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4.Die Compilation des Matthäus. |
4.The Compilation of Matthew. |
160 | Schon die Stellung, die Matthäus der Bergpredigt gegeben hat, ist höchst unglücklich: — Jesus hält sie viel zu früh und sie protestirt selbst gegen die Voraussetzung, daß sie einer seiner ersten Lehrvorträge gewesen sey.
Jesus preist diejenigen selig, die (C. 5, 11) ״um seinetwillen” geschmäht und verfolgt werden — er setzt also Bekenner voraus, die er jetzt, bei seinem ersten Auftreten nicht haben konnte — er spricht von dem Gegensatz der Welt, der unmöglich war, Wenn ihn die Aufstellung des neuen Lebensprincips noch nicht gereizt und hervorgerufen hatte. |
Already the position that Matthew gave to the Sermon on the Mount is most unfortunate: -Jesus delivers it much too early and it protests even against the presupposition that it was one of his first teaching lectures.
Jesus praises those who (C. 5, 11) are reviled and persecuted “for his sake” – he thus presupposes confessors whom he could not have now, at his first appearance – he speaks of the opposition of the world, which was impossible if the establishment of the new principle of life had not yet provoked him. |
160/161 | Er spricht (C. 5, 13.14) von der Stellung und Aufgabe der Apostel, während sie noch nicht einmal als der abgeschlossene Kreis, den diese Sprüche voraussetzen, existiren. Es waren erst ein Paar Jünger zufälligerweise berufen, aber die Apostel als solche noch nicht auserlesen und in ihr Amt eingesetzt. | He speaks (C. 5, 13.14) of the position and task of the apostles, while they did not even yet exist as the closed circle which these sayings presuppose. Only a few disciples were called by chance, but the apostles as such were not yet chosen and appointed to their office. |
161 | Er warnt (C. 5, 17) vor der Vorstellung, daß er gekomwen sey, das Gesetz aufzulösen, und er hat noch nicht das Mindeste gethan, was die Leute auf diese Meinung bringen konnte.
Er setzt die heuchlerische Anerkenntniß seiner Herrlichkeit (C. 7, 21) zur Erfüllung des göttlichen Willens in Gegensatz, weist die Schaar der Heuchler zurück, während es noch keine wirklichen Bekenner seiner messtanischen Herrlichkeit geben konnte — er donnert (C. 7, 22. 23) gegen die ״Vielen”, die seine weltrichterliche Macht durch ein erheucheltes Bekenntniß zu ihrem Vortheil auszubeuten hoffen, während noch Niemand ihn als Weltrichter kannte — er warnt (C. 7, 15) vor falschen Propheten, als wäre die Gefahr der Berückung schon in diesem Augenblick ernstlich zu befürchten, Matthäus bedachte also nicht, daß diese Warnung erst in der Rede von den letzten Dingen (Marc. 13, 22. 23) an ihrer Stelle ist. |
He warns (C. 5, 17) against the idea that he came to dissolve the law, and he has not yet done the least that could lead people to this opinion.
He contrasts the hypocritical acknowledgement of his glory (C. 7, 21) with the fulfilment of the divine will, rejects the multitude of hypocrites, while there could not yet be any real confessors of his messtanic glory – he thunders (C. 7, 22. 23) against the ״many’ who hoped to exploit his worldly judicial power through a hypocritical confession for their own benefit, while no one knew him as a worldly judge – he warns (C. 7, 15) against false prophets, as if the danger of the rapture was already to be feared at this moment, Matthew did not consider that this warning is only in its place in the speech of the last things (Mark 13, 22. 23). |
161/162 | Wir wollen nicht einmal daran erinnern, daß erst nach den Kämpfen der ersten Gemeinde, als das bloße Bekenntniß des Mundes und die beseligende Kraft des Glaubens in ihrem Unterschiede erkannt, als jenes Bekenntniß und der wirkliche Glaube (Nöm. 10, 9. 10) als Bedingung der Seligkeit zusammengestellt waren, jene Polemik gegen das heuchlerische Bekenntniß ausgearbeitet werden konnte — daß der Druck dieser Welt erfahren seyn mußte, wenn die Gedrückten und Gepreßten an dem Gedanken der künftigen Vergeltung sich aufrichten sollten— daß die apologetische Restauration des Gesetzes erst möglich war, als die Revolution gegen das Gesetz sich erschöpft hatte——genug, hier, im ersten Augenblick seines Auftretens war für Jesus nicht einmal der Schein eines An- lasfes für alle jene Wendungen der Bergpredigt gegeben. | We do not even want to remind you that it was only after the struggles of the first church, when the mere confession of the mouth and the blessed power of faith were recognised in their difference, when that confession and real faith (Rom. 10, 9. 10) were put together as a condition of blessedness, that polemic against the hypocritical confession could be worked out – that the pressure of this world had to be experienced if the oppressed and pressed were to be lifted up by the thought of future retribution – that the apologetic restoration of the law was only possible when the revolution against the law had exhausted itself——enough, here, at the first moment of his appearance, there was not even the semblance of an occasion for all those turns of the Sermon on the Mount for Jesus. |
162 | Matthäus glaubte feine Darstellung von der öffentlichen Wirksamkeit Jesu am passendsten mit einer Rede zu eröffnen, die die Proclamation der allgemeinen Gesetze des Himmelreichs enthielt, aber er hat sich versehen und sein Fehlgriff wird auch für die Gruppirung der folgenden Begebenheiten von Bedeutung seyn.
Die Folgen zeigen sich sogleich im nächsten Abschnitt (C. 8, 1—9. 34) |
Matthew thought it would be most appropriate to open his account of Jesus’ public activity with a speech that contained the proclamation of the general laws of the kingdom of heaven, but he made a mistake and his error will also be significant for the grouping of the following events.
The consequences will immediately become apparent in the next section (C. 8, 1-9. 34) |
162/163 | Als Jesus vom Berg Herabstieg und im Geleit der Volksmenge nach Kapernaum zog, befreit er einen Aussätzigen von seinem Uebel — beim Gintritt in Kapernaum heilt er den Knaden des Hauptmanns — in das Haus Petri eingekehrt sieht er die Schwiegermutter seines Gastherrn am Fieber darniederliegen und erbarmt er sich ihrer — am Abend heilt er die Kranken, die man ihm brächte — da er die Menge der Haufen sieht, giebt er den Befehl, nach dem jenseitigen Ufer des Seees zu fahren — ehe er das Schiff betritt, sagt er einem Schriftgelehrten, der sich ihm anschließen will, was er in der Gesellschaft des Menschen Sohns zu erwarten habe — einem andern seiner Jünger, der erst seinen Vater begraben und dann ihm nachfolgen will, daß seine Nachfolger mit dem Todtenreich nichts zu schaffen haben — auf der Ueberfahrt über den See stillt er den Sturm — drüben im Lande der Gergesener heilt er zwei Besessene — augenblicklich daraus muß er aber die Gegend verlassen und fährt er nach Kapernaum zurück — hier heilt er den Gichtbrüchigen, den man alsbald nach seiner Rückkehr zu ihm bringt — nach dem Streit, den er bei dieser Gelegenheit mit den Pharisäern hatte, begibt er sich hinaus, beruft den Zöllner Matthäus und der Umstand, daß er sich mit demselben zu Tische W, gibt zu einer neuen Collision mit den Pharisäern Anlaß — da kommt noch ein Streit über seinen Gegensatz zum pharisäischen Gebrauch, der Umstand, daß seine Jünger nicht fasten, gibt dazu Anlaß und während er so eben noch die Freiheit der Seinigen vertheidigt, bittet ihn ein Oberster, seine so eben gestorbene Tochter wieder zu beleben — er folgt dem Ruf und thut dem Obersten seinen Willen, nachdem er unterwegs das blutflüssige Weib geheilt hatte — auf dem Heimwege heilt er zwei Blinde und kaum waren diese hinweggegangen, so bringt man zu ihm einen stummen Besessenen, dessen Heilung das Volk in Erstaunen setzt, während die Pharisäer das auffallende Wunder aus dem Umstände erklären wollen, daß er mit dem Obersten der Teufel selbst im Bündniß stehe. | When Jesus descended from the mountain and went to Capernaum in the company of the crowds, he freed a leper from his disease – entering Capernaum, he heals the centurion’s knee – Having entered the house of Peter, he sees the mother-in-law of his host lying down with a fever, and he has mercy on her – in the evening he heals the sick who are brought to him – seeing the crowd of people, he gives the order to sail to the far shore of the lake – before entering the ship, he tells a scribe who wants to join him what to expect in the company of the Son of Man – to another of his disciples, who will first bury his father and then follow him, that his followers have nothing to do with the kingdom of death – on the crossing of the lake he calms the storm – over in the land of the Gergesenians he heals two possessed – But immediately he has to leave the region and goes back to Capernaum – Here he heals the gout-ridden man, who is brought to him soon after his return – After the quarrel he had with the Pharisees on this occasion, he goes out, calls the tax collector Matthew and the fact that he sits at table with him gives rise to a new collision with the Pharisees – there is another dispute about his opposition to the Pharisaic practice, the fact that his disciples do not fast gives rise to it, and while he is still defending the freedom of his own, a superior asks him to revive his daughter, who has just died – he answers the call and does the colonel’s will, after having healed the woman on the way, who was covered in blood – On the way home he heals two blind men, and no sooner had they gone away than a mute man possessed is brought to him, whose healing astonishes the people, while the Pharisees want to explain the remarkable miracle by the circumstance that he is in league with the chief of the devils himself. |
163 | Wenn dieser Abschnitt noch eine Gruppe genannt werden könnte, so ist wenigstens so viel gewiß, daß sie überladen und überfüllt ist. Jeder Gedanke an Proportion ist bei ihrer Zusammcnsetzung aufgegeben.
Die Begebenheiten drängen nicht nur, sondern jagen einander. Nirgends ein Ruhepunkt! Wie von einem Zauber wird Jesus von Kapernaum über den See und wieder zurück nach Kapernaum getrieben und ohne daß er auch nur einen Augenblick zur Sammlung — (und mit ihm der Leser zur ruhigen und wirklichen Betrachtung) — käme, wird er von den Gelegen- heiten und Aufforderungen zum Wunderthun bestürmt, gibt er jeder Gelegenheit nach und wird mit ihm der Leser in einen Wirbel gerissen, der jede Besinnung unmöglich macht. |
If this section could still be called a group, at least this much is certain, that it is overloaded and crowded. Any thought of proportion is abandoned in its composition.
The events not only crowd, but chase each other. There is nowhere to rest! As if by magic, Jesus of Capernaum is driven across the lake and back to Capernaum, and without even a moment’s composure – and with him the reader to calm and real contemplation – he is assailed by opportunities and invitations to perform miracles, he gives in to every opportunity, and with him the reader is swept into a whirlwind that makes any contemplation impossible. |
163/164 | Im Sturm, der die Wunderbilder, eines nach dem andern vorbeitreibt, verlieren sie alle ihren Werth, kann keins von ihnen seinen eigenthümlichen Sinn entwickeln, keins seinen Zweck erfül- len. Zwischen die Reinigung des Aussätzigen und die Heilung von Petri Schwiegermutter gestellt wird das Wunder am Knaben des Hauptmanns von Kapernaum zu einer gewöhnlichen Wunderthat und verliert es trotz der ausdrücklichen Deutung, die Jesus selber aufstellt, einen großen Theil seines Ursprunglichen Sinns, wonach es die Kraft abbilden sollte, mit der Jesus über die Gränzen des jüdischen Lebens hinaus in die heidnische Ferne wirkte. Anderseits wird in dieser Umgebung die Heilung des Aussätzigen zu einer bedeutungslosen Begebenheit und schrumpft das Wunder an der Schwiegermutter Petri zu einer zwecklosen That zusammen. Der Leser, der nur im entferntesten davon weiß, daß das ungeheure Wunder am Knaben jenes Hauptmanns folgt, eilt über die Heilung des Aussätzigen hinweg und wenn er jene Wunderthat vernommen, die zugleich die Schranken des Raums bewältigte, weiß er mit dem Wunder im Hause Petri Nichts mehr anzufangen. | In the storm that drives the miraculous images past, one after the other, they all lose their value, none of them can develop its own unique meaning, none of them can fulfil its purpose. Placed between the cleansing of the leper and the healing of Peter’s mother-in-law, the miracle of the boy of the centurion of Capernaum becomes an ordinary miracle and loses a large part of its original meaning, according to which it was supposed to depict the power with which Jesus worked beyond the confines of Jewish life into the pagan world. On the other hand, in this environment the healing of the leper becomes a meaningless event and the miracle of Peter’s mother-in-law shrinks to a purposeless deed. The reader, who is only remotely aware of the fact that the tremendous miracle of the boy of that captain follows, rushes over the healing of the leper and when he hears that miraculous deed, which at the same time overcame the barriers of space, he no longer knows what to do with the miracle in Peter’s house. |
164/165 | Die Ueberladung des Abschnitts hat aber Matthäus nicht nur durch diese Anhäufung der Wunderthaten, sondern auch dadurch bewirkt, daß er eine Reihe von Collisionen mit den Pharisäern zwischen diese Wunder eingezwängt hat. Er hat somit wiederum das Zwiefache erreicht: den Eindruck jener Wunderthaten geschwächt und die Gewalt, mit der Jesus jene Collisionen löst, nicht zu ihrem Recht kommen lassen. Aus dem Reich der Wunder versetzt er den Leser mit Einemmale in jene theoretischen Verwicklungen, in deren Lösung Jesus die Macht seines Geistes beweist, und ehe der Leser diese Beweiskraft auf sich einwirken lassen kann, stürzt er ihn wieder in die WunderWelt zurück. In demselben Augenblick, da Jesus die letzte Collision löst, ״indem er eben Solches sprach” *) muß ihn der Oberste zu seiner todten Tochter rufen, der Leser hat also nicht einen Augenblick Zeit, um das Treffende jener Lösung zu bemerken und muß plötzlich den theoretischen Kampf mit der judischen Satzung auf sich beruhen lassen, um dem Herrn auf seiner wunderthätigen Laufbahn zu folgen. | The overload of the passage, however, was not only caused by Matthew’s accumulation of miracles, but also by the fact that he squeezed a series of collisions with the Pharisees between these miracles. In this way, he achieved the twofold: he weakened the impression of those miraculous deeds and did not allow the violence with which Jesus solved those collisions to come into its own. From the realm of miracles, he transports the reader all at once into those theoretical entanglements, in the solution of which Jesus proves the power of his spirit, and before the reader can let this power of proof have an effect on him, he plunges him back into the world of miracles. At the same moment that Jesus solves the last collision, ״in which he spoke just such a thing’ *) the chief has to call him to his dead daughter, so the reader does not have a moment to notice the significance of that solution and suddenly has to abandon the theoretical struggle with the Jewish statutes in order to follow the Lord on his miraculous career. |
164* | *) C. 9, 18. ταῦτα αὐτοῦ λαλοῦντος αὐτοῖς | *) ch. 9:18. ταῦτα αὐτοῦ λαλοῦντος αὐτοῖς |
165 | Freilich beginnt der Kampf mit der gesetzlichen Welt bon neuem, aber viel zu spät, nachdem diese Wunder an der Tochter des Obersten, die Heilung des blutflüssigen Weibes, die Heilung der beiden Blinden und des stummen Besessenen die Aufmerksamkeit des Lesers beschäftigt haben — ja nicht einmal der Kampf, sondern nur der Angriff, da die Pharisäer auf Anlaß des letzten Wunders mit ihrer Anklage auftreten, daß Jesus mit dem Obersten der Teufel im Bunde stehe — ein Angriff, der unpassend genug erst später seine Antwort erhielt, als ihn (C. 12, 24) die Pharisäer wiederholten.
So viel steht zunächst fest: die Wunder an dem Aussätzigen, dem Knaben des Hauptmanns von Kapernaum und an der Schwiegermutter Petri müssen von einander gesondert werden und auf das Wunder im Lande der Gergesener muß sogleich die Rückkehr nach Kapernaum und die Erweckung der Tochter des Obersten folgen, so daß die Collisionen mit den Pharisäern wieder frei für sich dastehen. Wir werden also, indem wir in der Darstellung des Matthäus die Spuren einer ursprünglichen Ordnung aufsuchen, auf das Evangelium des Marcus zurückgeführt, in welchem die Grup- pen ihr richtiges Ebenmaaß bewahrt haben — auf ein Evangelium, in welchem auch die Mängel, die sich in den einzelnen Erzählungsstücken des Matthäus finden, ihre Erklärung, Verbesserung und Ergänzung erhalten. |
Of course, the struggle with the legal world begins anew, but much too late, after these miracles of the chief’s daughter, the healing of the woman with the fluid blood, the healing of the two blind men and the mute man possessed have occupied the reader’s attention – not even the struggle, but only the attack, since the Pharisees appear on the occasion of the last miracle with their accusation that Jesus is in league with the chief of the devils – an attack which, inappropriately enough, only received its answer later when the Pharisees repeated it (C. 12, 24).
This much is certain: the miracles on the leper, the boy of the centurion of Capernaum and on Peter’s mother-in-law must be separated from each other and the miracle in the land of the Gergesians must be followed immediately by the return to Capernaum and the awakening of the chief’s daughter, so that the collisions with the Pharisees again stand free for themselves. Thus, by searching for the traces of an original order in Matthew’s account, we are led back to the Gospel of Mark, in which the groups have retained their correct proportions – to a Gospel in which even the deficiencies found in the individual narrative pieces of Matthew receive their explanation, improvement and completion. |
165/166 | Um sogleich die hauptsächlichsten dieser Mängel anzuführen, Wie kann Jesus (Matth. 8, 4) dem Menschen, den er von seinem Aussatz befreite, verbieten, von dem Wunder mit den Leuten zu sprechen, wenn die Menge ihn umgab, als er den Kranken Heike? Dich Verbot hat Matthäus selbst zu einem Ding der Unmöglichkeit gemacht, während es im Bericht des Marcus natürlich ist, wenn Jesus überhaupt nur in Galiläa umherzieht, als ihn der Aussätzige trifft und um Heilung bittet (Marc. 1, 39. 40). | To mention the most important of these shortcomings, how can Jesus (Matth. 8, 4) forbid the man whom he freed from his leprosy to speak of the miracle to the people when the crowd surrounded him when he healed the sick man? You prohibition Matthew himself made a thing of impossibility, while it is natural in the account of Mark, when Jesus is only wandering around Galilee at all, when the leper meets Him and asks for healing (Mark 1, 39. 40). |
166 | Wenn Jesus dem Aussätzigen ferner streng verbietet, von dem Wunder zu den Leuten zu sprechen, so erwarten wir wenigstens Ein Wort über das, was der Geheilte in Folge dieses Verbots that — nein! erwarten wir vielmehr den Erfolg, daß der Geheilte nicht umhin konnte, von der Sache zu sprechen und die Geschichte ruchbar zu machen. Zenes Eine Wort fehlt aber in der Darstellung des Matthäus, der Contrast, den dieser unvermeidliche Erfolg zu dem Verbot Jesu bildet, bleibt aus — Matthäus läßt die Geschichte im Leeren verklingen: — natürlich! Wenn die Menge das Wunder von vornherein mit eignen Augen sieht, brauchte sie es nicht erst durch den Geyeilten zu erfahren.
Und doch schreibt Matthäus jenes Verbot dem Urberichte nach? Allerdings! Weil er die Anweisung, die Jesus dem wunderbar Geheilten gibt: ״gehe hin und zeige dich dem Priester und opfere die Gabe, die Moses geboten hat, ihnen zum Zeugniß”, nicht auslassen konnte, und weil er im Äbschreiben begriffen nicht daran dachte, das Verbot, welches mit dieser AnWeisung eng verbunden ist. abzusondern. |
If Jesus further strictly forbids the leper to speak of the miracle to the people, then we expect at least one word about what the healed man did as a result of this prohibition – no! we rather expect the success that the healed man could not avoid speaking of the matter and making the story public. But one word is missing in Matthew’s account, the contrast that this inevitable success forms with Jesus’ prohibition is missing – Matthew lets the story fade away into emptiness: – of course! If the crowd saw the miracle with their own eyes from the beginning, they would not have to learn about it through the man who was hurried away.
And yet Matthew attributes this prohibition to the original account? Indeed! Because he could not omit the instruction that Jesus gives to the miraculously healed man: ״Go and show yourself to the priest and offer the gift that Moses commanded as a testimony to them’, and because he did not think of separating the prohibition that is closely connected with this instruction. |
166/167 | Aber er wußte nicht mehr, was oiese Anweisung zu bedeuten hatte. In der Schrift des Marcus (C. 1, 44) bilde( sie mit ihrem feierlichen Schluß: ״ihnen zum Zeugniß” den Uebergang zu der Gruppe der Collisionen mit den Pharisäern (C. 2, 1—3, 6), die Matthäus erst später folgen läßt und zwischen das Wunder an den Gergesenern und an der Tochter des Obersten eingeklemmt hat. Dort, in der Schrift des Marcus ist sie eine jener apologetischen Wendungen, mit denen alle Revolutionen bis jetzt ihr erschütterndes Werk gleichsam entschuldigt und die Schuld der Collision den Vertheidigern des Bestehenden zugewalzt haben. Wir sind nicht schuld daran, dass es bis zu diesem Aeußersten gekommen ist, haben bisher alle Vorkämpfer der Revolutionen gesagt, um den Vorwurf zurückzuschlagen, daß sie muthwillig und um jeden Preis die Collision mit dem Bestehenden herbeigeführt hätten — nein! wir haben Alles gethan, um den Bruch weniger einschneidend und verletzend zu machen, aber unsere Gegner, die das Alte um jeden Preis aufrecht erhalten wollten, haben uns zur letzten Entscheidung getrieben. Ihnen zum Zeugniß, sagt daher der Jesus des Marcus, ihnen zum Zeugniß bring dein Opfer dar, obwohl es, wenn dich der Allmächtige, an den du dich gewandt hast, geheilt hat, der gesetzlichen Ceremonie der Priesterlichen Reinigung nicht mehr bedarf. Geh’ nur aber hin, sagt der Jesus, der es in der Schrift des Marcus weiß, daß nun die Kämpfe mit den Pharisäern folgen werden, laß es sie sehen, daß ich nicht muthwillig die Collisionen mit dem Gesetz herbeigeführt, daß ich Alles gethan habe, um sie zu vermeiden, wo sie vermieden werden konnten. Gehe hin und thue, was ich dir sage, zum Zeugniß für die Leute, daß ich durchaus nicht die Absicht habe, kraft meiner hohem Vollmacht die gesetzliche Ordnung um jeden Preis und muthwillig umzustoßen oder zu verletzen. Gehe hin — dieser Gedanke steht hinter der apologetischen Wendung — meine Gegner, die Wachter des alten Gesetzes werden selbst schon dafür sorgen, daß der Kampf ausbricht, der zu ihrer Vernichtung und zum Sturz der alten gesetzlichen Ordnung führen wird. | But he no longer knew what this instruction meant. In the writing of Mark (C. 1, 44) it forms the transition to the group of collisions with the Pharisees (C. 2, 1-3, 6) with its solemn conclusion: ״To testify to them’, which Matthew only lets follow later and has sandwiched between the miracle on the Gergeses and on the daughter of the ruler. There, in the writing of Mark, it is one of those apologetic phrases with which all revolutions up to now have, as it were, excused their shattering work and rolled the blame of the collision onto the defenders of the existing. We are not to blame for the fact that it has come to this extreme, all the champions of the revolutions have hitherto said, in order to repel the reproach that they have brought about the collision with the existing wantonly and at any price – no! we have done everything to make the rupture less drastic and hurtful, but our opponents, who wanted to maintain the old at any price, have driven us to the final decision. To them, therefore, says the Jesus of Mark, to them, offer your sacrifice, although if the Almighty, to whom you have turned, has healed you, it no longer needs the legal ceremony of priestly cleansing. But go, says the Jesus of Mark, who knows that the battles with the Pharisees will now follow, let them see that I have not wilfully brought about the collisions with the law, that I have done everything to avoid them where they could be avoided. Go and do what I tell you, as a testimony to the people that I have no intention whatsoever, by virtue of my high authority, to overturn or violate the legal order at any price and wantonly. Go – this thought is behind the apologetic phrase – my opponents, the guardians of the old law, will themselves see to it that the battle breaks out that will lead to their destruction and to the overthrow of the old legal order. |
167/168 | Dieser Kampf muß daher augenblicklich daraus folgen — so geschieht es in der Schrift des Marcus — in dem Evangelium des Matthäus erfolgt er erst, nachdem jene apologetische Wendung längst im Leeren verklungen ist. | This struggle must therefore follow immediately – so it happens in the writing of Mark – in the Gospel of Matthew it takes place only after that apologetic turn has long since faded into emptiness. |
168 | Nur in der Schrift des Marcus ist die Einkehr Jesu im Hause Petri, die Heilung von dessen Schwiegermutter und die Wunderthat an dem Haufen von Kranken, die die Leute am Abend herbeischafften, richtig gestellt, wenn die Berufung Petri unmittelbar vorhergeht (Marc. 1, 20. 21) — in der Schrift des Matthäus dagegen ist dieses Band, welches Jesum mit Kapernaum verbinden soll, Viel zu lose geknüpft, ist es vielmehr dieses Band nicht mehr, wenn Jesus nach der Berufung der ersten Zünger in Galiläa umherzieht (Matth. 4, 22. 23), wenn ihm schon die Schaaren der Gläubigen aus Galiläa, der Dekapolis, aus Jerusalem und Judäa zugeströmt sind, ehe er in Kapernaum einzieht (C. 4, 25), und wenn außerdem die Bergpredigt zwischen die Berufung Petri und die Einkehr in dessen Haus eingetreten ist.
Matthäus wußte auch nicht mehr, was der Aufbruch Jesu am Morgen nach seiner Einkehr in Kapernaum zu bedeuten hatte — den Zwischenfall mit Petrus, der den Herrn (Marc. 1,37.38) zurückhalten wollte und vielmehr mit seinen Genossen auf die weiter führende Laufbahn desselben mit fortgerissen wurde, läßt er aus und erklärt nun den Ausbruch Jesu mit der nichtssagenden Bemerkung (C. 8, 18): ״da er aber die Haufen um sich sah, hieß er hinüber auf das jenseitige Ufer fahren” — als ob er die Haufen nicht längst um sich gehabt hätte, wenn er ihre Kranken heilte — als ob der Anblick derselben, wenn er ihn über den See trieb, ihn nicht längst Hinweggetrieben haben müßte. Und zur Ueberfahrt über den See gab er Befehl? Stand er denn schon am Ufer? Befand er sich bereits wie der Jesus des Marcus (C. 4, 35) im Nachen? |
Only in the writing of Mark the visit of Jesus in Peter’s house, the healing of his mother-in-law and the miraculous deed on the crowd of sick people, which the people brought in the evening, is put right, when the calling of Peter immediately precedes (Mark 1, 20. 21) – in the writing of Matthew on the other hand this bond, which should connect Jesus with Capernaum, is much too loosely tied. 4, 22. 23), when the multitudes of believers from Galilee, the Decapolis, Jerusalem and Judea had already streamed to Him before He entered Capernaum (C. 4, 25), and when the Sermon on the Mount intervened between the calling of Peter and the entrance into his house.
Matthew also did not know what the departure of Jesus on the morning after His entry into Capernaum meant – he omits the incident with Peter who wanted to hold back the Lord (Mark 1,37.38) and rather was carried away with his comrades on the further leading career of the same and now explains the outbreak of Jesus with the meaningless remark (C. 8, 18): ״But when he saw the multitudes about him, he commanded to pass over to the other side’ – as if he had not long since had the multitudes about him when he healed their sick – as if the sight of them, when he drove him across the lake, must not long since have driven him away. And did he give orders to cross the lake? Was he already standing on the shore? Was he already in the boat like the Jesus of Mark (C. 4, 35)? |
169 | Nichts von alledem, Matthäus hat vielmehr oas Zwiefache, von dem Marc. C. 1, 35. C. 4, 35 berichtet, die erste Abreise aus Kapernaum und die Abfahrt vom diessettigen Ufer des Sees nach dem Land der Gadarener in einander gewirrt und zu Einer Abreise gemacht.
Diese Abreise hat er ferner viel zu sehr aufgehalten, wenn er zwischen den Befehl zur Ueberfahrt (C. 8, 18) und das Eintreten ins Schiff (C. 8, 23) das Zusammentreffen mit jenen beiden Jüngern einschob, und die großen Worte, die die Beiden zu hören bekamen, hat er um ihre Wirkung und Bedeutung gebracht, wenn er fie den Herrn in jenem flüchtigen Moment, da er so eben ins Schiff treten wollte, hinwerfen läßt. Wohlan! Jesus befindet sich nun im Schiff, fährt nach dem Land der Gadarener und stillt unterwegs den Sturm. Als auf sein Wort Wetter und See ruhig geworden waren, ,,erstaunten, wie Matthäus berichtet (C. 8, 27), die Leute und riefen: wer ist der, daß ihm auch die Winde und das Meer gehörchen” — aber daß außer den Jüngern noch andere Leute das Schiff bestiegen hatten, davon hatte Matthäus Nichts erwähnt — selbst nach seinem Bericht sind es nur die Jünger, die durch den Sturm erschreckt, Jesum aus dem Schlafe wecken und um Hilfe anflehen — d. h. auch in der Quellenschrift, die er benutzt hat, sind die Jünger von vornherein die einzigen neben Jesus auftretenden Personen und die Leute, die über das Wunder erstaunen, hat Matthäus erst geschaffen, weil er glaubte, daß jener Ausdruck der Befremdetheit (Marc. 4, 41) sich nur für Fremde schicke. |
None of this, Matthew has rather combined the two things Mark C. 1, 35. C. 4, 35, the first departure from Capernaum and the departure from the shore of the lake to the land of the Gadarenes, and made them into one departure.
He also delayed this departure too much when he interposed the meeting with those two disciples between the command to cross over (C. 8, 18) and the entering into the ship (C. 8, 23), and the great words which the two of them heard, he deprived them of their effect and meaning, when he called the Lord in that fleeting moment, as he was about to enter the ship. Well! Jesus is now in the ship, sailing towards the land of the Gadarenes and calming the storm on the way. When at his word the weather and the sea had become calm, “the people were astonished, as Matthew reports (C. 8, 27), and cried out: who is he, that the winds and the sea also belong to him” – but that other people besides the disciples had boarded the ship, Matthew had not mentioned – even according to his report it is only the disciples who, frightened by the storm, awaken Jesus from sleep and beg for help – i.e. also in the source text. i.e. also in the source he used, the disciples are from the beginning the only persons appearing next to Jesus and the people who are astonished by the miracle were only created by Matthew because he believed that the expression of astonishment (Mark 4, 41) was only appropriate for strangers. |
169/170 | Indem wir die Collisionen mit den Pharisäern zunächst bei Seite liegen lassen und dem Wunderthäter auf seinem Siegeslauf folgen, wird es sich alsbald verrathen, wie Matthäus dazu kam, den Herrn so eben sprechen zu lassen, als ihn der Oberste zu seiner gestorbenen Tochter holte. Auch nach der Darstellung des Matthäus heilt Jesus auf dem Wege nach dem Hause des Obersten das blutslüssige Weib, tritt das Weib von hinten zu ihm heran und berührt sie heimlich seines Kleides Saum — aber es fehlt der Volkshaufe, der es der Frau möglich machte, heimlich und unbemerkt das Kleid Jesu zu berühren, der Volkshaufe, dessen Gedränge die Frau allein ermuthigen konnte, sich so nahe an den Wunderthäter heran zu wagen. | By leaving the confrontations with the Pharisees aside for the moment and following the miracle-worker on his victorious course, it will soon become clear how Matthew came to have the Lord speak just as the chief brought him to his dead daughter. Also according to Matthew’s account, Jesus heals the woman with bleeding on the way to the chief’s house, the woman approaches him from behind and secretly touches the hem of his garment – but the crowd is missing, which made it possible for the woman to touch Jesus’ garment secretly and unnoticed, the crowd, whose crowd alone could encourage the woman to dare to come so close to the miracle-worker. |
170/171 | Wenn mit dem Volkshaufen die nothwendige Voraussetzung für das kühne Wagstück der Frau fehlt, wenn die Scene in der Darstellung des Matthäus viel zu kahl ist und die Frau, indem sie dem Herrn allein über die Straße folgt, haltlos dasteht, ist es dagegen hart, daß der Oberste sogleich um die Wiedererweckung seiner todten Tochter bittet, und fehlt es der Gruppe an lebendiger Bewegung, wenn vor dem Zwischenfall mit dem blutflüssigen Weibe Jesus schon zugesagt hat, einen Todten aufzuerwecken. Nur Einen Todten, eben die Tochter des Obersten, bringt der Jesus des Matthäus wieder zum Leben — kann sich also das Vermögen Jesu, Todte zu erwecken, so von selbst verstehen, daß Jedermann voraussetzen konnte, er könne und werde es, wenn er gläubig darum gebeten werde, augenblicklich an einem Todten offenbaren? Konnte der Schriftsteller, der zuerst diesen Bericht ausarbeitete, wenn er auch wußte, daß die Todtencrweckung zuletzt erfolgen werde, die Sache wirk- lich so platt darstellen, daß der fremde Mann ohne Weiteres von Jesus das Aeußerste verlangte und dieser dem Verlangen sich fügte? Unmöglich! Der erste Former war dieser Plattheit nicht fähig. Nur zaghaft konnte er die höchste Anstrengung der Wunderkraft herbeiführen — nur durch die Ver zweiflung und Steigerung des Unglücks, die die einzig mög- liche Bitte, die Bitte um Hilfe für ein krankes Kind in den Hintergrund drängten, konnte er die Entwicklung der Collision zu dem Punkte führen, wo die ungeheure That aus dem freien Entschluß Jesu hervorging. | If the crowd lacks the necessary prerequisite for the woman’s daring feat, if the scene in Matthew’s depiction is far too bare and the woman, following the Lord alone across the road, stands there without support, it is hard, on the other hand, that the chief immediately asks for the resurrection of his dead daughter, and the group lacks lively movement if, before the incident with the bleeding woman, Jesus had already promised to raise a dead man. Only one dead person, the daughter of the chief, is brought back to life by the Jesus of Matthew – can Jesus’ ability to raise the dead be so self-evident that everyone could assume that he could and would, if he was asked for it with faith, immediately reveal it in a dead person? Could the writer who first worked out this report, even if he knew that the raising of the dead would take place at the end, really present the matter in such a flat way that the strange man easily demanded the utmost from Jesus and the latter complied with the request? Impossible! The first shaper was not capable of this platitude. Only timidly could he bring about the highest effort of miraculous power – only through the doubt and increase of misfortune, which pushed the only possible request, the request for help for a sick child, into the background, could he lead the development of the confrontation to the point where the tremendous deed emerged from Jesus’ free decision. |
171 | Liese Durchführung der Collision findet sich noch in der Schrift des Marcus (C. 5, 22—43). Der Oberste Jairus bittet Jesum um Hilfe für seine Tochter, die in den letzten Zü- gen liegt. Jesus sagt seinen Beistand zu und begibt sich mit dem Vater auf den Weg nach dessen Hause. Unterwegs wird die Bluiflüssige durch die Berührung seines Kleides geheilt, und während er zu ihr noch sprach *) (V. 35), — hier ist diese Formel, die Matthäus unpassend genug dazu gebraucht hat, um zwei Gruppen, die mit einander Nichts Gemeinsames haben, zu- sammenzuschließen, an ihrem Platze — Während er noch sprach, kommen Boten, die dem Obersten den Tod seiner Tochter mel- den und ihm bemerklich machen, daß er den Meister nicht mehr zu bemühen brauche. Jetzt aber nimmt Jesus die Sache in die Hand und weckt er die Todte auf.
Das ist nicht nur Zusammenhang, sondern auch ein Fort- schritt, wie ihn die Anlage des ganzen Abschnitts erforderte. Die Aussicht auf einen Kampf mit dem Tod durfte noch nicht eröffnet seyn, als die Kraft des Leibes Jesu die Krankheit der Blutslüssigen heilte, und erst in dem Augenblicke, als der Herr die Frau entließ, durfte die Botschaft eintreffen, die ihm die schwerere Aufgabe stellte, den Tod zu bekämpfen. |
This confrontation is still found in the writing of Mark (C. 5, 22-43). The chief Jairus asks Jesus for help for his daughter, who is in the last throes. Jesus agrees to help and goes with the father on the way to his home. On the way the bleeding woman is healed by the touch of his garment, and while he was still speaking to her *) (v. 35), – here this formula, which Matthew has used inappropriately enough to unite two groups which have nothing in common with each other, is in its place – While he was still speaking, messengers come to report the death of his daughter to the chief and to make him aware that he need not trouble the Master any more. But now Jesus takes the matter in hand and wakes up the dead woman.
This is not only a connection, but also a step forward, as required by the structure of the whole passage. The prospect of a battle with death could not yet be opened when the power of Jesus’ body healed the sickness of the bleeding woman, and only at the moment when the Lord dismissed the woman could the message arrive that set him the more difficult task of fighting death. |
171* | *) ἔτι αὐτοῦ λαλοῦντος | *) ἔτι αὐτοῦ λαλοῦντος |
171/172 | Der ganze Abschnitt überhaupt, den Matthäus durch die Einzwängung der Collisionen mit den Pharisäern auseinandergerissen hat, ist darauf berechnet, die wunderthätige Kraft Jesu zur Anschauung zu bringen und ist daher von dem ursprünglichen Bildner so geordnet, daß die Wunder nach dem Grad ihrer Bedeutung auf einander folgen. Marcus hat uns diese ursprüngliche Anordnung erhalten. Auch in den vorhergehenden Abschnitten — so in dem Abschnitt (Marc. 1,14—45), der es erklärt, wie Kapernaum der Mittelpunkt der Wirksamkeit Jesu wurde, ferner in dem Abschnitt (C. 2, 1—3, 6), in welchem Jesus seine Ueberlegenheit über das Gesetz gegen die Pharisäer vertheidigt, — geschehen Wunder genug, aber sie dienen einem Zweck, der ihnen im Grunde fremd ist, oder führen zu einer Collision, deren theoretische Lösung die Aufmerksamkeit von ihnen vollständig ablenkt. In dem Abschnitt dagegen, der mit der Stillung des Sturms beginnt und mit der Auferweckung der Tochter Jairi schließt, bildet das Wunder als solches das einzige Interesse und beschäftigt es die Anschauung durch seine colossale Größe so wie durch die außerordentliche Gewalt, mit der der Herr den Widerstand niederschlägt, den ihm der Eigenwille der Natur, die Bosheit des Teuflischen und endlich der letzte Feind des Gläubigen, der Tod entgegenstellt. Im Sturme stillt Jesus den Aufruhr und die Empörung in der Natur; nachdem er die Elemente zum Gehorsam gebracht, besiegt er eine Legion von teuflischen Geistern, auf dem diesseitigen Ufer angelangt macht er sich auf, um dem Tod zuvorzu- kommen und ihm die Tochter des Jairus zu entreißen, nachdem er aber unterwegs eine eingewurzelte Unreinheit getilgt, erhält er die Botschaft, daß der Tod seine Beute schon in Besitz genommen hat, begibt er sich nun in den letzten Kampf und tödtet er mit Einem Wort seines Mundes den Tod. | The whole passage, which Matthew has torn apart by the confrontation with the Pharisees, is calculated to show the miraculous power of Jesus and is therefore arranged by the original author in such a way that the miracles follow one another according to their degree of importance. Mark has preserved this original arrangement for us. Also in the preceding passages – so in the passage (Mark 1,14-45) which explains how Capernaum became the centre of Jesus’ activity, further in the passage (C. 2, 1-3, 6) in which Jesus defends his superiority over the law against the Pharisees – miracles happen enough, but they serve a purpose which is basically alien to them, or lead to a confrontation whose theoretical solution completely diverts attention from them.In the passage that begins with the calming of the storm and concludes with the raising of the daughter Jairus, however, the miracle as such forms the only interest and occupies the view through its colossal greatness as well as through the extraordinary violence with which the Lord defeats the resistance that the self-will of nature, the malice of the devil and finally the last enemy of the believer, death, put up against him. In the storm Jesus quiets the turmoil and indignation in nature; After bringing the elements to obedience, he defeats a legion of devilish spirits; having reached the shore on this side, he sets out to forestall death and snatch from him the daughter of Jairus; but having on the way purged an ingrained impurity, he receives the message that death has already taken possession of his prey; he now enters into the final battle and with one word of his mouth he kills death. |
172/173 | Der Abschnitt steht also wieder in seiner ursprünglichen Form da, — in der Form, die ihm in der Schrift des Marcus erhalten ist. Der Oberste darf Jesum nicht aus dem Hause des Zöllners Matthäus zu seiner Tochter rufen, sondern am See muß er ihn empfangen, als er vom Lande der Gadarener zurückkehrte, damit zugleich der Volkshaufe dasteht, dessen Geleite zur Ausfüllung der Scene nothwendig ist — am See muß er ihn um Hilfe für seine sterbenskranke Tochter bitten, damit Zeit und Raum genug dazu vorhanden ist, daß unterWegs die Botschaft von dem Tode seines Kindes eintreffen kann. Matthäus dagegen mußte den Volkshaufen von vornherein verabschieden, da Jesus aus dem Hause des Zöllners von dem Obersten abgeholt wird, und er mußte den Vater sogleich mit der Bitte um Wiederbelebung seines todten Kindes auftreten lassen, da für die später erst anlangende Botschaft von dem Tod des Kindes kein Raum mehr war, wenn Jesus sich bereits in Kapernaum befand und nur über die Srraße von einem Hause nach dem andern zu gehen brauchte. | So the passage stands again in its original form, – in the form which is preserved for it in the writing of Mark. The chief must not call Jesus from the house of the tax collector Matthew to his daughter, but he must receive him at the lake when he returned from the land of the Gadarenes, so that at the same time the crowd is present, whose escort is necessary to complete the scene – at the lake he must ask him for help for his terminally ill daughter, so that there is time and space enough for the message of the death of his child to arrive on the way. Matthew, on the other hand, had to say goodbye to the crowd right from the start, since Jesus is fetched from the tax collector’s house by the chief, and he had to have the father appear immediately with the request for the resuscitation of his dead child, since there was no more room for the message of the child’s death, which would arrive later, when Jesus was already in Capernaum and only had to walk along the road from one house to the other. |
173 | Die Verwirrung, die Matthäus angerichtet, wird sich vollends lösen und erklären, wenn wir zuvor die Kollisionen mit den Pharisäern, die den Wunderabschnitt unterbrechen, übersehen und auch in diesem Einschiebsel die Spuren seiner Nachlässigkeit — die Beweise, daß er nur ein später Compilator ist, wiederfinden | The confusion which Matthew has caused will be fully resolved and explained if we first overlook the conflicts with the Pharisees which interrupt the miracle passage, and also find in this interpolation the traces of his carelessness – the evidence that he is only a late compiler. |
173/174 | Als Jesus vom Lande der Gergesener wieder zurückkam, brächte man ihm sogleich nach seiner Ankunft in Kapernaum einen Gelähmten und ״da er ihren Glauben sah”, sprach er: sey getrost mein Sohn u. s. w. (C. 9, 2). Worin bewies sich aber ihr Glaube? Matthäus sagt es nicht. Der Umstand, daß sie den Kranken überhaupt herbeibrachten, ist nicht so bedeutend und außerordentlich, daß er die besondere Aufmerksamkeit Jesu auf sich ziehen und als ein eigenthümlicher Glaubensact gelten konnte; wenn dagegen Marcus sagt: ״da er aber ihren Glauben sah” (C. 2, 5), da ist das Außerordent liche wirklich zur Anschauung gebracht, sehen wir mit Jesus wirklich den Glauben der Leute, verstehen wir das Interesse, welches Jesus an den Hilfesuchenden und ihrem Schützling nimmt. Er befindet sich wieder zu Hause, ist innen und draußen von der Menge umlagert, die von ihm das Wort verneh ׳ men will — trotz aller Hindernisse aber wissen die Leute den Kranken zu ihm zu bringen, das Dach brechen sie an der Stelle, wo Jesus sich befindet, durch und lassen den Kranken auf der Bahre vor ihm nieder. Das rührte und ergriff ihn und machte ihn auf der Stelle zur Hilfsleistung bereit. Die Leute des Marcus wissen auch, weshalb sie eilen und auf der Stelle alle Hindernisse durchbrechen müssen. Nur als Gast kommt Jesus nach Kapernaum, die Gelegenheit muff daher schnell benutzt werden, da er das vorige Mal nur Eine Nacht im Hause Petri verweilte und am frühen Morgen unbemerkt in aller Stille wieder abreiste. Das wußte Matthäus nicht, dieses Detail hatte er wenigstens oben fallen lassen, ihm ist Kapernaum der ständige Wohnort Jesu, ״seine Stadt” *) die Anstrengung jener Leute und die Rücksichtslosigkeit, mit der sie das Dach des Hauses demolirten, war ihm daher unverständ- lieh — er wußte mit diesem Zug des Urberichts nichts mehr anzufangen, ließ ihn aus und entnahm seiner Quelle gleichwohl jene Worte: ״da er ihren Glauben sah”, einen Uebergang, ohne den erklärenden Ausgangspunkt zugleich mit aufzu- nehmen. Es war ihm schwer, den Vorgefundenen Uebergang zu den kühnen Worten Jesu aufzugeben — er war zu nachlässig, einen neuen an seine Stelle zu setzen. | When Jesus returned from the country of the Gergesenes, immediately after his arrival in Capernaum a paralytic was brought to him and ״when he saw their faith’, he said: -Be of good cheer, my son, etc. (C. 9, 2). (C. 9, 2). But in what did their faith prove? Matthew does not say. The fact that they brought the sick man is not so important and extraordinary that it could attract the special attention of Jesus and be regarded as a peculiar act of faith; when, on the other hand, Mark says: ״But when he saw their faith’ (C. 2, 5), then the extraordinary is really brought to view, we really see the faith of the people with Jesus, we understand the interest which Jesus takes in those seeking help and their protégé. He is at home again, surrounded inside and outside by the crowd who want to hear his word – but in spite of all obstacles, the people know how to bring the sick person to him, they break through the roof at the place where Jesus is and leave the sick person on the stretcher in front of him. This touched and gripped him and made him ready to help on the spot. The people of Mark also know why they must hurry and break through all the obstacles on the spot. Jesus comes to Capernaum only as a guest, so the opportunity must be used quickly, since the previous time he stayed only one night in Peter’s house and left quietly in the early morning. Matthew did not know this, he had at least dropped this detail above, to him Capernaum is the permanent dwelling place of Jesus, ״his city’ *) the effort of those people and the ruthlessness with which they demolished the roof of the house was therefore incomprehensible to him – he knew nothing more to do with this feature of the original report, omitted it and nevertheless took from its source those words: ״because he saw their faith’, a transition, without at the same time taking up the explanatory starting point. It was difficult for him to abandon the found transition to the bold words of Jesus – he was too careless to put a new one in its place. |
174* | *) Matth. 9. 1. ἦλθεν εἰς τὴν ἰδίαν πόλιν. | *) Matth. 9. 1. ἦλθεν εἰς τὴν ἰδίαν πόλιν. |
174/175 | ״Und als er von da vorüberging, sah er einen Menschen am Zoll sitzen”, fährt Matthäus nach der Erzählung vom Gichtbrüchigen fort (C. 9, 9), d. h. er bringt in seiner nachlässigen und verwirrenden Weise den Ausgangspunkt ״von dort” mit einer Bewegung zusammen, die denselben nicht mehr im Auge hat und an ihn nicht mehr denkt. ״Im Vorübergehen” — dieser Ausdruck reflectirt vielmehr nur auf die Linie, längs deren die neue Bewegung geschieht, nachdem die Bewegung, die zu dieser Linie führte, abgethan und wie der Ausgangspunkt vergessen ist — Matthäus sagt aber nicht, welches diese neue Linie war: — es war ihm zu lästig, diese Nebenumstände, die für die angemessene Anlage der Erzählung unumgänglich nöthig sind und die der ursprüngliche Bildner mit gewissenhafter Genauigkeit immer angeben wird, dem Urbericht nachzuschreiben. Marcus berichtet (C. 2, 13. 14): ״und er ging wieder hinaus ans Ufer und der ganze Haufe kam zu ihm hinaus und er lehrete sie und da er vorüberging, sah er den Levi am Zoll sitzen.” Das ist etwas Anderes, das ist richtig. | ״״And as he passed by from thence, he saw a man sitting by the customs,’ Matthew continues after the account of the gout-broken man (C. 9, 9), i.e. in his careless and confusing way he brings the starting point ״from thence’ together with a movement that no longer has it in mind and no longer thinks of it. ״In passing’ – this expression rather reflects only on the line along which the new movement takes place, after the movement that led to this line has passed and the starting point has been forgotten – Matthew, however, does not say what this new line was: – it was too troublesome for him to copy these secondary circumstances, which are indispensable for the appropriate arrangement of the narrative and which the original compiler will always indicate with scrupulous accuracy, from the original report. Mark reports (C. 2, 13. 14): ״And he went out again to the shore, and the whole multitude came out to him, and he taught them; and as he passed by, he saw Levi sitting at the customs.” That’s different, that’s right” |
175/176 | Marcus nennt den Mann, den Jesus von seiner Zollbude hinweg zur Nachfolge beruft, Levi*), ohne daran zu denken, ob sich derselbe nicht auch im Apostelverzeichnisse, welches ihm gegeben war und fertig vorlag, finden müsse; Marcus — wir meinen den Schöpfer des Urberichts — Marcus dachte auch noch nicht daran, die Geschichte von der Berufung des Zoll- ners und das Apostelverzeichniß so weit in Beziehung zu setzen, daß er in dem letzteren irgend einen der Zwölfe als einen Zollner bezeichnet hätte, — nur derjenige Evangelist, den die Kirche Matthäus genannt hat, nennt den Mann, den Jesus von seiner Zollbude hinwegberief, einen gewissen Matthäus*) und unterläßt es dann auch nicht, wenn er im Apostelverzeichniß zu diesem Namen kommt (C. 10, 3), durch den Zusatz: ״der Zöllner” darauf hinzuweisen, daß dieser Apostel mit jenem Zöllner Eine und dieselbe Person sey. | Mark calls the man whom Jesus calls to follow him from his customs house Levi*), without thinking whether he should not also be found in the Apostles’ Directory, which was given to him and was ready at hand; Mark – we mean the creator of the original report – Mark did not even think of relating the story of the calling of the customs officer and the book of the apostles to such an extent that he would have called any of the twelve a customs officer in the latter, – only the evangelist whom the church has called Matthew calls the man whom Jesus called away from his customs office a certain Matthew*) and then does not omit, when he comes to this name in the book of the apostles (C. 10, 3), he adds: ״the tax collector’ to indicate that this apostle and the tax collector are one and the same person. |
175* | *) Der Zusatz ״Sohn des Alphäus” (Marc. 2, 14) gehört dem Urbericht nicht an — wir sagen: dem Urbericht, indem wir es zunächst unentschieden lassen, ob das gegenwärtige Marcusevangelium das Ur- cvangelium ist und eine spätere Hand den Zusatz: τὸν τοῦ ἁλφαίου einschob, oder ob das Marcusevangelium eine spätere Bearbeitung des Urcvangcliums ist. Das Letztere kannte nur Eine Person, die es als den Sohn des Alphäus bezeichnete, den Jakobus nämlich, den es (C. 3, 18) von dem andern Jakobus, dem Bruder des Johannes zu unterschei- den hatte. | *) The addition ״Son of Alphaeus’ (Mark 2, 14) does not belong to the original report – we say: to the original report, by leaving it undecided at first whether the present Gospel of Mark is the original Gospel and a later hand inserted the addition: τὸν τοῦ ἁλφαίου, or whether the Gospel of Mark is a later adaptation of the original Gospel. The latter knew only one person, whom it called the son of Alphaeus, namely James, whom it had to distinguish (C. 3, 18) from the other James, the brother of John. |
176* | *) Matth. 9, 9 μαθθαῖον λεγόμενον, — er deutet also damit an, daß dieser Matthäus eine ihm sonst unbekannte Person war, d. h. er spricht von diesem Matthäus so fremd, daß er wenigstens an der spätern kirchlichen Voraussetzung, wonach er selbst der auserkorene Zöllner seyn soll, unschuldig ist. | *) Matth. 9, 9 μαθθαῖον λεγόμενον, – he thus intimates that this Matthew was a person otherwise unknown to him, i. e. he speaks of this Matthew so strangely, that he is at least innocent of the later ecclesiastical presupposition, according to which he himself is said to be the chosen publican. |
176/177 | Wohl! Matthäus hat vermittelst jener Namenänderung und dieses Fingerzeigs die Berufung des Zöllners mit dem folgenden Apostelverzeichniß in Zusammenhang gebracht — desto größer ist nun aber die Dissonanz, welche diese Berufung mit einer früheren Voraussetzung bildet, desto sicherer der Beweis, daß er Nichts geschaffen und nur gegebene Materialien in Verwirrung gebracht hat. Der Zöllner sitzt ruhig in seiner Bude und denkt an Nichts als seine täglichen Geschäfte, als Jesus vorübergeht; ja, dieser Eontrast, daß eben der Mann, der unbefangen in seinem Zollgeschäft sitzt, durch Ein Wort des Herrn zur Nachfolge bewogen wird und augenblicklich, unbekümmert um alle weltliche Folgen, das ihm anvertraute Geschäft verläßt, bildet die Spannung, die die Erzählung ursprünglich zusammen- hält — und doch mußte sich nach der Voraussetzung des Evangellsten der Zöllner längst in der nächsten und feststehenden Umgebung Jesu befinden, da die Apostel die Bergpredigt gehört hatten und hören mußten, damit sie ihre Stellung zur Welt kennen lernten: — d. h. Matthäus hat ungeschickt genug der Berufung des Zöllners eine Situation und Voraussetzung vorausgehen lassen, durch welche sie unmöglich gemacht oder der apostolische Zöllner als ein Mann bloßgestellt wird, der seinen himmlischen Beruf wieder vergessen und sich seinem Weltlichen Geschäft gewidmet hatte. Doch Matthäus selbst muß ihn rechtfertigen — auch nach seiner Darstellung wird er jetzt erst von Jesus berufen — bis jetzt hat er nur seinem Zollgeschäft gelebt. | Well! By means of this change of name and this hint, Matthew has connected the calling of the publican with the following Apostles’ Directory – but the greater the dissonance which this calling forms with an earlier presupposition, the more certain is the proof that he has created nothing and only brought given materials into confusion. The publican sits quietly in his booth and thinks of nothing but his daily business when Jesus passes by; Yea, this contrast, that the very man who sits unconcerned in his custom-house, is moved to discipleship by One Word of the Lord, and instantly, unconcerned with all worldly consequences, leaves the business entrusted to him, forms the tension which originally holds the narrative together – and yet, according to the premise of the Gospel, the publican must have been long since in the immediate and fixed neighbourhood of Jesus, since the apostles had heard and must hear the Sermon on the Mount, in order that they might know their position in relation to the world: – That is to say, Matthew has clumsily enough let the calling of the publican be preceded by a situation and condition by which it is made impossible, or the apostolic publican is exposed as a man who had again forgotten his heavenly calling and devoted himself to his worldly business. But Matthew himself has to justify him – even according to his account he is only now being called by Jesus – until now he has only lived his customs business. |
177 | Matthäus hat so wenig Sinn für Detail und ZusammenHang, daß er nicht einmal bemerkt, was es für ein Haus war, in welchem Jesus nach der Berufung des Zöllners zu Tische saß: er sagt: ״im Hause” — es war aber das Haus des Zöllners (Marc. 2, 15). | Matthew has so little sense of detail and coherence that he does not even notice what kind of house Jesus was sitting in after the calling of the tax collector: he says: ״in the house’ – but it was the house of the tax collector (Mark 2, 15). |
177/178 | Die dritte Collision, zu welcher der Umstand, daß die Zünger Jesu nicht fasteten, den Anlaß gab, hat er endlich sehr unpassend durch eine Frage der Zohannisjünger herbeigeführt (C. 9, 14) — unpassend, da er es uns nicht erklärt, nicht erklären konnte, wie dieselben zu einer so feindseligen Stimmung kamen, daß sie mit den Pharisäern gemeinschaftliche Sache machten und mit ihnen im Bunde sich dem Herrn entgegenstellten. Indem er ferner diese dritte Collision vermittelst der Formel: ״damals *) traten zu ihm die Jünger des Johannes”, an den Bericht vom Gastmahl des Zöllners anknüpst, hat er den Schein hervorgerufen, als ob auch dieser neue Angriff noch während jenes Gastmahls erfolgt sey, überladet er also seine Darstellung und läßt er den Leser nach der treffenden Abfertigung der Gegner, die dem Herrn seinen Umgang mit Zöllnern und Sündern zum Vorwurf machten, nicht zur Sammlung und ruhigen Uebersicht des Erfolgs kommen. Marcus verschafft dagegen dem Leser diese Sammlung, wenn er zwischen beide Berichte (C. 2, 18) die historische Bemerkung einschiebt: ״und die Zünger des Johannes und die der Pharisäer fasteten”. | The third confrontation, which was caused by the fact that the disciples of Jesus did not fast, he finally brought about very inappropriately by a question of the disciples of John (C. 9, 14) – inappropriately, since he did not explain it to us, could not explain how they came to such a hostile mood that they made common cause with the Pharisees and opposed the Lord in alliance with them. Furthermore, by referring to this third confrontation by means of the formula: ״at that time *) the disciples of John came to him’, he he has created the impression that this new attack also took place during that banquet, thus he overloads his account and does not allow the reader to come to a composure and calm overview of the success after the apt description of the opponents who reproached the Lord for his dealings with tax collectors and sinners. Mark, on the other hand, provides the reader with this collection when he inserts the historical remark between the two accounts (C. 2, 18): ״and the disciples of John and those of the Pharisees fasted”. |
177* | *) τότε | *) τότε |
178 | Nachdem die Fehler und Ungenauigkeiten des Details in Verbindung mit der Fehlerhaftigkeit der Gruppirung den Beweis geliefert haben, daß Matthäus diesen Abschnitt, in welchem die Collisionen mit dem jüdischen Wesen die Wunderthätigkeil Jesu unterbrechen, nicht zuerst gebildet hat, können wir es endlich sagen, woher die Verwirrung seiner Compilation entstanden ist. Wie er im Eingang dieses Abschnitts C. 8, 18. 23. zwei Abreisen Jesu von Kapernaum zu Einer gemacht hat, so hat er nun zwei Nückkehren in Eine zusammengeworfen. Als der Jesus des Marcus von der Reise, die er nach der ersten Einkehr in das Haus Petri antrat, nach Kapernaum zurückkehrte, brächte man ihm den Gelähmten und erfolgten die Collisionen mit den Pharisäern. Dasselbe erfolgt auch, als der Jesus des Matthäus (C. 9, 1. 2.) zurückkehrte. Wenn aber Jesus vom Land der Gardarener kommt, so ist das zugleich eine andere Rückkehr, diejenige nämlich, die ihn dem Obersten entgegenführt, der um Hülfe für seine todtkranke Tochter bittet. Auch diese Rückkehr muß also Matthäus in demselben Augenblick berichten, d. h. er muß eilen: nachdem er den ersten Einzug dargestellt, darf er den zweiten nicht zu lange warten lassen: — mit andern Worten: alle die Verwicklungen, die im Urbericht auf die erste Rückkehr folgen, darf er hier nicht anbringen, damit Jairus mit seiner Bitte auftreten könne. | After the mistakes and inaccuracies of the details, in connection with the faulty grouping, have provided the proof that Matthew did not first form this section, in which the confrontations with the Jewish nature interrupt the miraculous activity of Jesus, we can finally say where the confusion of his compilation came from. As he made two departures of Jesus from Capernaum into one in the opening of this passage C. 8, 18. 23. so he has now thrown two returns into one. When the Jesus of Mark returned to Capernaum from the journey he made after the first entry into Peter’s house, the paralytic was brought to him and the confrontations with the Pharisees took place. The same happened when the Jesus of Matthew (C. 9, 1. 2.) returned. But when Jesus comes from the land of the Gardarenes, it is at the same time another return, namely the one that leads him to meet the chief who asks for help for his daughter who is sick to death. Matthew must therefore also report this return at the same moment, i.e. he must hurry: after depicting the first entry, he must not let the second one wait too long: – in other words: all the complications that follow the first return in the original account must not be brought up here, so that Jairus can present his request. |
178/179 | Daher die Ueberladung, daher die Verwirrung zweier Gruppen, daher die unpassende Anknüpfung, daß Jairus seine Bitte verträgt, als Jesus so eben über die Unverträglichkeit des jüdischen Wesens mit seinem neuen Princip spricht, daher endlich die Zerreißung der Gruppe, in welcher der Kampf des Neuen und des Alten durchgeführt wird, und das späte Nachschleppen der Sabbathscollisionen sammt dem Vorwurf des Teufelsbündnisses. | Hence the overloading, hence the confusion of two groups, hence the inappropriate linking of Jairus with his request when Jesus was just speaking about the incompatibility of the Jewish nature with his new principle, hence finally the tearing apart of the group in which the struggle of the new and the old is carried out, and the late dragging of the Sabbath controversies together with the accusation of the devil’s alliance. |
179/180 | The same procedure explains the accumulation of miracles that immediately glorify the first entry of Jesus into Capernaum C. 8, 1. Matthew made two entries into one, the first one. The proof? The exclamation of Jesus (C. 8, 10): ״Verily, I say unto you, such faith This astonishment at the power of faith with which the Gentile centurion put the Jews to shame was only possible if Jesus had already experienced the nature of the latter for a long time, but especially if he had already struggled with their dislike, even with their open evil will. I.e. the writer who first depicted this meeting with the centurion in Capernaum also knew where the only possible place for it was: – there, where Jesus had already been working for a long time and had experienced the resistance of the Jews. In Matthew’s writing, however, Jesus had only just left, so it was not yet possible for him to compare the behaviour of the centurion with that of the Jews. But he had already passed through many struggles with the Jews, all those confrontations which Matthew only has to follow after his return from the land of the Gadarenes, and in addition the confrontations with the Sabbath law when he enters Capernaum in Luke’s writing after the great speech which in Matthew’s Gospel has become the Sermon on the Mount. Even if Matthew, which will only be decided later, used his own source for his account of Jesus’ meeting with the believing centurion, the fact that Luke (E. 7, 1. 2.), after his great sermon, lets the Lord experience the faith of the centurion when he enters Capernaum, led him to have this meeting take place immediately after the Sermon on the Mount. He combines the entry into Capernaum, which he finds in Luke’s writing after the sermon about the laws of the kingdom of heaven, with the first entry, which he still has to report, with the entry into Capernaum, which leads Jesus into Peter’s house, to his sick mother-in-law (Marc. 1, 21). | The same procedure explains the accumulation of miracles that immediately glorify the first entry of Jesus into Capernaum C. 8, 1. Matthew made two entries into one, the first one. The proof? The exclamation of Jesus (C. 8, 10): ״Verily, I say unto you, such faith This astonishment at the power of faith with which the Gentile centurion put the Jews to shame was only possible if Jesus had already experienced the nature of the latter for a long time, but especially if he had already struggled with their dislike, even with their open evil will. I.e. the writer who first depicted this meeting with the centurion in Capernaum also knew where the only possible place for it was: – there, where Jesus had already been working for a long time and had experienced the resistance of the Jews. In Matthew’s writing, however, Jesus had only just left, so it was not yet possible for him to compare the behaviour of the centurion with that of the Jews. But he had already passed through many struggles with the Jews, all those confrontations which Matthew only has to follow after his return from the land of the Gadarenes, and in addition the confrontations with the Sabbath law when he enters Capernaum in Luke’s writing after the great speech which in Matthew’s Gospel has become the Sermon on the Mount. Even if Matthew, which will only be decided later, used his own source for his account of Jesus’ meeting with the believing centurion, the fact that Luke (E. 7, 1. 2.), after his great sermon, lets the Lord experience the faith of the centurion when he enters Capernaum, led him to have this meeting take place immediately after the Sermon on the Mount. He combines the entry into Capernaum, which he finds in Luke’s writing after the sermon about the laws of the kingdom of heaven, with the first entry, which he still has to report, with the entry into Capernaum, which leads Jesus into Peter’s house, to his sick mother-in-law (Mark 1, 21). |
180 | Da er es vorher wußte, daß er nach dem ersten Ausflug Jesu aus Kapernaum für die Heilung des Aussätzigen keinen Raum finden werde — denn jener Ausflug führt sogleich ins Land der Gadarener und von hier augenblicklich wieder nach Ka- pernaum zurück — da er außerdem den einzigen Zweck jenes Berichts von der Reinigung des Aussätzigen nicht kannte, so glaubte er ihn angemessen genug zu stellen, wenn er ihn dazu benutzte, die leere Strecke zwischen dem Herabsteigen Jesu vom Berge und zwischen dem Zusammentreffen mit dem Hauptmann beim Einzüge in die Stadt auszufüllen. Erreichte er es doch damit, daß der Triumphzug des göttlichen Gesandten und neuen Gesetzgebers auch nicht an Einem Punkte unverherrlicht blieb und daß seine Wunderthätigkeit sogleich bei der Ankunft in der Ebene begann. | Since he knew beforehand that he would not find room for the healing of the leper after Jesus’ first departure from Capernaum – for that departure leads immediately to the land of the Gadarenes and from there immediately back to Capernaum – since, moreover, he did not know the sole purpose of that account of the cleansing of the leper, so he thought he was putting it adequately enough when he used it to fill the empty space between Jesus’ descent from the mountain and his meeting with the centurion as he entered the city. In this way he achieved that the triumphal procession of the divine messenger and new lawgiver did not remain glorified at one point and that his miraculous activity began immediately upon his arrival in the plain. |
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180/181 | Die Heilung des Besessenen in der Synagoge, die im Urbericht (Marc. 1, 21 — 28) die erste That Jesu in Kapernaum bildete, konnte Matthäus in seine Darstellung nicht aufnehmen, wenn jener Einzug in Kapernaum, der durch daä Wunder an dem Knaben des Hauptmanns verherrlicht wurde, zu dem ersten Einzug geworden war. Neben jener Großthat war für die Heilung des Besessenen keine Stätte mehr. | The healing of the possessed man in the synagogue, which was the first deed of Jesus in Capernaum in the first account (Mark 1, 21 – 28), could not be included in Matthew’s account if the entrance into Capernaum, which was glorified by the miracle of the centurion’s boy, had become the first entrance. Next to that great deed there was no place for the healing of the possessed man. |
181 | Gleichwohl hat sich Matthäus auch dieses Besessenen erbarmt und ihn von seiner teuflischen Plage erlöst — er hat ihn nämlich zum Genossen des Besessenen gemacht, den Jesus nach dem Urbericht drüben im Land der Gadarener heilt. Laß er es erst war, der unpassend genug zwei Besessene zu gleicher Zeit dem Herrn entgegenschickt, muß er selbst verrathen, wenn er das Zwiegespräch, welches zwischen Jesus und dem Besessenen von Gadara statt fand, die Frage: ״wie heißt du?” und die Antwort des Besessenen: ״Legion, weil wir viele sind”, ausläßt
und somit dem Leser es nicht begreiflich macht, wie es kam, daß die teuflischen Geister eine ganze Schweineheerde in Besitz neh- men konnten — muß er ferner verrathen, wenn er auch die Bitte der teuflischen Geister, Jesus möge sie nicht (Marc. 5, 9. 10) außer Landes schicken, unterdrückt und somit es nicht erklärt, wie sie auf den Einfall kamen, Jesus möge sie in die Heerde fahren lassen — gesteht er endlich offen ein, wenn er seine beiden Besessenen in Einem Augenblick denselben Gedanken fassen und wie aus Einem Munde aussprechen läßt. Die Bitte, der Herr möge sie, wenn er sie einmal austreiben wolle, in die Schweineheerde schicken, durfte er nämlich schlechterdings nicht auslassen, wenn er überhaupt diese Begebenheit berichten und ihren Ausgang motiviren wollte, indem er nun aber diese Bitte zwei Besessenen zu gleicher Zeit in den Mund legte, hat er ein Unding gebildet, welches der erste Urheber dieser Erzählung nimmermehr für möglich halten konnte. |
Nevertheless, Matthew also took pity on this possessed man and delivered him from his diabolical plague – he made him the comrade of the possessed man whom Jesus heals in the land of the Gadarenes according to the original account. If he is the one who inappropriately sends two possessed people to meet the Lord at the same time, he himself must have betrayed the conversation that took place between Jesus and the possessed man of Gadara, the question: ״What is your name? and the answer of the possessed man: ״Legion, because we are many’.
and thus does not make it comprehensible to the reader how it came about that the devilish spirits could take possession of a whole herd of swine – he must further betray, if he also suppresses the plea of the devilish spirits that Jesus should not send them (Mark 5, 9. 10) out of the country, and thus does not explain how they came up with the idea that Jesus should let them go into the host – he finally admits openly when he lets his two possessed ones grasp the same thought in a moment and speak it as if from one mouth. The request that the Lord send them into the herd of swine, if he ever wanted to cast them out, could not be omitted if he wanted to report this incident and motivate its outcome, but by putting this request into the mouths of two possessed people at the same time, he has created an absurdity that the first author of this story could never have thought possible. |
181/182 | Eine Combination von derselben Kühnheit, deren kein Weltsicher Geschichtsschreiber fähig ist, hat Matthäus in seinem Bericht von der Heilung zweier Blinden bewerkstelligt. In seiner Urschrift liest er, daß Jesus nach dem Wunder der Brotvermehrung (Marc. 8, 22 — 26) einen Blinden zu Bethsaida, sodann den Blinden zu Jericho heilt; da aber das Einzige, was dem Bericht von der ersteren Heilung noch Interesse gibt, dik Beschreibung von der Art und Weise lst, wie der Patient allmählig den Gebrauch seiner Augen wieder erhielt, da der späte Compilator ferner das Detail nicht liebt, da es ihm höchst gleichgültig ist, wie ein Kranker geheilt wurde, wenn er nur melden kann, daß die Heilung durch das Wort Jesu bewirkt wurde, so hält er es nicht der Mühe für werth, das Wunder von Bethsaida zu berichten; ganz will es aber doch nicht verschweigen, wenn es ihm nur irgend möglich ist, sucht er alle Brocken des Urberichts seinen Lesern zu erhalten, und er hilft sich nun damit, daß er aus dem Einen Blinden von Jericho zwei Blinde macht. | A combination of the same audacity of which no worldly historian is capable was achieved by Matthew in his account of the healing of two blind men. In his original text he reads that Jesus, after the miracle of the multiplication of the loaves (Mark. 8, 22 – 26) Jesus heals the blind man in Bethsaida, then the blind man in Jericho; But since the only thing of interest in the report of the former healing is the description of the way in which the patient gradually regained the use of his eyes, since the late compiler does not like details, since it is of no importance to him how a sick person was healed if he can only report that the healing was effected by the word of Jesus, he does not consider it worth the trouble to report the miracle of Bethsaida; But he does not want to conceal it, if at all possible, he tries to preserve all the fragments of the original report for his readers, and he helps himself by making two blind men out of the one blind man of Jericho. |
182 | Die Kühnheit des heiligen Compilators geht aber noch weiter. Es ist ihm nicht genug, die Bestandtheile des Urberichts zu amen Gestaltungen zusammenzuwerfen; — er wagt es sogar, seine kühnen Schöpfungen mehr als Einmal seinen Lesern vor Augen zu führen — mit andern Worten: eine Begebenheit ohne Weiteres zu verdoppeln. | But the audacity of the holy compiler goes even further. It is not enough for him to throw together the parts of the original report to form new creations; he even dares to present his bold creations to his readers more than once – in other words, to duplicate an event without further ado. |
182/183 | Dießmal wußte er es in voraus, daß bei Jericho zwei Blinde geheilt werden würden, ja, er hat den Urbericht von die- sein späten Wunder vor Augen, indem er dem Herrn nach seiner Rückkehr aus dem Hause des Jairus (C. 9) zwei Blinde folgen läßt und somit jenem Bericht einen Ausdruck entnimmt, der der Verräther vom abentheuerlicken Ursprung seiner Wundererzählung ist. Nur daher nämlich kommt es, daß er dem Herrn, als derselbe das Haus des Jairus verließ, zwei Blinde ״folgen” läßt (C. 9, 27) — als ob die Blinden frei über ihre Bewegung bestimmen könnten — weil er im Urbericht las, daß der Blinde von Jericho Jesu auch ״folgte” (Marc. 10,52), aber in seiner flüchtigen Eile nicht bemerkte, daß dieser Blinde erst nach der Heilung dem Gefolge des Herrn sich anschlosz. | This time he knew in advance that two blind men would be healed at Jericho, yes, he has the original report of the late miracle before his eyes, in that he has two blind men follow the Lord after His return from the house of Jairus (C. 9) and thus takes an expression from that report that is the traitor of the abentheuerlicken origin of his miracle narrative. It is only because of this that he has two blind men “follow” the Lord when he left Jairus’ house (C. 9, 27) – as if the blind could freely determine their movement – because he read in the original account that the blind man of Jericho also “followed” Jesus (Mark 10,52), but in his hasty haste did not notice that this blind man only joined the Lord’s retinue after the healing. |
183 | Wahrscheinlich brächte er die Heilung der beiden Blinden nur deshalb hier an, weil nach der Jnstruction der Zwölfe, zu der er jetzt eilt, die Botschaft des Täufers folgt und weil er nun der Antwort, mit welcher Jesus die Boten des Täufers entläßt und die mit den Worten beginnt (C. 10, 5): ״die Blinden sehen”, eine geschichtliche Grundlage und Rechtfertigung geben wollte.
Auch nur die Rücksicht auf den folgenden Abschnitt, auf die Instructionsrede, in welcher Jesus zu den Aposteln sagt: ״der Knecht ist nicht über den Herrn. Haben sie den Hausvater Beelzebub geheißen, wie viel mehr werden sie seine Haus- genossen also heißen” (C. 10, 24. 25), bewog den Compilator, auf die Heilung der beiden Blinden die Austreibung des Teu- fels aus dem stummen Besessenen und den Vorwurf des Teufels- bündnisses folgen zu lassen. Woher er dieses Wunder hat, wird sich uns später zeigen, wenn wir seiner schriftstellerischen Wie- derholung begegnen. |
Probably he would only mention the healing of the two blind men here because after the instruction of the twelve, to which he now hurries, the message of the Baptist follows and because he now wanted to give a historical basis and justification to the answer with which Jesus dismisses the messengers of the Baptist and which begins with the words (C. 10, 5): ״the blind see’.
Also only the consideration of the following passage, of the instruction speech, in which Jesus says to the apostles: ״the servant is not above the Lord. If they called the father of the house Beelzebub, how much more will they call his household members” (C. 10, 24. 25), moved the compiler to follow the healing of the two blind men with the casting out of the devil from the dumb possessed man and the accusation of the devil’s alliance. Where he got this miracle from will become clear to us later, when we encounter his written repetition. |
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183 | Matthäus kommt nun also zur Jnstruction der Apostel, muß aber wiederum mit jedem Wort, mit jeder Wendung, wie im Ganzen und Großen der Anordnung beweisen, daß er nicht aus eigner Kraft geformt, vielmehr mehrere Quellenschriften be- nutzt habe, die er weder einzeln zu beherrschen, noch geschickt zu combiniren vermochte. | Matthew now comes to the instruction of the apostles, but must again prove with every word, with every turn of phrase, as in the whole and large of the arrangement, that he did not form it from his own strength, but rather used several source writings, which he was neither able to master individually, nor to combine skilfully. |
184 | Ohne zu berichten, daß Jesus nach jenen Wunderthaten Kapernaum verlassen, läßt er ihn plötzlich ״in allen Städten und Flecken lehrend umherziehen” (C. 9, 35) — ohne das Volk wirklich um ihn zu versammeln, läßt er ihn plötzlich (V. 36) ״die Haufen sehen” — ihn, den Compilator, kostet es nämlich keine Mühe, den Herrn mitten auf die Reise zu versetzen und plötzlich die bestimmten Hausen bemerken zu lassen, die ihn (V. 37) aus den Gedanken der Crndte und zu dem Entschluß bringen, die Jünger als Schnitter auszusenden — er, der Compilator und gedankenlose Abschreiber, brauchte die Verwicklungen nicht zu schaffen, die Jesum auf die Reise versetzten und die Volksmenge ihm vor die Augen führten — Andere vielmehr haben vor ihm gearbeitet, die Uebergänge und Vermittlungen geschaffen und er brauch bloß zuzugreifen und die Nesultate sich anzueignen, selbst auf die Gefahr hin, daß dieselben von den Vermittlungen, die zu ihnen führten, abgelöst, sinnlos und unbegreiflich werden. | Without reporting that Jesus left Capernaum after those miraculous deeds, he suddenly lets him go about teaching in all the towns and villages” (C. 9, 35) – without really gathering the people around him, he suddenly (v. 36) lets him “see the crowds” – it costs him, the compiler, no effort to put the Lord in the middle of the journey and to suddenly notice the certain houses that lead him (v. 37) out of the thoughts of the people and to the decision to send out the disciples as reapers. 37) from the thoughts of the disciples and to the decision to send out the disciples as reapers – he, the compiler and thoughtless transcriber, did not have to create the entanglements that set Jesus on the journey and brought the crowd before his eyes – others rather worked before him, Others rather worked before him, created the transitions and mediations, and he need only access and appropriate the results, even at the risk that they become detached from the mediations that led to them, senseless and incomprehensible. |
184/185 | Schon oben (C. 4, 23 — 25) hatte er auf das Geheiß des Lukas, dem er den Anlaß der Bergpredigt entlehnte, die Volksmenge aus allen Theilen des heiligen Landes zum Gefolge des Herrn gemacht und sie ihm plötzlich (C. 5, 1), als es zur Bergpredigt kommen sollte, obwohl er sie als dieß Gefolge längst hätte sehen müssen, vor die Augen gebracht. Ehe der Jesus des Lukas seine große Predigt hält, hatte er die Zwölfe berufen und heilt er dem zu Folge die Krankenmenge, der sich der Jesus des Marcus (C. 3, 10 —13) entzieht, als er auf den Berg steigt und die Zwölfe beruft. Matthäus ließ, als er seine Bergpredigt gab, diese Berufung der Zwölfe aus, aber er wußte, wie er sie später darstellen, wußte, daß er sie mit der Jnstruction und Aussendung derselben zusammenwerfen würde (C. 10, 1. 5) — damals schon, als er dem Lukas die Situation entlehnte, in welcher die Berufung geschah, hatte er den Urbericht über die Aussendung der Zwölfe vor Augen und entlehnte er ihm die Formel, daß Jesus rings umher zog und lehrte*) — jetzt, da es nun wirklich zur Ernennung und Aussendung der Zwölfe kommt, brauch er daher den Eingang zu seiner Bergpredigt nur zu wiederholen**) — wiederholt er aber auch den Widerspruch, daß der Anblick der Volksmenge, die längst schon den Herrn begleitete, oas Folgende, früher den Rückzug auf den Berg, dießmal die Instruktion der Zwölfe herbeiführte,***) und entlehnt er einer spätern Stelle des Urberichts die Bemerkung, daß der Anblick der Haufen das Mitleid Jesu erweckte, weil sie wie Schafe waren, die keinen Hirten hatten ꝉ). Aber Marcus nur erklärt es wirklich, wie Jesus plötzlich die Volksmenge zu Gesicht bekam, sie war ihm nämlich in die Einsamkeit nachgefolgt, in die er sich zurück ziehen wollte, sie war ihm sogar zuvorgekommen und strömte wider sein Erwarten zusammen — Marcus endlich gibt dem Mitgefühl, welches Jesus für die Menge empfindet, eine unmittelbare Beziehung auf dieselbe — Jesus lehrt die Menge nämlich, sein Mitleid mit ihrem Elend schloß ihm sein Herz auf und gab ihm die Worte des Trostes in den Mund. | Already above (C. 4, 23 – 25), at the behest of Luke, from whom he borrowed the occasion of the Sermon on the Mount, he had made the crowd from all parts of the Holy Land the Lord’s retinue and suddenly (C. 5, 1), when the Sermon on the Mount was to take place, brought them before his eyes, although he should have seen them as this retinue long ago. Before the Jesus of Luke preached his great sermon, he had called the twelve and he heals the crowd of the sick, which the Jesus of Mark (C. 3, 10 -13) avoids when he climbs the mountain and calls the twelve. Matthew, when he gave his sermon on the mount, left out this calling of the twelve, but he knew how to present it later, knew that he would throw it together with the instruction and sending of them (C. 10, 1. 5) – at that time already, when he borrowed from Luke the situation in which the calling took place, he had the original report about the sending of the twelve in mind and borrowed from it the formula that Jesus went about and taught*) – now that it really comes to the appointment and sending of the twelve, he therefore only needs to repeat the entrance to his Sermon on the Mount**) – but he also repeats the contradiction, that the sight of the crowd, which had long since accompanied the Lord, oas the following, earlier brought about the retreat to the mountain, this time the instruction of the twelve,***) and he borrows from a later passage of the original report the remark that the sight of the crowds aroused the compassion of Jesus, because they were like sheep that had no shepherd ꝉ). But Mark only really explains how Jesus suddenly saw the crowd, for they had followed him into the solitude to which he wanted to retreat, they had even beaten him to it and, contrary to his expectations, flocked together – Mark finally gives the compassion that Jesus feels for the crowd a direct relationship to it – Jesus teaches the crowd, namely, that his compassion for their misery unlocked his heart and gave him the words of comfort in his mouth. |
185* | *) Marc. 6, 6. καὶ περιῆγεν τὰς κώμας κύκλῳ διδάσκων.
Math. 4, 23. καὶ περιῆγεν . . . . διδάσκων. **) C. 4.23: καὶ περιῆγεν ὅλῃν τῇ γαλιλαίᾳν διδάσκων ἐν ταῖς συναγωγαῖς αὐτῶν καὶ κηρύσσων τὸ εὐαγγέλιον τῆς βασιλείας καὶ θεραπεύων πᾶσαν νόσον καὶ πᾶσαν μαλακίαν. Wörtlich dasselbe C. 9, 35, nur statt des ὅλῃν τῇ γαλιλαίᾳν welches der Anfang des Evangeliums erforderte: πόλεις πάσας καὶ τὰς κώμας ***) Matth. 5, 1. ἰδὼν δὲ τοὺς ὄχλους. Wörtlich dasselbe C. 9, 36. ꝉ) Marc. 6, 34. Matth. 9, 36. |
*) Mark 6, 6. καὶ περιῆγεν τὰς κώμας κύκλῳ διδάσκων.
Math. 4, 23. καὶ περιῆγεν . . . . διδάσκων. **) C. 4.23: καὶ περιῆγεν ὅλῃν τῇ γαλιλαίᾳ διδάσκων ἐν ταῖς συναγωγαῖς αὐτῶν καὶ κηρύσσων τὸ εὐαγγέλιον τῆς βασιλείας καὶ θεραπεύων πᾶσαν νόσον καὶ πᾶσαν μαλακίαν. Literally the same C. 9, 35, only instead of the ὅλῃν τῇ γαλιλαίᾳν which the beginning of the Gospel required: πόλεις πάσας καὶ τὰς κώμας ***) Matth. 5, 1. ἰδὼν δὲ τοὺς ὄχλους. Literally the same C. 9, 36. ꝉ) Mark 6, 34. Matth. 9, 36. |
185/186 | Nicht nur die Stichworte seiner Quellen sind in der Dar stellung des Matthäus sinnlos geworden, sondern sogar die ganze Tendenz, die sie ihm für den vorliegenden Abschnitt vorschreiben, weiß er gründlich zu vereiteln. | Not only have the key words of his sources become meaningless in Matthew’s account, but he even knows how to thoroughly thwart the whole tendency which they prescribe for the present passage. |
Er will — so schreiben es ihm seine Gewährsmänner vor — die Berufung der Zwölfe berichten, gibt auch, wie es bei dieser Absicht natürlich und angemessen ist (C. 10, 2 — 4), das Namensverzeichniß derselben*), dennoch setzt er in demselben Augenblick den Bestand des Apostelkreises voraus, spricht er schon vorher (V. 1) von den zwölf Jüngern Jesu, läßt er Jesus ״die Zwölfe”, die somit als solche schon existirten, herbeirufen**) und gleitet er sogleich darauf, nachdem er ihr Na- mensverzeichniß gegeben, in die Voraussetzung, daß Jesus in diesem Augenblicke vielmehr die Zwölfe aus gesandt habe (V. 5).
Er will — er muß die Berufung der Zwölfe berichten, er macht auch den Ansatz dazu, diese Notiz zu geben, die seinem Evangelium nicht fehlen durfte und die ihm. der Typus der evangelischen Geschichte, von dem er abhängig war, vor- schrieb. Aber nur der Erste, der jenen Typus gestaltete, war 1m Stande, diese Berufung rein hinzustellen und namentlich von der Aussendung abzuscheiden — für die Späteren dagegen hatte die Berufung als dieser besondere Act keine Bedeutung mehr, — sie kennen von vorn herein die Zwölfe, ihnen sind sie von Anfang an die solenne Umgebung Jesu — Matthäus hat sie sogar in der Bergpredigt schon hören lassen, welches ihre Be- Kimmung und Stellung in der Welt sey — wie konnte es ihm also möglich seyn, jetzt erst ihre Berufung und die Bildung ihres Kreises zu berichten? |
He wants – as his sources tell him – to report the calling of the twelve, he also gives, as is natural and appropriate for this intention (C. 10, 2 – 4), the list of their names*), yet at the same moment he presupposes the existence of the circle of apostles, he already speaks before (v. 1) of the twelve disciples of Jesus, he lets Jesus call ״the twelve’, who thus already existed as such, and immediately afterwards, after giving their sign of identity, he slides into the assumption that Jesus has rather sent the twelve out at this moment (v. 5).
He wants to – he must – report the calling of the twelve, he also starts to give this note, which his gospel could not lack and which the type of evangelical history, on which he depended, prescribed for him. But only the first, who formed this type, was able to present this calling purely and to separate it from the sending – for the later ones, on the other hand, the calling as this special act no longer had any meaning, – they knew the Twelve from the beginning, to them they were from the very beginning the solid environment of Jesus – Matthew even let them hear in the Sermon on the Mount what their destiny and position in the world was – so how could it be possible for him to report their calling and the formation of their circle only now? |
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186* | *) wie auch Marcus that: C. 3. 14—19.
**) C. 10, 1: καὶ προσκαλεσάμενος τοὺς δώδεκα μαθητὰς αὐτοῦ |
*) as also Mark did: C. 3. 14-19.
**) C. 10, 1: καὶ προσκαλεσάμενος τοὺς δώδεκα μαθητὰς αὐτοῦ |
187 | Er will es, aber vermag es nicht und berichtet nun ihre Aussendung.
Aber sendet sie gleichwohl nicht wirklich aus. Am Ende nämlich ist ihre Aussendung doch nur zu einer bloßen Berufung und Znstruction geworden und denkt er nicht daran, sie zur Ausführung der Aufträge, die sie so eben erhalten hatten, ausziehen zu lassen. Es wurde ihm zu schwer, sich und den Herrn von ihnen zu trennen, außerdem ist die Rede, die der Herr an sie hält, so lang, daß die Notiz von ihrer Aus- sendung (V. 5) viel zu weit zurücklag und keine Triebkraft mehr besaß — endlich berührte diese Rede Verhältnisse, die in einer so späten Zukunft lagen, daß der Compilator selbst fühlte, wie abentheuerlich es seyn würde, wenn die Zwölfe nach so weit greifenden Belehrungen bloß in die jüdischen Städte und Flecken ausgingen. |
He wants to, but is unable to, and now reports their sending.
But nevertheless he does not really send them out. In the end, their sending has only become a mere calling and instruction and he does not think of letting them go out to carry out the assignments they had just received. It became too difficult for him to separate himself and the Lord from them; moreover, the speech that the Lord makes to them is so long that the notice of their sending out (v. 5) was much too far in the past and no longer had any impetus – finally, this speech touched on circumstances that lay in such a late future that the compiler himself felt how outrageous it would be if the Twelve, after such far-reaching instructions, merely went out to the Jewish towns and villages. |
187/188 | Wenn er daher in dem Urbericht liest, daß sie ausgingen und zur Buße predigten, verwandelt er das Subject und läßt er den Herrn sich hinweg begeben, um zu lehren und zu predigen*). Und wenn er dann später liest, daß die Jünger zurückkehrten und ihrem Meister meldeten, was sie gethan hatten — was thut er dann? Er verrichtet ein außerordentliches Wunder und combinirt die Gegenwart und längst entschwundene Vergangenheit mit einer Kühnheit, die nur seiner Angst gleichkam und um die ihn die Meister der weltlichen Geschichtsschreibung beneiden müßten, wenn sie jemals einer gleichen Angst und Verlegenheit fähig wären. | Therefore, when he reads in the original account that they went out and preached repentance, he changes the subject and lets the Lord go away to teach and preach*). And when he later reads that the disciples returned and reported to their Master what they had done, what does he do? He performs an extraordinary miracle and combines the present and the long vanished past with a boldness that only equalled his fear and for which the masters of secular historiography would have to envy him if they were ever capable of the same fear and embarrassment. |
187* | *) Marc. 6, 12: καὶ ἐξελθόντες ἐκήρυξαν ἵνα μετανοῶσιν.
Matth. 11, 1: μετέβη ἐκεῖθεν τοῦ διδάσκειν καὶ κηρύσσειν ἐν ταῖς πόλεσιν αὐτῶν. Wie groß aber die Confusion seines Bewußtseyns in diesem Augenblicke war, wie wenig Matthäus in seiner Verlegenheit und Angst seine Quellen zu beherrschen verstand, beweist die sinnlose Bestimmtheit dieses die Angabe, daß Jesus ״in ihren Städten” zu predigen ausging, — in ihren Städten! Und das einzige Subject, welches vorausging und diese Städte als sein Eigenthum in Anspruch nehmen konnte, waren (C. 11, 1) die Zwölfe, die Jesus so eben instruirt hatte. Der Compilator wollte seiner Schlußbemerkung einen festen Boden geben und stellte sie in die Luft. |
*) Mark 6, 12: καὶ ἐξελθόντες ἐκήρυξαν ἵνα μετανοῶσιν.
Matth. 11, 1: μετέβη ἐκεῖθεν τοῦ διδάσκειν καὶ κηρύσσειν ἐν ταῖς πόλεσιν αὐτῶν. But how great was the confusion of his consciousness at this moment, how little Matthew, in his embarrassment and anxiety, knew how to control his sources, is proved by the senseless definiteness of this the statement that Jesus went forth to preach ״in their cities,’ – in their cities! And the only subject who went ahead and could claim these cities as his own were (C. 11, 1) the twelve whom Jesus had just instructed. The compiler wanted to give his concluding remark a solid ground and placed it in the air. |
188/189 | Später nämlich, wenn er zu dem Abschnitt des Urberichts kommt, wo die Jünger auf ihrer Missionsreise abwesend sind, und der erste Former der evangelischen Geschichte in die Vergangenheit zurückgeht, d. h. die längst geschehene Enthauptung des Täufers berichtet uno diese Episode (Marc. 6. 29) mit der Bemerkung schließt, daß die Jünger des Täufers kamen und seinen Leib nahmen und ihn in ein Grab legten — da liest er unmittelbar darauf (Marc. 6, 30), daß die Apostel zu Jesus wieder zusammentrafen und ihm Alles meldeten, was sie gethan und gelehrt hatten, worauf sie Jesus in die Wüste führte, in der darauf die wunderbare Speisung geschah. Die Aussendung der Jünger hat er aber nicht berichtet und doch soll er eine Ankunft derselben melden — eine Ankunft, die den Rückzug in die Wüste zur Folge hatte? Welche Aufgabe! Welche Verlegenheit! Aber auch welches Glück, daß ihn seine Verlegenheit daran hinderte, den Urbericht scharf ins Auge zu fassen und daß ihm in seiner Angst alle Bestandtheile desselben zusammenflossen. So viel sieht er, daß von Jüngern die Rede ist, vom Empfang einer Botschaft, von einer Ankunft bei Jesus, von der Abstattung eines Berichts und so kommen nun die Jünger des Täufers und bestatten den Leib ihres Meisters und kommen sie zu Jesus und melden sie ihm, was zu melden war*) — die Jünger des Täufers, augenblicklich, nachdem sie ihrem Meister die letzte Ehre erwiesen hakten — die Jünger des Täufers und bewegen Jesum durch ihre Botschaft zum Rückzug in die Wüste, in der so- gleich darauf die Speisung des Volks geschieht, obwohl selbst Matthäus unmittelbar vorher (C. 14, 2) die Voraussetzung des Urberichts, wonach die Enthauptung des Täufers einer weit zurückliegenden Vergangenheit angehört, in seine Darstellung mit ausgenommen hatte. | Later on, when he comes to the section of the original account where the disciples are absent on their missionary journey, and the first former of the Gospel story goes back into the past, i.e. reports the beheading of the Baptist, which had happened long ago, and concludes this episode (Mark 6. 29) with the remark that the disciples of the Baptist came and took his body and laid it in a tomb – immediately afterwards he reads (Mark 6, 30) that the apostles met Jesus again and reported to him all that they had done and taught, whereupon Jesus led them into the desert, where the miraculous feeding took place. But he did not report the sending out of the disciples and yet he is supposed to report their arrival – an arrival that resulted in the retreat into the desert? What a task! What embarrassment! But what luck, too, that his embarrassment prevented him from keeping a sharp eye on the original report, and that in his anxiety all parts of it flowed together. So much he sees that it speaks of disciples, of the reception of a message, of an arrival at Jesus, and so the disciples of the Baptist come and bury the body of their Master and come to Jesus and report to him what was to be reported*) – the disciples of the Baptist, immediately after they had paid their last respects to their Master – the disciples of the Baptist, and by their message induce Jesus to retreat into the wilderness, where immediately afterwards the feeding of the people takes place, although even Matthew immediately before (C. 14, 2) had excluded from his account the premise of the primal account, according to which the beheading of the Baptist belongs to a distant past, was excluded from his account. |
188* | *) Marc. 6, 29. 30. καὶ ἀκούσαντες οἱ μαθηταὶ αὐτοῦ ἦλθον καὶ ἦραν τὸ πτῶμα αὐτοῦ καὶ ἔθηκαν αὐτὸ ἐν μνημείῳ.καὶ συνάγονται οἱ ἀπόστολοι πρὸς τὸν ἰησοῦν, καὶ ἀπήγγειλαν αὐτῶ πάντα ὅσα ἐποίησαν καὶ ὅσα ἐδίδαξαν. καὶ λέγει αὐτοῖς, δεῦτε ὑμεῖς αὐτοὶ κατ᾽ ἰδίαν εἰς ἔρημον τόπον.
Matth. 14, 12. 13: καὶ προσελθόντες οἱ μαθηταὶ αὐτοῦ ἦραν τὸ πτῶμα καὶ ἔθαψαν αὐτό [ν], καὶ ἐλθόντες ἀπήγγειλαν τῶ ἰησοῦ. ἀκούσας δὲ ἰ ἰησοῦς ἀνεχώρησεν ἐκεῖθεν ἐν πλοίῳ εἰς ἔρημον τόπον κατ᾽ ἰδίαν |
*) Mark 6, 29. 30.And when his disciples heard it, they came and took up his body, and stood in remembrance of him: and the apostles gathered themselves together unto Jesus, and told him all things that they had done, and that they had taught. And he saith unto them, Take ye yourselves privately into a desert place.
Matth. 14, 12. 13: And his disciples came and took the body and buried it, and came and told Jesus. And when he heard Jesus, he departed thence in a boat to a desert place by himself. |
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189 | Unmittelbar auf die Instruktion der Zwölfe läßt Matthäus die Botschaft des Täufers — dessen Frage folgen, ob Jesus der sey, der da kommen soll, oder ob der Zukünftige erst zu erwarten sey (E. 11, 2. 3) — eine Frage, die in einem Evangelium, in welchem der Täufer schon bei dem ersten Zusammentreffen mitJesus dem Allgewaltigen gehuldigt hat (C. 3,14), nicht an ihrer Stelle war — d. h. eine Botschaft, die Matthäus nicht selbst geschaffen und die er im Widerspruch mit seiner Darstellung der Taufe Jesu seinen Quellen, die er neben dem Urbericht benutzte, entlehnt hat. | Immediately after the instruction of the twelve Matthew lets the message of the baptist follow – his question if Jesus is the one who is to come or if the one who is to come is only to be expected (E. 11, 2. 3). a question which in a Gospel, in which the Baptist already paid homage to the Almighty at his first meeting with Jesus (C. 3, 14), was not in its place – i.e. a message which Matthew did not create himself and which, in contradiction with his account of Jesus’ baptism, he borrowed from his sources, which he used alongside the original account. |
189/190 | Auch die ausdrücklichen Erklärungen Jesu über die ge- schichtliche Stellung des Täufers zum Himmelreich und dessen Bürgern (C. 11, 7 —13. 16 — 19) hätte Matthäus seinen Nebenquellen nicht entnehmen sollen, wenn er später erst, nach der Verklärung, eine Erklärung Jesu über den Täufer folgen läßt (C. 17, 10 —12), deren Haltung darauf Hinweis!, daß sie die erste und einzige seyn will. Der Urbericht kannte nur diese Deutung der Persönlichkeit des Täufers — Matthäus schickte ihr unpassend genug die spätere Variation und die reichere Ausarbeitung voraus. | Also the explicit explanations of Jesus about the historical position of the baptist to the kingdom of heaven and its citizens (C. 11, 7 -13. 16 – 19) should not have been taken from Matthew’s secondary sources, when he later, after the transfiguration, gives an explanation of Jesus about the baptist (C. 17, 10 -12), whose attitude indicates that it wants to be the first and only one. The original report only knew this interpretation of the personality of the Baptist – Matthew, inappropriately enough, sent the later variation and the richer elaboration before it. |
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190 | Jetzt erst (C. 12, 1 —14), nach den mannichfachen Aus- lassungen Jesu, zu denen die Botschaft des Täufers den Anlaß bilden soll, folgen die beiden Sabbathscollisionen, die der Com- pilator von den vorhergehenden Collisionen mit dem jüdischen Wesen (Matth. C. 9, 2 —17) abgerissen hat.
Matthäus hat die Berichte über die Sabbathsverletzungen, nachdem er sie von dem Boden, auf dem sie allein heimisch sind, abgelöst hat, allerdings auf einen festen Grund gestellt, — er wußte es, auf welchem Boden solche Schlachten, in denen es sich um das Schicksal ganzer Welten handelt, geliefert werden müssen——- in der Luft, denn ״jene Zeit”, in welcher er durch das Aehrenpflücken der Jünger das erste Treffen herbei- geführt Werden läßt,*) könnte höchstens nur jene chimärische Zeit seyn, als Jesus (C. 11, 1) ״in ihren Städten” umherziehend lehrte und predigte — d. h. eine Bestimmtheit, die mit ihrer sinnlosen Unbestimmtbeit nirgends heimisch ist. |
Only now (C. 12, 1 -14), after the manifold statements of Jesus, to which the message of the baptist is supposed to be the reason, the two sabbath collisions follow, which the compiler tore off from the previous confrontations with the Jewish being (Matth. C. 9, 2 -17).
Matthew, after detaching the accounts of the Sabbath violations from the ground on which alone they are native, has, however, placed them on solid ground, -he knew it, on which ground such battles, in which the fate of whole worlds is involved, must be delivered——- in the air, for ״that time’ in which he lets the first meeting be brought about by the picking of ears of the disciples,*) could at most only be that chimerical time when Jesus (C. 11, 1) taught and preached ״in their cities’ – i.e. a definiteness that with its senseless indefiniteness is nowhere at home. |
190* | *) C. 12, 1: ἐν ἐκείνῳ τῶ καιρῶ | *) C. 12, 1: ἐν ἐκείνῳ τῶ καιρῶ |
190/191 | An demselben Sabbath ferner, an welchem die erste Schlacht geliefert war, läßt er auch sogleich die zweite geschehen (C. 12, 9) — als ob die Pharisäer, die so eben gründlich ab gefertigt waren, noch an demselben Tage die Lust und Stimmung dazu haben könnten, dem Herrn entgegenzutreten. Den Uebergang zu dieser zweiten Schlacht bildet er noch dazu in derselben gedan- kenlosen Weise, in welcher er den Uebergang zur Botschaft des Täufers geformt hatte: — er läßt nämlich den Herrn ״von bannen gehen und in ihre Synagoge kommen”
— in ihre Synagoge — in diese bestimmte, die plötzlich aus der schran- kenlosen Unbestimmtheit herausstürzt. Doch gleichviel, — mag es nun an demselben Sabbath geschehen seyn, an welchem die Pharisäer so eben auf das Haupt geschlagen waren, oder an einem andern — in jedem Fall ist es unbegreiflich und unpas- send, wenn Matthäus dieselben Gegner ausdrücklich dem Herrn die Frage vorlegen läßt (C. 12, 10), ob es erlaubt sey, am Sabbath zu heilen. Ob es erlaubt sey! Und sie hatten so eben gehört, daß des Menschen Sohn auch über den Sabbath Herr sey — hatten es erfahren, daß Jesus tapfer zu antworten wisse. Daß geschlagene Gegner den Sieger so ungeschickt reizen, widerspricht den Gesetzen der geschichtlichen Wie der ästhetischen Wahrscheinlichkeit. |
Furthermore, on the same Sabbath on which the first battle was delivered, he immediately lets the second one happen (C. 12, 9) – as if the Pharisees, who had just been thoroughly finished, could still have the desire and mood to meet the Lord on the same day. He forms the transition to this second battle in the same thoughtless manner in which he had formed the transition to the message of the Baptist: namely, he lets the Lord ״of banishment and come into their synagogue”.
– into their synagogue – into this certain one, which suddenly plunges out of the boundless indeterminacy. But no matter – whether it happened on the same Sabbath on which the Pharisees had just been struck on the head, or on another – in any case it is incomprehensible and inappropriate when Matthew lets the same opponents expressly put the question to the Lord (C. 12, 10) whether it is permitted to heal on the Sabbath. Whether it is permitted! And they had just heard that the Son of Man was also Lord over the Sabbath – they had experienced that Jesus knew how to answer bravely. That defeated opponents so clumsily provoke the victor contradicts the laws of historical as well as aesthetic probability. |
191/192 | Das ist freilich etwas Anderes, wenn die Pharisäer des Urberichts (Marc. 3, 2), die ihre frühere Niederlage noch im Sinne haben, Jesum beobachten, ob er den Kranken, der sich in der Synagoge befand, am Sabbath heilen würde, damit sie ihn anklagen könnten. Das heißt die Sache richtig dar- Men: — sie wollen es darauf ankommen lassen, wie er sich in diesem Falle benehmen würde, aber sie hüten sich, ihn durch eine Frage zu reizen oder auf die Gefahr und ihre Absichten aufmerksam zu machen. Die Synagoge, in welcher diese zweite Niederlage der Pharisäer geschah, ist ferner in der Schrift des Marcus wirklich eine bestimmte — es ist die Synagoge von Kapernaum. Der Verfasser des Urberichts wußte es endlich auch, wann der zweite Kampf mit den Pharisäern nach dem ersten, der durch das Aehrenpflücken der Jünger herbeigeführt wurde, eintreten konnte. Nicht an demselben Sab- batth, sondern — er hält die Sache in der gehörigen Unbe- stimmtheit, damit der Nachklang der ersten Collision und der bedeutsamen Aeußerung Jesu sich ungehindert ausbreiten und verlaufen könne — als Jesus überhaupt wieder (Marc. 3, 1) in die Synagoge ging. | Of course, it is a different matter when the Pharisees of the first report (Mark 3, 2), who still remember their earlier defeat, ask Jesus if he would heal the sick man in the synagogue on the Sabbath so that they could accuse him. That is to say, they want to see how he would behave in this case, but they are careful not to provoke him by a question or to draw attention to the danger and their intentions. The synagogue in which this second defeat of the Pharisees took place is indeed a specific one in the writing of Mark – it is the synagogue of Capernaum. The author of the first report also knew when the second battle with the Pharisees could occur after the first one, which was brought about by the picking of the disciples’ ears. Not on the same Sabbath, but – he keeps the matter in the proper ambiguity, so that the echo of the first confrontation and the significant statement of Jesus could spread and run unhindered – when Jesus went into the synagogue again (Mark 3, 1). |
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192 | Da Jesus erfuhr, daß die Pharisäer durch ihre neue Nie- derlage aufgebracht, auf sein Verderben sannen, begab er sich hinweg — aber Matthäus sagt nicht (C. 12, 15), wohin er sich begab. Der Compilator kommt nämlich wieder zu jener Stelle des Urberichts, wo Jesus der drohenden Gefahr ausweicht, sich an das Seeufer begibt und von den Schaaren bedrängt wird, die ihm ihre Kranken zur Heilung zuführen (Marc. 3, 7 — 12), — d. h. zu jener Stelle, die ihm bereits als Anlaß zur Bergpredigt gedient und die er kurz vorher schon wieder berührt hatte, als es zur Berufung und Aussendung der Jünger kam. Er Weiß es und scheut sich daher, die Stelle vollständig aufzunehmen. Er berührt sie nur flüchtig und entlehnt ihr auf gut Glück ein Paar Stichworte, die nun allerdings ziellos durcheinander schwirren. | When Jesus found out that the Pharisees were upset by their new defeat, he went away – but Matthew does not say (C. 12, 15) where he went. The compiler comes back to the passage of the original account where Jesus avoids the threatening danger, goes to the shore of the lake and is beset by the multitudes who bring their sick to him for healing (Mark 3, 7 – 12), i.e. to the passage that had already served him as the occasion for the Sermon on the Mount and that he had touched again shortly before when it came to the calling and sending out of the disciples. He knows it and therefore shies away from taking up the passage completely. He only touches on it briefly and borrows a few key words from it at random, which are now aimlessly jumbled together. |
192/193 | So entlehnt er dem Urbericht die Notiz, daß Jesus die Kranken, die er heilte, ״bedrohte, daß sie ihn nicht kund machten” *), und er bedenkt nicht, daß dieß Verbot unbegreiflich, ja sinnlos ist, wenn er unmittelbar vorher gemeldet hatte, daß dem Herrn viele Haufen gefolgt waren, — er sieht nicht, daß diese Haufen das Verbot nutzlos machen mußten, und bedachte nicht, daß Jesus im Urbericht nur den unreinen Geistern der Besessenen, die ihn ordentlich anfielen und ihn als Sohn Gottes ausriefen, verbot, ihn zu verraten *). | Thus he borrows from the original report the notice that Jesus ״threatened the sick whom he healed, that they should not make him known’ *), and he does not consider that this prohibition is incomprehensible, even senseless, when immediately before he had reported that many multitudes had followed the Lord, – he does not see that these multitudes must make the prohibition useless, and does not consider that Jesus in the original report only forbade the unclean spirits of the possessed, who properly attacked him and proclaimed him to be the Son of God, to betray him *). |
192* | *) Matth. 12, 16: καὶ ἐπετίμησεν αὐτοῖς ἵνα μὴ φανερὸν αὐτὸν ποιήσωσιν. | *) Matth. 12, 16: καὶ ἐπετίμησεν αὐτοῖς ἵνα μὴ φανερὸν αὐτὸν ποιήσωσιν. |
193* | *) Marc. 3, 12: καὶ πολλὰ ἐπετίμα αὐτοῖς ἵνα μὴ αὐτὸν φανερὸν ποιήσωσιν. | *) Mark 3, 12: καὶ πολλὰ ἐπετίμα αὐτοῖς ἵνα μὴ αὐτὸν φανερὸν ποιήσωσιν. |
193 | Freilich weiß er, daß er den Urbericht nur lückenhaft wiedergibt, und hofft nun die Lücke auszufüllen, indem er darauf hinweist, daß in jenem Verbot die Weissagung des Propheten (Ies. 42, 1—4) ihre Erfüllung gefunden habe; indem er aber den prophetischen Ausspruch in aller Ausführlichkeit hin- schreibt (C. 12, 17—21), kann er nicht einmal angeben, welche Seite der Weissagung in diesem Augenblick ihre Erfüllung ge- funden habe. Kann es etwa der Umstand seyn, daß Gott den Messias seinen geliebten Sohn nennt? Daß er ihm seinen Geist gibt? Oder die Vollmacht, den Völkern das Gericht zu verkünden? Oder ist es die Milde, mit der der Messias das glimmende Docht nicht auslöscht, bis er das Gericht zum Siege führt? Oder der Umstand, daß die Völker aus seinen Namen hoffen? | Of course he knows that he is only giving an incomplete account of the original report and now hopes to fill the gap by pointing out that in that prohibition the prophecy of the prophet (Isa. 42, 1-4) had found its fulfilment; but by writing down the prophetic saying in all its detail (C. 12, 17-21), he cannot even state which side of the prophecy had found its fulfilment at that moment. Could it be the fact that God calls the Messiah his beloved Son? That he gives him his spirit? Or the authority to proclaim judgement to the nations? Or is it the gentleness with which the Messiah does not extinguish the smouldering wick until he brings judgment to victory? Or the fact that the nations hope from his name? |
193/194 | Unmöglich! Einzig und allein der prophetische Preis des Messias, daß er nicht schreien und daß man seine Stimme nicht auf der Straße hören werde, konnte allenfalls hieher gehören und dem Evangelisten als der Preis der Bescheidenheit er- scheinen, die der Messias dießmal bewies, als er den Geheilten verbot, ihn bekannt zu machen. Aber dann bleibt es dabei, daß der Compilator die Lücke des Urberichts sehr unglücklich ausgefüllt und dem Herrn zur Ausübung dieser Tugend, die der Prophet an ihm schon rühmte, eine sehr ungünstige Gelegen heit verschafft hat, da die Volks Haufen, die den Wunderthäter umgaben, alle seine Großthaten sahen. | Impossible! Only the prophetic praise of the Messiah, that he would not cry out and that his voice would not be heard in the streets, could at best belong here and appear to the evangelist as the praise of the modesty that the Messiah demonstrated when he forbade the healed to make him known. But then it remains that the compiler filled the gap of the original account very unhappily and provided the Lord with a very unfavourable opportunity to exercise this virtue, which the prophet already praised in him, since the crowds surrounding the miracle worker saw all his great deeds. |
194 | Die Combination der Weissagung mit der vorausgesetzten Situation ist so ungeschickt bewerkstelligt, daß Matthäus nicht einmal den Ruhm behaupten kann, daß er zuerst die Erfüllung dieses prophetischen Spruches entdeckt habe. Schon oben, als er (C. 4, 13—46) seinen Herrn nach Kapernaum überfiedelte, sahen wir, wie er den prophetischen Preis Galiläa’s, den er in einer seiner Quellen korfand, am unrechten Ort anbrachte; — so ist es auch mehr als wahrscheinlich, daß er einer seiner Quellenschristen diesen spätern Hinblick auf die Weissagung entlehnt und nur am unrechten Ort angebracht hat. | The combination of the prophecy with the presupposed situation is so clumsily managed that Matthew cannot even claim the credit of having first discovered the fulfilment of this prophetic saying. Already above, when he (C. 4, 13-46) federated his Lord to Capernaum, we saw how he placed the prophetic praise of Galilee, which he found in one of his sources, in the wrong place; – so it is also more than likely that he borrowed this later reference to the prophecy from one of his sources and only placed it in the wrong place. |
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194 | Die Notiz von den wunderthätigen Heilungen, die Jesus dort, in jener chimärischen Localität verrichtete, in die er sich zurückgezogen hatte, ist vollständig abgeschlossen, Wenn diese ausführliche Verweisung auf das Buch des Propheten angefügt war. Was bedeutet es also, wenn man nun (C. 12, 22) einen blinden und stummen Besessenen herbeibringt, Jesus ihn heilt und die Pharisäer mit der Anklage des Teufelsbündnisses austreten, die sie schon oben (C. 9, 34) nach der Heilung des stummen Besessenen ausgestellt hatten?
Nichts weiter bedeutet es, als daß Matthäus jetzt sich zu der Quellenschrift zurückwendet, die er oben schon abgeschrieben, aber nur zum Theil abgeschrieben hatte, weil er die Instruction der Zwölfe nicht mehr weiter hinausschieben konnte. Diese Quellenschrift ist das Evangelium des Lukas. |
The note of the miraculous healings that Jesus performed there, in that chimerical locality to which he had withdrawn, is completely closed when this detailed reference to the book of the prophet was added. What, then, does it mean when now (C. 12, 22) a blind and dumb possessed man is brought, Jesus heals him, and the Pharisees come out with the charge of the devil’s alliance, which they had already issued above (C. 9, 34) after the healing of the dumb possessed man?
It means nothing more than that Matthew now turns back to the source scripture, which he had already copied above, but only partly copied, because he could no longer postpone the instruction of the Twelve. This source scripture is the Gospel of Luke. |
194/195 | Und wie war es möglich, daß die Pharisäer, nachdem sie so eben mit ihrer Verdächtigung und Anklage gebührend, ja, auf das empfindlichste zurückgeschlagen sind, mit der Bitte um ein Zeichen (C. 12, 38) auftreten? Laß sie, nachdem ihnen Jesus mit seiner schlagenden Antwort die Lust auch nur zur unbedeutendsten Gegenrede benommen haben mußte, mit der naiven Bitte hervorrücken: ״Meister, wir wollen gern von dir ein Zeichen sehen?” Lukas war dem Matthäus mit dieser ungehörigen Combination vorangegangen (Luk. 11, 14—16). | And how was it possible that the Pharisees, after they had just struck back with their suspicion and accusation, even in the most sensitive way, should appear with the request for a sign (C. 12, 38)? Let them, after Jesus must have deprived them of the desire for even the most insignificant counter-speech with his striking answer, come forward with the naive request: ״Master, we would like to see a sign from you? a sign?” Luke had preceded Matthew with this unseemly combination (Luk 11, 14-16). |
195 | Wo kommen endlich die Verwandten Jesu auf einmal her? Was wollen sie? Weshalb verlangen nach dem Herrn seine Mutter und Brüder? Wo befindet er sich selbst, daß man ihm melden kann (C. 12, 46): sie stehen draußen? Womit haben sie die harte Abfertigung verdient, die in der Antwort Jesu liegt (V. 49. 50): ״wer den Willen meines Vaters im Himmel thut, der ist mein Bruder, Schwester und Mutter?” | Where do Jesus’ relatives come from all of a sudden? What do they want? Why do his mother and brothers ask for the Lord? Where is He Himself that they can tell Him (C. 12, 46): they are outside? What did they do to deserve the harsh rebuke in Jesus’ answer (v. 49, 50): ״He that doeth the will of my Father which is in heaven, the same is my brother. Heaven, is my brother, sister and mother?” |
195/196 | Alles bleibt unerklärlich. Draußen stehen die Anverwandten, also befindet sich Jesus innen, in einem abgeschlossenen Raum, in den sie nicht eindringen konnten; von alledem hatte aber Matthäus Nichts angedeutet und erst am Schlüsse seines Berichts (C. 13, 1), indem er zu dem Parabelvortrage übergeht, bemerkt er, daß Jesus ״aus dem Hause ging”, d. h. fällt er in eine Voraussetzung, die nur in der Schrift des Marcus zu Hause ist, wo Jesus nach der Erzählung der Zwölfe nach Kapernaum zurückkehrt, und als er sich wieder in dem Hause befindet, in dem er immer einzukehren Pflegte, von einer so großen Volksmenge belagert wird, daß seine Verwandten, die ihn aufsuchten, nicht bis zu ihm Vordringen konnten. Der Jesus des Matthäus befand sich dagegen, als seine Verwandten zu ihm kamen, im Freien, wo er die Schaaren der Kranken heilte und die Pharisäer ihren Angriff auf ihn wagten, fern von Kapernaum in der Zurückgezogenheit, die er gerade in der Absicht aufgesucht hatte, um den Nachstellungen der Pharisäer auszuweichen — kurz, in einer Situation, wo er den Angriffen seiner Gegner entrückt war und wo er noch weniger aus ״dem Hause”, — seinem heimathlichen Hause heraustreten konnte. | Everything remains inexplicable.The relatives are standing outside, so Jesus is inside, in a closed room, which they could not enter; but Matthew had not hinted at any of this and only at the end of his report (C. 13, 1), when he moves on to the parable, he remarks, that Jesus went out of the house”, i.e. he falls into a presupposition, which is only to be found in the writing of Mark, where, according to the account of the Twelve, Jesus returns to Capernaum, and when he is again in the house where he used to stay, he is besieged by such a large crowd that his relatives who came to see him could not reach him. Matthew’s Jesus, on the other hand, when his relatives came to him, was out in the open where he healed the multitudes of the sick and where the Pharisees dared to attack him, far from Capernaum in the seclusion he had sought out precisely to avoid the Pharisees’ persecution – in short, in a situation where he was removed from the attacks of his opponents and where he was even less able to step out of ״the house’, – his home. |
196 | Lukas war dem Matthäus mit dieser plötzlichen und unmotivirten Einführung der Verwandten Jesu vorangegangen, — Lukas hat ihn darauf gebracht, daß sich Jesus irgendwo auf der Reise befand, als seine Verwandten ihn aufsuchten — Lukas hat ihn von der Möglichkeit überzeugt, daß Jesus seine Verwandten auf das Härteste zurückweisen konnte, ohne daß sie den geringsten Anlaß dazu gegeben hatten (Luk. 8,19 — 21).
Weder Lukas noch Matthäus konnten sich in die Absicht finden, die die Verwandten Jesu dießmal bestimmte, als sie ihn aufsuchten und der Volksmenge, die ihn belagerte, entrücken wollten — beide haben die Tendenz des Abschnitts, der (Marc. 3, 7— 11) mit der Heilung der zahllosen Kranken und Besessenen beginnt, nicht mehr verstanden, beide haben ihn auseinandergerissen und seine vereinzelten Bestandtheile mit fremdartigen Elementen in Verbindung gebracht. |
Luke had preceded Matthew with this sudden and unmotivated introduction of Jesus’ relatives, – Luke led him to believe that Jesus was somewhere on the journey when his relatives sought him out – Luke convinced him of the possibility that Jesus could reject his relatives in the harshest way without them having given the slightest cause to do so (Luk. 8, 19-21).
Neither Luke nor Matthew could find their way into the intention that determined the relatives of Jesus when they sought Him out and wanted to remove Him from the crowd that besieged Him – both did not understand the tendency of the passage that begins (Mark 3, 7- 11) with the healing of the countless sick and possessed, both tore it apart and connected its isolated parts with strange elements. |
196/197 | Schon als er die Schaaren von Kranken und Besessenen heilte, gebot der Jesus des Marcus seinen Jüngern, sie sollten für ihn einen Nachen bereit halten, damit er, wenn es ihm zu viel würde, dem Gedränge sich entziehen konnte (Marc. 3, 9). Endlich aber, als er eine Erschöpfung oder zu große Anstrengung seiner Kräfte fürchten mußte (denn die Kranken und Besessenen fielen ihn ordentlich an, um ihn anzurühren), zieht er sich auf den Berg zurück und wählt sich Zwölfe aus seiner Umgebung, damit sie ihm unter Anderm (C. 3, 15) auch einen Theil des Heilgeschäfts abnehmen sollten. Er handelte wie Moses, der auf Jethro’s Rath, als er der Last seiner Geschäfte fast erlag, sich einige Gehilfen beigesellte, und der erste Former dieses Berichts hat sogar bei der Ausarbeitung desselben die alttestamentliche Erzählung von der Ankunft Jethro’s im Lager der Israeliten wörtlich benutzt*). Jethro kam mit dem Weibe Moses an und mit dessen Söhnen und ließ ihn zu sich herausrufen: — so kommen die Mutter und Brüder Jesu, als er bei seiner Ankunft zu Hause wieder von einer unzählbaren Menge umlagert wurde (Marc. 3, 20), und lassen ihn durch Leute, die sie ins Haus hineinschicken, rufen — sie fürchteten nämlich, seine Krankenbeilungen möchten ihn zu sehr angreifen, und wollten ihn, da sie schon auf den Gedanken gekommen waren, er sey vor lauter Anstrengungen von Sinnen gekommen, in Gewahrsam nehmen (C. 3, 21). — sie wußten es nämlich noch nicht, daß er sich so eben Gehilfen erwählt hatte. Der Argwohn der Verwandten Jesu, sein Verstand möge durch die übermäßige Anstrengung Schaden gelitten haben, steigert sich endlich zu der Verdächtigung, die die Schriftgelehrten aussprechen (V. 22), — zu der offenen Anklage, daß er nur durch seinen Bund mit dem Teufel im Stande sey, so viele Wunderheilungen zu bewirken. | Already when he healed the crowds of sick and possessed people, the Jesus of Mark commanded his disciples to keep a boat ready for him, so that he could escape the crowd if it became too much for him (Mark 3, 9). Finally, however, when he feared exhaustion or too great an effort of his strength (for the sick and possessed attacked him properly in order to touch him), he withdrew to the mountain and chose twelve from his surroundings so that they, among others (C. 3, 15), should also take part of the healing business from him. He acted like Moses who, on Jethro’s advice, when he almost succumbed to the burden of his business, joined some helpers, and the first formator of this report even used the Old Testament account of Jethro’s arrival in the camp of the Israelites literally when he wrote it*). Jethro arrived with the wife of Moses and with his sons and had him called out to him: – so the mother and brothers of Jesus, when he was again surrounded by an innumerable crowd on his arrival at home (Mark 3, 20), and had him called by people they sent into the house – for they feared that his sicknesses would attack him too much and, since they had already come to the thought that he had gone out of his mind from all the exertion, wanted to take him into custody (C. 3, 21). – For they did not yet know that he had so recently chosen helpers. The suspicion of Jesus’ relatives that his mind might have been damaged by his excessive exertion finally increases to the suspicion expressed by the scribes (v. 22) – to the open accusation that he was only able to work so many miraculous healings through his covenant with the devil. |
197* | *) 2. Mos. 18, 5. 6. 18. 25. | *) Exod. 18, 5. 6. 18. 25. |
197 | Das ist Zusammenhang — das heißt richtig motiviren. Der Urberiyl macht es wirklich begreiflich, daß es für Jsus an der Zeit war, in den Zwölfen sich Gehilfen zu erwählen, — denn seine Wunderthätigkeit war so groß und angreifend, daß seine Verwandten allerdings den Gedanken fassen konnten, er sey von sich gekommen. Der Urbericht führt uns wirklich zu dem Schlüsse, daß Jesus in der That mit den teuflischen Geistern tapfer und übermächtig gekämpft habe — denn seine ungläubigen Gegner durften auf den Erfolg eines so außerordentlichen Kampfes die Anklage gründen, daß er mit dem Teufel selbst in Verbindung stehe. | That is coherence – that is correct motivation. The original report makes it really understandable that it was time for Jesus to choose helpers in the Twelve, for his miraculous activity was so great and attacking that his relatives could certainly believe that he had come from himself. The original report really leads us to the conclusion that Jesus had indeed fought bravely and overpoweringly with the devilish spirits – for his unbelieving opponents were allowed to base the accusation that he was in contact with the devil himself on the success of such an extraordinary battle. |
197/198 | Nur der Urbericht erklärt es endlich, wie Jesus dazu kam, seine Anverwandten so hart zurückzuweisen — der Urbericht wußte es auch, daß Jesus, nacydem er sich gleich Mose seine Gehilfen erwählt hatte, wie dieser*) sogleich darauf die Gesetze seines Bundes, die Gesetze des Himmelreichs verkündigen mußte. | Only the original report finally explains how Jesus came to reject his relatives so harshly – the original report also knew that Jesus, after having chosen his helpers like Moses *), had to proclaim the laws of his covenant, the laws of the kingdom of heaven. |
198* | *) 2. Mos. 19, 3-8. | *) Ex. 19, 3-8. |
198 | Diese Parallele zur Gesetzgebung Mose’s war — wenigstens ursprünglich — der Parabelvmrag, der (Marc. 4, 1) auf die Niederlage der Schriftgelehrten und nach der ZurückWeisung der Verwandten folgt. | This parallel to Moses’ legislation was – at least originally – the parable that follows (Mark 4, 1) the defeat of the scribes and the rejection of the relatives. |
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Neil Godfrey
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