2022-01-03

Ch 10 – The Instruction of the Apostles

288

10.

Die Instruction der Apostel.

10.

The Instruction of the Apostles.

288 Die Hauptsätze, deren Beweis die vorhergehenden Ausführungen zur Folge hatten, stehen so fest, daß wir die Verwirrung, die Matthäus und Lnkas in den Bericht über die Jnstruction der Apostel gebracht haben, nur kurz zu übersehen brauchen, zumal der Urbericht im gegenwärtigen Marcusevangelium uns im Wesentlichen unverändert erhalten ist. The main propositions, the proof of which has resulted from the preceding remarks, are so certain that we need only briefly overlook the confusion which Matthew and Luke have brought into the account of the instruction of the apostles, especially as the original account in the present Gospel of Mark has been preserved to us essentially unchanged.
289 Während die Rede, mit der der Jesus des Marcus seine Jünger auf ihre Missionsreise entläßt, Ein organisches Ganzes bildet und die beiden Gedanken, die sich in der Mitte berühren — (wo die Jünger wirken, werden sie ihren Unterhalt finden, und wenn sie in einer Stadt keinen Boden finden, wo sie ar- beiten können, sollen sie weiter ziehen) — vom Anfang und Schluß der Rede — (für ihre Existenz sollen sie nicht sorgen und die ungastliche Stadt dem gewissen Gericht überlassen (C. 6, 8 — 11) — straff angezogen und als dieses Ganze zusammen– gehalten werden, hat Matthäus diese strenge Spannung des Baus durch seine Compilation fremdartiger Elemente aufgehoben, hat Lukas, nachdem er (C. 9, 3—5) die Rede als Instruktion der Zwölfe flüchtig hingeworfen und um ihr Ebenmaaß gebracht, einer seiner Quellen eine Erweiterung derselben entlehnt, dieselbe zur Instruktion der Siebenzig gemacht, aber auch verwirrt, indem er in die spätere Copie die Hauptwendungen des Originals einzwängte.

Wenn Lukas die Rede als Instruktion der Zwölfe mittheilt, läßt er (C. 9, 5) den Schlußsatz aus: ״wahrlich, ich sage euch, Sodom und Gomorrha wird es am Tage des Gerichts erträgsicher ergehen als solcher Stadt” — läßt er die Rede also viel zu früh schließen und verkürzt er das zweite Glied, welches in gleichem Verhältniß wie das erste sich ausdehnen und entwickeln muß. Unter den kleinern Versehen, die er sich beim Abschreiben hat zu Schulden kommen lassen, ist besonders zu erwähnen, daß er, einmal im Begriff, Alles aufzuzählen, was die Jünger nicht mit auf den Weg nehmen sollen, sogar den Stab zu den Dingen zählt, die sie nicht mit sich schleppen sollen — den Stab, den ihnen der Jesus des Marcus ausdrücklich und als die ein- zige Ausrüstung zur Neise erlaubt.

While the speech, with which the Jesus of Mark sends his disciples off on their missionary journey, forms An organic whole, and the two thoughts, which touch each other in the middle – (where the disciples work, they will find their sustenance, and if they find no ground in a city where they can work, they shall move on) – from the beginning and the end of the speech – (for their existence they shall not provide, and leave the inhospitable city to certain judgment (C. 6, 8 – 11) – are tightly drawn and held together as this whole, Matthew has removed this strict tension of the construction by his compilation of strange elements, Luke, after he (C. 9, 3-5) threw the speech as an instruction of the Twelve fleetingly and deprived it of its measure, borrowed an expansion of it from one of his sources, made it an instruction of the Seventy, but also confused it by squeezing the main phrases of the original into the later copy.

When Luke communicates the speech as an instruction to the Twelve, he omits (C. 9, 5) the final clause: ״Verily I say unto you, Sodom and Gomorrha shall be more tolerable in the day of judgment than such a city’ – thus he closes the speech much too early and shortens the second member, which must extend and develop in the same proportion as the first. Among the minor mistakes he has made in transcribing the speech, it is worth mentioning that once he is about to list everything the disciples should not take with them on the way, he even includes the staff among the things they should not carry with them – the staff that Jesus of Mark expressly allows them to carry as the only equipment for the journey.

289/290 Wenn dagegen Lukas die Rede als Instruktion der Siebenzig mitlheilt, läßt er sie den Herrn zweimal hintereinander vortragen und bringt er in das Ganze (C. 10, 2 — 16) eine tödtliche Verwirrung, indem er in die Verarbeitung des Urberichts, die er einer seiner Quellen entlehnt, die Rede des Urberichts noch einmal einzwängt. Es war schon genug, wenn sein Jesus (C. 10, 5 — 7) den Heilsboten ihr Benehmen in dem gastliehen und ungastlichen Hause vorschreibt — nein! die Verwirrung beginnt schon, wenn die Rede, nachdem (V. 5. 6) das Schicksal beider Arten von Häusern geschildert ist, V.7 wieder zu dem Hause zurückkehrt, welches zuerst vorausgesetzt war — die Verwirrung ist um so größer, da vorher (V. 5. 6) nur die Regel angegeben war, wie es mit dem apostolischen Gruß gehalten werden solle, und der Uebergang zu dem bestimmten Hause (V. 7), in welchem für dieheilsboten sich eine bleibende Stätte findet, nicht gebildet war — der Tumult, mit dem die einzelnen Glieder der Rede sich bekämpfen, erreicht endlich seine Spitze, wenn unmittelbar darauf, nachdem die entgegengesetzte Aufnahme, die die Jünger finden, geschildert, die Anweisung, wonach die Heilsboten von den gastlichen, gläubigen Familien die Befriedigung ihrer Bedürfnisse zu erwarten haben, aufgestellt, der Gedanke des Ganzen somit erschöpft ist — wenn dann (V. 8—12) die Rede des Urberichts zur weitschweifigen Ausarbeitung desselben Gegensatzes und derselben Anweisung noch einmal benutzt wird. When Luke, on the other hand, communicates the speech as an instruction to the seventy, he has the Lord recite it twice in succession. and brings a deadly confusion into the whole (C. 10, 2 – 16) a deadly confusion, by introducing into the treatment of the original report, which he borrows from one of his sources, the speech of the original report. It was already enough when his Jesus (C. 10, 5 – 7) prescribes to the messengers of salvation their behaviour in the hospitable and inhospitable house – no! the confusion already begins when the speech, after (v. 5. 6) the fate of both kinds of houses is described, v.7 the confusion is all the greater, since before (vv. 5. 6) only the rule was given as to how the apostolic greeting should be kept, and the transition to the specific house (v. 7), in which salvation is to be kept, is not given. 7), in which a permanent place for the messengers of salvation is to be found, had not been formed – the tumult with which the individual members of the speech fight each other finally reaches its climax when, immediately after the opposite reception which the disciples find is described, the instruction according to which the messengers of salvation are to expect satisfaction of their needs from the hospitable, believing families is established, the thought of the whole is thus exhausted – when then (vv. 8-12) the speech of the original report is used again for a lengthy elaboration of the same contrast and the same instruction.
290/291 Noch ungleich größer ist die Verwirrtheit der Eompilation des Matthäus. Obwohl derselbe in seine Instruction der Zwölfe (C. 10, 17—23) eine Reihe Von Sprüchen ausgenommen hat, die ursprünglich der Rede Jesu über die letzte Krisis angehören, obwohl er somit die Jünger auf das Welttheater stellt, wo sie vor Fürsten, Königen und Völkern vom Evangelium Zeugniß ablegen, das Evangelium überhaupt mit allen Mächten der Welt den Kampf besteht und seine Universalität bewährt, läßt er den Herrn seine Rede (V. 5.6) mit dem Verbot beginnen, wonach die Zünger weder auf der Heiden Straße, noch in der Samariter Städte ziehen, und mit dem Gebot, wonach sie nur an die verlorenen Schaafe Israels sich wenden sollen. Er hat die Elemente verschiedenartiger Quellen zusammengeworfen und dem von ihm Vorgefundenen Spruch von der Heiden Straße wahrscheinlich noch dazu eine falsche Bestimmtheit gegeben *). The confusion of Matthew’s compilation is even greater. Although he excluded a number of sayings from his Instruction to the Twelve (C. 10, 17-23) that originally belonged to Jesus’ speech about the last crisis, although he thus places the disciples on the world stage where they bear witness to the Gospel before princes, kings and nations, the Gospel in general stands the battle with all the powers of the world and proves its universality, the Lord begins his speech (vv. 5.6) with a prohibition, that the disciples shall not walk in the streets of the Gentiles, nor in the cities of the Samaritans, and with the commandment that they should address only the lost sheep of Israel. He threw together the elements of various sources and probably gave a false definiteness to the saying he found about the Gentile road *).
291* *) Erst wenn wir das Matthäusevangelium vollständig übersehcn, können wir die Quellenschriften, der er jenes Verbot und verwandte Sprüche entlehnt hat, reconstruiren und den ursprünglichen Sinn jenes Verbots wiedcrherstellen. *) Only when we have completely overlooked the Gospel of Matthew can we reconstruct the source scriptures from which he borrowed that prohibition and related sayings and reconstruct the original meaning of that prohibition.
291 Die Bemerkung ferner V. 8: ״umsonst habt ihr es empfangen, umsonst gebt es auch”, wenn sie sich auch auf die AusÜbung der Wunderthätigkeit beziehen sollte, ist jedenfalls unpassend und nicht an ihrer Stelle, wenn unmittelbar darauf (V. 9) die Anweisung folgt, wonach die Zünger Nichts mit auf die Reise nehmen sollen, da der Arbeiter seiner Speise werth ist.

Die Menge Trostsprüche sodann, die den Züngern die Furcht vor ihren Gegnern benehmen sollen, machen mit diesem wiederholten Refrain: ״darum fürchtet euch nicht” (V. 26. 28. 31) die ganze Rede zu einer wahren Angstpredigt. Ursprünglich der Ausdruck der Selbstgewißheit der Gläubigen und der Gemeinde überhaupt sind sie in dieser Anhäufung vielmehr die Selbstbe- spiegelung der Angst und der Ausdruck des Hypochonders über die feindliche Weltmacht geworden. Lukas und Matthäus haben diese spätere Reflexion über den Gegensatz der Welt über das ganze Leben ihres Herrn ausgebreitet — der Urevangelist dagegen hat sie mit künstlerischer Ursvrüngllckkeit noch auf den Einen Punkt, auf die Nede von den letzten Kämpfen der Geschichte beschränkt.

The remark in v. 8: ״You received it for nothing, give it for nothing’, even if it should refer to the performance of miracles, is in any case inappropriate and not in its place when it is immediately followed (v. 9) by the instruction that the disciples should take nothing with them on the journey, since the worker is worth his food.

The multitude of comforting sayings, which are to remove the fear of the disciples from their adversaries, are made clear by this repeated refrain:  ״Therefore fear not’ (v. 26. 28. 31) turn the whole speech into a true sermon of fear. Originally the expression of the self-assurance of the believers and the congregation in general, in this accumulation they have rather become the self-reflection of fear and the expression of the hypochondriac about the hostile world power. Luke and Matthew spread this later reflection on the opposition of the world over the whole life of their Lord – the original evangelist, on the other hand, limited it with artistic originality to the one point, to the story of the last battles of history.

292 Der Schluß endlich, den Matthäus seiner Rede gibt, ist des Ganzen würdig, welches er gebildet hat. Wenn die Rede, die die Siebenzig des Lukas über ihre Aufgabe und Stellung belehrt, mit der Bemerkung schließt (C. 10, 16): ״wer euch hört, hört mich, wer euch verachtet, verachtet mich, wer aber mich verachtet, verachtet den, der mich gesandt hat”, so können wir uns das allenfalls noch gefallen lassen, obwohl wir allerdings wünschen müßten, daß die Andern, die sich darnach zu richten haben, den Spruch zu hören bekommen hätten — wenn dagegen Matthäus dieß Thema über die Maaßen variirt und vom Lohn derjenigen spricht, die die Apostel, einen Propheten oder einen Gerechten aufnehmen und bewirthen (C. 10, 40.41), so tritt das Mißverhältniß, welches darin liegt, daß der Spruch hinter dem Rücken der Andern, denen er gilt, ausgesprochen wird, grell hervor, ja, fühlt der Compilator selbst, daß er sich durch die Cinschiebung der Kategorie der Propheten und der Gerechten von seinem Thema viel zu sehr entfernt macht und macht er zuletzt einen verzweifelten Versuch, zu den Jüngern zurückzukehren, indem er sie in den Spruch von demjenigen, der ״einen dieser Kleinen in eines Jüngers Namen auch nur mit einem Trunk kalten Wassers tränkt” (C. 10, 42), wenigstens als verlorenes Stichwort einfügt. Er läßt seinen Herrn von Einem dieser Kleinen sprechen, während keines dieser Kleinen, auf die er Hinweisen müßte, dasteht. In seiner Noth und Verlegenheit nahm der Compilator diese Hinweisung aus dem Bericht des Urevangelium, wo Jesus ein Kind unter die Jünger stellt und jenen Spruch verträgt (Marc. 9, 37), nach welchem der Spruch, mit dem die Instruction der Siebenzig schließt, gebildet ist. Finally, the conclusion that Matthew gives to his speech is worthy of the whole that he has formed.When the speech, which instructs Luke’s seventy about their task and position, closes with the remark (C. 10, 16): ״He who hears you hears me, he who despises you despises me, but he who despises me despises him who sent me’, we can at best put up with this, although we would wish that the others, who are to be judged by it, would have heard this saying, when, on the other hand, Matthew varies this theme and speaks of the reward of those who receive and entertain the apostles, a prophet or a righteous man (C. 10, 40.41), the disproportion, which lies in the fact that the sentence is pronounced behind the backs of others to whom it applies, becomes glaringly apparent; indeed, the compiler himself feels, that by shifting the category of the prophets and the righteous he distances himself far too much from his theme, and in the end he makes a desperate attempt to return to the disciples by inserting them at least as a lost keyword in the saying of the one who ״drinks cold water to one of these little ones in the name of a disciple’ (C. 10, 42).  He lets his Lord speak of one of these little ones, while none of these little ones, to whom he ought to refer, is there.In his distress and embarrassment, the compiler took this reference from the account in the Gospel of the First Coming, where Jesus places a child among the disciples and says that saying (Marc. 9, 37), after which the saying with which the Instruction of the Seventy closes is formed.
292/293 Uebrigens wiederholt sich hier dasselbe Verhältniß, welches wir bisher vorgefundcn haben. Matthäus kannte und benutzte  die Quellen des Lukas, kannte und benutzte aber auch dessen Geschichtsarbeit. Nur aus der Abhängigkeit von derselben ist das Versehen zu erklären, daß er gleichfalls (C. 10, 10) den Stab zu den Dingen rechnet, die die Jünger nicht mit auf die Reise nehmen dürfen, so wie die Verwirrung und Duplicität, mit der er von dem Benehmen der Heilsboten gegen die willfährigen Städte und Häuser spricht, mit der er namentlich (C. 12) die Rede von vorn Wieder anfängt und die Sache wieder an dem Punkte aufnimmt, wo die Jünger noch vor der Thür des Hauses stehen, nachdem (V. 11) die Sache bereits erschöpft, zu Ende geführt und das Gebot aufgestellt ist, daß die Jünger bei denen, die es werth sind, ruhig bleiben sollen, bis ihre Arbeit daselbst beendet ist. Incidentally, the same relationship that we have found so far is repeated here. Matthew knew and used Luke’s sources, but also knew and used Luke’s historical work. Only from his dependence on Luke’s work can the oversight be explained that he also (C. 10, 10) includes the staff among the things that the disciples must not take with them on the journey, as well as the confusion and duplicity with which he speaks of the behaviour of the disciples, with which he speaks of the conduct of the messengers of salvation against the compliant cities and houses, with which he especially (C. 12) begins the speech all over again and takes up the matter again at the point where the disciples are still standing at the door of the house, after (v. 11) the matter has already been exhausted and brought to an end, and the commandment has been laid down that the disciples should remain quiet with those who are worthy of it, until their work there is finished.
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293/294 Was die Sache, zunächst die Frage, ob die Jünger Jesu in der That einmal während des Lebens ihres Meisters auf eine Missionsreise ausgeschickt seyen, selbst betrifft, so hat der Bildner des Urberichts bereits die Schwierigkeit, die der Vollziehung der zu Grunde liegenden Vorstellung entgegcnsteht, bereits sehr wohl gefühlt und Alles gethan, um dieselbe so viel wie möglich zu lindern- Er fühlt es nämlich, daß Jesus zu isolirt dasteht, wenn alle Zwölfe sich auf Reisen befinden — er weiß nicht, was er mit der Person des Herrn anfangen soll, wenn er ihn nicht innerhalb seiner gewöhnlichen Umgebung weiß — er schweigt daher von ihm, während die Jünger auswärts sind — sorgt dafür, daß sie so schnell wie möglich zu ihrem Meister zurückkehren, und um dem Leser wenigstens das Gefühl zu geben, daß bis zu ihrer Rückkehr Zeit verfließt, um sich selbst und den Lefern den Schein hervorzuzaubern, daß die Jünger wirklich Zeit hatten, umherzureisen und zu wirken, ״ erzählt er Etwas von Herodes und läßt er durch.ein Wort dieses Fürsten sich bewegen, die Geschichte von der Hinrichtung des Täufers zu berichten. Durch den Zeitauftvand, den diese Erzählung verlangt, bewirkt er wenigstens so viel und beschäftigt er die Aufmerksamkeit des Lesers so lange, daß die Zünger sogleich darauf wieder zurückkehren können, um die solenne Umgebung des Herrn zu bilden. As far as the matter itself is concerned, first of all the question of whether the disciples of Jesus were indeed sent on a missionary journey once during the life of their Master, the author of the original report has already felt very well the difficulty that the realization of the underlying idea faces and has done everything to alleviate it as much as possible. For he feels that Jesus is too isolated when all the Twelve are travelling- he does not know what to do with the person of the Lord if he does not know him within his usual surroundings – he therefore keeps silent about him while the disciples are away – makes sure that they return to their Master as soon as possible, and in order to give the reader at least the feeling that time is passing until their return, in order to conjure up for himself and the readers the appearance that the disciples really had time to travel around and work,״ he tells Something of Herod and lets himself be moved by.a word from this prince to tell the story of the execution of the Baptist. By the delay which this story demands, he at least achieves so much and occupies the reader’s attention for so long that the disciples can immediately return to form the Lord’s solitary surroundings.
294 Mag das immerhin noch Nichts gegen den Bericht von der Aussendung der Zwölfe, — mag es immerhin nur bewei- sen, daß die evangelische Anschauung den Herrn nicht ohne die Zünger wie die kindliche Anschauung einen König nicht ohne die Krone auf dem Haupte denken kann — das ist jedoch schon gefährlicher, daß uns der Urevangelist gar Nichts Genaueres von der Missionsreise der Zwölfe zu sagen weiß, denn unmög- lich können wir das einen wirklichen Bericht über eine Sache von so großer Wichtigkeit nennen, wenn es heißt (Marc. 6,11.12), daß die Zwölfe die Buße predigten, Dämonen austrieben und viele Kranke, die sie mit Oel einrieben. heilten — tödtlich für den Bericht ist aber endlich die Frage, was denn die Zünger — doch es bedarf nicht einmal der Frage! — sie hatten selbst nach der Grundvoraussetzung des Urevangeliums Nichts, was sie ihren Landsleuten predigen konnten, da sie noch Nichts davon wußten, daß ihr Meister der Messias sey. This may be nothing against the report of the sending of the twelve, – it may only prove that the evangelical view cannot think of the Lord without the disciples like the childlike view cannot think of a king without the crown on his head – but it is more dangerous that the evangelist does not know anything more about the missionary journey of the twelve, because we cannot possibly call it a real report about a matter of such great importance, when it says (Mark 6,11.12) that the twelve preached repentance, cast out demons and healed many sick people whom they rubbed with oil – but fatal for the report is finally the question what the disciples – but it does not even need the question! – they had nothing to preach to their countrymen, since they did not yet know that their Master was the Messiah.
294/295 Sprechen wir aber nicht mehr so, als ob sie — diese Zwölfe jemals exiftirt hätten! Sprechen wir nicht so, als ob es wirklich zwölf Leute gegeben hätte, die nur deshalb, weil sie in diesem Augenblick noch keine positive Anschauung vom neuen Princip hatten, zu dem revolutionären Kreuzzug, auf den sie der Urbericht ausschickt, unfähig waren und nur deshalb nicht das ganze Land in Aufregung setzen, den Glauben der Empfängliehen wecken und die Wölfe zur Wuth reizen konnten, weil das neue Weltprincip für sie noch nicht in Eine Anschauung zusam- mengefaßt oder zum Symbol gestaltet war! But let us no longer speak as if they – these twelve – had ever existed! Let us not speak as if there really had been twelve people who were incapable of the revolutionary crusade on which the original report sends them, only because at that moment they had no positive conception of the new principle, and only because the whole country could not be aroused, the faith of the receptive members awakened, and the wolves roused to rage, because the new world principle had not yet been summed up for them in a conception or shaped into a symbol!
295 Oder sollte es wirklich sich zufällig so getroffen haben, daß sich allmählig und zufällig diese Umgebung der Zwölfe um Jesus bildete, daß sie ein bequemes Symbol der Stämme Israels wurden und endlich zu jeder Spielerei, zu welcher man wiederum die Stämme des jüdischen Volks irgend nur benutzen wollte, dienen konnten? Sollte es wirklich der Zufall so gefügt haben, daß sie als Zwölfe zu Boten des Heils für die Stämme Israels paßten, daß sie als Zwölfe selbst das geistige Israel waren, das sich um den Herrn gesammelt hatte, und als Zwölfe wiederum zu Heilsboten paßten, wenn nach einer neuen Wendung dieses geistreichen Spiels die zwölf Stämme Israels das Symbol der Völker überhaupt geworden waren?

Oder war dieses Spiel von vornherein beabsichtigt, wie es nach der klaren Angabe des Urberichts (Marc. 3, 13), wonach Jesus die Zwölfe ״nach seinem Belieben” aus seiner Umgebung auswählte, nothwendig anzunehmen wäre?

Wie? die Zwölfe sollen am Ende niemals als dieser Kreis existirt haben? Kennt sie nicht Paulus (1. Kor. 15, 5) als diese Zwölfe?

Meine Kritik der Apostelgeschichte und der paulinischen Briefe beweist vielmehr, daß eine erneuerte Untersuchung der Documente, die bisher als die sichersten Duellen für die Kenntniß des sögenannten apostolischen Zeitalters galten, uns zu einer Geschichtsanschauung führt, die allen hergebrachten Voraussetzungen vollständig ein Ende macht.

Or should it really have happened by chance that this environment of the Twelve around Jesus gradually and accidentally formed, that they became a convenient symbol of the tribes of Israel and could finally serve for any gimmick for which one wanted to use the tribes of the Jewish people? Was it really by chance that they, as the twelve, became messengers of salvation for the tribes of Israel, that they, as the twelve, were the spiritual Israel that had gathered around the Lord, and that they, as the twelve, became messengers of salvation when, after a new twist in this witty game, the twelve tribes of Israel became the symbol of the nations in general?

Or was this game intended from the beginning, as it was according to the clear indication of the original account (Marc. 3, 13),  according to which Jesus chose the twelve “at his discretion” from his surroundings?

How? the twelve should never have existed as this circle in the end? Does not Paul (1 Cor. 15:5) know them as these twelve?

My critique of the Acts of the Apostles and the Pauline Epistles rather proves that a renewed examination of the documents, which have hitherto been regarded as the surest sources of knowledge of the so-called apostolic age, leads us to a view of history which completely puts an end to all traditional presuppositions.

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Neil Godfrey

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