anlaß bildet. Zum zweitenmal« kann er, will er dieselben aber doch nicht ankommen lassen und bildet demnach den neuen Anlaß, daß eine Frau im Volkshaufen voll Bewunderung ausrust: ״selig der Leib, der dich getragen hat, und die Brüste, die du gesogen hast!” worauf Jesus erwiedert: ״selig Vielmehr, die Gottes Wort Poren und bewahren” (Luk. 11, 27—28). | Thus Luke sacrificed the original connection between the appearance of the hostile scribes and the arrival of Jesus’ relatives, between the suspicion of the latter that Jesus must have come out of his mind and the open accusation of the “former” that he was in league with the devil, to a sentimental interest, an intention that he could not even carry out. When he later, in the collection of notes which he inserted into the original report, namely in his account of Jesus’ journey through Samaria, brings the accusation of the alliance with the devil, he still cannot refrain from following Jesus’ speech of defence with the word about those who do the will of the Father, i.e. the statement to which in the original report the arrival of his relatives forms the occasion. For the “second time”, however, he cannot or will not let them arrive and thus forms the new occasion for a woman in the crowd to exclaim with admiration: ״blessed is the womb that bore thee, and the breasts which thou hast sucked,” whereupon Jesus replies: ״ Blessed rather are they which keep the word of God, Luke 11: 27-28). |
214/215 | Vergebens! Die Schristgelehrten und ihre Anklage haben durch den plötzlichen Ausruf der Frau nicht die Genossenschüft und das Seiten stück erhalten können, bie sie im Urbericht besitzen. Nicht darauf kam es an, daß eine Frau auftrat, die auf die Mutter Jesu die Rede brächte und dem Herrn Gelegenheit gab, die Thäter des Worts über dieselbe zu stellen, sondern seine Anverwandten mußten als Mitschuldige und Verbündete seiner Gegner hinzukommen, damit er sie wirklich verläugnen und diejenigen, die den Willen des Vaters thun, an ihre Stelle setzen konnte. | In vain! The Christian scholars and their accusation have not been able to obtain the comradeship and the page they possess in the original report through the sudden exclamation of the woman. It was not a question of the appearance of a woman who would speak of the mother of Jesus and give the Lord the opportunity to place the perpetrators of the word above her, but his relatives had to be added as accomplices and allies of his opponents, so that he could really deny her and put those who do the will of the Father in her place. |
215 | Vergebens! So hinreißend und erhebend sind die vorhergehenden Worte Jesu, mit denen er die Anschuldigung seiner Gegner zurückweist, keineswegs, daß sie eine Frau zu jenem Ausruf der Bewunderung und zur Seligpreisung der Mutter eines solchen Redners hätten bewegen können; Lukas hat die Frau sogar in einem Augenblick auftreten lassen, wo er vielmehr um die möglichste Kürze und den genauesten Zusammenschluß der einzelnen Glieder sich hätte bemühen sollen. Er hatte den Herrn schon in die schwierige und peinliche Situation gebracht, daß er sich zu gleicher Zeit gegen den Vorwurf des Teufelsbündnisses zu vertheidigen und die Forderung eines Zeichens zurückzuweisen hatte — er hatte ihm also die unangemessene Aufgäbe des gerichtlichen Redners gestellt, der die Paragraphen einer Anklageschrift einen nach dem andern beantwortet — das Alles war schon ungeschickt, aber unpassender war es noch, daß er zwischen beide Paragraphen der Vertheidigungsrede den Ausruf der Frau stellte und Jesum zu einer Erwiederung zwang, die mit dem ersten Theil seiner Vertheidigung Nichts zu thun hatte und ihn vom zweiten Theil viel zu weit ablenkte. | In vain! The preceding words of Jesus, with which he rejects the accusation of his opponents, are by no means so enthralling and uplifting that they could have moved a woman to that exclamation of admiration and beatitude of the mother of such a speaker; Luke even let the woman appear at a moment when he should rather have endeavoured to be as brief as possible and to bring the individual parts together as precisely as possible. He had already put the Lord in the difficult and embarrassing situation of having to defend himself at the same time against the accusation of the devil’s alliance and to reject the demand for a sign – he had thus given him the unreasonable task of the judicial speaker, who answers the paragraphs of an indictment one after the other – all this was already clumsy, but it was even more clumsy that he placed the woman’s exclamation between both paragraphs of the defence speech and forced Jesus to a reply which had nothing to do with the first part of his defence and distracted him far too much from the second part. |
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215/216 | Auf den Vortrag der Parabel vom Säemann läßt Lukas den vierten Abschnitt des Urberichts, der mit der Stillung des Sturms beginnt und mit der Wiedererweckung der Tochter des Jairus schließt, vollständig folgen (Luk. 8, 22—56), aber er kann uns nicht sagen, warum Jesus über den See fahren wollte, woher er das Mittel zur Uebersahrt erhält, und nachher, wenn Jesus wieder zurückkommt, kann er es nicht erklären, wie das Volk auf dem diesseitigen Ufer ihn erwarten konnte. Die Frauen nämlich, die er im geschichtlichen Eingang aufstellen mußte, hatten ihm nicht die Zeit dazu gelassen, es zu erwähnen, daß Jesus vor dem Volksandrang sich in einen Nachen zurückzog und von hier aus die Parabel vom Säemann vortrug (Mare. 4, 1. 35. 36) — das Wort über seine wahren Verwandten, welches Jesus nach der Parabel aussprechen mußte, hatte das ursprüngliche Auditorium, vor welchem der Parabelvortrag geschehen war, vollends in Vergessenheit gebracht, — das Volk des Urberichts war verschwunden, konnte somit auch von der Abfahrt des Nachens Nichts sehen und noch weniger auf die Rückkehr Jesu warten. | After the presentation of the parable of the sower, Luke lets the fourth section of the first account, which begins with the calming of the storm and ends with the raising of Jairus’ daughter, follow completely (Luk 8:22-56), but he cannot tell us why Jesus wanted to cross the lake, where he gets the means to cross, and afterwards, when Jesus returns, he cannot explain how the people on this side of the lake could expect him. For the women whom he had to place in the historical entrance had not given him time to mention that Jesus withdrew from the crowd into a boat and from here recited the parable of the sower (Mare. 4, 1. 35. 36) – the word about his true relatives, which Jesus had to pronounce after the parable, had completely forgotten the original audience before which the parable had been spoken, – the people of the original account had disappeared, could therefore see nothing of the departure of the boat and even less wait for the return of Jesus. |
216 | Lukas fühlte, daß er sich durch die Einfügung des Wortes Jesu über seine wahren Verwandten ein Hinderniß bereitet hatte; während daher der Jesus des Urberichts sogleich nachdem er seinen Vortrag vor dem Volke beendigt, die Ueberfahrt bemerk- stelligen läßt, kann sein Herr erst in jenem trefflich bestimmten Augenblicke, der in seinem Evangelium öfter zur rechten Zeit kommt — ״an einem der Tage” *) den Nachen, der ihn nach dem Land der Gadarener bringt, besteigen.
Wenn der Kompilator den Bau des Abschnitts, in welchem die Wunderkraft Jesu in ihrer ganzen colossalen Größe geschildert werden soll, im Wesentlichen unverändert beibehalten hat, so hat er doch die letzte Zuspitzung desselben in einer Weise ver- schoben, die beinahe außerordentlich genannt werden kann. |
Luke felt that he had created an obstacle for himself by inserting the word of Jesus about his true relatives; whereas, therefore, the Jesus of the original account, immediately after he had finished his discourse to the people, had the passage noticed, his Lord could only board the boat which would take him to the land of the Gadarenes at that excellently determined moment which often comes at the right time in his Gospel – ״on one of the days’ *).
If the compiler has kept the structure of the section in which the miraculous power of Jesus is to be portrayed in all its colossal greatness essentially unchanged, he has nevertheless postponed the final intensification of it in a way that can almost be called extraordinary. |
216* | *) Luk. 8, 22. ἐν μιᾷ τῶν ἡμερῶν | *) Luk. 8, 22. ἐν μιᾷ τῶν ἡμερῶν |
216/217 | Auffallend ist es schon, daß Jesus, als er (Luk. 8,51) das Haus des Jairus betritt, Niemand mit hineintreten läßt, als den Petrus, den Jakobus und Johannes und des Kindes Vater und Mutter. Als ob die Mutter auf der Straße sich befinden konnte — als ob ihr Platz nicht im Trauerhause wäre, wie der Bericht selbst voraussetzt, wenn er dem Vater, der mit dem Herrn zu seinem todtkranken Kinde eilt, einen vom Gesinde — (nicht die Mutter) — mit der Botschaft vom Tode seiner Tochter entgegenschickt. | It is remarkable that Jesus, when he enters the house of Jairus (Luk 8,51), allows no one to enter except Peter, James and John and the child’s father and mother. As if the mother could be in the street – as if her place were not in the house of mourning, as the report itself presupposes when it sends one of the servants – (not the mother) – to meet the father who is hurrying with the Lord to his terminally ill child with the news of the death of his daughter. |
217 | Zum Fürchterlichen erhebt sich aber der Bericht, wenn er erst (V. 52, 53) Alle weinen und nachher, als Jesus den Tod des Kindes bestreitet, ihn verlachen läßt. Alle! Also die Eltern, die vielmehr mit ihrem Schmerz beschäftigt sind, und die drei Jünger, die Jesus, als er sie allein ins Haus mit nahm, vielmehr bevorzugt und als die würdigen Augen- zeugen des bevorstehenden Wunders auserkoren hatte!
Dieser Eontrast zwischen der Haltung des Herrn und der Eltern des Kindes, so wie der drei Jünger ist beinahe zu halt- los, als daß wir behaupten möchten, er sey vom Evangelisten ernstlich beabsichtigt. Die Erfahrung von alle dem, dessen die Verfasser der Evangelien fähig sind, hat uns zwar nicht das Recht zu der Behauptung gegeben, ein Widerspruch könne so gedankenlos und grell seyn, daß seine absichtliche Herbeiführung durch einen Evangelisten nicht mehr anzunehmen sey. Den Wi- derspruch aber, der uns hier in der Schrift des Lukas entgegen- tritt, wollen wir auch nicht etwa nur deshalb nicht auf die Ab- sieht des Evangelisten zurückführen, weil er zu häßlich und gedankenlos wäre, — sondern deshalb nur müssen wir dem Com- pilator das Bewußtseyn über sein häßliches Gebilde absprechen, weil er es nirgends verkath und sogar Worte hinschreibt, die auf ein ganz anderes Bewußtseyn Hinweisen, wenn sie auch am Ende aus einem fremden Werk aufgerafft sind. |
But the report becomes terrible when it first (v. 52, 53) makes everyone weep and then, when Jesus denies the death of the child, makes him laugh at him. All! That is, the parents, who are rather preoccupied with their grief, and the three disciples, whom Jesus, when he took them alone into the house, had rather favoured and chosen as the worthy eye-witnesses of the impending miracle!
This contrast between the attitude of the Lord and the parents of the child, as well as that of the three disciples, is almost too stark for us to claim that it was seriously intended by the evangelist. The experience of all that the authors of the Gospels are capable of has not given us the right to assert that a contradiction can be so thoughtless and glaring that its intentional creation by an evangelist can no longer be assumed. However, we do not want to attribute the contradiction that confronts us here in Luke’s writing to the evangelist’s intentions only because it would be too ugly and thoughtless, – but only because we must deny the compiler the consciousness of his ugly construction, because he does not disguise it anywhere and even writes words that point to a completely different consciousness, even if in the end they are taken from someone else’s work. |
217/218 | Hätte es Lukas wirklich so haben wollen, daß die Eltern ihre Trauer, die drei Jünger ihre bevorzugte Stellung vergaßen und den Herrn verlachten, so würde er es noch besonders und ausdrücklich hervorgehoben haben. Der Ausdruck ״Alle” ist aber viel zu umfassend, viel zu weitscbichtig, als daß er sich nur auf die Eltern und jene Drei beziehen könnte — und wenn der Evangelist sagt: ״Alle weinten und beklagten das Kind”, so ist sogar an die Jünger gar nicht, sondern an einen ganz andern Kreis zu denken, der in der Schrift des Marcus wirk- lich geschildert ist — es sind die Leidtragenden, die der Herr im Eingang des Hauses findet, diese officiellen Klageleute, die ihn dann auch verlachen, als er den Tod des Kindes bestreitet, und von ihm aus dem Haus gejagt werden, worauf er mit den Eltern und den drei Jüngern in das Todtengemach geht und vor ihren Augen — d. h. nur vor ihren Augen und ohne Weiteres das Kind erweckt. | If Luke had really wanted the parents to forget their grief, the three disciples to forget their privileged position and to ridicule the Lord, he would have emphasised it especially and explicitly. But the expression ״All’ is far too comprehensive, far too broad, to refer only to the parents and those three – and when the evangelist says: ״All wept and lamented the child’, then even the disciples are not to be thought of at all, but of a completely different circle, which is really described in the writing of Mark – they are the mourners, whom the Lord finds in the entrance of the house, these official mourners, who then also laugh at him when he denies the death of the child, and are chased out of the house by him, whereupon he goes with the parents and the three disciples into the death chamber and before their eyes – i.e. only before their eyes, and without their eyes – they are the mourners. i.e. only before their eyes and without further ado, he awakens the child. |
218 | Hier, im Urbericht (Marc. 5, 37 — 41) sind die drei Jün- ger wirklich bevorzugt, indem sie Zeugen des höchsten Wunders sind, welches ihr Herr bis dahin vollbracht hatte, und sie zeigen mit keiner Miene, daß sie dieser Bevorzugung nicht würdig waren. Die Jünger des Lukas sind dagegen so undankbar, daß sie ihren Meister auf eine rohe und unglaublich fade Weise verlachen, weil sie der Evangelist trotzdem, daß er sie als bevorzugt hinstellt, zugleich dasjenige thun und erlei- den läßt, was die Klageleute des Urberichts thun und ver- dient haben. | Here, in the first report (Mark 5, 37 – 41), the three disciples are really privileged, as they are witnesses of the highest miracle their Lord had performed until then, and they do not show with any expression that they were not worthy of this privilege. Luke’s disciples, on the other hand, are so ungrateful that they ridicule their Master in a crude and incredibly insipid way, because the evangelist, in spite of making them out to be privileged, at the same time makes them do and experience what the mourners of the original account did and experienced. |
218/219 | Lukas war schon vorher Wchlässig und hatte für die feine Nüance des Urberichts, daß Jesus sogleich darauf, als er nach der Heilung des blutflüssigen Weibes den Tod des Kindes erfahren hatte und den Weg zu der höchsten Wunderthat antrat, das Volk in seinem Geleite und die Jünger zurückwies und nur mit den drei Bevorzugten nach dem Trauerhause ging, kein Auge. Wenn er daher zu dem Augenblick kommt, wo Jesus ins Haus tritt, und wenn er hier wenigstens bemerken muß, daß der Herr nur Wenige folgen ließ, so muß er in die Darstellung des Urberichts weiter vergreisen, — (denn das Volk, wel- ches bei der Heilung des blutflüssigen Weibes Jesum umgab, hat er längst vergessen) — und verirrt er sich nun so weit, daß er beim Eintritt Jesu ins Haus geschehen läßt, was un Urbericht beim Eintritt in das Todtengemach geschieht. So ist es gekommen, daß Jesus beim Eintritt von der Straße ins Haus außer den drei Jüngern und dem Vater auch die Mutter mitnimmt, während dieselbe im Urbericht dem Herrn mit jenen aus den vordern Zimmern des Hauses ins Todtengem ach folgt. Nachdem Lukas in dieser Weise den Eintritt ins Haus und den Eintritt ins Todtengemach zu Einer Scene gemacht hat, muß er allerdings Vater und Mutter sammt den drei Jüngern dasjenige thun lassen, was die Klageleute des Urberichts im Eingang des Hauses thun, sie müssen Jesum verlachen, als er den Tod des Kindes bestreitet — daher kommt es nun, daß sie dasselbe erleiden, was die Klageleute des Urberichts verdient haben: — Jesus treibt sie hinaus und steht nun allein, während er das Kind erweckt, hat aber auch Niemanden, dem er befehlen kann, dem Kinde zu Essen zu geben. | Luke was already negligent beforehand and had no eye for the subtle nuance of the original account, that Jesus, immediately afterwards, when he had learned of the death of the child after the healing of the woman with the issue of blood and had set out on the way to the supreme miraculous deed, turned away the people in his company and the disciples and went only with the three privileged ones to the house of mourning. When, therefore, he comes to the moment when Jesus enters the house, and when he must at least notice that the Lord allowed only a few to follow, he must go further astray into the representation of the original account – (for he has long since forgotten the people who surrounded Jesus at the healing of the woman of blood) – and he now goes so far astray that he allows to happen at Jesus’ entrance into the house what happens in the original account at the entrance into the chamber of the dead. Thus it came about that Jesus, on entering the house from the street, takes with him not only the three disciples and the father, but also the mother, while in the original account she follows the Lord with them from the front rooms of the house into the chamber of death. After Luke has thus made the entrance into the house and the entrance into the death chamber into one scene, he must, however, let the father and mother, together with the three disciples, do what the mourners of the first account do in the entrance of the house, they must laugh at Jesus when he denies the death of the child – hence it comes that they suffer the same as the mourners of the first account have deserved: – Jesus drives them out and now stands alone while he awakens the child, but he also has no one whom he can command to give the child food. |
219 | Dennoch aber berichtet auch Lukas (V. 55. 56) von die- sem Befehl, läßt er sogar die Eltern sich entsetzen und von Je- sus die Anweisung erhalten, sie sollten Niemandem von dem Vorfall Etwas sagen — Lukas weiß also nicht, was er so eben gethan, daß er die Eltern sammt den drei Jüngern hinaus- gejagt hat. Er ist unschuldig an dem häßlichen Contrast, den die hohnlachenden Jünger und Eltern zu dem hilfreichen Meister bilden — er hat ihn ohne sein Wissen gebildet. | Nevertheless, Luke also reports (v. 55. 56) about this command, he even lets the parents get frightened and receives the instruction from Jesus that they should not tell anyone about the incident – Luke therefore does not know what he has just done, that he has driven out the parents together with the three disciples. He is innocent of the ugly contrast that the scornful disciples and parents form with the helpful Master – he formed it without his knowledge. |
219/220 | Lukas wußte auch nicht mehr, was die Worte Jesu an die Leidtragenden: ״das Kind ist nicht todt, sondern es schläft!” zu bedeuten haben — er wußte es nicht, daß Jesus die Leidtra- gen den Hinaustrieb, weil er das ungeheure Wunder, das er zu verrichten in Begriff war, der Neugi erde dieser Leute entrücken wollte; er ahndete nichts davon, wie wichtig der Zug des Ur- berichts ist, wonach Jesus, so wie er die Todesnachricht erhielt, die Volksmenge nicht mit ins Geheimniß zu zie- hen beschloß — in der Darstellung des Lukas ist also auch die Strenge, mit der Jesus den Eltern verbot, von dem Wunder zu Andern zu sprechen, weder erklärt, noch durch die Voranstal- ten des Urberichts vorbereitet. | Luke also did not know what Jesus’ words to the mourners meant: ״The child is not dead, but sleeping! “He did not know that Jesus was driving out the mourners because he wanted to remove the enormous miracle he was about to perform from the new earth of these people; he did not foresee the importance of the passage of the original account, according to which Jesus, as he received the news of death, did not decide to draw the crowd into the secret – in Luke’s account, therefore, the strictness with which Jesus forbade the parents to speak of the miracle to others is neither explained nor prepared for by the preliminaries of the original account. |
220 | Die Erweckung der Tochter des Jairus schließt im Urbericht den Abschnitt, der die colossale Wunderkraft Jesu darstellen soll. Sie ist das colossalste Wunder dieser Gruppe, sie ist die erste Todtenerweckung, von der die Urschrift weiß, die uns im Marcusevangelium erhalten ist, und sie bleibt die einzige Wiederbelebung eines Todten, von der Marcus weiß — Grund genug für Jesus, der auch sonst seine Wunder dem Gerede der Leute zu entziehen sucht, die sorgfältigsten Maaßregeln zu treffen, damit das schreckliche Wunder geheim bleibe.
Ohne es zu wissen, was diese Anstalten, die Jesus vor dem Eintritt in das Todtengemach trifft, bedeuten, läßt sie Lukas auch seinen Jesus, wenn auch nur halb und in gräßlicher Verwirrung treffen. Er wußte sie nicht mehr richtig zu würdigen, — wußte es daher auch nicht, daß das Geheimnißvolle des Beneh- mens Jesu in seiner Schrift unerklärlich und unpassend ist, da die Erweckung eines Todten schon voran gegangen und das- selbe Wunder, welches Jesus auf das sorgfältigste den Augen des Publikums entzieht, von ihm auf offener Landstraße und vor Aller Augen — vor dem Thore von Nain ver- richtet war. |
The revival of Jairus’ daughter closes the section in the original account that is supposed to represent the colossal miraculous power of Jesus. It is the most colossal miracle of this group, it is the first revival of a dead person that is known to us in the Gospel of Mark, and it remains the only revival of a dead person that Mark knows about – reason enough for Jesus, who also tries to keep his miracles away from the gossip of the people, to take the most careful measures so that the terrible miracle would remain secret.
Without knowing the meaning of these measures, which Jesus takes before entering the death chamber, Luke also lets his Jesus take them, even if only halfway and in terrible confusion. He did not know how to appreciate them properly, and therefore did not know that the mysterious behaviour of Jesus in his writing is inexplicable and inappropriate, since the raising of a dead man had already taken place and the same miracle, which Jesus most carefully hides from the eyes of the public, had been performed by him on the open road and before the eyes of all – before the gate of Nain. |
220/221 | Doch lassen wir dem Lukas den Fehler und den Wider spruch seiner Composition und begnügen wir uns mit dem Ergebniß, daß die Anstalten, die Jesus vor dem Wunder an der Tochter des Jairus trifft, das Wunder am Jüngling von Nain als ein späteres Machwerk und als einen unberechtigten Eindringling bloßstellen. | But let us leave Luke the error and contradiction of his composition and be content with the conclusion that the arrangements Jesus makes for the daughter of Jairus before the miracle expose the miracle of the young man of Nain as a later work of art and as an unauthorised intruder. |
221 | Das Wunder zu Nain war in der ursprünglichen Anlage der evangelischen Geschichte ein Ding der Unmöglichkeit. | The miracle at Nain was an impossibility in the original layout of the Gospel story. |
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221 | Die Uebersicht desjenigen Theils des Lukasevangeliums, der den vier ersten Abschnitten der Urschrift entspricht, ist hiermit vollendet und hat wiederum nur dazu dienen müssen, die Ordnung der letztem wiederherzustellen und ihren innern ZusammenHang zu beweisen.
Wir könnten demnach schließen. Allein sowohl das Versehen des Matthäus, der die Berufung, Znstruction und Aussendung der Zwölfe zu Einem Act gemacht und somit einen Bestandtheil vom fünften Abschnitt des Urberichts (Marc. 6, 7) in den dritten Abschnitt desselben (Marc. 3, 14) versetzt hat, als auch der Umstand, baß Lukas Collisionen, die nach der Schrift des Marcus in Galiläa vorfielen, zahlreiche Wiederholungen der Schlachten, die der Jesus des Marcus sogleich nach seinem ersten Auftreten dem Judenthum und dessen Vertretern liefert, sodann einen großen Theil des Redestoffs, den Matthäus in der Bergpredigt zusammenstellt, in jenen Bericht verwebt hat, den er über die Reise Jesu durch Samarien nach Jerusalem mittheilt — Beides bcwegt uns, unsere Uebersicht noch weiter auszudehnen und sogleich diesen Reisebericht des Lukasevangeliums ins Auge zu fassen. |
The overview of that part of the Gospel of Luke which corresponds to the first four sections of the original text is now complete, and has again only served to restore the order of the last sections and to prove their internal coherence.
We could therefore conclude. But both the oversight of Matthew, who made the calling, instruction and sending of the twelve into one act, and thus transferred a part of the fifth section of the original account (Mark 6, 7) to the third section of the same (Mark 3, 14), as well as the circumstance that Luke has transferred confrontations that occurred in Galilee after the writing of Mark, numerous repetitions of the battles that the Jesus of Mark delivers to Judaism and its representatives immediately after his first appearance, then a large part of the material of the discourse, which Matthew compiles in the Sermon on the Mount, into the account which he gives of Jesus’ journey through Samaria to Jerusalem – both of these things lead us to extend our overview even further and immediately to consider this account of the journey in Luke’s Gospel. |
221/222 | Um den reichhaltigen Redestoff, den Matthäus in die vier ersten Abschnitte des Urberichts eingefügt hat, zusammenzuhalten und den Gang des folgenden Buchs nicht zu unterbrechen, werden wir sein Versehen benutzen und die Instruction der Zwölfe schon in das gegenwärtige Buch mit aufnehmen. Die große Rede, die seine Zwölfe zu hören bekommen, führt uns aber zu der Znstruction, die der Jesus des Lukas den Siebenzigen ertheilt und die Stellung der Letzteren, so wie chre Bedeutung und Bestimmung, scheint mit dem Boden, auf dem ihre Berufung geschieht, eng zusammenzuhängen. | In order to keep together the rich material that Matthew has inserted into the first four sections of the first report and not to interrupt the course of the following book, we will make use of his oversight and include the instruction of the twelve in the present book. The great discourse which his twelve hear leads us to the instruction which Luke’s Jesus gives to the seventy, and the position of the latter, as well as their meaning and purpose, seem to be closely connected with the ground on which their calling takes place. |
222 | Es fragt sich nämlich: hat Lukas oder ein Anderer vor ihm diesen großen Bericht über die letzte Reise Jesu gebildet, — wie verhält sich derselbe zum ursprünglichen Typus der evangelischen Geschichte — hat die Berufung der Siebenzig an diesem Reisebericht eine naturgemäße und haltbare Grundlage und kann sie sich neben dem Urbericht und dessen Aussendung der Zwölfe behaupten? | The question is: did Luke or someone else before him create this great account of Jesus’ last journey, – how does it relate to the original type of the Gospel story – does the calling of the seventy to this account of the journey have a natural and tenable basis and can it hold its own alongside the original account and its sending of the twelve? |
222/223 | Der Anklang des Zusammenhangs macht die Siebenzig zu den Vorbildern der Heidenapostel und ihre Berufung zu dem bedeutungsvollen Acte, der das Anrecht der Gemeinde auf die ganze heidnische Welt in voraus begründen soll. Jesus befindet sich in einem heidnischen Lande, als er die Schaar der Glaubensboten aussendet — gerade hier, in Samarien, hatten seine Zünger, Jokobus und Johannes, sich als eifernde Juden bewiesen und das samaritische Dorf, welches ihrem Meister die Herberge versagte, mit Feuer vom Himmel vernichten wollen; während sie sich ausdrücklich auf das Beispiel des Elias berufen, der gleichfalls in Samarien auf seine Feinde das himmlische Feuer herabgezogen hatte*), erinnert sie Jesus daran, daß der Geist, dessen Kinder sie sind, nicht der ausschließende und verzehrende des Zudenthums sey, nicht das Verderben, sondern das Heil der Seele bezwecke (C. 9, 52—56). | The appeal of the context makes the Seventy the models of the apostles to the Gentiles and their calling the significant act that is to establish the church’s right to the whole Gentile world in advance. Jesus is in a Gentile country when he sends out the host of messengers of the faith – it was precisely here, in Samaria, that his disciples, Jocobus and John, had proved themselves to be zealous Jews and had wanted to destroy with fire from heaven the Samaritan village that denied their Master shelter; While they expressly refer to the example of Elijah, who likewise in Samaria drew down heavenly fire upon his enemies*), Jesus reminds them that the Spirit, whose children they are, is not the excluding and consuming one of the covenant, and does not aim at destruction, but at the salvation of the soul (C. 9, 52-56). |
222* | *) Luk. 9, 54. θέλεις εἴπωμεν πῦρ καταβῆναι ἀπὸ τοῦ οὐρανοῦ καὶ ἀναλῶσαι αὐτούς, ὡς καὶ ήλίας ἐποίησε.
2 Konig. 1, 10. εἰ ἄνθρωπος Θεοῦ ἐγώ, καταβήσεται πῦρ ἐκ τοῦ οὐρανοῦ καὶ καταφάγεταί σε καὶ τοὺς πεντήκοντά σου. |
*) Luk. 9, 54. θέλεις εἴπωμεν πῦρ καταβῆναι ἀπὸ τοῦ οὐρανοῦ καὶ ἀναλῶσαι αὐτούς, ὡς καὶ ήλίας ἐποίησε
2 Kings 1, 10. εἰ ἄνθρωπος Θεοῦ ἐγώ, καταβήσεται πῦρ ἐκ τοῦ οὐρανοῦ καὶ καταφάγεταί σε καὶ τοὺς πεντήκοντά σου. |
223 | Wenn Jesus sogleich nach dieser Erinnerung an den Gegensatz des neuen und des jüdischen Geistes einem Manne, der sich ihm zur Nachfolge anbot, die Antwort gibt (C. 9, 57.58): ״die Füchse haben Gruben und die Vögel des Himmels Nester, aber des Menschen Sohn hat nicht, da er sein Haupt hinlegt”, so klingt auch durch diese Antwort der Gegensatz gegen das Judenthum hindurch, welches mit seinen Satzungen dem Menschen ״die vier Pfahle” gab, innerhalb deren er sich gegen die Sorgen und Mühen, mit denen die Neuerung zu kämpfen hat und die Behauptung der Freiheit verbunden ist, zurückziehen und verschanzen kann. Wer am Ende doch nur wieder in der Umzäunung einer Satzung sicb wohl fühlt, das wollen die Worte Jesu sagen, wer am Ende, wenn er sich von den veralteten Satzungen befreit hat, doch wieder nach einer bestimmten Formel verlangt und von ihr die letzte Befriedigung erwartet, dem kann ich Nichts bieten, — wer mir nachfolgen will, muß den Muth haben, auf die sichernde Schranke der Formeln zu verzichten, darf nicht nach einer Ruhestätte verlangen, muß den Gedanken aufgeben, daß er von mir einen Buchstaben, eine Satzung erhalten werde, die er an der Stelle der gestürzten Satzung wieder als ein Letztes und Absolutes aufrichten könne. | When Jesus immediately after this reminder of the contrast of the new and the Jewish spirit gives the answer to a man who offered to follow him (C. 9, 57. 58): ״The foxes have holes, and the birds of the air have nests, but the Son of Man has not where to lay his head’, the contrast against Judaism, which with its statutes gave man ״the four posts’, within which he can withdraw and entrench himself against the worries and troubles with which the innovation has to struggle and the assertion of freedom is connected, also resounds through this answer. Whoever in the end only feels comfortable again in the enclosure of a statute, that is what the words of Jesus want to say, whoever in the end, when he has freed himself from the outdated statutes, still again longs for a certain formula and expects the final satisfaction from it, to him I can offer nothing, – whoever wants to follow me, must have the courage to renounce the protective barrier of formulas, must not demand a resting place, must give up the thought that he will receive from me a letter, a statute, which he can erect again as a final and absolute in place of the overthrown statute. |
223/224 | Las Todtenreich ferner, zu welchem Jesus dem Andern, der erst seinen Vater begraben wollte, ehe er dem Nuf des neuen Meisters Folge leistete, die Rückkehr untersagte — ״laß die Todten ihre Todten begraben” (C. 9, 59. 60) — ist es nicht auch das Judenthum, welches seinen Anhängern die geisttödtende Beschäftigung mit dem Abgestorbenen und Verwesenden zur Pflicht macht, während das Lebendige, welches den Sinn und die ganze Kraft der Gegenwart in Anspruch nimmt, schon dasteht? Der Vater, dessen Bestattung der Jünger den geistig Todten, die nur mit Todtem sich beschäftigen, überlassen soll — er ist allerdings das erstorbene Judenthum und das Judenthum ist endlich auch die Heimath, von der der Dritte, der sich dem Herrn (V. 61. 62) zur Nachfolge anbietet, nicht einmal Abschied nehmen, das Rückwärtsliegende, auf welches derjenige, der sich ins Reich Gottes werfen will, nicht zurückschauen darf. | Furthermore, the kingdom of the dead, to which Jesus forbade the return of the other, who first wanted to bury his father before he obeyed the call of the new Master – ״let the dead bury their dead’ (C. 9, 59. 60) – is it not also Judaism that makes the spiritually deadly occupation with the dead and decaying obligatory for its followers, while the living, which takes up the meaning and the whole power of the present, is already there? The father, whose burial the disciple is to leave to the spiritually dead, who only occupy themselves with the dead – he is, however, the dead Judaism and Judaism is finally also the home from which the third person, who offers himself to the Lord (v. 61. 62) for discipleship, may not even take leave, the backward, to which the one who wants to throw himself into the kingdom of God may not look back. |
224 | Das Judenthum und seine Satzung hat also der Herr weit hinter sich zurückgelassen, als er sich in Samarien befand und die Siebenzig ausgeschickt hatte — es berührt ihn nicht mehr und es bleibt ihm nur noch Bin Triumph übrig — der Triumph über die Macht, die das Heidenthum beherrschte und seinen Glaubensboten allein noch entgegentreten konnte. Der Erfolg, den die Siebenzig davontrugen, beweist ihm jedoch, daß auch der setzte Feind besiegt ist. Voller Freude melden sie ihm bei ihrer Rückkehr, daß ihnen in seinem Namen auch die Dämonen Unterthan sind, worauf er ausruft: ״ich sah den Satan, wie einen Blitz vom Himmel fallen” (C. 10, 17.18) — d. h. es ist natürlich, daß sogar die teuflischen Geister euch ge- horchten, denn ihr Herr und Meister ist gestürzt — die dämonische Macht des Heidenthums ist entwaffnet. | The Lord left Judaism and its statutes far behind him when he was in Samaria and sent out the seventy – it no longer touches him and only triumph remains for him – the triumph over the power that ruled over paganism and that alone could confront his messengers of faith. The success of the seventy, however, proves to him that even the enemy he had set has been defeated. Full of joy they tell him on their return that in his name also the demons are subject to them, whereupon he exclaims: ״I saw Satan fall like lightning from heaven’ (C. 10, 17.18) – i.e. it is natural that even the devilish spirits listened to you, for their lord and master has fallen – the demonic power of paganism is disarmed. |
224/225 | Allein so sicher es scheint, daß eine Reise, deren Antritt Jesus mit der Entgegensetzung seines Geistes und der gesetzlichen Eiferwuth bezeichnet und die ihm Gelegenheit gibt, die Schaar der Heidenapostel auszusenden und aus den Erfolgen derselben die Bestätigung seiner Gewißheit vom Sturz des Satan zu entnehmen, ihn der Berührung mit dem Judenthum entrücken und nur in Situationen führen müßte, in denen er den Untergang des jüdischen Privilegium erfährt, so wird doch diese Erwartung durch den fernern Verlauf der Reise vollständig getäuscht. Der Voraussetzung, daß sich Jesus in einem heidnischen Lande befinde, widerstreitet der ununterbrochene Kampf mit Pharisäern und Schriftgelehrten — er kann keinen Schritt thun, ohne diesen Gegnern, mit denen er in Galiläa zu kämpfen hatte, zu begegnen — überall treten sie ihm entgegen und suchen sie ihn zu fangen oder halten sie sich über seine Aeußerungen auf — um das Gewitter seiner Strafreden recht sicher auf sich herabzuziehen, laden sie ihn sogar zuweilen als Gast an ihre Tafel. | But as certain as it seems that a journey, the beginning of which Jesus describes with the opposition of his spirit and the legal zeal, and which gives him the opportunity to send out the crowd of Gentile apostles and to take from their successes the confirmation of his certainty of the fall of Satan, should remove him from contact with Judaism and lead him only into situations in which he experiences the downfall of Jewish privilege, this expectation is completely deceived by the further course of the journey. The presupposition that Jesus was in a Gentile country is contradicted by the continuous struggle with Pharisees and scribes – he cannot take a step without encountering these opponents with whom he had to fight in Galilee – everywhere they confront him and seek to catch him or hold him up over his remarks – in order to draw down the storm of his punitive speeches quite securely upon themselves, they sometimes even invite him as a guest to their table |
225 | So hat er die Siebenzig nach der Rückkehr von ihrer Missions- reise kaum empfangen, als ihn (C. 10, 25) ein Gesetzeslehrer fragt, was er thun müsse, um das ewige Leben zu erwerben. Einen Pharisäer, der ihn bald darauf (C. 11, 37. 38) zum Frühstück einlud und sich darüber verwunderte, daß er sich vor dem Essen nicht wusch, überfällt er mit den Wehe’s, die der Jesus des Matthäus in seinem letzten Kampf mit den jüdischen Obern über die Heuchler ausspricht — in einer Synagoge greift ihn (C. 13, 10—17) der Oberste an, weil er eine contracte Frau am Sabbath geheilt hatte — bald darauf (C-14,1—6) ladet ihn ein Pharisäer zu Tisch und die Eollegen desselben beobachten ihn lauernd, ob er den Sabbath brechen und einen Wassersüchtigen heilen würde — als ihm (C. 15, 1) alle Sünder und Zöllner nahten, waren sogleich die Pharisäer und Schrift- gelehrten bei der Hand, um darüber zu murren, daß er die Sünder annimmt und mit ihnen ißt — die Parabel vom ungerechten Haushalter reizt den Spott der Pharisäer (C. 16, 14) und gegen das Ende der Reise (C. 18, 18) kommt wieder ein Oberster, der dieselbe Frage nach den Mitteln zur Erwerbung des ewigen Lebens aufwirft, die der Gesetzeskundige im Anfänge der Reise dem Herrn gestellt hatte. | Thus he had hardly received the Seventy after their return from their missionary journey when a teacher of the law asked him (C. 10, 25) what he had to do to acquire eternal life. A Pharisee who invited him for breakfast soon after (C. 11, 37. 38) and was surprised that he did not wash before eating, he assaults him with the woes that the Jesus of Matthew pronounces on the hypocrites in his last fight with the Jewish rulers. 13, 10-17) because he had healed a contracted woman on the Sabbath – soon after (C-14,1-6) a Pharisee invites him to the table and his colleagues are watching him to see if he would break the Sabbath and heal a man with dropsy — when (C. 15, 1) all the sinners and tax collectors approached him, the Pharisees and scribes were immediately at hand to grumble that he accepts the sinners and eats with them – the parable of the unjust steward provokes the mockery of the Pharisees (C. 16, 14) and towards the end of the journey (C. 18, 18) a superior comes again who raises the same question about the means of acquiring eternal life that the lawyer had asked the Lord at the beginning of the journey. |
225/226 | Es sind aber nicht nur seine alten Widersacher, die dem Herrn in Samarien, als wären sie hier zu Hause, überall begegnen und ihm beständig nachstellen, sondern auch die Kampfe, die er mit ihnen zu bestehen bat, sind dieselben, die sie ihm in Galiläa bereitet hatten und die längst entschieden seyn müßten. Die Collisionen sind nur Wiederholungen längst gewonnener Schlachten, die Sprüche und Parabeln, mit denen Jesus den gesetzlichen Hochmuth der Pharisäer straft, — z. B. die Parabeln vom verlorenen Groschen und Schaaf (C. 15, 3—10) wie die Parabel vom Zöllner und Pharisäer (C.18,9) — nur Variationen auf den gewaltigen Spruch von der Beru- fung der Sünder und der Verwerfung der Gerechten. | But it is not only his old adversaries who meet the Lord everywhere in Samaria, as if they were at home here, and who constantly pursue him, but also the battles he asked them to fight are the same ones they had prepared for him in Galilee and which should have been decided long ago. The confrontations are only repetitions of battles that were won long ago, the sayings and parables with which Jesus punishes the legal pride of the Pharisees – e.g. the parables of the lost penny and sheep (C. 15, 3-10) as well as the parable of the tax collector and the Pharisee (C.18,9) – are only variations on the mighty saying of the salvation of sinners and the rejection of the righteous. |
226 | Im samaritischen Lande konnte Jesus mit den Pharisäern und Schriftgelehrten nicht kämpfen — (denn sie waren hier nicht zu finden) — durfte er aber auch nicht mehr kämpfen, denn jede Schlacht, in die sie ihn hier verwickelten, war ein Zeugniß von ihrer unverletzten Kraft und eine Widerlegung der Siege, die er in Galiläa über sie davongetragen zu haben glaubte. Waren sie jetzt noch im Stande, ihn wegen der Frei- heil, die er sich gegen das Sabbathsgesetz erlaubte, anzugreifen, so waren sie durch seine früheren Antworten nicht geschlagen — konnten sie jetzt noch darauf lauern, ob er am Sabbath hei- len würde, so war die Kühnheit, mit der er in Galiläa gezeigt hatte, daß der Sabbath für ihn keine unüberwindliche Schranke sey, so wie die Gewalt seiner Verantwortung gegen die lauern- den Pharisäer vergebens gewesen — wundern sich die Pha- risäer und Schriftgelehrten jetzt noch darüber, daß er die Sün- der annimmt und mit ihnen ißt, und muß er das Aergerniß von neuem erklären und auflösen, dann hatte er in die Luft gesprochen, als er nach der Berufung des Zöllners Levi mit diesem zu Tische saß und die hämische Bemerkung der Pharisäer niederschlug. | In the Samaritan country Jesus could not fight with the Pharisees and scribes – (for they were not to be found here) – but he was also not allowed to fight any more, for every battle they involved him in here was a testimony to their uninjured strength and a refutation of the victories he thought he had won over them in Galilee. If they were now still in a position to attack him for the freedoms he allowed himself against the Sabbath law, they were not defeated by his earlier answers – if they could now still wait to see whether he would heal on the Sabbath, the boldness with which he had shown in Galilee that the Sabbath was no insurmountable barrier for him, The Pharisees and scribes are still surprised that he accepts the sinners and eats with them, and he has to explain and resolve the irritation anew, then he had spoken into the air when he sat at the table with the tax collector Levi after his appeal and put down the sneering remark of the Pharisees. |
226/227 | Kurz, diese Wiederholungen der galiläischen Schlachten sind an sich selbst schon ungehörig und beeinträchtigen den Ruf von der unwiderstehlichen Siegeskraft, den der Herr durch die Art seines Auftretens in Galiläa sich erworben haben soll — sie widersprechen außerdem der Voraussetzung des Berichts, in dem sie sich befinden, da die Reise durch Samarien jeden Conflict mit den Pharisäern abschneidet und durch ein Gebiet führt, wo der Kampf um die Geltung der jüdischen Satzungen nicht mehr an seiner Stelle war. | In short, these repetitions of the Galilean battles are in themselves unseemly and detract from the reputation of the irresistible power of victory which the Lord is said to have acquired by the manner of His appearance in Galilee – they also contradict the premise of the account in which they are found, since the journey through Samaria cuts off any conflict with the Pharisees and leads through an area where the struggle for the validity of the Jewish statutes was no longer in its place. |
227/228 | Indem wir allgemeine Sprüche und Lehren, die den Gang des Reiseberichts wenigstens aufhalten, übergehen — so z. B. die Anleitung zum Gebet (C. 11, 1—4), die Sprüche von der Gewißheit der Gebetserhörung (C. 11, 5—13. C. 18, 1—7), den Beweis von dem Unnützen der Nahrungssorgen und die Warnung vor dem Sammeln irdischer Schätze (C. 12,15—34), endlich den Rath, man solle sich mit dem Widersacher vor der richterlichen Entscheidung ausgleichen und verständigen (C. 12, 58. 59) — bemerken wir noch, daß der Reisebericht mehrere Sprüche enthält, die eben so wie jene Wiederholungen der gali- läischen Schlachten einen Theil des Urberichts schwächen, nur daß sie, während diese die frühere Wirksamkeit Jesu desavoui- ren, den Schluß seiner Wirksamkeit in Jerusalem bedeutungs- los machen. Es sind dieß jene Sprüche, die von der Wieder- kunft des Menschensohnes handeln und das Plötzliche, Blitzähn- liche derselben beschreiben (C. 11, 35-48. C. 17, 21-37. C. 18, 8); — wenn Jesus so oft und so deutlich, wie es der Reisebericht voraussetzt, von dieser Krisis und ihrem plötzlichen, unerwarteten Eintritt gesprochen hat, so ist es unbegreiflich, wie ihn die Jünger, als er nach der Niederlage aller seiner Gegner zu Jerusalem auf die letzte Krisis hinweist, nach dem Zeichen und nach dem Zeitpunkt derselben fragen können und warum er sie nicht, statt weitläufig die Zeichen und das Plötzliche ihres Eintritts zu schildern, auf seine früheren Er- Öffnungen hinweist (C. 21, 6—36). | By passing over general sayings and teachings that at least stop the course of the travelogue – such as the instruction to prayer (C. 11, 1-4), the sayings of the certainty of the answer to prayer (C. 11, 5-13. C. 18, 1-7), the proof of the uselessness of worrying about food and the warning against the gathering of earthly treasures (C. 12,15-34), finally the advice to settle and come to an understanding with the adversary before the judgement (C. 12, 58. 59) – we also notice that the travelogue contains several sayings which, just like those repetitions of the Galilean battles, weaken a part of the original report, only that they, while these disavow the earlier activity of Jesus, make the end of his activity in Jerusalem meaningless. These are the sayings that deal with the return of the Son of Man and describe the sudden, lightning-like nature of it (C. 11, 35-48, C. 17, 21-37, C. 18, 8).18, 8); – if Jesus spoke so often and so clearly, as the account of the journey presupposes, of this crisis and its sudden, unexpected occurrence, it is incomprehensible how the disciples, when, after the defeat of all his enemies at Jerusalem, he refers to the last crisis, can ask him about the sign and the time of it, and why, instead of describing at length the signs and the suddenness of its occurrence, he does not refer them t |
228 | Der Ernst und der Erfolg der galiläischen Schlachten macht die Wiederholungen derselben in Samaria unmöglich und die Haltung der Rede, mit der Jesus seine öffentliche Wirksamkeit zu Jerusalem beendigt, schließt die Eröffnungen über seine Wiederkunft und das Plötzliche derselben, die der samaritische Reisebericht enthält, gleichfalls aus. Das gleiche Schicksal mit diesen Eröffnungen erleidet dann auch die Trostrede an seine Nachfolger und Bekenner, die Versicherung, daß sie in Leiden und Ver- folgungen von Gott und seinem heiligen Geiste nicht im Stich gelassen werden (C. 12, 11. 12) — denn seinen wahren und ursprünglichen Ort hat dieser Trost gleichfalls nur in jener Rede über die letzte Krisis — ferner die Beschreibung des Gerichts über die Uebelthäter (C. 13, 26—28), denn es ist nur eine prosaische Erweiterung des Gemäldes, welches der Jesus des Urberichts (Marc. 13, 27) von der Vereinigung seiner Auserwählten in seiner letzten Rede gibt. | The seriousness and the success of the Galilean battles make it impossible to repeat them in Samaria and the attitude of the speech with which Jesus ends his public activity in Jerusalem also excludes the openings about his return and the suddenness of it, which the Samaritan travel report contains. The same fate then befalls the consolation speech to his followers and confessors, the assurance that they will not be abandoned by God and his Holy Spirit in suffering and temptation (C. 12, 11. 12) – for this consolation has its true and original place only in the speech about the last crisis – furthermore the description of the judgement of the transgressors (C. 13, 26-28), for it is only a prosaic extension of the picture which the Jesus of the first report (Mark 13, 27) gives |
228/229 | Wenn die Wiederholungen der galiläischen Collisionen und die Vorausnahme der spätern Eröffnungen über die Wiederkunft des Menschensohns nicht einmal der Situation entsprechen, woach Jesus, indem er die samaritische Gränze überschreitet, dem Judenthum den Rücken kehrt und seine Theilnahme dem Heidenthum zuwendet, so würden mit dieser Situation außer dem Zusammentreffen mit den zehn Aussätzigen (C. 17, 11 — 19) die beiden Parabeln vom Reichen und Lazarus (C. 16, 19—31) und vom Gastmahl, zu welchem die Gäste von der Straße und von den Zäunen her geholt werden (C. 14,16—24), allerdings zusammenklingen — allein auch diese Harmonie kann sich nicht lange behaupten und die letzte Kriegserklärung gegen die gesetz liche Theokratie wird alsbald dem Boden wieder zurückgegeben werden, auf dem sie allein heimisch ist. | If the repetitions of the Galilean confrontations and the anticipation of the later openings about the return of the Son of Man do not even correspond to the situation where Jesus, by crossing the Samaritan border, turns his back on Judaism and turns his participation to Gentility, then with this situation, apart from the encounter with the ten lepers (C. 17, 11 – 19), the two parables of the rich man and Lazarus (C. 16, 19-31) and of the banquet, to which the guests are brought from the street and from the fences (C. 14, 16-24), would sound together – only this harmony cannot be maintained for long and the last declaration of war against the legal theocracy will soon be returned to the ground on which it alone is at home. |
229 | Nach dem Zeugniß des Epiphanius fehlte nämlich der Schrift des Urlukas, die Marcion in Händen hatte, jenes Gleichniß vom Weinberg (Luk. 20, 9—18), mit welchem Jesus als- bald nach seinem Auftreten zu Jerusalem dem gesetzlichen Negi- ment seinen Sturz ankündigte, — d. h. ein Gleichniß, welches an dieser spätern Stelle nicht fehlen durfte, da die offene Kriegserklärung die folgenden Angriffe erklärt, die die jüdisehen Obern gegen den gefährlichen Neuerer richteten, um ihm ein Wort zu entlocken, welches sie berechtigte, ihn gerichtlich zu belangen, oder welches ihn vor dem Volke von vornherein als einen leichtsinnigen Verächter des Gesetzes bloßstellte. Urlukas hatte dießmal die Gefahr gemerkt — er wußte es, daß er in jenen Reisebericht schon die Ankündigung von dem bevorstehen- den Sturz der gesetzlichen Theokratie verwebt hatte und half sich nun damit, daß er das Original, dem die spätern Gleichnisse von der Verwerfung des auserwählten Volks und seiner bevorrechteten Obern nachgebildet sind, ausließ — aber er half sich unglücklich, da er nun den Kampf, den Jesus in Je- rusalem zu bestehen hatte, sinnlos und unverständlich machte, und er half sich nur halb, indem er in der Rede Jesu über die letzte Krisis die Ankündigung vom Fall Jerusalems (C. 21, 24) stehen ließ. | According to the testimony of Epiphanius, the writing of Urlukas, which Marcion had in his hands, lacked that parable of the vineyard (Luk 20, 9-18), with which Jesus, soon after his appearance in Jerusalem, announced his overthrow to the legal negatives, – i.e. a parable which could not be missing in this later passage, since the open declaration of war explains the subsequent attacks which the Jewish rulers directed against the dangerous innovator in order to wrest a word from him. a simile which could not be omitted from this later passage, since the open declaration of war explains the subsequent attacks which the Jewish rulers directed against the dangerous innovator in order to elicit a word from him which would entitle them to prosecute him or which would expose him before the people from the outset as a careless despiser of the law. Urlukas had noticed the danger this time – he knew that he had already interwoven the announcement of the imminent overthrow of the legal theocracy into that travelogue and now helped himself by omitting the original, on which the later parables of the rejection of the chosen people and their privileged rulers are modelled, But he helped himself unhappily, because he now made the struggle which Jesus had to pass in Jerusalem senseless and incomprehensible, and he only half helped himself by leaving out of Jesus’ speech about the last crisis the announcement of the fall of Jerusalem (C. 21, 24). 21, 24) was left standing. |
229/230 | Hier, in Jerusalem, in der letzten Entscheidungsschlacht, die Jesus der gesetzlichen Obrigkeit zu liefern hatte, — hier erst war die offene Ankündigung von deren Sturz und vom Unter- gang des auserwählten Volkes an seiner Stelle und hatte namentlich der Urbericht die angemessene Steigerung beobachtet, daß er den Herrn erst die Verwerfung der Obern — (im Gleichniß vom Weinberg Marc. 12, 1—11) — und sodann, in seiner letzten Rede den Untergang des gesetzlichen Volkswesens und Heiligthums (Marc. 13, 2. 14—18) weissagen ließ. | Here, in Jerusalem, in the last decisive battle that Jesus had to deliver to the legal authorities – only here was the open announcement of their fall and of the downfall of the chosen people in its place and especially the original report had observed the appropriate intensification that he first let the Lord prophesy the rejection of the rulers – (in the parable of the vineyard Marc. 12, 1-11) – and then, in his last speech, the downfall of the legal people and sanctuary (Mark 13, 2. 14-18). |
230 | Auf Alles also, was der Reisebericht des Lukasevangeliums enthält, hat der Urbericht sein Eigenthumsrecht durchgesetzt: — den einen Theil nimmt er als abgeschwächte Wiederholung der galiläischen Kämpfe in Beschlag, den andern hat er als un- passende Vorausnahme der letzten entscheidenden Wendungen, mit denen Jesus in Jerusalem den Kampf zu Ende führte, zurückgenommen. | So the original account has asserted its right of ownership over everything contained in the travelogue of Luke’s Gospel: – one part it takes possession of as a toned-down repetition of the Galilean battles, the other it has taken back as an unsuitable anticipation of the last decisive turns with which Jesus brought the battle to an end in Jerusalem. |
230/231 | Und die Situation? — die Situation, daß Jesus mit dem Heidenthum in unmittelbare Berührung tritt? Auch sie gehört dem Urbericht an und ist in ihm (Marc. C. 7, 24—30) mit vollendeter Plastik durchgeführt, wenn Jesus nach dem Gränzgebiet von Tyrus und Sidon aufbricht und von drüben das griechische Weib herüberkommt, in ihrer Glaubens- kraft die Schranke, die das Heidenthum vom Heil abtrennte, niederwirft und sich das Heil erobert, welches sie den Kindern des Reichs nicht allein und ausschließlich lassen wollte. Dieser heroische Kampf, in welchem die Repräsentantin des Hei- denthums das Vorrecht des Zudenthums zu Boden wirft, ist etwas ganz Anderes als die schleichende Reise des Herrn durch Samarien, und er würde seine heroische Bedeutung auch dann noch behaupten, wenn die Reise durch das heidnische Gebiet bes- ser, als es im Lukasevangelium geschieht, dargestellt wäre und wenn sie nicht durch Ereignisse und Reden, die mit der voraus- gesetzten Situation durchaus Nichts zu thun haben, unterbrochen und aufgehalten würde. Wenn auch Lukas dieses Zusammen- treffen mit dem griechischen Weibe aus Syrophönicien in seine Schrift nicht ausgenommen hat, so hätte er dock nicht auf den Gedanken kommen dürfen, daß er etwas Besonderes und Neues gebe, wenn er seinen Herrn durch ein heidnisches Gebiet reisen läßt, denn lange vorher hat er ihn im Hauptmann von Kapernaum — dem Nachbilde des griechischen Weibes — den Repräsentanten des Heidenthums kennen lernen lassen, welches selbst Israel mit seinem Glauben beschämt (Luk. 7, 9). | And the situation? – The situation in which Jesus comes into direct contact with the Gentiles? It, too, belongs to the original account and is carried out in it (Mark C. 7, 24-30) with perfect plasticity when Jesus sets out for the borderlands of Tyre and Sidon and the Greek woman comes over from there, in her power of faith throws down the barrier that separated paganism from salvation and conquers for herself the salvation that she did not want to leave to the children of the kingdom alone and exclusively. This heroic struggle, in which the representative of the Gentiles throws down the privilege of the Gentiles, is something completely different from the Lord’s creeping journey through Samaria, and it would still maintain its heroic significance if the journey through the Gentile territory were better depicted than it is in Luke’s Gospel, and if it were not interrupted and stopped by events and speeches that have absolutely nothing to do with the presupposed situation. Even if Luke did not exclude this meeting with the Greek woman from Syro-Phoenicia in his writing, he should not have thought that he was giving something special and new when he let his Lord travel through a Gentile area, because long before he let him get to know the centurion of Capernaum – the copy of the Greek woman – as the representative of Gentileism, which even put Israel to shame with its faith (Luk 7, 9). |
231 | Der Reisebericht des Lnkasevangeliums ist somit vollständig aufgelöst. Die Berührung, in die er den Herrn mit dem Heidenthum bringt, war unnöthig, da der Vorbote der gläubigen Heiden schon aufgetreten war und das jüdische Privilegium hinreichend bedroht hatte — mehr als einmal durfte sogar Jesus mit dem Symbol der heidnischen Eroberer, die das Vorrecht des jüdischen Volks stürzen sollten, nicht in Berührung kommen, da durch ein wiederholtes Zusammentreffen mit diesen Glaubenshelden die Bedeutung und Gewalt seines Kampfs in Jerusalem und besonders seiner Ankündigung der letzten Krisis viel zu sehr geschwächt würde.
Die samaritische Reise ist ein spateres Erzeugniß der evangelischen Geschichtsbildung — eine Variation auf die Berührung, in welche der Urbericht Jesum mit dem Heibenthum gebracht hat — sie ist eine geschmacklos überladene Variation. So überladen ist sie aber und so wenig hält sie das Thema fest, das ihr zu Grunde liegt, daß nun allerdings die Frage entsteht, ob Lukas diesen Reisebericht in der Gestalt, in der er ihn vorgefunden, in seine Schrift aufgenommen hat — d. h. ob es in der That möglich ist, daß derjenige, der zuerst den Gedanken faßte, den Herrn in Samarien mit dem Heidenthum in Berührung zu bringen, fähig war, dieses Ungeheuer von Reise zu schaffen und seine Voraussetzung, daß Jesus sich in Sa- marien, daß er sich auf einer Reise befindet, fast in allen Theilen seiner Arbeit um zu stoßen. |
The travelogue of the Gospel of Luke is thus completely dissolved. The contact into which it brings the Lord with paganism was unnecessary, since the harbinger of the believing pagans had already appeared and had sufficiently threatened the Jewish privilege – more than once, even Jesus was not allowed to come into contact with the symbol of the pagan conquerors who were to overthrow the privilege of the Jewish people, since a repeated encounter with these heroes of the faith would weaken the significance and power of his struggle in Jerusalem and especially his announcement of the final crisis far too much.
The Samaritan journey is a later product of evangelical historiography – a variation on the contact in which the original report brought Jesus into contact with the Holy Land – it is a tastelessly overloaded variation. But it is so overloaded and so little does it hold on to the theme on which it is based that the question now arises whether Luke included this travelogue in his writing in the form in which he found it – i.e. whether it is indeed possible that the original account of Jesus was not included in his writing in the form in which he found it. That is, whether it is indeed possible that he who first conceived the idea of bringing the Lord into contact with the Gentiles in Samaria was able to create this monster of a journey and to overturn his presupposition that Jesus is in Samaria, that he is on a journey, almost in all parts of his work. |
231/232 | Es ist unmöglich. Lukas erst, d. h. der Verfasser des Evangeliums, welches Marcion in Händen hatte, hat diese gedankenlose Ueberfüllung bewirkt, indem er in einen kurzen Reise« bericht die Variationen auf die galiläischen Kämpfe Jesu, die Vorausnahme seiner letzten Strafreden und Verheißungen und eine Menge allgemeiner Lehrvorträge einfügte. | It is impossible. Luke, i.e. the author of the Gospel which Marcion had in his hands, brought about this thoughtless overfilling by inserting into a short “travel” account the variations on the Galilean battles of Jesus, the anticipation of his last speeches of punishment and promises, and a number of general doctrinal lectures. |
232 | Ein Schriftsteller, der zuerst den Plan faßte, Jesum nach dem Abschluß seiner galiläischen Wirksamkeit und ehe er den letzten Todeskampf begann, durch Samarien zu führen, wo er dem Judenthum den Rücken kehren und die Empfänglichkeit der heidnischen Welt erfahren konnte, war schlechterdings unfähig, in der Ausführung seinen Plan zu zerstören und die beabsichtigte Situation in jedem Augenblick fast zu vergessen.
Ein Schriftsteller, der im Eingänge des Reiseberichts ausdrücklich bemerkt, daß Jesus sein Angesicht zur Reise nach Jerusalem wandte, well die Tage seiner Hinwegnahme erfüllt waren (Luk. 9, 51), war unfähig, diese Richtung auf Jerusalem zu Vergessen und eine Compilation zusammenzuwürfeln, deren Umfang (C. 9, 51 — 18, 30) größer ist, als der Umfang des Abschnitts, der die öffentliche Wirksamkeit Jesu in Galiläa, mithin sein ganzes öffentliches Leben bis zum Todeskampf mit der Obrigkeit der Hauptstadt darstellt. |
A writer who first planned to take Jesus through Samaria after the conclusion of his Galilean ministry and before he began his final agony, where he could turn his back on Judaism and experience the receptivity of the Gentile world, was utterly incapable of destroying his plan in execution and almost forgetting the intended situation at any moment.
A writer who, in the entry of the account of the journey, expressly remarks that Jesus turned His face towards Jerusalem when the days of His departure were fulfilled (Luk 9:51), was incapable of forgetting this direction towards Jerusalem and of throwing together a compilation whose extent (C. 9:51-18:30) is greater than the extent of the section which represents the public activity of Jesus in Galilee, that is, His whole public life up to the death struggle with the authorities of the capital. |
232/233 | Selbst den Fall gesetzt, daß der erste Urheber des Reiseberichts sich so sehr versehen habe und von der beabsichtigten Richtung abbrmgen ließ, daß er endlich einmal wieder einlenken und dem Leser bemerklich machen mußte (Luk. 13, 22), daß Jesus in diesem Augenblicke ״durch Städte und Flecke wanderte und auf Jerusalem zu reiste”, so würde er doch unfehlbar so viel Tact und Bewußtseyn von seinem eignen Plan besessen haben, den Leser nach dieser Zwischenbemerkung wenigstens wieder einmal nach Samaria zu versetzen. Er würde etwas Samaritisches erzählt und nicht den Spruch von der engen Pforte LC. 13, 23. 24) gebracht haben. | Even in the case that the first author of the travelogue had made such a mistake and deviated from the intended direction that he finally had to give in again and make it clear to the reader (Luk 13:22) that Jesus was at that moment ״walking through towns and villages and travelling towards Jerusalem’, he would still infallibly have had so much tact and awareness of his own plan that he would at least once again have transported the reader to Samaria after this interjection. He would have told something Samaritan and not the saying about the narrow gate LC. 13, 23. 24). |
233 | Nur ein späterer Compilator, nur Lukas war dessen fähig, wenn er zum Schluß noch einmal an die eigentliche Situation erinnert — jetzt zumal, wenn er wirklich etwas Samaritisches, die Geschichte von den zehn Aussätzigen bringt, die Aufmerksamkeit von Samaria abzu lenken und ungeschickt genug zu bemerken (C. 17, 11), daß Jesus in diesem Augenblicke ״nach Jerusalem reiste und mitten durch Samaria und Galiläa zog” Nur der spätere Compilator konnte diese gedankenlose Combination von Samaria und Galiläa bilden, weil er sich jetzt, als er die Geschichte von den zehn Aussätzigen geben wollte, dazu gezwungen sah, das Wort Samaria wenigstens hinzuschreiben, und weil ihn die Menge Collisionen mit Pharisäern, die er kurz vorher berichtet hatte, zugleich nöthigte, auch Galiläa’s zu gedenken.
Wenn aber der größte Theil dieses Reiseberichts die Zuthat des Lukas ist, was bleibt dann dem ursprünglichen Former — d. h. jenem Schriftsteller, der die samaritische Reise zuerst in den Typus der evangelischen Geschichte eingeschoben hat? Auch von dem Wenigen, das uns bis jetzt noch geblieben, wird fast Alles zweifelhaft. Die Vertrautheit des Verhältnisses, welche das Benehmen der beiden Schwestern, Martha und Maria, bei der Einkehr Jesu in ihrem Hause voraussetzt, beweist, daß diese Erzählung, die die Glaubensgerechtigkeit zur gesetzlichen Vielgeschäftigkeit in Gegensatz stellt (Luk. 10, 39 — 42), kein ursprünglicher Bestandtheil eines Reiseberichts war, der Jesum durch ein fremdes Land führen und nur mit außerjüdi scheu Elementen in eine auffallende Berührung bringen sollte. |
Only a later compiler, only Luke was able to do this when he reminds us of the actual situation at the end – especially now when he really brings something Samaritan, the story of the ten lepers, to divert the attention from Samaria and to notice clumsily enough (C. 17, 11) that Jesus at this moment was ״travelling to Jerusalem and passing through the middle of Samaria. Only the later compiler could form this thoughtless combination of Samaria and Galilee, because now, when he wanted to give the story of the ten lepers, he felt compelled to at least write the word Samaria, and because the many confrontations with Pharisees, which he had reported shortly before, at the same time compelled him to remember Galilee as well.
But if the greater part of this account of the journey is the attribution of Luke, what remains of the original formator – that is, of the writer who first inserted the Samaritan journey into the type of the Gospel story? Even of the little that remains to us so far, almost everything becomes doubtful. The familiarity of the relationship that the behaviour of the two sisters, Martha and Mary, presupposed when Jesus entered their house, proves that this story, which contrasts the righteousness of faith with the legal busyness (Luk 10, 39 – 42), was not originally part of a travelogue that was supposed to lead Jesus through a foreign country and only bring Him into conspicuous contact with non-Jewish elements. |
234 | Auch die Geschichte von den Dreien, denen Jesus seine Freiheit von jeder Satzung und Formel betheuerte und die er aufforderte, das abgestorbene Judenthum im Rücken und den Todten, die sich mit Todtem beschäftigen, zu lassen, wird Zweifelhaft. Rein! es ist gewiß, daß diese Sprüche an der Stelle, die ihnen Lukas angewiesen, ihre Heimath nicht besitzen und nicht einmal ihre wahre Bedeutung behaupten können. Hat Jesus den Augenblick vorher die gesuchte Herberge in einem samaritischen Dorfe nicht erhalten können (C. 9, 53. 58), als er ei- mn Mann, der sich ihm zur Nachfolge anbot, darauf verwies, daß des Menschen Sohn nicht habe, da er sein Haupt hinlege, so erhielten diese Worte den äußerst dürftigen Sinn, daß er keine feste Wohnstätte habe und seine Nachfolger gleichfalls auf die Bequemlichkeit einer solchen Verzicht leisten müssen — dieser Sinn wäre sogar der einzige, bei dem es sein Bewen« den haben müßte, da die Rücksicht auf die vorausgesetzte Situation die Erhebung zu dem höhern Sinn und zu der allgemeinen Bedeutung, auf die der Spruch mit seinem gewaltigen Anlauf Anspruch macht, hindern und sogar unmöglich machen würde. | Even the story of the three to whom Jesus pledged his freedom from every statute and formula, and whom he exhorted to leave the dead Judaism behind and the dead to occupy themselves with dead things, becomes doubtful. Purely! it is certain that these sayings do not possess their home in the place which Luke assigns to them, and cannot even assert their true meaning. If Jesus had not been able the moment before to obtain the sought-after lodging in a Samaritan village (C. 9, 53. 58), when he pointed out to a man who offered himself as his successor that the Son of Man did not have a place to lay his head, these words took on the very tenuous meaning that he had no fixed abode and that his followers would likewise — This sense would even be the only one in which it would have to have its meaning, since the consideration of the presupposed situation would hinder and even make impossible the elevation to the higher sense and to the general meaning to which the saying, with its tremendous run-up, lays claim. |
234/235 | Wie das Wort an den Ersten dieser Dreie mit der Aufnähme Jesu in Samarien in Zusammenbang gebracht ist, so verweist die Aufforderung an den Zweiten, der zuvor seinen Vater begraben wollte (Luk. 9, 59. 60): ״laß die Todten ihre Todten begraben, du aber gehe hin und verkündige das Reich Gottes!” auf das Folgende, die Aussendung der Siebenzig zur Verkündigung des Evangeliums, macht sie es sogar erklärlich, woher Jesus auf einmal außer seinen Zwölfen noch Glaubensboten finden konnte — aber auch dieser Zusammenhang ist nur erkünstelt, sogar unmöglich. Matthäus weiß Nichts davon, daß Jesus diesem Zweiten den Auftrag gab, das Evangelium zu verkündigen, diese Aufforderung ist für das erste Zusammentreffen mit einem Unbekannten viel zu bestimmt, sie ist sogar ungehörig, weil sie erfolglos ist, wenigstens erfolglos seyn müßte, da die Collision, welche diese Sprüche enthalten, mit Absicht so hoch gestellt ist, daß sie im Leser die Meinung erweckt, die Halbgeneigten, denen sie gestellt war, seyen vor ihr zurückgetreten. Matthäus versah sich, als er den Zweiten — der Erste hatte sich aber dem Herrn nicht angeschlossen, sollte sich ihm nicht anschließen und weder Matthäus noch Lukas wagen es, von einem wirklichen Anschluß zu sprechen — ״einen Anderen seiner Jünger” nannte (Matth. 8, 21), und Lukas ließ sich durch die Rücksicht auf die folgende Aussendung der Siebenzig dazu verleiten, den Worten, die der Zweite zu hören bekam, einen falsehen Schluß zu geben. | As the word to the first of these three is connected with the taking up of Jesus in Samaria, so the call to the second, who wanted to bury his father beforehand (Luk 9, 59. 60): ״Let the dead bury their dead, but you go and proclaim the kingdom of God! “When it refers to what follows, the sending of the seventy to proclaim the Gospel, it even makes it explainable where Jesus could suddenly find messengers of faith apart from his twelve – but even this connection is only artificial, even impossible. Matthew knows nothing of the fact that Jesus gave this second one the commission to preach the Gospel, this request is much too definite for the first meeting with a stranger, it is even unseemly, because it is unsuccessful, at least it should be unsuccessful, since the confrontation, which these sayings contain, is intentionally placed so high that it awakens in the reader the opinion that the half-believers, to whom it was placed, had stepped back before it.Matthew was mistaken when he called the second one – the first one had not joined the Lord and was not supposed to join him and neither Matthew nor Luke dare to speak of a real joining – ״another of his disciples’ (Matth. 8, 21), and Luke was tempted by the consideration of the following sending of the seventy to give a false ending to the words that the second one heard. |
235 | Kurz, Lukas erst hat dieß Zusammentreffen mit den Dreien in den Reisebericht eingefügt — für die zwei ersten Sprüche lag ihm und dem Matthäus eine gemeinsame Quellenschrift vor — der dritte Spruch von dem Pflüger, der nicht rückwärts sehen darf, ist eine Variation, die in dieser gemeinsamen Quellenschrift noch nicht enthalten war.
Nun endlich die Siebenzig! |
In short, Luke only inserted this encounter with the three into the travelogue – for the first two sayings he and Matthew had a common source script available – the third saying about the ploughman who must not look backwards is a variation that was not yet contained in this common source script.
Now finally the seventy! |
235/236 | Schwerlich hat derjenige, der Jesum zuerst die samaritische Reise antreten ließ, auf den Gedanken kommen können, ihn auf dieser Reise ein wahres Heer von Glaubensboten aussenden zu lassen. Er wußte es noch, was eine Reise ist, daß auf einer Reise, zumal auf einer Reise, die den Herrn zum nahen Schluß seiner Laufbahn führen sollte, für ein so weit läuft- ges Unternehmen kein Raum gegeben war: — wahrscheinlicher ist es, daß erst der Spätere, der den Reisebericht zu einer unförmlichen Notizensammlung machte, der in ihm alle Variationen, die aus den Urbericht von der Wirksamkeit Jesu gebildet waren, zusammenhäufte, der ihm außerdem den neuen Geschichtsund Lehrstoff, den er neben dem Urbericht versand, aufbürdete — daß dieser Spätere, der die Voraussetzung, daß sich Jesus auf einer Reise befand, leichter vergessen konnte, die Siebenzig geschaffen und aus dieser letzten Reise Jesu in ihre Erndte geschickt hat. | It would have been difficult for the one who first sent Jesus on the Samaritan journey to have thought of sending out a real army of messengers of faith on this journey. He still knew what a journey was, that on a journey, especially on a journey that was to lead the Lord to the near end of His career, there was no room for such a far-reaching undertaking: – It is more probable that only the later, who made the travelogue into a shapeless collection of notes, who heaped together in it all the variations that had been formed from the original report of Jesus’ activity, who, in addition, burdened it with the new historical and teaching material that he sent out alongside the original report – that this later, who could more easily forget the prerequisite that Jesus was on a journey, created the Seventy and sent them into their end from this last journey of Jesus. |
236 | Seine Schöpfung konnte ihm aber nicht gelingen — die Aussendung dieser Schaar von Glaubensboten konnte er nicht begreiflich machen — er war nicht einmal im Stande, eine Absiccht die er allerdings hatte, auszuführen und die Siebenzig als die Heilsboten, die ausdrücklich den Heiden bestimmt sind, von den Zwölfen zu unterscheioen. Er war kein Schöpfer und konnte den Siebenzigen keine andere Urkunde ausstellen als diejenige, die im Urbericht und in dessen spätern Fortbildungen die Zwölfe erhalten hatten.
Nachdem er nämlich die Anweisung, die der Jesus des Urberichts (Marc. 6, 8 —11) den Zwölfen gibt, zum Theil schon abgeschrieben hatte, als er seine Zwölfe zur Verkündigung des Reiches Gottes aussandte (Luk. 9, 3—5), nimmt er sie von neuem auf und arbeitet er sie nur fleißiger aus, wenn er jetzt die Belehnungsurfunde mittheilt (Luk. 10, 4—12), mit der Jesus die Siebenzig in ihre Arbeit ausschickte. |
But he could not succeed in his creation – he could not make the sending of this multitude of messengers of the faith comprehensible – he was not even able to carry out an intention he had, however, and to distinguish the seventy from the twelve as the messengers of salvation who were expressly destined for the Gentiles. He was not a creator and could not issue to the Seventy any other certificate than that which the Twelve had received in the original report and in its later continuations.
After he had already partly copied the instructions that Jesus of the first report (Marc. 6, 8-11) gave to the twelve when he sent out his twelve to proclaim the kingdom of God (Luk. 9, 3-5), he took them up again and only elaborated them more diligently when he now communicated the findings of the commission (Luk. 10, 4-12) with which Jesus sent out the seventy into their work. |
236/237 | Der Widerspruch ferner, den die Worte Jesu (C. 10, 2): ״die Erndte ist groß, die Arbeiter wenige. Bittet also den Herrn der Erndte, daß er Arbeiter in seine Erndte schicke”, mit der Situation bilden, beweist, daß er auch diesen Spruch einem fremden Zusammenhang entlehnt hat. Wenn sich Siebenzig gefunden haben, ist kein Anlaß zur Klage, daß der Arbeiter wenige seyen, und am unpassendsten war es, den Siebenzigen, die im Kreise um den Herrn dastehen, das Miß Verhältniß zwischen der Größe der Arbeit und der geringen Zahl der Arbeitsleute vorzuhalten. Und sie sollen erst noch bitten, daß der Herr der Erndte Arbeiter schicke? Bitten, daß sich Arbeiter finden? Bitten, wo schon so viele dastehen? Bitten, wäh- rend es ihre Pflicht gewesen wäre, die Hand in Bewegung zu setzen und Garben zu binden? Unmöglich! Der Spruch konnte nur in einem Kreise gebildet werden, der von den Siebzigen noch Nichts wußte, und hatte sogar, wie auch Matthäus verräth (Matth. C. 9, 37. 38), seine Geburtsstätte nur in einem Zusammenhange, der der Aussendung der Zwölfe vorangmg. | The contradiction that the words of Jesus (C. 10, 2): ״The harvest is great, the labourers few. Ask, therefore, the Lord of the harvest to send labourers into his harvest”, with the situation, proves that he also borrowed this saying from a foreign context. When seventy are found, there is no reason to complain that the labourers are few, and it was most improper to reproach the seventy standing in a circle around the master with the disproportion between the size of the work and the small number of labourers. And they should ask the Lord of the earth to send workers? Ask that workers be found? Ask, when there are already so many? Asking when it would have been their duty to set their hands to work and tie sheaves? Impossible! The saying could only have been formed in a circle that knew nothing of the seventy, and even, as Matthew also reveals (Matth. C. 9, 37. 38), had its birthplace only in a context that preceded the sending of the twelve. |
237 | Auch der folgende Spruch (C. 10, 3): ״gehet hin, siehe, ich sende euch wie Schafe mitten unter die Wölfe”, ist in dem Zusammenhänge, in den ihn Lukas gestellt hat, nicht heimisch. Als die Belehnungsurkunde für die Zwölfe einmal gegeben war, konnte ein späterer Ueberarbeiter, mit Rücksicht auf die fremde, feindliche Welt, in der die wirklichen Prediger des Evange- liums arbeiteten, diesen Gegensatz in sie einfügen — der aber, der jene Urkunde ursprünglich gebildet hat, hütete sich noch, die- sen verzweifelten Ernst des spätern Kampfs durchblicken zu lassen und Lukas hätte sich noch mehr bedenken sollen, als er beschloß, diesen Spruch für seine Siebenzig zu bestimmen. Er hatte un- mittelbar vorher bemerkt, daß die Siebenzig dem Herrn in die Städte, die er selbst besuchen wollte, vorangingen (C. 10, 1), damit hatte er aber selbst die Voraussetzung, die jener Spruch enthält, — die Voraussetzung, daß der Herr seine Glaubens- boten allein in die feindliche Welt hinausschickt und sie ihrem eignen Glaubensmuth so wie dem Schutz des Himmels überläßt, umgestoßen und in der Folge, wenn die Siebenzig ausziehen, war es ihm noch weniger möglich, die Voraussetzung, daß sie es mit Schaaren von Wölfen zu thun haben würden, zu vollziehen. | Also the following saying (C. 10, 3): ״Go your way, behold, I send you as sheep in the midst of wolves”, is not native to the context in which Luke has placed it. Once the document of enfranchisement for the Twelve had been given, a later reworker, considering the foreign, hostile world in which the real preachers of the Gospel worked, could insert this contrast into it – but the one who originally formed that document was still careful not to let this desperate seriousness of the later struggle show through, and Luke should have given even more thought to it when he decided to determine this saying for his Seventy. He had noticed immediately before that the seventy preceded the Lord to the cities which he himself was going to visit (C. 10, 1), but by doing so he himself had overturned the premise of that saying – the premise that the Lord sends his messengers of faith out into the hostile world alone and leaves them to their own courage of faith as well as to the protection of heaven – and subsequently, when the Seventy set out, it was even less possible for him to carry out the premise that they would have to deal with hosts of wolves. |
237/238 | Mit seiner Vorstellung, daß der Herr die Siebenzig in die Städte und Flecken, die er selbst besuchen wollte, vorausgeschickt habe, hat er nur ein unruhiges, unschönes Bild geschaffen und dasselbe durch die Voraussetzung, daß die Städte, in die sie vorausgingen, lauter Wolfsschluchten waren, noch wilder und häßlicher gemacht. Wenn sie den Leuten weiter Nichts zu sagen hatten als das Eine: ״das Reich Gottes ist gekommen” (V. 9) — so war es ein überflüssiges Ceremoniell von Seiten Jesu, sich und die Ankunft des Reiches Gottes vorläufig ankündigen zu lassen, da er den Vorboten auf dem Fuße folgte. Lukas hat durch diese voreiligen Anstalten seinen Herrn zu einem Manne gemacht, der mit peinlicher Angst und mit äußerlicher Geschäftigkeit nur darauf sinnt, wie in jeder Stadt Proselyten gewonnen würden, — zu einem Manne, der unruhig und unsicher in alle Städte des Landes umhergepeitscht wird und vor lauter Angst und Ungeduld die Schaaren der Siebenzig vor sich herpeitscht, damit man überall von ihm höre — nein! damit keine Stadt übrig bleibe, in welcher die Wölfe nicht gereizt und in Wuth gesetzt würden. | By imagining that the Lord had sent the seventy ahead to the cities and towns he himself was going to visit, he only created an unsettled, unattractive picture and made it even wilder and uglier by presupposing that the cities they went ahead to were all wolves’ dens. If they had nothing more to say to the people than this: ״The kingdom of God has come’ (v. 9) – it was a superfluous ceremonial on the part of Jesus to have Himself and the coming of the kingdom of God announced provisionally, since He followed on the heels of the harbingers. Luke, by these hasty arrangements, made his Lord into a man who, with embarrassing anxiety and outward busyness, only ponders how to win proselytes in every city, – into a man who is whipped around restlessly and insecurely into all the cities of the land, and who, out of sheer fear and impatience, whips the hosts of the seventy before him, so that they may hear of him everywhere – no! so that no city may remain in which the wolves are not provoked and set on the rampage. |
238/239 | Lukas hat jedoch selbst dafür gesorgt, daß dieß unruhige und unschöne Bild sein gerechtes Schicksal erfahre: — es wird endlich so wild, daß es ins Leere auseinanderstiebt. Paarweise nämlich soll Jesus die Siebenzig ״in jede Stadt und jeden Flecken, die er selbst besuchen wollte”, vorausschickcn — in jedem Falle eine reine Unmöglichkeit. Gingen die einzelnen Paare auseinander und besuchten sie alle zusammen wenigstens fünfunddreißig Städte, so hätte selbst Lukas es nickt begreiflich machen können, wie es der Herr anstelle» sollte, alle diese Städte selbst zu besuchen und dem Werk seiner Boten die Vollendung zu geben. Oder gingen sie Paarweise ״in die Stadt” voraus,
die ihr Meister selbst zu besuchen ״im Begriffe war”, so war ihre Trennung unnöthig und mußten sie vielmehr Alle zusammen und mit Eine mmale die Wolfsschluchten in Allarm setzen — d. h. dann war es unnöthig, daß Lukas die Angabe des Urberichts (Marc. 6,7), daß Jesus die Zwölfe Paarweise aussandte, für seine Aussendung der Siebenzig benutzte — um so unnöthiger, da er nachher, wenn er die Siebenzig mit Einem- male und ohne daß der Herr ihr Werk in jeder Stadt revi- dirt und vollendet hat, zurückkehren laßt (Luk. 10, 17), Nichts mehr davon weiß, daß sie in vereinzelten Paaren ihrem Herrn in die einzelnen Städte vorangegangen seyen. |
Luke himself, however, has seen to it that this restless and unattractive picture will meet its just fate: -it will finally become so wild that it will disperse into the void. In pairs, Jesus is supposed to take the -seventy into every city and every In each case, this is a pure impossibility. If the individual pairs parted and all together visited at least thirty-five cities, even Luke would not have been able to understand how the Lord was supposed to visit all these cities himself and complete the work of his messengers. Or did they go ahead in pairs ״to the city’,
which their Master himself was about to visit”, then their separation was unnecessary and they had rather to set all together and with one voice the gorges of the wolves in allarm – i.e. then it was unnecessary that Luke should have ignored the indication of the first report (Mark 6,7), that Jesus sent out the Twelve in pairs, for his sending out of the Seventy – all the more unnecessary, since afterwards, when he sends the Seventy back in pairs and without the Lord having revised and completed their work in each city (Luk. 10, 17), he no longer knows anything about them having gone ahead of their Lord into the individual cities in single pairs. |
239/240 | Weder das Dipfom, das sie zu ihrer Bestallung erhielten, noch die Thaten, die sie auf ihrer Missionsreise vollvracht hatten, konnten diese Siebenzig als die Apostel der Heiden charak- terisiren. Der Evangelist wo llte sie als solche hinstellen, aber er konnte seine Absicht nicht gestalten. Wenn sie bei ihrer Rückkehr voller Freude als das Merkwürdigste an ihrem Erfolge das hervorheben, daß auch die teuflischen Geister ihnen in seinem Namen gehorchen, so ist ihnen nur dasselbe gelungen, was Marcus, ohne es als etwäs besonders Auffallendes hinzustellen, als einen Theil der Missionsthätigkeit seiner Zwölf bezeichnet. Der Ausruf Jesu (Luk. 10, 18): ״ich sah den Satan wie einen Blitz vom Himmel fallen”, soll zwar der Ausdruck des Triumphes über die dämonische Gewalt des Heidenthums seyn — (und der Vierte hat diesen Spruch richtig gedeutet und angewandt, wenn er seinen Jesus, als ihm die Ankunft einiger Griechen gemeldet war, ausrufen läßt (Joh. 12, 31): jetzt wird der Fürst dieser Welt ausgestoßen werden) — aber der Triumph ist nicht wirklich veranlaßt, nickt wirklich herbeigeführt, Lukas hat die Siebenzig nicht wirklich mit dem Heidenthum in Kampf versetzen können und den Ausruf Jesu über den Sturz des Satan einer fremden Schrift entlehnt. Auch den folgenden Spruch: ״ich gebe euch Gewalt auf Schlangen und Skorpionen zu treten und über alle Gewalt des Feindes” (C. 10, 19), hat er nicht selbst geschaffen, sondern wahrscheinlich, wie auch der Anklang im Schluß des Marcusevangeliums beweist (Marc. 16, 17. 18), aus einer Schrift entnommen, in weicherer einen Theil der letzten Rede bildet, mit der Fesus von seinen Jüngern Abschied nimmt*). | Neither the diploma they received for their appointment, nor the deeds they had accomplished on their missionary journey, could characterise these seventy as the apostles of the Gentiles. The evangelist wanted to portray them as such, but he could not shape his intention. When, on their return, they joyfully emphasise as the most remarkable thing about their success that even the devilish spirits obeyed them in his name, they only succeeded in doing what Mark, without describing it as anything particularly striking, describes as part of the missionary activity of his Twelve.The exclamation of Jesus (Luk. 10, 18): ״I saw Satan fall like lightning from heaven’, is supposed to be the expression of triumph over the demonic power of paganism – (and the Fourth has interpreted and applied this saying correctly when he has his Jesus, when the arrival of some Greeks was reported to him, proclaim (Joh. 12, 31): now the prince of this world will be cast out) – but the triumph is not really caused, not really brought about, Luke did not really set the seventy at war with the Gentiles, and borrowed Jesus’ exclamation about the overthrow of Satan from a foreign scripture. Also the following saying: “I give you power to tread on serpents and scorpions, and over all the power of the enemy’ (C. 10, 19), he did not create himself, but probably, as the allusion in the conclusion of the Gospel of Mark also proves (Marc. 16, 17. 18), he took it from a scripture in which it forms a part of the last speech with which Fesus takes leave of his disciples*). |
240* | *) Justinus las den Spruch auch in seinen apostolischen Denkwürdigkeiten. Dial. c. Tryph. p. 301. | *) Justin also read the saying in his Apostolic Memoirs. Dial. c. Tryph. p. 301. |
240/241 | Nun, wenn es dem Evangelisten auch nicht gelungen ist, die Siebenzig als die Heidenapostel zur Anerkennung zu bringen, — hat er dann wenigstens nicht das Eine erreicht, daß die großen Worte, mit denen sie Jesus bei ihrer Rückkehr empfängt, ihnen den Vorrang vor den Zwölfen, den legit.men Judenapo sieln sichern? Haben sich nicht die Zwölfe kurz vor der Abreise nach Samarien bei jeder Gelegenheit als beschränkt und unfähig bewiesen? Lachten die drei, die Jesus ins Haus des Jairus mitnahm, ihren Meister nicht aus, als er (Luk. 8, 53) den Tod von dessen Tochter bestritt? Sprach nicht Petrus (C. 9, 33) wie ein Mensch, ״der nicht weiß, was er sagt”, als er bei der Erscheinung Mose’s und des Elias auf dem Berg der Verklärung zum Bau von drei Hütten auffor- derte? Waren nicht die Zünger, die während der Verklärung unten am Fuß des Berges geblieben waren, so schwach, daß sie nicht einmal einen Dämonischen heilen konnten und daß sie Jesus bei seiner Rückkehr (C. 9, 40. 41) ein ungläubiges und verkehrtes Geschlecht nennen mußte? Waren sie nicht so stumpf, daß sie (C. 9, 45) das Wort ihres Meisters über seinen bevorstehenden Tod nicht verstanden? So stumpf, daß sie nach der Eröffnung, die ihnen ihr Herr über den Ausgang seiner Laufbahn gegeben, sich (C. 9, 46) über den Vorrang streiten könnten? Waren sie nicht so mißgünstig, daß Einer von ihnen, Johannes, es nicht leiden wollte, daß ein Mann, der nicht zu ihrer Corporation gehörte, in ihres Meisters Namen Dämonen austrieb? Sprach sich in dieser Mißgunst nicht der Neid der Judenapostel gegen die Werkzeuge aus, die die freie Gnade noch außer ihnen berufen und tüchtig gemacht hatte? | Now, if the evangelist has not succeeded in getting the Seventy recognised as the Apostles of the Gentiles, has he not at least achieved the one thing, that the great words with which Jesus receives them on their return secure them precedence over the Twelve, the legitimate apostles of the Jews? Did not the Twelve, just before their departure for Samaria, prove themselves to be limited and incompetent at every opportunity? Did not the three whom Jesus took to the house of Jairus laugh at their Master when he denied (Luk 8:53) the death of his daughter? Did not Peter (C. 9, 33) speak like a man ״who does not know what he is saying’ when he called for the building of three tabernacles at the appearance of Moses and Elijah on the Mount of Transfiguration? Were not the disciples who remained down at the foot of the mountain during the Transfiguration so weak that they could not even heal a demoniac and that Jesus had to call them an unbelieving and perverse generation when He returned (C. 9, 40. 41)? Were they not so dull that they did not understand (C. 9, 45) their Master’s word about his imminent death? So dull that, after the opening given them by their Lord concerning the outcome of his career, they could argue (C. 9, 46) about precedence? Were they not so resentful that one of them, John, would not suffer a man who did not belong to their corporation to cast out demons in their Master’s name? Was not the envy of the apostles of the Jews expressed in this disfavour against the instruments whom free grace had called and made competent apart from them? |
241 | Wäre es aber wirklich der Fall, hätte Lukas wirklich die Absicht gehabt, in dieser Weise die Zwölfe gegen die Siebenzig herabzusetzcn — nun, dann käme es am Ende auch darauf hin- aus, daß der Preis, den Jesus (C. 40, 24) noch in Gegenwart der Siebenzig dem Herrn des Himmels und der Erde darbringt, ״daß er den Weisen und Klugen Solches verborgen, den Unmündigen dagegen geoffenbart habe”, ein hämischer Ausfall auf die privilegirten Judenapostel ist — dann wäre das Versehen, daß Lukas einen Spruch, dessen Haltung auf einen allgemeinen Gegensatz hinweist, auf die Siebenzig bezieht, noch größer — dann wäre es nicht mehr ein Versehen, sondern eine geistlose Fadheit, daß er die Zwölf, die sein Herr berufen, mit denen derselbe während des ganzen Verlaufs seines öffentlichen Lebens allein Vertrautheit gepflogen und die er als Begleiter auf seinem Todesweg nach Jerusalem mitnimmt, so gräßlich als die Weisen und Klugen dieser Welt degradirt — und dann bliebe es immer dabei, daß er Nichts von den Siebzigen berichtet hat, was sie dieser außerordentlichen Bevorzugung würdig machte — ja, dann hätte er seinen Herrn selbst in das nachtheiligste Licht gestellt, wenn derselbe in den Zwölfen eine so unglückliche Wahl getroffen hatte, daß er seine Auserkorenen als die Privilegirten dieser Welt verwerfen mußte. | But if it were really the case, if Luke really had the intention to lower the Twelve against the Seventy in this way – well, then in the end it would also come down to the fact that the price, which Jesus (C. 40, 24) still in the presence of the seventy offers to the Lord of heaven and earth, ״that he has hidden such things from the wise and prudent, but has revealed them to babes’, is a sneer at the privileged apostles of the Jews, that Luke should refer to the Seventy a saying whose attitude points to a general opposition, would be still greater – then it would no longer be an oversight, but a mindless vapidity, that he should refer to the Twelve, whom his Lord called, with whom alone he cultivated intimacy during the whole course of his public life, and whom he takes with him as companions on his death journey to Jerusalem, should be so hideously degraded as the wise and prudent of this world – and then it would always remain that he reported nothing of the Seventy, which made them worthy of this extraordinary privilege – yes, then he would have placed his Lord himself in the most detrimental light, if he had made such an unfortunate choice in the Twelve that he had to cast his chosen ones as the privileged ones of this world. |
241/242 | Allein so ernst ist die Sache nicht, als der Zusammenhang sie erscheinen läßt. Lukas hat diesen Zusammenhang nicht ge- schaffen. Die Beweise, die die Zwölfe vor der Berufung der Siebenzig von ihrer Beschränktheit geben, hat ihm der Urbericht (Marc. 9, 6. 19. 32. 34. 38) geliefert, und er hat sie in sei- ner Abhängigkeit von demselben mechanisch in seine Schrift ausgenommen — über den unschönen Contrast, daß die drei be- vorzugten Jünger ihren Meister im Haus des Jairus verlachten, über dieß Werk seiner Flüchtigkeit hatte er nicht einmal ein Bewußtseyn. Es war ein Versehen, daß er seinen Herrn den Preis der Unmündigen in Gegenwart der Siebenzig aus- sprechen läßt, er hat Nichts dazu gethan, daß ihn dieselben ver- dienten, er führt den Gegensatz gegen die Zwölfe nicht wirk- lich aus und den Augenblick darauf (C. 10, 23) stehen die letzteren wieder als die vertraute und bevorzugte Umgebung Jesu da — sind die Siebenzig für immer vergessen. | But the matter is not as serious as the context makes it seem. Luke did not create this context.The proofs that the Twelve give of their weakness before the calling of the Seventy were given to him in the original account (Mark 9, 6. 19. 32. 34. 38), and in his dependence on it he mechanically excluded them from his writing – he was not even aware of the unattractive contrast that the three preferred disciples laughed at their Master in the house of Jairus. It was an oversight that he let his Lord pronounce the praise of the minors in the presence of the seventy, he did nothing to make them serve him, he does not really carry out the contrast against the twelve and the moment after (C. 10, 23) the latter are again there as the familiar and preferred environment of Jesus – the seventy are forgotten forever. |
242 | Er wollte in den Siebzigen die preiswürdigen Symbole der Heidenapostel aufstellen, aber er hat Nichts dazu gethan, seine Absicht auszuführen. Er hat den Typus der evangelischen Geschichte, der ihm gegeben war, nicht umkehren und von Grund aus verändern können. Vor dem Auftreten der Siebenzig und nachher sind und bleiben die Zwölfe die Auserkorenen: — Petrus ist und bleibt derjenige, der in ihrem Namen das Be- kenntniß ablegt (Luk. 9, 20), daß ihr Meister der Christ Got- tes ist, und zuletzt überweist sogar der Compilator seinem Pe- trus die Aufgabe (Luk. 22, 32), die Brüder im Glauben zu stärken.
Die Zwölfe des Urberichts haben somit ihre ursprüngliche Stellung wieder erhalten und die Siebenzig des Lukas sind ver- schwunden, — Lukas hat sie selbst aufgegeben und der Urbericht Wiederum einen jener Siege davongetragen, die ihm seine Ein- fachheit und die Strenge seines Zusammenhangs über die Ver- wirrung und Ueberladung seiner Nachfolger nothwendig ver- schaffen. |
He wanted to set up in the Seventy the praiseworthy symbols of the Apostles of the Gentiles, but he did nothing to carry out his intention. He was not able to reverse and fundamentally change the type of evangelical history that was given to him. Before the appearance of the seventy and afterwards, the twelve are and remain the chosen ones: – Peter is and remains the one who makes the confession in their name (Luk 9, 20) that their Master is the Christ of God, and in the end even the compiler assigns to his Peter the task (Luk 22, 32) of strengthening the brothers in the faith.
The twelve of the original report have thus regained their original position and the seventy of Luke have disappeared – Luke himself has given them up and the original report has again won one of those victories which its simplicity and the strictness of its coherence necessarily create over the confusion and overload of its followers. |
242/243 | Auch der samaritische Reisebericht hat dem Typus der evangelischen Geschichte, wie er im Marcusevangelium enthalten ist, die Ehre geben und vor ihm zurücktreten müssen. Entsteht nun noch die Frage, welches ursprünglich seine Bestandtheile waren, so können wir natürlich nur so viel bestimmen, daß die Parabel vom barmherzigen Samariter (Luk. 10, 30—35) und das Zusammentreffen Jesu mit den zehn Aussätzigen, von denen nur der Eine, der Samariter für die Wohlthat der Heilung sich dankbar erwies (C. 17, 12—19), vom ersten Urheber berrühr- ten. Auch die Geschichte vom Zachäus fand Lukas in seiner Quelle höchst wahrscheinlich schon vor — der erste Erfinder schloß den Reisebericht mit demselben Ausspruch über die Bestimmung des Menschen Sohns, mit dem er ihn eröffnet hatte: — (des Menschen Sohn ist gekommen, das Verlorene zu retten (C. 9, 56. C. 19, 10). | The Samaritan travelogue, too, has to give credit to the type of the Gospel story as it is contained in the Gospel of Mark and has to take a back seat to it. If we still have the question of what its original components were, we can only determine that the parable of the Good Samaritan (Luk 10, 30-35) and the encounter of Jesus with the ten lepers, of whom only one, the Samaritan, was grateful for the healing (C. 17, 12-19), were of the first origin. Also the story of Zacchaeus was most likely already in Luke’s source – the first inventor closed the travelogue with the same statement about the destiny of the Son of Man with which he had opened it: – (the Son of Man has come to save that which was lost (C. 9, 56. C. 19, 10). |
243 | Unbedingt gewiß aber ist es, daß erst Lukas — d. h. der Verfasser des Evangeliums, welches Marcion in Händen hatte — den Reisebericht mit der Masse fremdartigen Stoffs überladen hat. So gewiß ist es wie das Andere, daß sein Nachfolger, der Compilator des jetzigen Lukasevangelium, auch noch das Seinige gethan und neuen Stoff in die formlose Notizensamm- lung eingeschoben hat. Um kleinere Parthieen hier noch nicht zu erwähnen, so beweist die Beschreibung, die Epiphanias von dem sogenannten Evangelium Marcion’s gibt, daß die Botschaft von der Ermordung der Galiläer durch Pilatus und die Bemerkungen Jesu, die diese Meldung herbeigeführt haben soll (Luk. 13, 1—9), sodann die Botschaft über die feindseligen Absichten des Herodes und der Ausruf über Jerusalem (C. 13, 31—351, ferner die Parabel vom verlorenen Sohn (C. 15,11—32) und die letzte Weissagung Jesu von seinem Leiden (C. 18, 31—34) die Zuthat des spätern Compilators sind. | It is absolutely certain, however, that only Luke – i.e. the author of the Gospel which Marcion had in his hands – overloaded the travelogue with a mass of strange material. It is as certain as the other that his successor, the compiler of the present Gospel of Luke, also did his part and inserted new material into the informal collection of notes. Not to mention the smaller parts here, the description Epiphanias gives of the so-called Gospel of Marcion proves that the message of the murder of the Galileans by Pilate and the remarks of Jesus, who is said to have brought about this report (Luk. 13, 1-9), then the message about the hostile intentions of Herod and the exclamation about Jerusalem (C. 13, 31-351, furthermore the parable of the prodigal son (C. 15,11-32) and the last prophecy of Jesus about His suffering (C. 18, 31-34) are the attribution of the later compiler. |
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Neil Godfrey
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