220 |
13.Die zweite Sabbathsverlehung.C. 9 — C. 10, 12. |
13.The Second Sabbath Forgiveness.C. 9 – C. 10, 12. |
220 | Allerdings kennt der Vierte keinen würdigeren und ergreifenderen Schluß für die Streitreden seines Herrn als den Wuthausbruch der Juden, die nach den Steinen greifen, um nach ihm zu werfen, — wie wenig ernstlich es aber mit dieser Drohung gemeint, wie wenig an eine wirkliche Gefahr zu denken war, verräth der Evangelist selbst, wenn er unmittelbar darauf den Herrn frei umhergehen läßt, als gäbe es keine Juden, die er bis zur äußersten Wuth gereizt und die ihm nach dem Leben trachten, unmittelbar darauf, nachdem Jesus aus dem Tempel gegangen, ja in demselben Augenblick, da er — das ist der zwingende Zusammenhang — am Tempel vorbei- geht, bleibt, er ruhig mit seinen Jüngern vor einem Blinden stehen, disputirt er mit ihnen über den Grund des Gebrechens, an dem der unglückliche von der Geburt an gelitten hatte, und bewirkt er die Heilung desselben auf eine sehr umständliche Weise, indem er auf die Erde spuckt, aus dem Speichel einen Koth macht, den Koth auf des Blinden Auge schmiert und diesen nun nach dem Teich Siloah schickt, damit er sich in demselben wasche. | However, the fourth knows no more dignified and poignant conclusion for the speeches of his Lord than the rage of the Jews, who reach for the stones to throw at him. But how little seriously this threat was meant, how little real danger was to be thought of, is revealed by the evangelist himself, when immediately after this he lets the Lord walk around freely, as if there were no Jews, whom he had provoked to the utmost rage and who sought his life, immediately after Jesus had left the temple, Indeed, at the same moment that he passes by the temple – this is the compelling context – he remains standing calmly with his disciples before a blind man, discussing with them the cause of the infirmity from which the unfortunate man had suffered from birth, He spits on the ground, makes a dung out of the saliva, smears the dung on the blind man’s eye and sends him to the pool of Siloah to wash himself in it. |
220/221 | Das ist der Zusammenhang, der unerschütterlich feststeht, wenn eS selbst streitig bleiben sollte, ob der Schluß der vorhergehenden Erzählung, daß „Jesus mitten durch die Juden hindurch ging und so vorbei zog” (C. 8, 59) ächt oder unächt ist; denn, wenn es im Anfang des folgenden Abschnitts C. 9,1 heißt: „im Vorbeigehen” sah Jesus einen Blinden, so muß der Ausgangspunkt der Bewegung gegeben seyn; — das ist der Tempel, aus dem sich Jesus zurückzog — muß auch die Oert- lichkeit bestimmt seyn, an der Jesus vorbei ging: — das ist der Tempel, denn nachdem der Zurückzug vor den Gegnern geschehen, befindet er sich draußen in der umgebung desselben. Jetzt gleich, unmittelbar nach dem Streit mit den Juden — hier in der Nähe, als Jesus am Tempel vorbeiging, wo die Gebrechlichen sitzen, die das Mitleid der Vorübergehenden anrufen, wie der Vierte aus der Apostelgeschichte (C. 3, 3) erfahren hat, hier allein traf Jesus den Blinden, vor dem eine Frage seiner Jünger ihn festhält. Die Gefahr, die den Herrn so eben bedrohte, hat also der Vierte vergessen, sobald ihr derselbe den Rücken gekehrt hat — er konnte sie vergessen, weil sie nur sein pragmatisches Machwerk, der einzig würdige Schluß ist, den er für die vorhergehende Streitrede erfinden konnte — und er mußte sie vergessen, weil er noch nicht am Schluß des Lebens seines Herrn steht und noch Manches von seiner öffentlichen Wirksamkeit zu berichten hatte. | That is the connection that stands unshakably firm when it should itself remain in dispute, whether the conclusion of the preceding narrative, that “Jesus passed through the midst of the Jews, and so passed by” (ch. 8, 59) is genuine or not; for, when it is said in the beginning of the following section ch. 9,1 it says: “in passing by” Jesus saw a blind man, so the starting point of the movement must be given; – that is the temple, from which Jesus withdrew – the place must also be determined, where Jesus passed by: – that is the temple, because after the withdrawal before the opponents happened, he is outside in the surroundings of the same. Now, immediately after the quarrel with the Jews – here in the vicinity, when Jesus passed by the temple, where the infirm sit, who call upon the compassion of those who pass by, as the Fourth learned from the Acts of the Apostles (ch. 3, 3), here alone Jesus met the blind man, before whom a question of his disciples detains him. The danger that threatened the Lord just now was forgotten by the fourth one as soon as he turned his back on it – he could forget it because it is only his pragmatic work, the only worthy conclusion he could invent for the previous argument – and he had to forget it because he is not yet at the end of the life of his Lord and still had many things to report from his public activity. |
221 | In demselben Augenblick, da Jesus den Blinden bemerkt, fragen ihn die Jünger, wessen Sünde seine Blindheit nothwendig gemacht habe, ob seine eigene oder die der Eltern.
Woher die Jünger aber nur wissen konnten, daß der Blinde als solcher geboren sey! |
At the same moment that Jesus notices the blind man, the disciples ask him whose sin made his blindness necessary, whether his own or that of his parents.
But how could the disciples know that the blind man was born as such? |
221/222 | Der Evangelist sagt nicht einmal, wenigstens nicht an seinem Orte, hier im Eingänge, daß der unglückliche ein Bettler war und mit der Bitte um ein Almosen, wie jener Gebrechliche der Apostelgeschichte, zufällig und zu seinem Glück die Beziehung zu seinem Wohlthäter anknüpfte. Und selbst den Fall gesetzt, daß der unglückliche die Vorübergehenden angesprochen hätte, so würde es den Jüngern schwer geworden seyn, aus seinen Klagen Etwas über die Dauer seines Leidens zu erfahren, da bettelnde Krüppel, wenn sie es nicht vorziehen, die Erschei nung ihres Gebrechens die beredteste und eindringlichste Sprache führen zu lassen, wenn sie es vergessen, daß der reine Anblick des Gebrechens am sichersten und unmittelbarsten auf das Mitgefühl einwirkt, den Grund ihrer Klage niemals rein aus ihrem unglück, aus ihrem leiblichen Uebel, sondern aus ihren häuslichen Verhältnissen nehmen. Wenn sie klagen, so jammern sie darüber, daß ihr Gebrechen eS ihnen unmöglich mache, für die zu arbeiten, die auf ihre Sorge angewiesen sind — auf die Eindringlichkeit dieser Klage können sie sogar in dem Grade rechnen, daß sie selbst zu Hause bleiben und ein Kind ausschik- ken können, damit dasselbe durch den Jammer über diese Hilflosigkeit des Elends das Mitleid erwecke. | The evangelist does not even say, at least not in his place, here in the entry, that the unfortunate one was a beggar and with the request for an alms, like that infirm man of the Acts of the Apostles, accidentally and to his happiness established the relationship to his benefactor. And even if the unfortunate one had approached the passers-by, it would have been difficult for the disciples to learn something about the duration of his suffering from his complaints, since begging cripples, if they do not prefer to be told about their affliction, are not able to find out anything about it, If they forget that the mere sight of their affliction has the most certain and immediate effect on compassion, they never take the reason for their complaint purely from their misfortune, from their physical misery, but from their domestic circumstances. When they complain, they lament that their infirmity makes it impossible for them to work for those who depend on their care – they can even count on the forcefulness of this complaint to the extent that they themselves can stay at home and send a child away, so that the child may arouse compassion through lamentation over this helplessness of misery. |
222/223 | So wenig der Blinde die Vorübergehenden angesprochen und sie auf das Alter seines Leidens aufmerksam gemacht haben soll, so wenig will der Evangelist zugeben, daß Jesus im Blinden einen alten Bekannten oder eine bekannte Person der Tem- pelnmgebung getroffen habe; sondern in demselben Augenblicke, wo der Herr den Blinden als einen ihm bisher unbekannten Menschen und zwar zufällig im Vorübergehen bemerkte, soll er es auch sogleich wissen, daß der Blinde ein Blindgeborner sey, und in demselben Augenblick, wo es der Herr weiß, sollen es auch die Jünger wissen, so daß sie ihn sogleich, als er den Blinden bemerkte, über den Grund von dessen Leiden befragen können. Die Absicht des Evangelisten hat also ein Wunder bewirkt: — er will die Heilung eines Blindgebornen berichten, er weiß, daß es ein Blindgeborner sey, er hat den Leidenden zu einem Blindgebornen gemacht — die Kenntniß, die er von dem Leiden eines plötzlich am Wege sitzenden Menschen hat, kann er also auch ohne Mühe dem Herrn und dessen Jüngern mittheilen. Ihm steht die Situation und das Interesse der Begebenheit von vorn herein fest — ihm ist Alles in voraus klar — daher müssen auch die Personen, die er einführt, gleich Somnambülen, mit dem ersten Blick und ohne verständige Vermittlung die Situation durchschauen und in ihr zu Hause seyn. Er, seine gläubigen Leser, der Herr und dessen Jünger leben in einer Lichtwelt, in der es der Vermittlungen dieser Welt nicht bedarf. | As little as the blind man is said to have addressed the passers-by and to have drawn their attention to the age of his suffering, so little does the evangelist want to admit that Jesus met in the blind man an old acquaintance or a well-known person of the temple environment; But at the same moment when the Lord noticed the blind man as a person hitherto unknown to him, and by chance in passing, he should also know at once that the blind man was a man born blind, and at the same moment when the Lord knows it, the disciples should know it too, so that they can ask him immediately, when he notices the blind man, about the cause of his suffering. The intention of the evangelist has thus worked a miracle: – he wants to report the healing of a man born blind, he knows that he is a man born blind, he has made the sufferer a man born blind – the knowledge he has of the suffering of a man suddenly sitting by the road, he can therefore also communicate to the Lord and his disciples without effort. To him, the situation and the interest of the event is clear from the beginning – everything is clear to him in advance – therefore, the persons he introduces, like a sleepwalker, must also see through the situation at first glance and without understanding mediation and be at home in it. He, his believing readers, the Lord and his disciples live in a world of light in which the mediations of this world are not needed. |
223 | Wir haben das Recht dazu, es sogleich hier, im Eingange zu sagen, daß der Evangelist den Leidenden zu einem Blindge- bornen gemacht habe. Wenn alle seine vorhergehenden Berichte sich so gründlich, wie es in der That der Fall ist, als sein Werk, als die Frucht seiner ängstlichen und unbeholfenen Combination auSgewiesen haben, so ist es fast nicht mehr der Mühe werth, erst von der Auflösung auch dieses Berichts das Recht zu dem Schlüsse zu erwarten, daß auch hier die Hand des Vierten einen fremden Stoff in ihrer haltlosen Manier verarbeitet habe. Wir könnten es sogleich sagen, daß diese Heilung eines Blindgebornen wie die Heilung des Kranken vom Teich Bethesda nur eine Variation des Berichts der Apostelgeschichte von der Heilung des Lahmgebornen durch Petrus ist — wir haben es wenigstens bereits gesehen, daß dieser unglückliche, der schon von Mutterleibe an an seinem Gebrechen zu leiden hatte, nur in der Apostelgeschichte, wo er an der Thür des Tempels die Ein- und Ausgehenden um Almosen bittet, heimisch, dagegen in dem Bericht des Vierten ein unbekannter Fremdling ist,——-doch es sey, wir wollen noch einmal warten, bis der Bericht sich selbst aufgelöst und dem Vorbericht seine Bestandtheile zurückgegeben hat. | We have the right to say right here, in the beginning, that the evangelist made the sufferer a blind man. If all his previous reports have shown themselves so thoroughly, as it is in fact the case, as his work, as the fruit of his fearful and clumsy combination, then it is almost not worth the trouble to expect the right to the conclusion only from the resolution also of this report that also here the hand of the fourth has processed a foreign material in its groundless manner. We could immediately say that this healing of a man born blind, like the healing of the sick man from the Pool of Bethesda, is only a variation of the account in Acts of the healing of the man born lame by Peter – we have at least already seen that this unfortunate man, who had to suffer from his infirmity from his mother’s womb, is only at home in the Acts of the Apostles, where he asks for alms at the door of the temple, while he is an unknown stranger in the account of the Fourth,——- but let us wait until the account has resolved itself and returned its constituent parts to the previous account. |
223/224 | Lange wird diese Auflösung nicht auf sich warten lassen: — sie beginnt ihr Werk wie in allen vorhergehenden Berichten schon in der ersten Anlage und Vorbereitung dek Collision, die der Evangelist beabsichtigte. So wie die Jünger mit ihrem Herrn den Blindgeborenen bemerken, sollen sie sogleich die Frage aufwerfen, wessen Sünde an seiner Blindheit schuld sey, seine eigne oder die seiner Eltern. Als ob der Zufall, daß sie an einem Blindgeborenen so eben vorübergehen, zu dieser kasuistischen Frage und Grübelei Anlaß geben konnte. Als ob casuistische Grillen wie diese nicht ganz wo anders entstünden — nämlich im Streit der Schulen, die die Substanz des Volkslebens auflösen, oder im Gehirn des Einzelnen, dessen gebildetere Voraussetzungen mit dem Volksglauben in Widerspruch getreten sind und der nun die Antinomieen bildet, in denen ein Glaube, der ihn nicht mehr befriedigt, durch seine inneren Widersprüche in Auflösung geräth! | This resolution will not be long in coming: – it begins its work, as in all previous reports, already in the first layout and preparation of the collision which the evangelist intended. Just as the disciples notice with their Lord the man born blind, they should immediately raise the question whose sin is to blame for his blindness, his own or that of his parents. As if the coincidence that they pass by a blind-born just now could give rise to this casuistic question and musing. As if casuistic crickets like this did not arise somewhere else – namely, in the quarrel of the schools that dissolve the substance of folk life, or in the brain of the individual whose more educated presuppositions have come into contradiction with the folk faith and who now forms the antinomies in which a faith that no longer satisfies him comes into dissolution through its inner contradictions! |
224 | Warum lassen sich die Jünger nicht an der gesetzlichen Voraussetzung genügen, daß die Sünden der Vorfahren an den Kindern heimgesucht werden, an einer Anschauung also, wonach ein Blindgeborener, falls sein Gebrechen durchaus Sündenstrafe seyn soll, doch nur die Strafe für die Schuld seiner Vorfahren büßen mußte? Warum setzen sie in ihrer Frage den andern Fall voran, wonach der Kranke die Schuld seiner eigenen Sünde tragen müßte? Warum setzen sie diesem Falle den andern, wonach die Sünde der Eltern an dem Elenden heimgesucht werden müßte, in der Art entgegen, daß sie auch ihn für einen zweifelhaften, ja für einen Nichtssagenden und in sich haltlosen erklären? Warum fragen sie in der Art, daß sie mit ihrer Frage im Grunde nur darauf Hinweisen wollen, daß keine von beiden Hypothesen die Sache zu erklären vermöge? | Why don’t the disciples accept the legal premise that the sins of the ancestors are visited on the children, a view according to which a person born blind, if his infirmity is to be a punishment for sin, only has to pay the penalty for the guilt of his ancestors? Why do they put the other case first in their question, according to which the sick person would have to bear the guilt of his own sin? Why do they oppose this case to the other one, according to which the sin of the parents had to be visited on the wretch, in such a way that they also declare it to be a doubtful, even a meaningless and in itself untenable one? Why do they ask in such a way that with their question they basically only want to point out that neither of the two hypotheses is able to explain the matter? |
224/225 | Warum? Weil der Evangelist, nachdem er in der ersten Variation auf den Urbericht C. 5, 14 die synoptische Anschauung, wonach die Krankheit Sündenschuld ist, nicht nur ausgenommen, sondern auch, wie er von dem Stoff, den er gerade im Augenblick benutzt und in seine Schrift aufnimmt, immer sclavisch abhängig ist, ins craß-Medicinische verarbeitet hat, indem er den Herrn zum Geheilten sagen läßt: „siehe, du bist nun gesund geworden, sündige nicht mehr, damit dir nicht Schlimmeres widerfahre”, weil der Verfasser, nachdem er seiner Armuth durch den synoptischen Spruch aufgeholfen, doch auch seiner Bildung ihr Recht widerfahren lassen und dem Herrn ein Wort in den Mund legen wollte, welches die Gedanken seiner Leser von dem vermeintlichen Zusammenhang der Sünde und Krankheit abzulenken und ins Leere herauszuführen vermöge. Er hat schon lange über die vermeintliche Antinomie der gesetzlichen Anschauung gegrübelt, hat es schon lange herausgesunden, daß ein Elender, der schon von Mutterleibe an an seinem Unglück zu leiden habe, das passendste Subject zur Darstellung jener Antinomie sey — er weiß es längst, daß Alles in der Welt nur Einen Zweck hat: die Offenbarung der Herrlichkeit des Herrn: — so wie daher Jesus den Blinden bemerkt, müssen die Jünger augenblicklich mit ihrer kasuistischen Frage hervortreten, damit ihr Herr Gelegenheit erhalte, ihnen zu antworten, daß keine von beiden Voraussetzungen ihrer Frage hier statthaft sey und hier wie immer, wie in Kana schon die Offenbarung seiner Herrlichkeit der wahre Zweck und Grund sey: „weder dieser hat gesündigt, sagt Jesus, noch seine Eltern, sondern die Werke Gottes sollten an ihm offenbar werden.” | Why? Because the evangelist, after he in the first variation on the original report ch. 5, 14, the synoptic view, according to which the illness is the guilt of sin, is not only excluded, but also, as he is always slavishly dependent on the material that he uses at the moment and includes in his writing, processed into the craß-medicine[?], by having the Lord say to the healed: “Behold, thou art now made whole; sin no more, lest worse befall thee,” because the author, after having helped his poverty by the synoptic saying, wanted to give his education its due and to put a word into the Lord’s mouth that would be able to divert the thoughts of his readers from the supposed connection between sin and sickness and lead them out into the void. He has long pondered over the supposed antinomy of the legal view, has long found out that a wretch, who has to suffer from his misfortune already from his mother’s womb, is the most suitable subject for the representation of this antinomy – he has long known that everything in the world has only one purpose: the revelation of the glory of the Lord: – Therefore, as Jesus remarks to the blind man, the disciples must immediately come forward with their casuistic question, so that their Lord may have the opportunity to answer them that neither of the two premises of their question is admissible here, and that here, as always, as in Cana, the revelation of His glory is the true purpose and reason: “Neither this man sinned, says Jesus, nor his parents, but the works of God were to be revealed in him. “ |
225/226 | Freilich dachte er nun nicht daran, daß er die synoptische Anschauung, die er berichtigen will, in seine Schrift nicht nur ausgenommen, sondern auch aus ihrer religiösen Reinheit und sorgenlosen Unbestimmtheit ins peinlich-Medicinische herab- gezogen hat; — freilich dachte er nicht daran, in welches zweideutige Licht er seinen Herrn bringt, wenn er die Sache so darstellt, als ob derselbe sonst, vor dem Volke oder zu den Kranken selber im Geleise des populären „Vorurtheils” gesprochen und nur die Jünger davor gewarnt habe, den Zusammenhang von Sünde und Krankheit sich als einen zu engen und positiven zu denken; — freilich läßt er seinen Herrn die Ansicht, die mit seiner eignen Bildung nicht mehr in Einklang stand, nicht unmittelbar bekämpfen und auflösen, sondern sich nur ausweichend aussprechen; — freilich kommt es nun darauf hinaus, daß Jesus nur von diesem Blinden nicht haben will, daß sein Leiden durch irgend eine Sündf verschuldet sey, — kommt es darauf hinaus, daß er nur in diesem Fall von der Grübelei über den Zusammenhang zwischen Krankheit und Sünde abrathen will. | Of course, he did not think about the fact that he not only excluded the synoptic view, which he wants to correct, from his writing, but also dragged it down from its religious purity and carefree indeterminacy into the embarrassingly medieval; – Of course, he did not think of the ambiguous light in which he puts his master when he presents the matter as if he had spoken otherwise, before the people or to the sick themselves, in the vein of the popular “prejudice” and only warned the disciples not to think of the connection between sin and illness as too narrow and positive; – Of course, he does not let his master directly combat and resolve the view that was no longer in harmony with his own education, but only expresses himself evasively; – of course, it now comes down to the fact that Jesus only does not want this blind man to believe that his suffering is due to some sin, – it comes down to the fact that only in this case he wants to advise against brooding over the connection between sickness and sin. |
226 | Aber wir verlangen auch nicht, daß der Verfasser mehr leisten sollte, als er im Stande war; — wir haben nur zu constatiren, was er geleistet hat. | But we also do not demand that the author should accomplish more than he was able to; we only have to state what he has accomplished. |
226/228 | Eigentlich war mit der Antwort Jesu die Angelegenheit entschieden, die Sache, abgemacht, der Scrupel der Jünger gelöst: — der Blinde ist deshalb blind geboren, damit*) die Werke Gottes an ihm offenbar würden. Die reiche Natur des Vierten bringt es aber mit sich, daß ihm das Einfache, für sich allein schon Abschließende niemals genug thut; ihn beschäftigen einmal zu viel Jnteressen, zu viel Combinationen, als daß er sich mit einem einfachen Abschluß begnügen sollte — sein Herr muß daher nach jener Entscheidung der Angelegenheit**) in seiner Rede fvrtfahren, als habe er die Frage der Jünger noch nicht vollständig beantwortet, er muß ihren Scrupel über den Zusammenhang zwischen Sünde und Krankheit noch gründ-licher heben. — Doch Nein! Obwohl er einfach fortfährt, mit keinem Winke andeutet, daß er eine neue Richtung ein- schlägt, hat er es mit der Frage gar nicht mehr zu thun, beschäftigt ihn ein neues Jntereffe, hat er es mit einem neuen Skrupel zu thun und rechtfertigt er sich gegen den Vorwurf, daß er jetzt gerade den Blindgebornen heilen wolle. „Jch muß die Werke deß, der mich gesandt hat, wirken, sagt er, so lange es Tag ist; es kommt die Nacht, da Niemand wirken kann.” Aber Niemand hat an diesen Vorwurf gedacht, er selbst läßt es nicht einmal ahnden, welches der Skrupel sey, den er heben will — die Nacht, von der er spricht, soll sein Tod seyn und eben der Gedankt, daß ihm nur noch eine kurze Zeit zugemeffen sey, sott das Hinderniß, welches ihm in diesem Augenblick in den Weg trat, heben, — aber er sagt nicht, worin das Hinderniß bestand. Der Leser freilich, der einige Zeilen nachher (V. 14) — im Grunde aber, da indessen das Wunder geschehen und die Verhandlungen über dasselbe längst begonnen haben — erst lange nachher die Notiz findet, daß es gerade Sabbath war, der Leser, der in diesem Augenblicke, weit er mit dem evangelischen Geschichtsstoffe vertraut ist, eS Weiß, daß die Leidenszeit des Herrn bald folgt — der Leser, den das Wort „wirken” *) an einen frühern Spruch erinnert, mit dem sich der Herr gegen den Vorwurf der Sabbathsverletzung vertheidigte — der Leser kann sich diesen Spruch am Ende wohl zurechtlegen; der Gemeinde stand das Mittelglied des Schlusses, durch welches der’ Herr die Heilung des Blinden in diesem Augenblick gerade rechtfertigt, als eine bekannte Wahrheit fest — die spätere Gemeinde kann es sich aus der Nähe der Leidenszeit erklären, daß der Herr sich an das Sab-bathsgesetz nicht kehren konnte, wenn er den Blinden heilen wollte; — dem Leser war das Alles möglich, aber nur den Jüngern nicht, da ihr Herr von diesem Hinderniß, welches sich ihm in dem Sabbathsgesetz entgegenflellte, nicht gesprochen hatte und da ihnen selbst, als sie ihm ihre kasuistische Frage vorlegten, der Gedanke, daß es vielleicht ein Wunder geben könne, nicht in den Kops gekommen war. | Actually, with the answer of Jesus the matter was decided, the matter settled, the scruple of the disciples solved: – the blind man was born blind, so that*) the works of God would be revealed in him. The rich nature of the fourth evangelist, however, means that the simple, concluding thing alone is never enough for him; he is occupied with too many interests, too many combinations, to be content with a simple conclusion – his Lord must therefore, after that decision of the matter**), proceed in his speech as if he had not yet completely answered the question of the disciples, he must raise their scruple about the connection between sin and sickness even more thoroughly. – But no! Although he simply continues, without a hint that he is taking a new direction, he is no longer concerned with the question, he is occupied with a new question, he is concerned with a new scruple, and he justifies himself against the reproach that he now wants to heal the man born blind. I must work the works of Him who sent me,” he says, “as long as it is day; the night is coming, when no one can work.” But no one has thought of this reproach; he himself does not even let it be known what the scruple is that he wants to lift – the night of which he speaks is to be his death, and the very thought that only a short time remains to him is to lift the obstacle that at this moment stood in his way – but he does not say in what the obstacle consisted. The reader, of course, who reads a few lines later (v. 14) – but in fact, since the miracle has happened and the negotiations about it have long since begun – only finds the note long afterward that it was Sabbath, the reader who at this moment, as far as he is familiar with the evangelical historical material, knows that the time of the Lord’s suffering will soon follow – the reader whom the word “work” *) reminds of an earlier saying with which the Lord defended himself against the accusation of violating the Sabbath – the reader can well make sense of this saying at the end; to the congregation the middle element of the ending, by which the Lord justifies the healing of the blind man at this moment, was a known truth – the later congregation can explain it from the closeness of the time of suffering that the Lord could not turn to the Sabbath law when he wanted to heal the blind man; – All this was possible for the reader, but not for the disciples, since their Lord had not spoken of this obstacle, which was opposed to him in the Sabbath law, and since even when they presented their casuistic question to him, the thought that there might be a miracle had not occurred to them. |
226* | *) ἵνα
**) d. h. nach jener Entscheidung, die beim Umfange der Combinationskraft des Vierten möglich war. |
*) ἵνα
**) The decision was possible within the scope of the combination power of the fourth. |
227* | *) ἐργάζεσθαι | *) ἐργάζεσθαι |
228/229 | Der Evangelist denkt aber nicht daran, ob diejenigen, zu denen der Herr spricht, seine tiefsinnigen Andeutungen verstehen; — ihm kommt es nur darauf an, daß der Spruch des Herrn geschrieben steht und dem spätern Leser allenfalls verständlich ist. Muß doch Jesus den Blinden, den er eben so wie den Blinden des Marcus (C. 8, 23) mit seinem Speichel, aber etwas umständlicher heilt, indem er den Speichel mit Erde zu einem Koth verquickt, zum Teich Siloah schicken, als sey es bedeutungsvoll, daß er ihn gerade zu diesem Teiche schicke, damit er sich in dessen Wasser die Augen vom Kothe reinige. Der Jesus des Marcus schickt den Blinden von Bethsaida auch fort, — aber er schickt ihn heim, da er ihn mit seinem Speichel geheilt hatte, — das ist zusammenhängend und selbst noch innerhalb der Wunderwelt natürlich; — warum muß aber der Blinde des Vierten nach dem Teich Siloah, warum muß ihn Jesus vorher Koth in die Augen schmieren, damit er ihn zur Reinigung gerade nach diesem Teiche schicken kann? Der Evangelist weiß es, er macht seine Leser V. 7 ausdrücklich darauf aufmerksam, daß der Teich,’ in dessen Wasser der Blinde die wunderbare Reinigung und vollends die Heilung seiner Augen fand, eben so heiße wie der Herr der Gesandte*), er rech’) nete darauf, daß seine Leser, wenn auch vielleicht erst nach Jahrtausenden, sich erinnern würden, wie auch der Prophet Jesaias die Wasser Siloah’s zum Bilde des Königs der Theokratie benutzt habe — aber nur der Blinde, für den es am bedeutungsvollsten, erbaulich und erweckend gewesen wäre, wenn er vom Herrn erfahren hätte, weshalb er gerade zu diesem Teich geschickt wurde, erfuhr den tiefen Sinn dieses Zusammenhangs nicht-— er ist ein bloßes Mittel, ein mechanisches Mittel wie alle Personen, die der Vierte schafft — er dient einem allegorischen Spiel, dessen Sinn ihm verborgen bleibt. | The evangelist, however, does not think about whether those to whom the Lord speaks understand his profound insinuations; to him it is only important that the Lord’s saying is written and can be understood by the later reader. Jesus has to send the blind man, whom he heals with his saliva just like the blind man of Mark (ch. 8, 23), but a little bit more complicated, by mixing the saliva with earth to a dung, to the pool of Siloah, as if it was significant that he sends him to this pool, so that he can clean his eyes from the dung in its water. The Jesus of Mark also sends away the blind man of Bethsaida, – but he sends him home, since he had healed him with his saliva, – this is coherent and natural even within the world of miracles; – but why does the blind man of the fourth have to go to the pool of Siloah, why does Jesus have to smear dung into his eyes beforehand, so that he can send him to this very pool for cleansing? The evangelist knows, he makes his readers v. 7 explicitly points out to his readers that the pool, in whose waters the blind man found the miraculous cleansing and complete healing of his eyes, is called the same as the Lord the Messenger*), he expects that his readers, even if perhaps only after millennia, would remember how the prophet Isaiah had also used the waters of Siloah for the image of the King of the Theocracy – but only the blind man, for whom it would have been most meaningful, edifying and awakening, if he had learned from the Lord why he was sent to this very pool, did not learn the deep meaning of this connection–he is a mere means, a mechanical means like all the persons the Fourth creates–he serves an allegorical game, the meaning of which is hidden from him. |
228* | *) Der ungefähre Anklang, die Passivendung des von שלח abgeleiteten Wortes brächte ihn zu dieser Combination. | *) The approximate appeal, the passive ending of the word derived from שלח would bring him to this combination. |
229 | Nachdem der Blinde sehend geworden, kommen nun seine Nachbarn und frühern Bekannten und es entsteht unter ihnen eine Spaltung, die derjenigen entspricht, zu der die Heilung des Kranken vom Teich Bethesda Anlaß gab.
Der Geheilte wird sodann vor die Pharisäer geführt und auch unter ihnen entsteht eine Spaltung, — ganz dieselbe, die die Obern in Folge der Heilung des Kranken vom Teich Bethesda entzweite. Wie endlich Jesus den Menschen, um dessentwillen er zum erstenmale den Sabbath gebrochen, nach der Heilung wieder- findet und von ihm als Jesus erkannt wird, so kommt er auch mit dem Menschen, dessen Heilung ihn zum zweitenmale mit dem Sabbathsgesetz in Conflict brächte, wieder zusammen, nachdem das Wunder die Aufmerksamkeit der Leute bereits erregt hatte, und wird vom ihm als Messias anerkannt. Also ganz dieselbe Geschichte — wieder eine Variation auf die Geschichte von der Wunderthat des Petrus der Apostelgeschichte ! |
After the blind man has received his sight, his neighbors and former acquaintances come and a division arises among them, which corresponds to that which the healing of the sick man from the pool of Bethesda gave rise.
The healed man is then brought before the Pharisees, and a division arises among them as well, quite the same as that which divided the superiors as a result of the healing of the sick man from the pool of Bethesda. As Jesus finally finds the man, for whose sake he broke the Sabbath the first time, after the healing and is recognized by him as Jesus, so he also comes together again with the man, whose healing would bring him into conflict with the Sabbath law for the second time, after the miracle had already attracted the attention of the people, and is recognized by him as the Messiah. So, the same story – again a variation on the story of the miracle of Peter in the Acts of the Apostles! |
229/230 | Wenn aber der Gang des Berichts schon das erstemal, als es sich um das Wunder vom Teich Bethesda handelte, lahm war, so wird die Bewegung noch schleppender, wenn der Blindgeborene vom Teich Siloah zurückkehrt und der Verfasser nach Anleitung der Apostelgeschichte die Sache vor Gericht bringt und auch die Eltern des Geheilten in den Prozeß verwickelt. Das ist für ihn zu viel — zu viel des Einzelnen — er kann es nicht beherrschen, zumal er den urbericht ängstlich nachbildet und mit seinen neuen Jnteressen nicht in Einklang bringen kann. | But if the course of the report was already lame the first time, when it was about the miracle of the pool Bethesda, the movement becomes even more sluggish when the blind man returns from the pool Siloah and the author brings the matter to court according to the instructions of the Acts of the Apostles and also involves the parents of the healed man in the trial. This is too much for him – too much of the individual – he cannot control it, especially since he anxiously imitates the original report and cannot reconcile it with his new interests. |
230 | Wenn das Gerede der Leute und der Obern in Folge des ersten Wunders haltlos war, so ist das Geschwätz derselben, zu welchem die zweite Sabbathsverletzung Anlaß gab, unendlich nichtig und nur der Vierte konnte diesen nichtigen Verhandlungen zwischen den Nachbarsleuten des Geheilten und den Pharisäern so viel Sorgfalt widmen, weil der Eine Zweck, dem nach seiner Grundanschauung diese Begebenheit dient und wie Alles, was in der Welt geschieht, dienen muß, ihm die Nichtigkeit des Mittels verdeckte. | If the gossip of the people and the rulers in consequence of the first miracle was groundless, the gossip of the same, to which the second Sabbath violation gave rise, is infinitely void and only the Fourth could devote so much care to these void negotiations between the neighbors of the healed one and the Pharisees, because the One purpose, which according to his basic view this incident serves and, like everything that happens in the world, must serve, covered the voidness of the means for him. |
230/231 | Er thut wunder wie bekannt mit allen einzelnen Wendungen der Begebenheit, thut, als wäre er überall selbst zugegen gewesen und habe er all dieß nichtige Geschwätz selbst gehört, und er kann uns nicht einmal sagen, warum die Nachbarn und Bekannten des Geheilten denselben zu den Pharisäern führen. Die Leute streiten sich nämlich über die Jdentität der Person — der Geheilte versichert, er sey allerdings derselbe, den sie früher als Blinden kannten, ein gewisser Jesus habe ihn geheilt, wo dieser sich aber befinde, kann er ihnen auf ihre Anfrage nicht sagen, und wird von ihnen vor die Sitzung der Pharisäer geführt. Es bleibt aber unbekannt, welchen Grund sie dazu hatten, was sie außerdem dazu bewog, den Geheilten danach zu fragen, wo sich Jesus befinde. Der Evangelist bemerkt zwar sogleich darauf (V. 14), es sey gerade Sabbath gewesen, als Jesus den Blinden heilte, aber mit keinem Worte deuten die Leute darauf hin, daß die Heilung ihnen als Sabbathsverletzung bedenklich schien; auch vor Gericht wird dieses umstan- deS in einer Aeußerung der Pharisäer nur beiläufig gedacht und selbst diese gelegentliche Erwähnung war im Grunde überflüssig, da die Sache Jesu nach einem früheren Beschluß des Synedrium bereits verdammt und Jeder, der ihn als Messias bekennen wollte, mit dem Fluch belegt war (V. 22). | He acts as if he himself had been present everywhere and had heard all this idle talk himself, and he cannot even tell us why the neighbors and acquaintances of the healed man lead him to the Pharisees. The people argue about the identity of the person – the healed man assures us that he is indeed the same man they knew as a blind man, that a certain Jesus healed him, but where he is, he cannot tell them on their request, and is led by them to the meeting of the Pharisees. It remains unknown, however, what reason they had for doing so, and what prompted them to ask the healed man where Jesus was. The evangelist immediately remarks (v. 14) that it was the Sabbath when Jesus healed the blind man, but the people do not indicate that the healing seemed to them to be a Sabbath violation; even in court this circumstance is only casually mentioned in a statement of the Pharisees, and even this occasional mention was basically superfluous, since the cause of Jesus was already condemned according to an earlier decision of the synod, and anyone who wanted to confess Him as the Messiah was cursed (v. 22). |
231 | Wenn die Leute mit keinem Wort darauf hindeuten, daß ihnen die Heilung als eine Verletzung des Sabbathsgesetzes strafbar schien, und recht daran thun, daß sie dieser Eollision nicht einmal gedenken, da sie auch dem Gericht kaum mehr als einer gelegentlichen Erwähnung Werth schien, so hatten sie in der That keinen Grund, den frühern Blinden vor Gericht zu führen, da der Excommunicationsbeschluß der Obrigkeit auf denselben keine Anwendung finden konnte — der Geheilte nämlich von dem Herrn so fremd sprach, daß er ihn nur als einen gewissen Jesus bezeichnete.
Als ob die Leute überhaupt einen Grund haben müßten! Als ob es nicht dem Vierten überhaupt darauf ankam, daß der frühere Blinde vor Gericht geführt und seine wunderbare Heilung durch die richterliche untersuchung vollständig constatirt wurde! |
If the people do not indicate with a word that the healing seemed to them to be punishable as a violation of the Sabbath law, and are right in not even remembering this collision, since it also seemed to the court to be worth hardly more than an occasional mention, then they had indeed no reason to bring the former blind man before the court, since the decree of the authorities could not apply to him – the healed man spoke of the Lord so strangely that he referred to him only as a certain Jesus.
As if the people had to have a reason at all! As if it did not matter to the fourth evangelist at all that the former blind man was brought before the court and his miraculous healing was completely confirmed by the judicial examination! |
231/232 | Während aber die Eollision mit dem Sabbathsgesetz vor der Wichtigkeit, die der Evangelist dem Excommunicationsbeschluß der Obrigkeit beilegt, als bedeutungslos zurücktritt, hat eben dieser Beschluß das unglück, daß er als eine unmöglich- keit zu Boden fällt und die ganze Erzählung in seinen Ruin mit hineinzieht. Der Verfasser hat den Beschluß dreimal im Interesse seines künstlerischen Pragmatismus benutzt’ — zuerst müssen die Eltern des Geheilten, die die Pharisäer vorgeladen hatten, weil ihnen die Aussagen des Sohnes unbequem waren, aus Furcht vor dem Bann sich zurückhaltend aussprechen und die Richter lediglich wieder an ihren Sohn verweisen — sodann muß dieser, nachdem er wieder vorgerufen worden, auf seiner frühern Argumentation bestehen, daß der, dem er den Gebrauch seiner Augen verdanke, etwas Besonderes seyn müsse, und den Pharisäern, die ihm von neuem zusetzen, mit läppischer Frechheit die Frage entgegenwerfen, ob sie etwa, wenn sie sich so lebhaft für das Werk des Wunderthäters interessiren, seine Jünger werden d. h. selbst dem Bann verfallen wollen (V. 27) — endlich, als der Geheilte auf seinem Schluß besteht, daß ein Mensch, der einem Blindgeborenen die Augen aufthut, von Gott seyn müsse, wird er „hinausgestoßen” (V. 34) d. h. aus dem Gerichtssaal und zugleich aus dem gesetzlichen Verband. | But while the collision with the Sabbath law recedes as insignificant before the importance that the evangelist attaches to the decision of the authorities, this very decision has the misfortune that it falls to the ground as an impossibility and drags the whole narrative into its ruin. The author has used the decision three times in the interest of his artistic pragmatism’ – first, the parents of the healed man, who had summoned the Pharisees because they were uncomfortable with the son’s statements, must, for fear of the ban, speak out with restraint and merely refer the judges back to their son – then the latter, after he has been summoned again, must insist on his earlier argumentation that he, to whom he owes the use of his eyes, must be something special, and toss the question to the Pharisees, who are again assailing him, with ludicrous impudence, whether they, if they are so vividly interested in the work of the miracle-worker, will become his disciples, i.e. fall under the ban themselves. Finally, when the healed man insists on his conclusion that a man who opens the eyes of a man born blind must be of God, he is “cast out” (v. 34), i.e., from the courtroom and at the same time from the legal association. |
232/233 | Wann aber ist der Excommunicationsbeschluß gefaßt worden? Früher bereits muß er bekannt gemacht seyn, denn die Eltern des Geheilten fürchten sich nur aus dem Grunde, über die Heilung ihres Sohns sich des Wettern auszulassen, damit aus ihren Aussagen nicht auf einen Glauben an den Wunderthäter ein Schluß gemacht werden könne — der Evangelist steht auch in der Meinung, daß er seinen Lesern berichtet habe, wann und unter welchen umständen die Obrigkeit jenen Beschluß gefaßt und publicirt habe; das Einzige aber, was ihn auf diese Meinung bringen konnte, war das Wort, welches die Pharisäer des Synedriums Tags zuvor E. 7, 49 an ihre verdächtigen Diener gerichtet hatten, als sie ihnen zuriefen: ob denn Einer von den Obern an diesen glaube und nicht vielmehr nur das Volk, welches das Gesetz nicht kennt, verflucht ist — er wollte auch, als er diesen Ausruf bildete, sich das Recht verschaffen, später den Excommunicationsbeschluß als einen längst gefaßten zu bezeichnen — allein wie immer versah er sich auch hier wieder; als er die Pharisäer ihre Diener in dieser Weise anfahren ließ, ließ er sie in der Hitze der Leidenschaft nur ihre persönliche Ansicht aussprechen, nur den allgemeinen Satz hinwerfen, daß das Volk, welches das Gesetz nicht kennt, dem Fluch verfallen ist — er hatte damals wirklich die Absicht, das Folgende vorzubereiten, darum hat er in jene Frage der Pharisäer an ihre Diener so ungeschickt und unmotivirt das Wort Fluch hinein geflochten, darum hat er den einzig richtigen und von dem Eingang der Frage geforderten Nachsatz und Gegensatz: ob sie denn nicht sahen, daß vielmehr nur das Volk an diesen glaube, verfehlt — aber es bleibt dabei, daß der Fluch, auf den sie sich berufen und den sie somit nicht erst aussprechen und gerichtlich androhen, nur der allgemeine Fluch des Gesetzes über seine Nichtachtung ist — es bleibt also dabei, daß der Excommunicationsbeschtuß des Synedrium nicht berichtet ist. | But when was the decision to excommunicate made? It must have been made known earlier, because the parents of the healed man were only afraid to vent about the healing of their son, so that no conclusion could be drawn from their statements about a belief in the miracle worker – the evangelist is also of the opinion that he reported to his readers when and under which circumstances the authorities had made and published that decision; but the only thing that could have led him to this opinion was the word that the Pharisees of the synod had addressed to their suspicious servants the day before ch. 7, 49 had addressed to their suspicious servants, when they called out to them: whether then one of the rulers believes in this and not rather only the people, who do not know the law, are accursed – he also wanted, when he formed this exclamation, to gain the right to later call the decision of excommunication a decision that had been made long ago – but as always he failed again here; when he let the Pharisees address their servants in this way, he only let them express their personal opinion in the heat of passion, only throwing down the general sentence that the people who do not know the law are subject to the curse – he really had the intention at that time to prepare what follows, that is why he wove the word curse into that question of the Pharisees to their servants so clumsily and unmotivatedly, that is why he did not use the only correct epilogue and contrast demanded by the entrance of the question: whether they did not see that only the people believed in it – but it remains that the curse, to which they refer and which they thus do not first pronounce and threaten judicially, is only the general curse of the law about its non-observance – so it remains that the decision of the synod on excommunication is not reported. |
233 | Der Verfasser wollte wieder recht reich thun, indem er Eollision auf Eollision häufte: zu der Eollision der That Jesu mit dem Sabbathsgesetz fügte er noch die Eollision zwischen der gläubigen Dankbarkeit des Geheilten und einem Excommunica- tionSbeschluß der Obrigkeit, während er aber die erstere Eollision nicht ernstlich durchführte, hat er die zweite, die er wirklich bis ins kleinste Detail aussühren wollte, nicht einmal erklärlich machen können. | The author again wanted to do quite richly by heaping collision upon collision: to the collision of Jesus’ deed with the Sabbath law he added the collision between the believing gratitude of the healed and an excommunication decision of the authorities, but while he did not seriously carry out the first collision, he could not even explain the second one, which he really wanted to carry out in the smallest detail. |
233/234 | Jm Bericht der Apostelgeschichte allerdings, — da ist es anders, — da ist wenigstens Zusammenhang, ursprüngliche Ordnung — da werden Petrus und Johannes, weil ihre Heilung des Lahmgeborenen allgemeines Aufsehen machte und ihre Predigt vom Auferstandenen Glauben fand, gefänglich eingezogen und vor Gericht gestellt, da steht der Geheilte neben seinen Wohlthätern und die Obrigkeit kann den Thatbestand des Wun-ders nicht läugnen (Apostelgesch. 4, 14) — da beräth das Synedrium in geheimer Sitzung und findet es nur noch den Ausweg, daß es die Jünger streng bedroht (V. 7), zu Niemandem mehr von diesem Namen (Jesu) zu sprechen. Das ist das Verbot, aus welchem der Vierte seinen Ex- communicationsbeschluß gemacht hat. | In the report of the Acts of the Apostles, however, – there it is different, – there is at least coherence, original order – there Peter and John, because their healing of the lame-born caused a general stir and their preaching of the Risen Lord was believed, are taken into custody and put on trial, there the healed man stands next to his benefactors and the authorities cannot deny the fact of the miracle (Acts 4, 14). 4, 14) – then the synod deliberates in secret session and only finds a way out by strictly threatening the disciples (v. 7) not to speak of this name (Jesus) to anyone anymore. This is the prohibition from which the fourth evangelist made his ex-communication decision. |
234 | Ehe das Synedrium der Apostelgeschichte zu seinem Beschluß kam, ließ es die Jünger — natürlich auch den Geheilten, der zu ihrer Seite stand, — hinausgehen; nachher riefen sie sie wieder herein und verkündeten ihnen ihr Verbot: — so ruft das Synedrium des Vierten den Geheilten auch von neuem herein, als seine Eltern ihre ausweichenden Aussagen gethan hatten, nur hat der Evangelist leider vergessen, daß derselbe noch vor den Richtern stand, da in demselben Augenblicke seine Eltern mit ihm confrontirt waren (V. 19—24).
Ob aber die Verhandlung, von der der Vierte berichtet, wirklich vor einem ordentlichen Synedrium geschah? Welche Frage! Die Apostelgeschichte, die er für seine Darstellung benutzt und aus der er allein diese gerichtlichen Verhandlung kennt, sagt ja ausdrücklich, daß die Sache vor dem Synedrium geführt wurde. Aber am Sabbath konnte doch kein Gericht gehalten werden? Als ob der Sabbath, den der Vierte selbst nur gelegentlich erwähnen läßt, für ihn ein Hinderniß seyn konnte, sobald er den höchsten Gerichtshof zu seinen Zwecken brauchte! Das Synedrium mußte sitzen, mochte es Sabbath seyn oder nicht — es mußte sitzen, wenn auch der heilige Geschichtschreiber von der Rechtsverfassung der Juden zu jener Zeit, in der sich seine Erzählung bewegt, mehr gewußt hätte, als er in der That beweist. |
Before the synod of the Acts of the Apostles came to its decision, it let the disciples – of course also the healed one, who stood at their side – go out; afterwards they called them in again and announced their prohibition to them: – so the synod of the fourth evangelist also calls the healed one in again, when his parents had made their evasive statements, only the evangelist unfortunately forgot that he still stood before the judges, since at the same moment his parents were confronted with him (v. 19-24).
But whether the trial reported by the fourth evanglist really took place before a proper synod? What a question! The Acts of the Apostles, which he uses for his account and from which alone he knows this judicial hearing, expressly says that the matter was conducted before the synod. But surely no court could be held on the Sabbath? As if the Sabbath, which the Fourth himself mentions only occasionally, could be an obstacle for him, as soon as he needed the highest court for his purposes! The synod had to sit, no matter if it was Sabbath or not – it had to sit, even if the sacred historian would have known more about the legal constitution of the Jews at that time, in which his narration moves, than he proves in fact. |
234/235 | Während die Spaltung, zu der das Wunder Anlaß gibt, im Kreise des Volks sich dießmal auf den bedeutungslosen Streit beschränkt, daß einige der Nachbarn des Bettlers — spater nämlich erst, V. 8, wird der Mensch zu einem Bettler — anerkennen, er sey der frühere Blinde, Andere es bezweifeln, müssen sich die Pharisäer ernstlicher entzweien, indem einige behaupten, ein Mensch wie Jesus könne nicht von Gott seyn,.weil er den Sabbath nicht hält, Andere aber fragen, ob wohl ein sündiger Mensch solche Zeichen thun könne — natürlich aber bleibt die Zwietracht, die darüber unter ihnen ausbrach, ohne Folgen, da sie nur dem Zwiespalt, den in ihrer frühern Sitzung Nikodemus erregte, nachgebildet ist — vor allem aber deshalb, weil sie wie dieser frühere Zwiespalt die ungeschickte Nachahmung des unberichts ist, den der Vierte zur Ausmalung dieser Gerichtsscenen benutzt hat. Dort, in der Apostelgeschichte, als Petrus mit seinen Genossen wieder vor Gericht stand und das Synedrium in seiner Verlegenheit die Angeklagten für einen Augenblick abtreten hieß, steht Gamaliel mit seinem Nach auf und — findet Gehör. Der Vierte wollte auch seinen Gamaliel haben, wollte auch Gutgesinnte sprechen und ihre Kollegen zur Besonnenheit ermahnen lassen, aber weiter, über diese Absicht hinaus sah er nicht, konnte er nicht sehen/ darum müssen seine Gutgesinnten in die Luft sprechen und bleibt selbst der Zwiespalt, zu dem sie Anlaß geben, ohne alle und jede Folge. | While the division, to which the miracle gives rise, in the circle of the people is limited this time to the meaningless dispute that some of the neighbors of the beggar – later, v. 8, the man becomes a beggar – acknowledge that he is the former blind man, others doubt it, the Pharisees have to divide more seriously, in that some claim that a man like Jesus cannot be from God, because he does not keep the Sabbath. Of course, the discord that broke out among them over this remains without consequences, since it is only modeled on the discord that Nicodemus aroused in their earlier meeting – but especially because, like this earlier discord, it is the clumsy imitation of the unreported one that the Fourth used to paint these judgments. There, in the Acts of the Apostles, when Peter was again on trial with his comrades and the Synedrium, in its embarrassment, ordered the defendants to step down for a moment, Gamaliel stands up with his Nach[?] and – is heard. The fourth also wanted to have his Gamaliel, also wanted to let good-minded people speak and to admonish their colleagues to prudence, but further, beyond this intention he did not see, he could not see/ therefore his good-minded people have to speak into the air and even the discord to which they give rise remains without all and any consequence. |
235/236 | Die Steigerung, mit der der Vierte dießmal schließen wollte, sollte sich auf die Art und Weise gründen, in der sich bisher der Glaube des Geheilten bewiesen und ausgesprochen hatte, und denselben in seiner Vollendung zeigen. Erst war dem Blinden Jesus nur ein Gewisser, den man so nenne, vor Gericht nennt er ihn einen Propheten und verhöhnt er sogar ziemlich dreist die Pharisäer, daß sie nicht wissen, von wannen der sey, der ihm die Augen geöffnet habe — endlich, als er ausgestoßen war, trifft ihn Jesus und decouvrirt sich ihm als den Herrn. Die unterste Grundlage der Steigerung bildet also das völlige Nichtwissen — sodann steigt der halbe Glaube hervor — die Spitze der Erzählung wird dadurch gebildet, daß Jesus den Menschen zum vollen Glauben bringt. | The increase, with which the fourth wanted to close this time, should be based on the way in which the faith of the healed man had proven and expressed itself so far, and show it in its completion. At first, Jesus was only a certain man to the blind man, he calls him a prophet in court, and he even mocks the Pharisees quite brazenly that they do not know from whom he came who opened his eyes – finally, when he was expelled, Jesus meets him and decouples himself as the Lord. The lowest basis of the increase forms the complete not knowing – then the half faith rises – the top of the narration is formed by the fact that Jesus brings the man to the full faith. |
236 | Allein weder die Spitze noch ihre doppelte Grundlage ist naturgemäß gebildet. Gesetzt den Fall, der Blinde, der von Jesus im Vorbeigehen bemerkt und geheilt wurde, ohne daß ihm dieser eröffnete, wer er sey, der Blinde, der sogar erst durch das Wasser Siloahs den Gebrauch seiner Augen wieder erhielt, hätte wirklich erfahren, daß Jesus sein Wohlthäter sey, so hätte er auch erfahren müssen, als was dieser Jesus unter dem Volk bereits galt und als was er selbst gelten wollte. Einerseits weiß er also zu viel, wenn er weiß, daß dieser Mensch Jesus heiße, zu wenig andrerseits, wenn er nicht weiß, was dieser Jesus bedeuten wolle.
Ebenso weiß er vor Gericht zu viel, wenn er Jesum einen Propheten nennt und sogar die Pharisäer verhöhnt, daß sie nicht wissen, von wannen der Wunderthäter sey — es ist zuviel, da ihm Jesus kurz zuvor nur ein Gewisser ist — zu viel, da er Jesum, als ihn dieser nachher fragt, ob er an den Sohn Gottes glaube, auffordert, ihm zu sagen, wer das sey, damit er an ihn glaube — zu viel, da er bei diesem letzten Zusammentreffen mit Jesus so spricht, als ob er noch gar keine Ahndung davon habe, daß dieser nur von Gott hergekommen seyn könne; — es ist aber auch zu wenig, da er dem Banne trotzt, mit dem derjenige bedroht war, der Jesum bekannte, da somit seine Wahl zwischen dem Fluch des Gesetzes und dem Bekenntniß Jesu bereits getroffen war. |
But neither the point nor its double basis is formed naturally. Supposing the blind man, who was noticed and healed by Jesus in passing, without the latter telling him who he was, the blind man, who only regained the use of his eyes through the water of Siloah, had really learned that Jesus was his benefactor, he would also have had to learn what this Jesus was already regarded as among the people and what he himself wanted to be regarded as. On the one hand, he knows too much, if he knows that this man is called Jesus, too little on the other hand, if he does not know what this Jesus wants to mean.
Likewise, he knows too much in court when he calls Jesus a prophet and even mocks the Pharisees that they do not know from where the miracle worker comes – it is too much, since Jesus is only a certainty to him shortly before – too much, since he asks Jesus, when he asks him afterwards, too much, since he speaks at this last encounter with Jesus as if he had no idea that he could only have come from God; – But it is also too little, since he defies the ban with which the one who confessed Jesus was threatened, since thus his choice between the curse of the law and the confession of Jesus was already made. |
236/237 | Die beiden Seiten dieses Widerspruchs treten sich in ihrer ganzen Schroffheit entgegen, wenn Jesus den Menschen fragt: „du glaubst an den Sohn Gottes?” d. h. um deines Glaubens willen, weil du mich als den Sohn Gottes anerkennst, hast du also den Fluch des Gesetzes und den Bann deiner Obrigkeit über dich ergehen lassen? und wenn der Mensch dann erst erfahren will, wer der Sohn Gottes sey, damit er an ihn glaube. | The two sides of this contradiction confront each other in all their abruptness when Jesus asks the man: “You believe in the Son of God?” i.e. for the sake of your faith, because you acknowledge me as the Son of God, have you therefore suffered the curse of the law and the ban of your authorities? and when the man then first wants to know who the Son of God is, so that he believes in him. |
237 | Der Evangelist ist aber kein Künstler. Wir wenigstens werden ihm nicht lästig fallen und von ihm Zusammenhang der Darstellung, Einheit der Entwicklung verlangen, einen naturgemäßen Verlauf der Begebenheiten in seiner Darstellung erwarten. Er konnte nicht besser schildern und mußte es namentlich dahin bringen, daß die Frage Jesu, die die letzte Entscheidung herbeiführen sollte, die Frage: „du glaubst an den Sohn Gottes?” den Anstrich jener schwächlichen Aufdringlichkeit erhielt, die allen Predigten seines Herrn eigen ist.
Wir haben, wie bisher, nur den Thatbestand festzustetlen und zu erklären. |
But the evangelist is not an artist. At least we will not be troublesome to him and demand coherence of representation, unity of development, expect a natural course of events in his representation. He could not describe better and had to bring it to the point that the question of Jesus, which should bring about the last decision, the question: “You believe in the Son of God?
As before, we have only to establish and explain the facts. |
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237/238 | Wenn nun Jesus, als er den Geheilten zum Glauben gebracht, sogleich davon spricht, daß er zum Gericht auf diese Welt gekommen (V. 39), auf daß die da nicht sehen, sehend und die da sehen, blind werden, und wenn dann augenblicklich die Pharisäer bei der Hand sind und mit ihrer frechen Frage: sind sind wir denn auch blind, dem Herrn zu einer langen Bilderrede über Hirten und Schafe Gelegenheit geben, so wollen wir weder fragen, woher auf einmal die Pharisäer kommen können, da das vorhergehende Gespräch Jesu mit dem Gebannten doch nur als ein einsames zu denken ist, noch es als einen besondern Verstoß hervorheben, daß der Ruhm der Blinden und das Strafwort über die Sehenden an einen der glücklichen Blinden selbst gerichtet ist. | If Jesus, when he brought the healed man to faith, immediately speaks of his coming to this world for judgment (v. 39), so that those who do not see may see, and those who see may become blind, and when the Pharisees are immediately at hand with their impertinent question: Are we then also blind, give the Lord the opportunity for a long metaphorical speech about shepherds and sheep, then we neither want to ask where the Pharisees can suddenly come from, since the preceding conversation of Jesus with the banished man can only be thought of as a solitary one, nor do we want to emphasize it as a special violation that the glory of the blind and the word of punishment over the seeing is addressed to one of the happy blind themselves. |
238 | Unmögliche Voraussetzungen, Verstöße sind wir nun endlich von Seiten des Vierten gewohnt worden. Wir haben vielmehr noch kein richtiges und natürliches Motiv, noch keine naturgemäße Situation gefunden.
Wir können daher auch dießmal nur daran erinnern, daß der Gegensatz, den der Vierte verarbeitet, in seiner urgestalt — in der Schrift des Marcus E. 2, 17 — allein richtig gestellt ist, wenn er als wirklicher und vernichtender Donner gegen die Sichern und Stolzen selbst gerichtet ist; — daß die weitere Verarbeitung des ursprünglichen Spruchs, die der Vierte auch noch benutzt hat, der Preis, den der Jesus des Lukas dem Herrn des Himmels und der Erde darbringt (Luk. 10, 21), daß er solches den Weisen und Klugen verborgen und den Unmündigen offenbaret hat, wenigstens so weit noch motivirt ist, daß eine Strafpredigt über den Unglauben vorhergeht — aber von vornherein einem der Kranken und Geheilten selbst sagen, ihm und seinen Genossen sey die Krone der Ehren bestimmt, das hieß, dem schneidenden Worte seine wahre Richtung und Bedeutung nehmen, ihm eine weichliche und sentimentale Haltung geben und in dem Kranken durch den Gegensatz gegen die Verworfenen den Reiz des Stolzes und der widerlichen Selbstüberhebnng erwecken. |
Impossible conditions, violations we have now finally been used to on the part of the fourth. We have not yet found a correct and natural motive, a natural situation.
Therefore, we can only remember that the opposition that the Fourth is processing, in its original form – in the writing of Mark ch. 2, 17 – is only correct, if it is directed as real and destructive thunder against the secure and proud themselves; – that the further processing of the original saying, which the Fourth also still used, the price that Luke’s Jesus offers to the Lord of heaven and earth (Luk. 10, 21), that he hid such things from the wise and prudent and revealed them to the underage, is still motivated at least to the extent that it is preceded by a punitive sermon about unbelief – but to tell one of the sick and healed from the start that the crown of honors is destined for him and his comrades, That is, to deprive the cutting word of its true direction and meaning, to give it a soft and sentimental attitude, and to arouse in the sick person, through the contrast with the rejected, the charm of pride and disgusting self-conceit. |
238/239 | Wir verlangen ferner vom Vierten gar nicht mehr, daß er für die Bilderrede vom wahren Hirten einen naturgemäßen Anlaß, eine naturgemäße Situation bilden solle. Er kann es nicht. Jndem er seinen Herrn C. 10, 1 mit der Formel: „wahrlich, wahrlich, ich sage euch,” mit einer Formel also, die sonst immer das Vorhergehende bestätigt, indem sie das-selbe zu ihrem höchsten Ausdruck führt, die Nede von den Hirten einleiten läßt, glaubte er den besten Zusammenhang zu bilden — und doch war von den Obern als Hirten des Volks nicht die Nede. Freilich — freilich ruft der Jesus des Lukas und des Matthäus das Wehe über die Cchriftgelehrten und Pharisäer aus, weil sie (Luk. 1), 52. Matth. 23, 13. 16) den Menschen das Himmelreich verschließen und blinde Führer sind — aber das ist auch etwas Anderes, da ist Zusammenhang und von dem Verhältniß der schriftgelehrten Führer zu dem Volk die Nede, — der Vierte aber, der sich im besten Zusammenhange zu befinden meint, weil in seiner Schrift vorher den Pharisäern ihre Blindheit zum Vorwurf gemacht ist, hat nicht daran gedacht, daß dieser Spruch von den blinden Sehenden nur den Stolz der Selbstgerechtigkeit überhaupt strafen soll und so weit er sich auf die blinden Pharisäer bezieht, ihr Verhältniß zu Andern, die sie leiten und führen sollen, gar nicht im Auge hat. | Furthermore, we no longer demand from the fourth that he should form a natural occasion, a natural situation for the imagery of the true shepherd. He cannot. When he lets his Lord ch. 10, 1 introduce the speech of the shepherds with the formula: “Verily, verily, I say unto you,” with a formula that otherwise always confirms the preceding by leading it to its highest expression, he believed to form the best context – and yet there was no mention of the rulers as shepherds of the people. Of course – of course the Jesus of Luke and Matthew cries woe to the scribes and Pharisees because they (Luk. 1, 52. Matth. 23, 13. 16) close the kingdom of heaven to the people and are blind guides – but this is also something else, there is the connection and the relationship of the scribal leaders to the people, – but the fourth, who thinks he is in the best connection, because the Pharisees are reproached for their blindness in his scripture, has not thought of the fact that this saying about the blind sighted is only meant to punish the pride of self-righteousness in general and, as far as it refers to the blind Pharisees, does not have their relationship to others in mind, whom they are supposed to lead and guide. |
239/240 | Als der Vierte seine Schrift verfertigte, war die plastische Kraft des christlichen Princips, welche die Verfasser der ersten Evangelien zur Ausarbeitung ihrer Parabeln aufgewandt hatten, bereits erschöpft und erstorben: nur die Vergleichung, das Bild war noch übrig geblieben, wenn der evangelische Geschichtschreiber seinem Herrn die symbolische Sprache zur Verfügung stellen wollte — der Vierte brächte in diese Form alles Leben, welches ihm zu Gebote stand, indem er sie mit seinen lang- athmigen Antithesen beseelte und vermittelst dieser Gegensätze den Schein der innern Bewegung unterhielt — so führt er umständlich aus (C. 10, 1—5), wie der wahre Hirt der Schafe durch die Thüre in den Stall geht, während der Dieb und Räuber auf einem andern Wege eindringt, wie der Thürwärter dem Hirten öffnet, wie die Schafe seine Stimme kennen, wie sie ihm folgen u. s. w. — die Kunst aber, die ihm immer treulich half, wenn es ihm darauf ankam, den Ereignissen und den Reden seines Herrn den Charakter des Reichthums und den Reiz einer gehaltvollen Verwicklung mitzutheilen, die Kunst der Verwirrung ließ ihn auch in der Ausarbeitung seiner Bilderreden nicht im Stich und machte es ihm möglich, denselben den unwidersprechlichen Stempel der Neuheit, Tiefe, ja, der himmlischen unergründlichkeit zu geben. | When the Fourth produced his writing, the plastic power of the Christian principle, which the authors of the first Gospels had used for the elaboration of their parables, had already been exhausted and died: Only the comparison, the image had remained, if the evangelical historian wanted to put the symbolic language at the disposal of his Lord – the Fourth would bring into this form all the life that was at his command, by animating it with his long-winded antitheses and by means of these contrasts entertained the appearance of the inner movement – so he elaborates circumstantially (ch. 10, 1-5), how the true shepherd of the sheep enters the stable through the door, while the thief and robber enter by another way, how the doorkeeper opens the door for the shepherd, how the sheep know his voice, how they follow him, and so on. – The art, however, which always helped him faithfully when it was important to him to impart the character of richness and the attraction of a substantial entanglement to the events and the speeches of his master, the art of confusion did not let him down even in the elaboration of his picture speeches and made it possible for him to give them the irrefutable stamp of novelty, depth, yes, of heavenly inscrutability. |
240/241 | Als die Zuhörer das Gleichniß vom wahren Hirten nicht verstanden — sich nicht zu deuten wußten, wie es bei der wunderbaren Natur aller Reden des Herrn nothwendig ist, fährt er V. 7 betheuernd, bestärkend und an das vorhergehende Gleich- niß mit den Worten: „wahrlich, wahrlich ich sage euch”, anknüpfend fort: „ich bin die Thüre der Schafe”. Die Thüre also? die Thüre, durch welche die Schafe ein- und ausgehen? Ja, so ist es — V. 9 folgt die Deutung, daß wer durch ihn eingeht, die Seligkeit ererben, ein- und ausgehen und Weide finden wird. Aber wo bleibt nun der Gegensatz, nicht nur der Gegensatz, der die ganze Bilderrede vorher und nachher durchzieht — der Gegensatz des wahren und falschen Hirten, der sogar zwischen dem Bild von der Thüre und zwischen dessen Deutung V. 8 sich wieder eindrängt, sondern auch der Gegensatz, durch welchen dieses Bild erst verständlich werden und seinen innern Halt bekommen würde? Wenn der Herr die Thür zum Schaafstall ist, wenn er in einer Rede, die sich nur in Gegensätzen bewegt, sich als die Thür zur Geltung bringen will, so müßte er entweder ausführen, daß es nur Einen Eingang zum Stall gibt, der nämlich, den er allein vermittelt, oder der Gegensatz zu der Thür, die zur Seligkeit führt, müßte ein trügerischer Eingang oder der Eingang in einen ganz andern Stall, in den Ort des Verderbens seyn. Dieser Gegensatz fehlt — und doch glaubt der Verfasser sich gleichmäßig wie vorher und nachher durch diesen Gegensatz hindurchzuwinden; der Gegensatz, der dem Bilde zu Grunde liegt, tritt aus der Richtung in der sich die vorhergehenden und die nachfolgenden Gegensätze bewegen, heraus und doch glaubt der Evangelist innerhalb desselben Gegensatzes zu stehen, in dem sich die Bilderrede vorher und nachher hält, des Gegensatzes des wahren und des falschen Hirten. UM so mehr glaubt er sich im besten Zusammenhang zu befinden, als er auch in den Anfang der ganzen Bilderrede die Erwähnung der Thür eingeflochten hatte — aber desto schlimmer — nun wird der Schade desto größer und zeigt sich, daß die Verwirrung tiefer greift und in einem Jnteresse begründet ist, welches den Evangelisten beschäftigt, das er aber gleichwohl nicht befriedigen und überwältigen und mit dem Ganzen, welches er gestalten will, in Einklang bringen konnte — kurz, in einem Jntereffe, welches draußen stehen bleibt und nur als ein störender Anklang aus einem fremden Werk in seine Arbeit eindringt. | When the listeners did not understand the simile of the true shepherd – did not know how to interpret it, as it is necessary with the wonderful nature of all speeches of the Lord – he continues v. 7 affirming, strengthening and following up the previous simile with the words: “truly, truly I say to you”: “I am the door of the sheep”. The door, then, the door through which the sheep go in and out? Yes, so it is – v. 9 follows the interpretation that whoever enters through him will inherit blessedness, will go in and out and find pasture. But where is the contrast now, not only the contrast that runs through the entire imagery before and after – the contrast of the true and false shepherd, which even between the image of the door and between its interpretation v. 8 forces itself in again, but also the contrast through which this image would first become understandable and get its inner support? If the Lord is the door to the sheepfold, if he wants to show himself as the door in a speech that moves only in opposites, then he would either have to explain that there is only one entrance to the sheepfold, namely the one that he alone mediates, or the contrast to the door that leads to blessedness would have to be a deceptive entrance or the entrance to a completely different sheepfold, to the place of destruction. This contrast is missing – and yet the author believes to wind his way through this contrast, just as before and after; the contrast, which is the basis of the picture, steps out of the direction in which the preceding and the following contrasts move, and yet the evangelist believes to stand within the same contrast, in which the speech in the picture holds itself before and after, the contrast of the true and the false shepherd. All the more he believes to be in the best context, as he had also woven the mention of the door into the beginning of the whole discourse on images – but the worse – now the damage becomes all the greater and shows that the confusion reaches deeper and is rooted in a common interest, which occupies the evangelist, but which he nevertheless could not satisfy and overwhelm and bring into harmony with the whole, which he wants to form – in short, in an interest which remains outside and only penetrates into his work as a disturbing echo from a foreign work. |
241/242 | Nun, — dieser Gegensatz, der hier halb und gebrochen, also nur störend anklingt, hat seine Heimath und ist wirklich durchgeführt in dem Darstellungskreise, dem der Vierte den Grundstoff zu seiner Rede über die blinden Führer entlehnt hat — der Jesus des Lukas und Matthäus, der über die blinden Führer des Volks das Wehe ausruft, klagt sie an: daß sie den Schlüssel der Erkenntniß in Besitz haben, aber denen wehren, die hinein wollen (Luk. 11, 52. Matth. 23, 13. 24) — der Vierte hat dazu den Gegensatz der offenen Thüre gebildet, aber die erklärende Voraussetzung ausgelassen; – der Jesus deö Lukas ferner (C. 13, 24) spricht von der engen Pforte, die nur Wenigen den Eintritt erlaubt, der Je-suS des Matthäus (E. 7, 13) stellt dazu den Gegensatz des breiten Weges auf, der zur Verdammniß führt — der Vierte hat diese Thür des Gegensatzes in sein Bauwerk ausgenommen, aber den Gegensatz, der ihre Proportion bestimmt und erklärt, draußen gelassen. | Now, – this contrast, which is here half and broken, thus only disturbing, has its home and is really carried out in the circle of representation, from which the fourth has borrowed the basic material for his speech about the blind leaders – the Jesus of Luke and Matthew, who proclaims the woe about the blind leaders of the people, accuses them: that they have the key of knowledge in their possession, but refuse those who want to enter (Luke 11, 52. Matth 23, 13. 24) – the fourth one formed the contrast of the open door, but left out the explanatory prerequisite; – the Jesus of Luke further (ch. 13, 24) speaks of the narrow gate, which allows only a few to enter, the Jesus of Matthew (ch. 7, 13) sets up the contrast of the wide way, which leads to damnation – the fourth one excluded this door of contrast in his construction, but left out the contrast, which determines and explains its proportion. |
242 | Die Kunst der Verwirrung, als deren Meister der Evangelist in der Aufrichtung dieser Scheinthüre sich von neuem bewährt hat, übt er den Augenblick darauf, indem er seinen Herrn D. 8 sagen läßt: „Alle, die vor mir kamen, sind Diebe und Räuber.” Wenn der Herr von Solchen spricht, die vor ihm kamen, die also kamen, ehe er kam, so kann er nur von Solchen sprechen, die vor ihm mit den Ansprüchen auftraten, mit denen er allein auftreten durfte, die die Leute berücken und als das gelten wollten, was er allein in Wahrheit ist. Er ist der Messias, die also ihm zuvorkamen und als er selbst gelten wollten, sind falsche Mesflaffe, — und es müssen schon Viele mit diesen falschen Ansprüchen aufgetreten seyn, wenn Jesus von Allen spricht, weit in die Vergangenheit zu- rückgreift und über eine lange Reihe der geschichtlichen Entwicklung sein urtheil abgibt. | The art of confusion, as which the evangelist has proven himself anew in the erection of this illusory door, he practices the moment after, when he lets his Lord say 10. 8: “All who came before me are thieves and robbers.” When the Lord speaks of those who came before him, who came before he came, he can only speak of those who appeared before him with the claims with which he alone was allowed to appear, who wanted to move the people and be considered as what he alone is in truth. He is the Messiah, so those who preceded him and wanted to be considered as himself are false messiahs, – and many must have already appeared with these false claims, if Jesus speaks of all, reaches far back into the past and gives his verdict about a long series of historical development. |
242/243 | Run weiß aber die Geschichte Nichts von falschen Mes- siassen, die vor der Zeit Jesu aufgetreten seyen. Sodann sind die falschen Messiasse da, wo sie wirklich geschildert werden, — da, wo ihre Erwähnung begreiflich ist und wirklichen Zusammenhang hat, in der Rede des synoptischen Jesus über die letzten Dinge, Verführer, die allerdings vor dem Herrn auftreten und als der Himmlische gelten wollen, aber vor seiner zweiten Ankunft zum Weltgericht sich den Leuten aufdrängen*) und ihnen vorspiegeln, daß sie die Macht und Bestim-mung hätten, die letzte und entscheidende Wendung der Geschichte herbeizusühren — kurz, die falschen Messiasse sind eine geschichtliche Kategorie der synoptischen Evangelien, die den Frevel der äußersten Gewalthätigkeit und jener blasphemischen Anmaaßung repräsentiren soll, die das Gericht und die letzte Entscheidung, jene vom Vater (ebend. V. 32) dem Sohn vorbehaltene Vollmacht, an sich reißen will. | But history knows nothing about false messiahs who appeared before the time of Jesus. a – where their mention is understandable and has a real connection, in the speech of the synoptic Jesus about the last things, deceivers, who appear before the Lord and want to be considered as the heavenly one, but before his second coming to the Last Judgment they force themselves on the people*) and pretend to them, In short, the false Messiahs are a historical category of the Synoptic Gospels, which is supposed to represent the outrage of the extreme violence and that blasphemous presumption, which is the judgment and the last decision, that reserved by the Father (ibid. V. 32) to the Son. |
242* | *) Marc. 13, 5. 6. 21. 22. 26. | *) Mark 13, 5. 6. 21. 22. 26. |
243 | Es ist also klar, daß der Vierte sich sehr versehen hat. Nicht zu erwähnen, daß er die Gewaltmenschen nicht beschreibt und die Bekanntschaft der Leser mit ihnen voraussetzt, läßt er seinen Jesus von einer Kategorie, die erst nach seiner ersten Offenbarung und von seiner Wiederkunft zum Gericht ihre Zeit und Stelle hat, wie vor einer solchen sprechen, die bereits vor seiner ersten Ankunft ihren geschichtlichen Abschluß erhalten hat. | It is clear, then, that the Fourth has been very careful. Not to mention that he does not describe the men of violence and presupposes the acquaintance of the readers with them, he lets his Jesus speak of a category which has its time and place only after his first revelation and of his return to judgment, as before such a one which has already received its historical conclusion before his first coming. |
243/244 | Mit diesem Verstoß verglichen kann es beinahe nur eine Kleinigkeit genannt werden, wenn der Vierte seinen Herrn im letzten Abschnitt der Bilderrede die Aufnahme der Völker in seine Heerde als eine Folge seines Opfertodes bezeichnen (45.16), oder vielmehr den Zusammenhang zwischen seinem Tode und der Begnadigung der Heiden als einen bekannten voraussetzen und der Stiftung der Einen Heerde nur neben her erwähnen läßt, als wären seine Zuhörer mit diesem großen Gedanken so vertraut, daß für sie genug, ja Alles gesagt ist, wenn derselbe nur als Nebengedanke hingeworfen wird und im Ge- wirre der Antithesen (V. 15—18), in denen der Herr die Vollmacht, sein Leben aus dem Tode wiederzunehmen, in der göttlichen Liebe begründen möchte, die er sich durch die freiwillige Aufopferung seines Lebens erworben habe, aber nicht wirklich und rein begründen kann, weil der Evangelist die wirkliche Situation, daß Jesus ein Mysterium eröffnen soll, und seine Voraussetzung, daß dem Leser die Sache selbst längst bekannt und geläufig ist, in einander wirrt — in diesem Gewine sogar wieder verloren geht und spurlos verklingt. | Compared to this violation, it can almost be called a trifle, when the Fourth describes his Lord in the last section of the discourse on images the admission of the nations into his host as a consequence of his sacrificial death (45. 16), or rather when he lets his Lord presuppose the connection between his death and the pardon of the Gentiles as a well-known one and only mentions the foundation of the One Army as a side note, as if his listeners were so familiar with this great idea that enough, even everything, is said for them, when it is only thrown in as a side thought and is not mentioned in the confusion of the antitheses (vv. 15-18), in which the Lord wants to justify the authority to take back his life from death in divine love, which he had acquired through the voluntary sacrifice of his life, but cannot really and purely justify it, because the evangelist confuses the real situation, that Jesus is to open a mystery, and his presupposition, that the reader has long known and been familiar with the matter itself – in this confusion it even gets lost again and fades away without a trace. |
244 | Jn seiner Weise hat der Evangelist seine Bilderrede vollständig kritisirt, wenn er zuletzt die entgegengesetzten urtheile berichtet, zu denen sie der Volksmenge Anlaß gab. Diese Schlacht, die der Herr den blinden Führern des Volks liefern soll, diese Predigt von seinem Opfertode, diese Ankündigung der Beseeli- gung der Heiden, dieses urtheil über die Gewaltmänner, die vor der Zeit, die Gott geordnet, das letzte Gericht über die Welt herbeiführen wollten, soll nur den alten Vorwurf der Gegner, daß Jesus den Teufel habe, hervorrufen und hat auf diejenigen, die gerade durch diese Schlachtrede gewonnen seyn sollen, doch so wenig Eindruck gemacht, daß sie, um jenen Vorwurf zu widerlegen, zu einer längst abgemachten Geschichte zurückgehen müssen und nur daran erinnern können, daß ein böser Geist die Augen von Blinden nicht öffnen könne. Die Wunderthat, die am Blindgeborenen geschehen, müßte aber, wenn auch im natürlichen Sinne nach ihrer Verrichtung nicht viel Zeit verflossen, durch die Größe und Wichtigkeit der folgenden Rede fast in Vergessenheit gerathen seyn und die Gutgesinnten müßten, um den Gegnern gründlich „ das Maul zu stopfen”, auf den tiefen und wunderbaren Gehalt dieser Rede so wie auf die Evidenz ihres Jnhalts sich berufen. | In his way, the evangelist has completely criticized his discourse on images when he finally reports the opposite judgments to which it gave rise to the crowd. This battle, which the Lord is to deliver to the blind leaders of the people, this sermon of his sacrificial death, this announcement of the defeat of the Gentiles, this judgment on the men of violence, who wanted to bring about the last judgment on the world before the time which God had ordered, is only meant to provoke the old accusation of the opponents that Jesus has the devil, It has made so little impression on those who are supposed to have been won over by this battle speech that, in order to refute this accusation, they have to go back to a long settled story and can only recall that an evil spirit cannot open the eyes of the blind. The miraculous deed performed on the man born blind, however, if in the natural sense not much time had passed after its performance, would have been almost forgotten by the greatness and importance of the following speech, and the well-meaning would have to refer to the deep and miraculous content of this speech as well as to the evidence of its content in order to “shut up” the opponents thoroughly. |
244/245 | Allein der Evangelist konnte keinen bessern Schluß schaffen, als diese schlaffe Wendung, mit der er zum ersten Anlaß der ganzen Rede zurückschlich, und er hatte Recht, daß er die Gutgesinnten die Rede selbst, unmittelbar nachdem sie zu Ende war, wieder vergessen und sich nicht auf ihre unwiderstehliche Macht berufen ließ, denn sie war in der That keine Schlacht-rede und konnte mit ihrem Gewirre, in dem sich alle möglichen, in Wirklichkeit aber unmöglichen Voraussetzungen durchkreuzten, keine Seele gewinnen. | But the evangelist could not create a better conclusion than this limp turn, with which he crept back to the first occasion of the whole speech, and he was right that he let the well-meaning forget the speech itself immediately after it was over and not refer to its irresistible power, because it was indeed no slaughter speech and could not win a soul with its tangle, in which all possible, but in reality impossible premises were crossed. |
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Neil Godfrey
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