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3.Die Versuchung Jesu |
3.The temptation of Jesus. |
43 | Auch nach der Laufe bleibt Jesus zunächst noch in der Gewalt einer Nothwendigkeit, die er noch nicht beherrscht und die noch wie eine fremde Macht über ihn kommt. War die Taufe auf eine unerwartete Weise für ihn bedeutungsvoll geworden, war es gleichsam die Machtsülle des Geistes, der ihm zu Theil werden sollte, was ihn zur Taufe des Johannes hin-zog, so wirkt zunächst der Geist als eine höhere Nothwendigkeit auf ihn und treibt ihn nach einer Richtung, die er nicht mit freiem Willen und aus eigener Berufung gewählt hatte. Noch Einmal konnte es geschehen, daß er einem Zuge folgte, den er nicht von vornherein mit verständiger Ueberlegung übersah und dirigirte — nachher handelt er, Wie es sich für den Messias ziemte, mit freier Beherrschung seines Willens und Geschicks, — holt er die Kraft zu dem, was er thut, aus dem Born seines Innern. | Also after the course Jesus remains at first still in the power of a necessity, which he does not master yet and which still comes over him like a foreign power. If the baptism had become meaningful for him in an unexpected way, if it was, as it were, the fullness of power of the spirit, which was to be granted to him, which drew him to the baptism of John, then the spirit first acts on him as a higher necessity and drives him in a direction, which he had not chosen with free will and out of his own calling. Once again, it could happen that he followed a course that he did not foresee and direct from the outset with reasonable deliberation – afterwards, he acts as befits the Messiah, with free control of his will and fate – he draws the strength for what he does from the wellspring of his inner being. |
43/44 | Liesen Uebergang zur Versuchung — sie ist nämlich die Verwicklung, in welche der Geist, der so eben auf ihn herabgekommen, den Herrn nach der Taufe versetzt und sie konnte allerdings noch, da sie der gewöhnlichen Vorstellung als die AnWandlung fremder Gedanken erscheint, unter den Einfluß einer fremden Nothwendigkeit gestellt werden — diesen Uebergang macht Marcus noch mit ursprünglicher Naivetät, wenn er berichtet, der Geist habe Jesum nach der Taufe sogleich in die Wüste hinausgetrieben — C. 1, 12 — Lukas pragmatisirt schon schwerfälliger, wenn er C. 4, 1. 2 erst bemerkt, daß Jesus voll vom heiligen Geist vom Jordan zurückkehrte — (er muß nämlich, da die eingezwängte Genealogie die Taufe von der Versuchung abgerissen, an den Bericht von jener erst mühsam wieder anknüpfen) — und daß er dann im Geiste in die Wüste geführt wurde; — Matthäus endlich repräsentirt die äußerste Reflexion, wenn er C. 4, 1 die Versuchung durch den Satan geradezu als den Zweck bezeichnet, den der Geist erreichen wollte, als er Je« sum in die Wüste führte. | The transition to the temptation – it is the entanglement in which the spirit, which just descended upon him, puts the Lord after the baptism and it could still be put under the influence of an alien necessity, since it appears to the common imagination as the transformation of alien thoughts – Mark still makes this transition with original naiveté when he reports that the spirit drove Jesus out into the wilderness immediately after the baptism – C. 1, 12. 1, 12 – Luke already pragmatizes more ponderously when he notes C. 4, 1. 2, that Jesus returned from the Jordan full of the Holy Spirit – (since the constrained genealogy tore the baptism away from the temptation, he had to laboriously reconnect to the report of the temptation) – and that He was then led in the Spirit into the wilderness; – Matthew finally represents the utmost reflection when he describes the temptation by Satan in C. 4, 1 as the purpose that the Spirit wanted to achieve when He led Jesus into the wilderness. |
44/45 | Aul eine Darstellung der Versuchung, wie diejenige, die Wir in der Schrift des Marcus lesen, führt uns auch ein Widerspruch, der den Bericht des Lukas auseinanderreißt. Während derselbe mit Matthäus darin übereinstimmt, daß er die Versuchung in drei Angriffe vertheilt, in denen der Satan seine Absichten auszuführen suchte, während derselbe in gleicher Weise den Hunger, der dem vierzigtäglgen Fasten folgte, zur ersten Gelegenheit macht, die der Satan für seine Angriffe benutzte, setzt er im Eingang seines Berichts eine ganz andere Anstauung voraus, Wenn er (C. 4, 2) die Versuchung vierzig Tage, eben jene vierzig Tage dauern laßt, die Jesus in der Einsamkeit der Wüste zubrachte. Diese Voraussetzung, welche sämmtliches Detail des folgenden Berichts ausschließt und geradezu unmöglich macht, fügt er sogar in der ungeschickten Form eines Participium in den Eingang seiner Erzählung ein — ״und er wurde im Geist in die Wüste geführt, vierzig Tage lang vom Teufel versucht” — ja, er läßt die Versuchung geschehen, ehe Jesus Wirklich in der Wüste ist, ehe er berichtet hat, daß Jesus in der Wüste angelangt ist — nachher erst deutet er die wirkliche Ankunft an, setzt er die Wüste als Scene der folgenden Begeben-heit voraus, wenn er bemerkt: ״und er aß Nichts in jenen Tagen.” | A contradiction, which tears apart the report of Luke, also leads us to an account of the temptation like the one we read in the writing of Mark. While he agrees with Matthew in that he divides the temptation into three attacks in which Satan sought to carry out his intentions, while in the same way he makes the hunger that followed the forty-day fast the first opportunity that Satan used for his attacks, he presupposes in the beginning of his report a completely different accumulation, when he (C. 4, 2) makes the temptation last forty days, just those forty days that Jesus spent in the solitude of the desert. This presupposition, which excludes all the detail of the following account and makes it virtually impossible, he even inserts in the awkward form of a participium in the entrance of his narrative – ״and he was led in the spirit into the wilderness, tempted by the devil for forty days’ – yes, he lets the temptation happen before Jesus is really in the wilderness, before he has reported that Jesus has arrived in the wilderness – only afterwards he hints at the real arrival, he presupposes the wilderness as a scene of the following incident, when he remarks: ״and he ate nothing in those days. “ |
45 | Lukas hat also zwei Anschauungen in seinem Bericht un-mittelbar neben einander gestellt: die eine, nach welcher die teuf-lischt Versuchung vierzig Tage dauerte, die andere, wonach die Erschöpfung, die dem vierzigtägigen Fasten folgte, der Anlaß für die erste Versuchung wurde; — jene Anschauung war noch un-bestimmt und hatte sich noch nicht ins Einzelne detaillirt, diese hatte die Versuchung in einzelne Angriffe vertheilt — jene ist die ältere, der erste Versuch, diese die spatere Vollendung.
Jene ältere finden wir noch in der Schrift des Marcus vor, Lukas hatte sich ihr noch nicht entziehen können und das Einschiebsel, welches den Eingang seiner Erzählung verwirrt und dem Verlauf derselben geradezu widerspricht, hat er wört-lich einem Bericht entlehnt, der nur so lauten konnte, wie der-jenige, den wir jetzt noch im Marcusevangelium lesen*). |
Luke has thus placed two views in his report directly next to each other: the one according to which the diabolical temptation lasted forty days, the other according to which the exhaustion that followed the forty-day fasting became the occasion for the first temptation; – that view was still undetermined and had not yet become detailed, this one had divided the temptation into individual attacks – that one is the older one, the first attempt, this one the later completion.
The older one we still find in the writing of Mark, Luke had not yet been able to escape from it and the insertion, which confuses the entrance of his story and contradicts the course of the same, he has literally borrowed from a report, which could only read like the one, which we still read in the Gospel of Mark*). |
45* | *) Luk. 4, 2 καὶ ἤγετο ἐν τῶ πνεύματι εἰς τὸν ἐρήμον ἡμέρας τεσσεράκοντα πειραζόμενος ὑπὸ διαβόλου.
Marc 1, 13 καὶ ἦν ἐκεἶ ἐν τῇ ἐρήμῳ ἡμέρας τεσσεράκοντα πειραζόμενος ὑπὸ τοῦ σατανᾶ. |
*) Luke 4:2 And he led him into the wilderness forty days tempted by the devil.
Mark 1:13 and he was there in the wilderness forty days being tempted by Satan |
45/46 | Aber auch das Detail der einzelnen Versuchungen, wie es Lukas gruppirt, kann nicht mehr sein ursprüngliches Gepräge haben. Mag der Eingang der Antwort Jesu auf die zweite Versuchung: hebe dich von mir, Satan**) — d. h. ein Ein-gang, der diese Erwiderung als den letzten siegreichen Schluß und als die Antwort anf die dritte Versuchung charakterisirt — nach dem Zeugniß werthvoller Manuskripte ein späterer Zusatz seyn, so bleibt es doch dabei, daß diese zweite Versuchung, das Anerbieten des Satan, er werde ihm die Macht und Herrlich keit aller Reiche dieser Welt geben, wenn er ihn anbeten wolle, ihre angemessene Stelle nur am Schluß besitzt, nur an ihrem Platz steht, wenn sie die dritte, die letzte Versuchung bildet. Mag auch jener Eingang zur zweiten zurückweisenden Antwort Jesu ein späteres Einschiebsel seyn, so bleibt es doch dabei, daß der Antwort Jesu auf den letzten Angriff des Satan die Wendung fehlt, die der ganzen Angelegenheit ihren Abschluß gibt | But also the detail of the individual temptations, as Luke groups it, can no longer have its original character.May the entrance of the answer of Jesus to the second temptation: lift yourself up from me, Satan**) – i.e. an entrance that characterizes this answer as the last victorious conclusion and as the answer to the third temptation – may be a later addition according to the testimony of valuable manuscripts, it still remains that this second temptation, the offer of Satan that he would give him the power and glory of all the kingdoms of this world if he would worship him, has its appropriate place only at the end, only stands in its place if it forms the third, the last temptation. Even if this entrance to the second rejecting answer of Jesus is a later insertion, it still remains that the answer of Jesus to the last attack of Satan lacks the turn that gives the whole matter its conclusion. |
45/46** | **) Luk 4, 8 υπαγε οπισω μου σατανα | **) Luke 4:8 Get behind me, Satan |
46 | In der Schrift des Matthäus ist Alles in Ordnung. Die Versuchungen folgen auf einander nach ihrer Jntensivität. Die erste knüpft an den Hunger an, die zweite will das Gefühl der Uebermacht über die Naturgesetze überhaupt reizen, die dritte schmeichelt dem Selbstgefühl dessen, dem die Weltherrschaft be-stimmt war. Aus keinem andern Grunde hat Lukas diese Reihe-folge geändert und die dritte Versuchung zur zweiten gemacht, als nur deshalb, weil es ihm anstößig war, daß der Satan, nachdem er sogleich auf der Stelle, wo er Jesum trifft, seinen ersten Anlauf gemacht hat, Jesum erst auf die Zinne des Dem-pels in Jerusalem stellen und dann wieder ins Freie zurückkeh-ren und den Herrn auf jenen Berg führen solle, auf welchem er ihn alle Reiche dieser Welt zeigte. Lukas wollte so viel wie möglich die Einheit des Ortes beibehalten, darum läßt er die Versuchung, die ursprünglich die letzte Stelle einnahm und zur Herbeiführung des Abschlusses bestimmt war, noch draußen im Freien, sogleich nach der ersten geschehen, ehe der Satan mit Jesus nach Jerusalem kommt. | In Matthew’s writing, everything is in order. The temptations follow each other according to their intensity. The first one is connected to hunger, the second one wants to stimulate the feeling of superiority over the laws of nature in general, the third one flatters the self-feeling of the one who was destined to rule the world. For no other reason Luke changed this sequence and made the third temptation the second, than only because it was offensive to him that Satan, after having made his first attempt immediately on the spot where he meets Jesus, should first place Jesus on the pinnacle of the temple in Jerusalem and then return again into the open and lead the Lord to that mountain, on which he showed him all the kingdoms of this world. Luke wanted to keep as much as possible the unity of the place, therefore he lets the temptation, which originally took the last place and was intended to bring about the conclusion, still happen outside in the open, immediately after the first one, before Satan comes with Jesus to Jerusalem. |
46/47 | Matthäus gibt ferner der Antwort Jesu auf die dritte Ver-suchung ihren abschließenden Eingang: hebe dich hinweg Satan!*) — in seiner Darstellung hat endlich die ganze Begebenheit auch ihren angemessenen factischen Abschluß, wenn der Satan nach der letzten Antwort Jesu diesen wirklich verläßt und nun die Engel kommen und dem Sieger dienen — ein Abschluß, der nur in der Wüste möglich war und den Lukas nicht mehr anbringen konnte, nachdem er einmal die letzte Scene in die Stadt verlegt hatte. | Matthew also gives the answer of Jesus to the third temptation its concluding entrance: “Get thee hence, Satan!”*) – in his depiction the whole event finally has its appropriate factual conclusion, when Satan after the last answer of Jesus really leaves him and now the angels come and serve the victor – a conclusion which was only possible in the desert and which Luke could no longer apply after he had once moved the last scene into the city. |
46/47* | *) Matth. 4, 10 ιπαγε σατανα. Das οπισω μου fehlt ihm. | *) Matt. 4:10 Get hence, Satan. The “from my face” is missing. |
47 | Die Versuchungsgeschichte, die Justinus kannte, hatte den-selben Gang, welchen die des Matthäus hat. Justinus sagt ausdrücklich, der Satan habe Jesum versucht, bis er ihm zu-muthete, ihn anzubeten*) er bezeichnet ferner diese Versuchung als die letzte, wenn er sagt, daß der Satan durch die Antwort Jesu besiegt und widerlegt von dannen wich**) — er citirt fer-ner den Eingang zu dieser letzten Antwort Jesu, der in der Schrift des Matthäus verkürzt ist, in seiner ganzen, ursprüngli-chen Fülle, ״hebe dich hinweg von mir Satan.” Wenn es höchst wahrscheinlich ist, daß Lukas das Unpassende dieses Eingangs fühlte, sobald derselbe nicht mehr die letzte Antwort Jesu einlei-tet, und durch dieses Gefühl bewogen ihn ausließ, so haben wir hier dieselbe Erscheinung vor uns, die sich noch öfter vorfindet, daß unsere jetzigen Evangelien durch Zusätze aus den Quellen-schristen, die sie nur allmählig verdrängten, von Spätern berei-chert wurden***). | The temptation history, which Justin knew, had the same course, which that of Matthew has. Justin explicitly says that Satan tempted Jesus until he allowed him to worship him*) he also describes this temptation as the last one when he says that Satan left defeated and refuted by the answer of Jesus**) – he also quotes the entrance to this last answer of Jesus, which is abbreviated in the writing of Matthew, in all its original fullness, ״Get thee away from me Satan’. If it is highly probable that Luke felt the inappropriateness of this entrance, as soon as it no longer introduces the last answer of Jesus, and was moved by this feeling to omit it, then we have here the same phenomenon before us, which occurs even more often, that our present Gospels were enriched by additions from the source Christians, which they only gradually displaced, by later ones***). |
47* | *) Dial. c. Tryph. p. 331. μέχρι τοῦ εἰπεῖν αὐτῷ· Προσκύνησόν μοι· καὶ ἀποκρίνασθαι αὐτῷ τὸν Χριστόν· Ὕπαγε ὀπίσω μου. χ. τ. λ.
**) Ebend. p. 354. 355. ***) Zu diesen Zufäßen, die zuweisen, wenn sie zu sehr an einen überstiegenen Standpunkt erinnerten, wieder verdrängt wurden, gehört z. B. der Schluß des himmlischen Zurufs bei der Taufe Jesu: heute habe ich dich gezeugt. In seinen apostolischen Denkwürdigkeiten las Justinus noch: υἱός μου εἶ σύ· ἐγὼ σήμερον γεγέννηκά Dial. c. Tryph. p. 316. |
*) Dial of Trypho [= CIII, 6]. Till he said unto him, Prostrate thyself unto me; and answer Christ, Get thee behind me.
**) ibid. p. 354, 355. ***) The conclusion of the heavenly acclamation at the baptism of Jesus, for example, is one of these tributaries that were suppressed again when they were too reminiscent of a transcended point of view: Today I have begotten thee. In his Apostolic Memoirs, Justinus still read: Thou art my son; this day I have begotten [you] Dial. Tryph. [=LXXXVIII,8]. p. 316. |
48 | Das Ergebniß, welches aus diesem gegenseitigen Verhältniß der Berichte folgt, löst die Frage nach ihrem geschichtlichen Charakter, indem es dieselbe beseitigt und zu der richtigen Stellung der Untersuchung führt. Wenn nämlich die Abhängigkeit des Lukas von einer Darstellung, die wörtlich wie die des Mar-cus die teuflische Versuchung in der Unbestimmtheit ihrer vierzigtägigen Ausdehnung stehen läßt, den Beweis liefert, daß Marcus uns in seinem Bericht den ersten Versuch der Gestaltung erhalten hat, der suäter zu der Vollendung führte, die Justinus in seinen apostolischen Denkwürdigkeiten vorfand, dee Matthäus seiner Quelle vollständig entlehnte, Lukas mit seinen Besserungsversuchen noch zu übertreffen gedachte, so kann es uns nicht einmal mehr in den Sinn kommen, die Frage zu stellen, wie die Wunder des dreimaligen teuflischen Angriffs als ein wirkliches Erlebniß Jesu zu erklären seyen. Sie sind überhaupt kein Erlebniß Jesu mehr, sondern —
Sondern? Also etwa der Gemeinde? Aber zeigt sich denn in der Darstellung des Matthäus, die wir als die klarste und vollendetste ins Auge fassen müssen, auch nur Ein Zug, in dem sich die allgemeinen weltgeschichtlichen Verhältnisse der Gemeinde wiederspiegelten? Ist es überhaupt möglich, daß in einer Erzählung, deren Interesse ein rein persönliches ist und deren individueller Charakter gerade dadurch bestimmt wird, daß die Entschließung dieser Person, die ihre eigenste Selbstäußerung ist, das einzige Interesse bildet — daß in einer solchen Erzählung die allgemeinen Interessen und Erfahrungen der Gemeinde geschildert seyrn? |
The result, which follows from this mutual relationship of the reports, solves the question of their historical character by eliminating it and leading to the correct position of the investigation.For if Luke’s dependence on an account which literally, like that of Marcus, leaves the diabolical temptation in the indefiniteness of its forty-day extension, furnishes the proof that Marcus has preserved for us in his account the first attempt at the design which led later to the consummation, which Justin found in his Apostolic Memoirs, which Matthew borrowed completely from his source, and which Luke intended to surpass with his attempts at improvement, it can no longer even occur to us to ask how the miracles of the threefold diabolical attack are to be explained as a real experience of Jesus. They are no longer an experience of Jesus at all, but -?
But? So of the congregation? But does Matthew’s account, which we must regard as the clearest and most complete, show even one trait in which the general world-historical conditions of the community are reflected? Is it at all possible that in a narrative whose interest is purely personal and whose individual character is determined precisely by the fact that the resolution of this person, which is his own self-expression, forms the only interest – that in such a narrative the general interests and experiences of the community are described? |
48/49 | Ehe dieser Einwurf ein gegründeter genannt werden kann, müßte aber zuvor der Umstand umgestoßen seyn, daß es nur die Sitte der künstlerischen Anschauung ist, das Leben eines Heroen so anzuordnen, daß alle möglichen Versuchungen in dem Einen Augenblick vor dem öffentlichen Auftreten sich zusammendrängen und den Entscheidungskampf bilden, dem das fernere Leben in der Einen gewählten Richtung folgt, — müßte man zuvor den Ernst des wirkllchen Lebens getödtet haben, in welchem die wah-reu und bedeutenden, so wie die einzig gefährlichen Versuchungen nur dem Mann entgegentreten, der den Kampf mit den feindli-chen Mächten schon begonnen hat, mit ihnen m unmittelbare Berührung getreten ist und sie entweder in ihrem verführerischen Schein und die Vortheile kennen lernt, die sie ihren Dienern zu Gebote stellen, oder sich versucht fühlt, sie in einer Weise zu überwinden, die seine innere Freiheit als erstes Opfer verlangt, — erst müßte ferner bewiesen seyn, daß die Gediegenheit des männlichen Kampfs ein Unding, die Ausbreitung und Verwicklung dieses Kampfs ein Fabelspiel und nur das Ein–malige Aufblitzen der versuchenden Gedanken, so daß sie sich Schlag auf Schlag auf einander folgen und in demselben blitz-ähnlichen Augenblick, der sie fertig und vollendet gebiert, auch sogleich zurückgewiesen und gründlich überwunden werden können, den Verlauf des wirklichen Lebens bildet. | Before this objection can be called well-founded, however, the circumstance would first have to be overturned that it is only the custom of the artistic view to arrange the life of a hero in such a way that all possible temptations crowd together in the one moment before the public appearance and form the decisive struggle, If one had first killed the seriousness of real life, in which the most dangerous temptations, as well as the only dangerous ones, face only the man who has already begun the struggle with the hostile forces, one would have to arrange the life of a hero in such a way that all possible temptations crowd together in the one moment before the public appearance and form the decisive struggle, which the further life follows in the one chosen direction, If a man has already come into direct contact with them and either gets to know them in their seductive appearance and the advantages they offer their servants, or feels tempted to overcome them in a way that demands his inner freedom as the first sacrifice, it must first be proven that the solidity of the male struggle is an impossibility, the spreading and entanglement of this struggle a fable play and only the one-time flashing of the tempting thoughts, so that they follow one another blow for blow and in the same lightning-like moment that gives birth to them ready and complete, can also be immediately rejected and thoroughly overcome, forms the course of real life. |
49 | Nur der Mann kämpft und nur der Mann erst, der in seinen Kämpfen die Welt und sich selbst kennen lernt, kann in wirklich gehaltvolle Versuchungen gerathen.
Der Mann aber, der im Bericht des Matthäus versucht wird, ist die Gemeinde. |
Only the man who fights and only the man who gets to know the world and himself in his fights can get into really substantial temptations.
But the man who is tempted in Matthew’s account is the church. |
49/50 | Die ursprüngliche Anschauung, deren Dürftigkeit im Bericht des Marcus sich erhalten hat, hatte allerdings kein weiteres Zn-teresse, als den Herrn, nachdem er im Taufwundec die Fülle des Geistes empfangen hatte, in der Wüste der Versuchung sich sammeln zu lassen und im Kampf mit dem Satan zu der per-sönlichen Fertigkeit und Sicherheit zu führen, die ihm für sein messianisches Werk nöthig war. Als aber später dieser Kampf gestaltet wurde, als wirkliche Collisionen gebildet werden muß-ten, woher anders konnte die Gemeinde den Stoff derselben ent-nehmen, als aus ihren Erfahrungen, ihren Kämpfen, ihren Wün-scheu und Versuchungen? Wer konnte der Sieger, der die teuf-lischen Versuchungen niederschlug, anders seyn, als ihr Geist der Weisheit und Besonnenheit, der die fieberhafte Ungeduld ihrer eignen Begierden und Gelüste besänftigte und der Natur der Verhältnisse, d. h. dem göttlichen Willen unterwarf? | The original view, the scantiness of which has been preserved in the report of Mark, had no further aim than to let the Lord, after he had received the fullness of the spirit in the baptismal miracle, gather himself in the wilderness of temptation and to lead him in the fight with Satan to the personal skill and security which was necessary for his messianic work. But when later this struggle was formed, when real collisions had to be formed, from where else could the congregation take the material for them than from their experiences, their struggles, their desires and temptations? Who else could be the victor who defeated the devilish temptations than their spirit of wisdom and prudence, who calmed the feverish impatience of their own desires and cravings and subjected them to the nature of circumstances, i.e. to the divine will? |
50 | Aber wiederum! Hat denn die Gemeinde jemals das Ge-lüfte gefühlt, Steine in Brot zu verwandeln, sich von der Zinne des Tempels zu stürzen, um ihre Allmacht zu beweisen, — sind ihr jemals von einem hohen Berge aus alle Reiche dieser Welt in dem Zauberglanz erschienen, der ihre Lust zur Weltherrschaft reizte?
Welche Frage! Als ob die Wunderberichte der Evangelien nicht jetzt noch darüber Zeugniß ablegten, mit welcher fürchter-lichen Unruhe die Gemeinde gegen die Natur sich empörte und sie zwingen wollte, nicht mehr Natur, sondern nur ein Spiel des Geistes und Nahrung für ihren Geisteshunger zu seyn! Als ob ihr Kampf mit den sittlichen Verhältnissen des Völkerlebens, der Familie und mit dem positiven Recht nicht aus dem Gefühl ihrer Ueberlegenheit über alle bisher gültigen Verhältnisse und aus der Überzeugung hervorgegangen wäre, daß es für sie keine unüberwindliche Collision geben könne! Und die Weltherrschaft soll sie nicht für ihren Beruf ge-halten — den Zauberglanz der Reiche dieser Welt soll sie nicht mit eignen Augen gesehen haben? Sie wollte vielmehr Herr-sehen und der Chiliasmus versprach ihr sogar eine Herrschaft, die mit allem Glanz dieser Welt ausgeschmückt und von allen Freuden dieser Welt begleitet seyn sollte. |
But again! Has the church ever felt the urge to turn stones into bread, to throw itself from the pinnacle of the temple in order to prove its omnipotence, – have all the kingdoms of this world ever appeared to it from a high mountain in the magic glow that appealed to its desire for world domination?
What question! As if the miracle reports of the Gospels did not still bear witness to the fearful unrest with which the church revolted against nature and wanted to force it to be no longer nature, but only a play of the spirit and food for its spiritual hunger! As if their struggle with the moral relations of the life of nations, of the family, and with positive law had not arisen from the feeling of their superiority over all hitherto valid relations and from the conviction that there could be no insurmountable collision for them! And she should not have considered world domination as her profession – she should not have seen with her own eyes the magic splendor of the kingdoms of this world? Rather, she wanted to see mastery, and chiliasm even promised her a dominion that would be adorned with all the splendor of this world and accompanied by all the pleasures of this world. |
50/51 | Genuß! Genuß — ihn wollte auch die Gemeinde haben. Sich wollte sie genießen in der Natur, — sich selbst, indem sie sich in den Abgrund der Collisionen stürzte, in dem die schwa-chen Geister zerschellen, von dem sie aber zeigen wollte, daß er für sie kein Abgrund sey — sich selbst, indem sie aus den Herrlichkeiten dieser Welt das Prunkgebäude für ihr tausend-jähriges Gastmahl aufrichtete. | Pleasure!Pleasure – the congregation wanted it too. It wanted to enjoy itself in nature, – itself, by plunging into the abyss of collisions, in which the weak spirits shatter, but of which it wanted to show that it was no abyss for it – itself, by erecting from the glories of this world the magnificent edifice for its thousand-year banquet. |
51 | Das Gemüth, in welches der Reichthum der alten Welt sich zusammengezogen hatte — das sollte ruhig, kühl und phleg-matisch dem Bestehenden gegenübergestanden und gar keinen Reiz zum gewaltsamen Eingriff in die hergebrachte Ordnung empfun-den haben?
Jede Zeile des N. T. beweist vielmehr das Gegentheil! Ueberall gewaltsames Losstürmen auf die Natur, die durch-aus nicht mehr Natur seyn soll. Ueberall das Verlangen, daß der Stein aufhören solle, Stein zu seyn — überall der Hun-ger, der im Stein Nahrung für den Geist sucht, der Durst, der vom Wasser den Wein des Lebens verlangt! Alle Weltver-hältnisse sind durch den Glauben umgekehrt, — Nichts vom Bestehenden hat noch Geltung — die Wirklichkeit hat ihr Recht Verloren — die Geschichte ist aufgehoben — alle die mühsa-mcn Vermittlungen, die der geschichtliche Geist sonst nöthig hatte, um zu seinem Ziele zu gelangen und die Abgründe, die sich auf seinem Wege aufthaten, verständig zu durchmessen, sind nichtig und unnöthig geworden, seitdem der Glaube Berge ver-setzt, alle Höhen stürzt und keinen Abgrund als solchen aner-kennt. |
The mind, in which the wealth of the old world had contracted – that should have stood calmly, coolly and phlegmatically opposite the existing and should have felt no attraction at all to the violent intervention in the established order?
Every line of the N. T. rather proves the opposite! Everywhere a violent storming of nature, which is no longer supposed to be nature. Everywhere the desire that the stone should cease to be stone – everywhere the hunger that seeks nourishment for the spirit in the stone, the thirst that demands from the water the wine of life! All the relations of the world have been reversed by faith, – nothing of what exists is still valid – reality has lost its right – history has been abolished – all the laborious mediations that the historical spirit otherwise needed in order to reach its goal and to comprehensively measure the abysses that opened up on its way have become void and unnecessary, since faith has moved mountains, overthrown all heights and does not recognize any abyss as such. |
51/52 | Die Alten waren schwach! Entweder hatten sie die Ge-setze der Natur zu erforschen gesucht oder sich vom Zauber der Naturmacht ängstigen und Niederdrücken lassen. Schwach und zaghaft waren sie! Entweder hatten sie im Volks- und Fami-liengeist die Ruhe und Heimath ihres eignen Geistes gesunden oder von den Satzungen des Staats und der Familie sich nie-derdrücken und einengen lassen. Aber jetzt war der Mensch zu sich selbst gekommen und seiner Eigenmacht bewußt geworden — wie man von jener Bildsäule sagte, wenn sie sich von ihrem Sitz erheben wollte, so würde sie das Tempeldach über ihr em-porheben und zersprengen, so hatte sich jetzt der Mensch wirklich erhoben und aufgerichtet, im plötzlichen Aufstand alle Schranken und Gesetze zertrümmert und alles Positive, was Himmel und Erde enthielt, niedergeworfen — zunächst zu den Füßen des Einen hingeworfen, der Alles für Alle war und in dem Alle ihr wahres Leben führten. Für den Einen, der Alles ist, gilt Nichts Bestimmtes mehr, eristirt keine Natur, hat die Familie ihre Berechtigung verloren, ist die Welt entweder werthlos oder am Ende die Beute, die er beim tausendjährigen Gastmahl mit den Seinigen theilt. | The ancients were weak! Either they had sought to explore the laws of nature or they had let themselves be frightened and depressed by the magic of the power of nature. They were weak and timid! Either they had found the peace and home of their own spirit in the spirit of the people and the family, or they had never let themselves be oppressed and constricted by the statutes of the state and the family. But now man had come to himself and had become conscious of his own power – as it was said of that statue column that if it wanted to rise from its seat, it would lift and break the temple roof above it, so now man had really risen and straightened himself up, in a sudden uprising shattered all barriers and laws and threw down all positive things that contained heaven and earth – first of all thrown down at the feet of the One who was All for all and in whom all led their true life. For the One, who is everything, nothing certain is valid anymore, no nature exists, the family has lost its justification, the world is either worthless or in the end the booty, which he shares with his own at the millennial banquet. |
52 | Alle Kämpfe und Collisioncn, die die Versuchungsgeschichte darstellt, sind also Kämpfe und Collisionen, die die Gemeinde beschäftigten und für sie sehr ernst, un höchsten Grade angreisend waren. Aber im biblischen Bericht sind sie doch als Versu-chungen dargestellt, die der Herr durch die Erinnerung an das Wort Gottes oder an das ausschließliche Vorrecht der göttlichen Allmacht niederschlägt? | All the struggles and collisions depicted in the history of temptation are, therefore, struggles and collisions that occupied the congregation and were very serious for it, very serious. But in the biblical account they are presented as temptations that the Lord puts down by reminding them of the Word of God or of the exclusive prerogative of the divine omnipotence? |
52/53 | Allerdings! Das Gewissen ist nicht zu unterdrücken und eö behält bei aller Verrückung des Bewußtseyns doch die Er-innerung daran, daß die Natur eigentlich Natur ist, der Ab-gründ der Collisionen nicht leichtsinnig aufgesucht werden darf und die Herrlichkeit der Welt ohne den Gedanken eines Zwecks, dem sie dient, keinen Werth hat. Die Besonnenheit mußte ein-mal im Taumel alles Bestehenden, in dem das Alterthum zu–sammenstürzte, erwachen und der Augenblick kommen, wo die Gemeinde vor dem Abgrund, in den sie ihre fieberhafte Unruhe zu stürzen drohte, erschrak, sich besann und gelobte — aber was gelobte? | However! Conscience is not to be suppressed, and in spite of all the madness of consciousness, it still retains the memory that nature is really nature, that the abyss of collisions must not be carelessly sought, and that the glory of the world has no value without the thought of a purpose for which it serves. Prudence had to awaken once in the frenzy of all that existed, in which antiquity collapsed, and the moment had to come when the community, frightened by the abyss into which its feverish restlessness threatened to plunge it, reflected and vowed – but vowed what? |
53 | Etwa die Natur, die geschichtlichen Verhältnisse und die Macht der Welt als das, was sie sind — als Gegenstand der Arbeit und allmähligen Umwandlung anzuerkennen?
Zum Theil allerdings — aber auch zugleich mit dem religiösen Trost im Hintergründe, daß die göttliche Allmacht in ihrer W-ise schon den Kampf mit dieser Welt beendigen werde. Trotz des Siegs, den die Versuchungsgeschichte schildert, blieb es dabei, daß der Gläubige in seinem Herrn den Allmächtigen verehrt, der gegen die Gesetze der Natur Brot schafft, die sittlichen Rücksichten seinem Werk unbedingt unterordnet und allen Privilegirlen des Alterthums den Lebensgenuß vergällt, damit die Seinigen sich zum ewigen Gastmahl setzen können. Die religiöse Lösung der Bedenken, deren Regung die letzte Gestaltung der Versuchungsgeschichte hervorgetrieben hat, kommt im Grunde nur auf die Wendung hinaus, daß der Ei gen macht entzogen wird, was das Vorrecht der göttlichen Allmacht ist, und daß dasjenige, was Gottes Belieben anheim zu stellen ist, Unrecht und Frevel wird, wenn es als Forderung des Satan auftritt. Nachdem der Ursprung des Berichts gedeutet ist, bedarf es kaum noch der Bemerkung, daß die alttestamentlichen Vorbilder, die Versuchungen, denen die Frommen des A. T. ausgesetzt waren, der Durchzug durch die Wüste, während dessen das Volk auch mit Versuchungen zu kämpfen hatte, das vierzigtägige Fasten Mose’s, die Aufwartung des Engels, der dem Elias Speise brächte, nur als Material diente, einer Anschauung, die sich aus den innern Erlebnissen der Gemeinde gebildet hatte, die bestimmtere Form zu geben. |
To recognize nature, the historical conditions and the power of the world as what they are – as an object of work and gradual transformation?
In part, of course, but also with the religious comfort in the background that the divine omnipotence in its wisdom will already end the struggle with this world. In spite of the victory described in the history of temptation, the believer still worships in his Lord the Almighty, who creates bread against the laws of nature, subordinates moral considerations unconditionally to his work, and denies the enjoyment of life to all the privileges of antiquity, so that his own can sit down to the eternal banquet. The religious solution of the misgivings, the impulse of which was the last development of the story of the temptation, basically comes only to the turn that what is the prerogative of divine omnipotence is withdrawn from power, and that what is to be left to God’s discretion becomes injustice and sacrilege when it appears as a demand of Satan. After the origin of the report has been interpreted, it is hardly necessary to remark that the Old Testament models, the temptations to which the pious of the Old Testament were exposed, the passage through the desert, during which the people also had to struggle with temptations, the forty-day fasting of Moses, the waiting of the angel who would bring food to Elijah, only served as material to give a more definite form to an idea that had been formed from the inner experiences of the community. |
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Neil Godfrey
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