105 |
7.Das zweite Wunder in Galiläa,C. 4, 43-54. |
7.The second miracle in Galilee,C. 4, 43-54. |
105 | Der Evangelist, das wird ihm Jedermann zugestehen, ist ein gründlicher Schriftsteller, der aus Liebe zur Gründlichkeit sich zuweilen auch nicht scheut, die verschiedensten Motive, sogar solche, die sich in störender Weise einander durchkreuzen, zur Erklärung einer und derselben Thatsache zusammenzutragen. In seiner Gründlichkeit thut er sich selbst erst genug, wenn er alle möglichen Motive aufgefunden und seinen Lesern mitgetheilt hat; — nur widerfahrt ihm gewöhnlich das Unglück, daß er im Suchen sich zu weit verläuft und genau betrachtet, von der Sache, die er erklären wollte, sich ganz und gar entfernt hat.
Als er oben meldete, C. 4, 1—3, daß Jesus nach Galiläa aufbrach, hatte er die Aufmerksamkeit der Pharisäer auf seine Taufe als Grund angegeben; jetzt aber, wo Jesus im Begriff ist, Galiläa zu betreten — jetzt zumal, da der ausführliche Bericht über den Aufenthalt in Samaria dazwischen getreten ist, scheint ihm dieser Grund nicht mehr Kraft genug und Lebendigkeit zu besitzen; da er aber die pragmatische Begründung für die erste Pflicht des Geschichtschreibers hält, so sucht er nach einem neuen Motiv und berichtet nun: Jesus ging nach Galiläa, weil, wie er es auch selbst bezeugte, der Prophet in seiner Heimath keine Ehre hat. |
The evangelist, everyone will admit, is a thorough writer who, out of love for thoroughness, sometimes does not hesitate to bring together the most diverse motives, even those that cross each other in a disturbing way, to explain one and the same fact. In his thoroughness, he does not do enough for himself until he has found all possible motifs and communicated them to his readers; only he usually has the misfortune of going too far in his search and, looking closely, has completely distanced himself from the thing he wanted to explain.
When he reported above, ch. 4, 1-3, that Jesus set out for Galilee, he had given the attention of the Pharisees to his baptism as the reason; but now that Jesus is about to enter Galilee – now especially that the detailed account of the sojourn in Samaria has intervened, this reason no longer seems to him to possess force enough and vitality; but since he considers the pragmatic reason to be the first duty of the historian, he searches for a new motive and now reports: Jesus went to Galilee because, as he himself also testified, the prophet has no honor in his homeland. |
105/106 | Während im synoptischen Geschichtstreue dieser Gegensatz der Heimath, wo der Prophet Nichts gilt, und der Fremde, wo er Glauben findet, in Galiläa selber liegt (Marc. 6, 1—6), Nazareth, wo der Herr wirklich einmal die Erfahrung machte, daß der Prophet daheim bei den Seinen nur Aergerniß erregt, dem übrigen Galiläa gegenüber steht, befinden sich in der Schrift des Vierten Judäa und Galiläa in diesem Gegensatze und der Herr muß jenes verlassen und nach dem letzteren ziehen, wenn er der Feindseligkeit ausweichen und einmal eine günstige Aufnahme finden will. | While in the synoptic history this contrast of the home, where the prophet has nothing, and the foreign, where he finds faith, lies in Galilee itself (Marc. 6, 1-6), Nazareth, where the Lord really once made the experience that the prophet at home only arouses irritation among his own, stands opposite the rest of Galilee, in the writing of the Fourth Evangelist Judea and Galilee are in this opposition and the Lord must leave the latter and move to the former if he wants to avoid the hostility and find a favorable reception. |
106 | Warum gilt ihm aber Judäa als die Heimath Jesu? Weil er in Bethlehem geboren ist? Allerdings war die Abkunft Jesu von Nazareth, die Nathanael, als er noch nicht glaubte, dem Ruf des Philippus entgegenhiett, nur ein Schein, den der Vierte mit Fleiß dem Unglauben zum Aergerniß stehen ließ — für sein persönliches Bewußtseyn ist der Schein aufgelöst, er kennt die wahre Geburt Jesu, er theilt den Glauben der Gemeinde und jetzt, da wir die zahlreichen Anktänge und Stichworte bereits kennen gelernt haben, die er nur unrichtig angewandt hat und deren wahre Heimath sich nur im synoptischen Geschichts- kreise, in den drei ersten Evangelien befindet, können wir es auch aussprechen, daß ihm die Berichte des Lukas und Matthäus über die Geburt Jesu vollkommen bekannt waren. Wollte er aber deshalb Judäa als Vaterland seines Herrn bezeichnen, weil derselbe in Bethlehem geboren sey, so hätte er, da es sich um eine geographische Bestimmung handelt, hätte er zumal, der es liebt, nachträgliche genauere Bestimmungen und Berichtigungen zu geben, den Schein, als ob Jesus aus Nazareth gebürtig sey, aufgelöst. Da er es nicht thut, Bethlehems nicht gedenkt, so ist es gewiß, daß ihm auch ohne Rücksicht auf diesen Ort Judäa als die Heimath Jesu gilt und zwar nur deshalb als diese Heimath gilt, weil ihm nur der heilige Mittelpunkt des Juden- thums, Jerusalem, der Ort, wo Jesus die Obern und das offi- cielle Judenthum antreffen und bekämpfen konnte, die Stätte schien, wo Jesus allein zu Hause seyn und die er allein als die ihm zugehörige betrachten konnte. | But why is Judea considered the home of Jesus? Because he was born in Bethlehem? However, the origin of Jesus from Nazareth, which Nathanael, when he did not believe yet, offered to the call of Philip, was only a pretense, which the Fourth with diligence let stand to the annoyance of unbelief – for his personal consciousness the pretense is dissolved, he knows the true birth of Jesus, he shares the faith of the church and now, since we have already become acquainted with the numerous antecedents and key words, which he only used incorrectly and whose true home is only in the synoptic historical circle, in the first three Gospels, we can also say that the reports of Luke and Matthew about the birth of Jesus were completely known to him. But if he wanted to call Judea the fatherland of his Lord, because he was born in Bethlehem, he would have, since it is a matter of a geographical determination, dissolved the appearance, as if Jesus was born in Nazareth, especially since he loves to give later more exact determinations and corrections. Since he does not do it, does not think of Bethlehem, it is certain that he considers Judea as the home of Jesus, even without regard to this place, and only because only the holy center of Judaism, Jerusalem, the place where Jesus could meet and fight the superiors and the official Judaism, seemed to him the place where Jesus alone could be at home and which he alone could consider as belonging to him. |
107 | Der Streit, wo der Spruch über die Heimath des Propheten zu Hause ist, ob im Evangelium des Vierten, ob im synoptischen Geschichtskreise, ist augenblicklich entschieden, sobald die Lösung ernstlich beabsichtigt und die Umgebung, in der er sich hier und dort befindet, wirklich ins Auge gefaßt wird. Der Spruch hat die Aufnahme des Propheten bei der Masse und bei dem Volk als solchen im Auge und diese Voraussetzung, diese ihm eigene und unentbehrliche Voraussetzung besitzt er auch im synoptischen Kreise, während ihn der Vierte sehr unglücklich gestellt und ihm eine falsche Grundlage gegeben hat, wenn er Jesum die Wahrheit desselben nur in der Feindseligkeit der Obern, ja nur einer Parthei derselben, der Pharisäer erfahren und indessen die Masse in Judäa ihm, dem Propheten eifrig anhängen läßt (C. 3, 26. 4, 1.). Dort, bei den Synoptikern, ist es wirklich die Masse von Nazareth, die ihn — siehe z. B. Mark. 6, 3 — von Hause aus mit seinem ganzen Fa- milienzusammenhange kennt, deshalb Aergerniß an ihm nimmt und dadurch ihn zum Rückzüge zwingt; hier dagegen, im vierten Evangelium, ist es nur die Aufmerksamkeit einer Parthei, noch dazu eine Aufmerksamkeit, die unglücklich genug ohne Motiv und Erklärung hingestellt war, die ihn aus Judäa nach Galiläa treibt. Dort, wo das Aergerniß durch die Bekanntschaft mit dem Familienzusammenhange Jesu herbeigeführt war, konnte Nazareth als die Heimath dem andern Galiläa als der Fremde gegenüber gestellt werden, — hier aber, in der Darstellung des Vierten, bildet Galiläa, welches doch auch ein Theil des heiligen Landes war, zu Judäa keinen richtigen Gegensatz, wenn es ihm als die Fremde eines Juden entgegengestellt wird. | The dispute where the saying about the home of the prophet is at home, whether in the gospel of the Fourth, whether in the synoptic historical circle, is decided immediately, as soon as the solution is seriously intended and the environment, in which he is here and there, is really envisaged. The saying has the reception of the prophet by the masses and by the people as such in mind and this prerequisite, this own and indispensable prerequisite, he also has in the synoptic circle, while the fourth placed him very unfortunate and gave him a false basis, when he lets Jesus experience the truth of it only in the hostility of the superiors, yes only one part of them, the Pharisees and meanwhile the masses in Judea eagerly cling to him, the prophet (C. 3, 26. 4, 1.). There, in the Synoptics, it is really the masses of Nazareth who – see e.g. Mark 6, 3 – know him from home with his whole family, therefore take offense at him and force him to retreat; here, however, in the fourth gospel, it is only the attention of one party, moreover an attention that was unfortunate enough without motive and explanation, that drives him from Judea to Galilee. There, where the trouble was caused by the acquaintance with the family of Jesus, Nazareth as the home could be contrasted with the other Galilee as the stranger, – but here, in the representation of the fourth, Galilee, which was also a part of the holy land, does not form a proper contrast to Judea, if it is contrasted with it as the stranger of a Jew. |
107/108 | .Der Spruch gehört also wieder den Synoptikern an und der Vierte verabschiedet ihn selbst, läßt ihn in seine Heimath zurückkehren, wenn er ihm selbst nicht die Kraft dazu zutraut, den günstigen Empfang, den der Herr in Galiläa fand, hinreichend zu erklären; — er giebt ihn sogar vollständig auf, wenn er v. 45 den günstigen Empfang Jesu in Galiläa als eine natürliche Folge bezeichnet*) — aber nicht, wie ein Schriftsteller thun würde, der aus dem Ganzen und mit ursprünglichem Bewußtseyn schafft, diese günstige Aufnahme aus dem nahen Umstände ableitet, daß die Galiläer Fremde waren, sondern aus dem entlegnern, daß sie zur Festzeit die Zeichen Jesu in Jerusalem gesehen hatten. | So the saying belongs again to the synoptics and the fourth one passes it by himself, lets it return to its home, if he himself does not trust it to have the power to sufficiently explain the favorable reception that the Lord found in Galilee; – he even gives it up completely, when he describes v. 45 describes the favorable reception of Jesus in Galilee as a natural consequence*) – but not, as a writer would do, who creates from the whole and with original consciousness, derives this favorable reception from the close circumstance that the Galileans were strangers, but from the remote one that they had seen the signs of Jesus in Jerusalem at the feast time. |
108* | *) οτε οίν ήλθεν, als er demnach nach Galiläa kam, nahmen ihn die Galiläer auf. | *) οτε οίν ήλθεν, when he accordingly came to Galilee, the Galileans received him. |
108 | Nachdem der Spruch somit vollständig in seiner wahren Heimath wieder eingebürgert ist, wird auch das neue Motiv, welches ihn verdrängt und abgelöst hat, alsbald seine eigne Auflösung finden. | After the saying is thus completely naturalized again in its true home, also the new motive, which has displaced and replaced it, will soon find its own dissolution. |
108 | ——— | ——— |
108 | Die Ankunft Jesu in Galiläa war nämlich kaum bekannt geworden, als er auch Gelegenheit erhält, sich über den Glauben, der um der Wunder willen geleistet wird, auszusprechen. — Er sieht — glaubt sich wenigstens durch eine Zeichenforderung bedrängt. | In fact, the arrival of Jesus in Galilee had hardly become known when he also gets the opportunity to speak out about the faith performed for the sake of miracles. – He sees – believes himself at least pressed by a sign demand. |
108/109 | Wenn in einer Schrift, deren Verfasser so eben noch dem synoptischen Geschichtskreise einen Spruch entnahm, der mit seinen Wurzeln tief in seinen heimathlichen Boden verwachsen war, und ihn in einen fremden Boden versetzte, wo es ihm unmöglich war, seine Wurzeln einzuschlagen, deren Verfasser Reminiscenzen genug aus den synoptischen Schriften in seine Arbeit verwebte und einzelne Stichworte derselben — wir erinnern an den Streit über die Taufe Jesu — zu Facten im Dienst seiner neuen Interessen umwandette, wenn in dieser Schrift das zweite Wunder, das der Herr in Galiläa verrichtet, mit einem Wunder, von dem auch Lukas und Matthäus zu erzählen wissen, im Wesentlichen übereinstimmt, so wird es uns unmöglich seyn, aus den Unterschieden, die die Berichte zugleich in Widerspruch setzen, sogleich den Schluß zu ziehen, daß der Vierte ein anderes Factum erzählt als die beiden Synoptiker. Wenn sich uns im Nikodemus sogar, in dieser kunstvollen Metamorphose, der reiche Mann des Marcus nicht hat verbergen können, so werden wir vielmehr zu untersuchen haben, ob die neuen Züge, die der Bericht des Vierten enthält, stark und kräftig genug sind, um der Annahme zweier verschiedener Facten zur Stütze zu dienen oder ob sie sich nicht aus der verschiedenen theoretischen Behandlung Eines und desselben Stoffs erklären lassen. | If in a writing, whose author just now took a saying from the synoptic historical circle, which was deeply rooted in his native soil, and transferred it to a foreign soil, where it was impossible for him to strike its roots, its author interwove enough reminiscences from the synoptic writings into his work and transformed individual keywords of them – we remember the dispute about the baptism of Jesus – into facts in the service of his new interests, If in this writing the second miracle, which the Lord performs in Galilee, essentially agrees with a miracle, of which also Luke and Matthew know to tell, then it will be impossible for us to immediately draw the conclusion from the differences, which at the same time put the reports in contradiction, that the Fourth tells a different factum than the two Synoptics. If in Nicodemus, even in this elaborate metamorphosis, the rich man of Mark could not be hidden from us, then we will rather have to examine whether the new features that the report of the Fourth contains are strong and powerful enough to support the assumption of two different facts or whether they cannot be explained by the different theoretical treatment of one and the same material. |
109 | Daß der Mann zu Kapernaum, der Jesum um Hilfe für seinen kranken Sohn bittet, nach Matthäus und Lukas ein Krieger, ein Hauptmann, nach dem Vierten ein königlicher Diener, daß der Kranke nach dem Letzteren der Sohn, nach Lukas und Matthäus sein Knecht ist — obwohl das Dringende, wie bei diesem der Mann seine Bitte vorträgt, annehmen läßt, daß Mat- häus das Verhältniß zwischen dem Mann und dem Kranken sich näher denkt und den Ausdruck ,Fnabe”*) vom Sohn verstanden wissen will — daß endlich der Knabe nach dem vierten Evangelisten todtkrank ist — das Alles sind keine Differenzen, die den Bericht des Vierten denen der beiden Synoptiker als einen wesentlich verschiedenen entgegenstellen könnten. | That the man at Capernaum, who asks Jesus for help for his sick son, according to Matthew and Luke is a warrior, a centurion, according to the fourth a royal servant, that the sick man according to the latter is the son, according to Luke and Matthew his servant – although the urgency, as in this the man presents his request, lets assume, that Matthew thinks more closely about the relationship between the man and the sick person and wants the expression “fnabe “*) to be understood by the son – that finally the boy is deathly ill according to the fourth evangelist – all these are no differences that could set the account of the fourth against those of the two synoptics as an essentially different one. |
109* | *) παῖς. | *) παῖς. |
109/110 | Daß ferner nach dem Bericht des Vierten Jesus den Kranken von Kana aus heilt, während ihm Lukas und Mat-IhäuS den Hauptmann oder dessen Boten entgegenschicken, als er sich in Kapernaum selbst befand oder so eben in diese Stadt eintrat, ist auch kein Grund, die Berichte auseinander zu halten, da der Vierte V. 54 es viel zu absichtlich hervorhebt, daß dieß das zweite Wunder sey, welches Jesus in Galiläa verrichtete, und da es zu verdächtig klingt, wenn er Jesum V. 46 bei seiner Ankunft in Galiläa sogleich in Kana festen Fuß fassen läßt — „da, wo er das Wasser zu Wein gemacht hatte” — als daß wir den Pragmatismus verkennen könnten, wonach eS der Vierte für passend hielt, daß das zweite galiläische Wunder — (das zweite, denn während Jesus in Judäa zahllose Wunder verrichtet, sind seine galiläischen zu zählen) — eben da vollbracht sey, wo das erste geschehen war. | The fact that according to the account of the Fourth Jesus heals the sick man from Cana, while Luke and Matthew send the centurion or his messenger to meet him, when he was in Capernaum itself or just entered this city, is also no reason to keep the accounts apart, since the Fourth v. 54 emphasizes it much too deliberately, that this is the second miracle, which Jesus performed in Galilee, and since it sounds too suspicious, when he lets Jesus v. 46 immediately gain a foothold in Cana – “where he had made water into wine” – for us to recognize the pragmatism. 46, when he immediately establishes a firm foothold in Cana – “where he had turned the water into wine” – than that we could misjudge the pragmatism, according to which the Fourth thought it appropriate that the second Galilean miracle – (the second, because while Jesus performs countless miracles in Judea, his Galilean ones are to be counted) – was performed just where the first one had happened. |
110/111 | Das ist nun freilich eine wesentliche und tief greifende Differenz, daß der Hauptmann der beiden Synoptiker ein Heide ist, der mit seinem zuversichtlichen Glauben Israel beschämt — ein Heide, dessen Erhörung zugleich die Verwerfung des auserwählten Volks vorbildet. Als er in der Kühnheit seines Glaubens sagte, es bedürfe von Seiten Jesu nur eines Worts, er brauche sich nicht in sein Haus zu begeben, da ruft Jesus aus, nicht einmal in Israel habe er solchen Glauben gefunden, und Matthäus läßt Jesum den glaubenskühnen Mann ausdrücklich als das Symbol der Heiden bezeichnen, die von Sonnenaufgang und Niedergang kommen und ins Himmelreich eingehen würden, während die Kinder des Reichs verstoßen werden. Von alle dem, von dieser großen Wendung der Geschichte, von dieser Dialektik, die in der Person des HauptmannS das ganze Verhältniß des Judenthums und Heidenthums umstößt, weiß der Vierte nicht nur Nichts, sondern schließt dieses großartige Interesse der synoptischen Berichte sogar aus, indem er den Kk- nigischen in die Reihe der Juden stellt, die sein Herr nie streng genug zurückweisen kann. Sein Königischer hat nämlich kaum die Bitte vorgetragen, der Herr möge zu seinem todtkranken Sohn kommen, als Jesus ihm sogleich entgegendon- nert: wenn ihr nicht Zeichen und Wunder sehet, so glaubet ihr nicht. | This, of course, is an essential and profound difference, that the centurion of the two synoptics is a Gentile who puts Israel to shame with his confident faith – a Gentile whose answer at the same time exemplifies the rejection of the chosen people. When he, in the boldness of his faith, said that only a word was needed on the part of Jesus, that he did not need to go to his house, Jesus exclaimed that not even in Israel had he found such faith, and Matthew has Jesus expressly describe the faith-bold man as the symbol of the Gentiles, who would come from sunrise and sunset and enter the kingdom of heaven, while the children of the kingdom would be cast out. Of all this, of this great turn of history, of this dialectic, which in the person of the centurion overturns the whole relationship of Judaism and Gentileism, the Fourth not only knows nothing, but even excludes this great interest of the synoptic reports by placing the royal one in the ranks of the Jews, whom his master can never reject severely enough. His royal has hardly made the request that the Lord may come to his son who is terminally ill, when Jesus immediately replies: if you do not see signs and wonders, you do not believe. |
111 | Aber nun mag der Vierte nur auch zusehen, wie er den Widerspruch beseitigt, in welchen er mit dieser neuen Wendung zu allen andern Voraussetzungen seines eignen Berichtes getreten ist. Er wird ihn aber nicht beseitigm können, wird beweisen müssen, daß er die Grundlage des Berichts Andern entlehnt und mit seinem neuen Interesse in ungehöriger Weise durchkreuzt und verwirrt hat.
Er selbst hat den Mann noch als einen solchen hingestellt, der sich voller Vertrauen und Glauben an Jesum wandte — er that also Unrecht, wenn er den Herrn ihn wie Böswillige oder Solche abweisen läßt, die ein Wunder nur um des Wunders willen forderten. Der Mann wandte sich an Jesum ohne Arg und Falsch und Jesus will ihn wie die Verstockten vernichten, die in versuchender Absicht ein Zeichen verlangten. Es steht der gläubige Mann der Synoptiker da und Jesus fährt ihn an, als ständen die Pharisäer vor ihm, die um ihn zu versuchen, ein Zeichen verlangten und deren Begehren ihn (Marc. 8, 12) zu den Worten brächte: was sucht doch dieß Geschlecht Zeichen. |
But now the fourth evangelist may only see how he can remove the contradiction in which he has entered with this new turn to all the other premises of his own report. But he will not be able to eliminate it, he will have to prove that he has borrowed the basis of the report from others and has thwarted and confused it with his new interest in an unseemly way.
He himself has presented the man as one who turned to Jesus full of trust and faith – so he did wrong when he let the Lord reject him like malicious people or those who demanded a miracle only for the sake of the miracle. The man turned to Jesus without any guile or falsehood and Jesus wants to destroy him like the hardened ones who demanded a sign with tempting intentions. The faithful man of the synoptics stands there and Jesus approaches him as if the Pharisees were standing before him, who demanded a sign to tempt him and whose desire brought him to the words (Marc. 8, 12): “Why does this generation seek signs? |
111/112 | Der Vierte hat zwei verschiedene Interessen, zwei verschiedene Berichte der Synoptiker in einander gewirrt und den Königischen unpassend genug — aber er konnte es nicht einmal konsequent durchführen, mußte ihn doch noch als den Gläubigen stehen lassen — zu einer Doppelnatur gemacht: — nur die Worte Jesu, zu denen er keinen Anlaß gab, werfen auf ihn den Schein dieses doppelten widerspruchsvollen Charakters. | The fourth has whirled two different interests, two different reports of the synoptics into each other and made the royal one incongruously enough – but he could not even carry it out consistently, still had to let him stand as the believer – into a double nature: – only the words of Jesus, to which he gave no occasion, throw on him the appearance of this double contradictory character. |
112 | Wenn ihr nicht Zeichen und Wunder seht, sagt Jesus — der Konigische soll also als der Repräsentant des Wundersüchtigen Geschlechts dastehen und er hat nicht daran gedacht, das Zeichen als solches und nur deshalb zu verlangen, damit er wisse, ob es sich zu glauben verlohne.
Sein Glaube war von vorn herein vollendet und so fest und sicher wie der Glaube des synoptischen Hauptmanns, der selbst Israel beschämte — wie hätte er sich also wundern müssen, wie hätten die Zuschauer es begreifen sollen, was Jesum zu einem so leidenschaftlichen Vorwurf brächte, als er ihn mit den zeichensüchtigen Juden und sogar als Repräsentanten derselben strafte! Der Vierte hat aber nicht nur verschiedene Elemente der synoptischen Evangelien in einander gewirrt und dadurch um ihren Sinn gebracht, — er hat es auch nicht einmal verstanden, den Zusammenhang mit den Voraussetzungen seines eignen Werkes festzuhalten — er hat seine eigne Darstellung sinnlos gemacht. So eben hatte er die Aufnahme, die Jesus in Galiläa, in der Fremde fand, an die sich der Prophet wenden muß, wenn er Anklang finden will, als eine günstige bezeichnet — er hatte zum Ueberfluß diese günstige Aufnahme daraus erklärt, daß die Galiläer zur Festzeit in Jerusalem die Zeichen Jesu gesehen hatten — also glaubten sie um der Zeichen willen. Und doch läßt er Jesum diesen Wunderglauben als das Verwerflichste verdammen? Es hatte so eben die günstige Aufnahme Jesu bei den Galiläern gerühmt und weiß von diesen Leuten Allen nur einen Mann zu nennen, den der Herr auf das Härteste anfahren und zurückweisen muß? |
If you do not see signs and wonders, Jesus says – the king should stand as the representative of the miracle-seeking generation and he did not think of asking for the sign as such and only so that he might know whether it was worth believing.
His faith was complete from the beginning and as firm and sure as the faith of the synoptic centurion who put even Israel to shame – so how should he have been surprised, how should the spectators have understood it, what would bring Jesus to such a passionate reproach when he chastised him with the sign-addicted Jews and even as a representative of them! The Fourth not only confused different elements of the Synoptic Gospels and thus deprived them of their meaning, but he did not even know how to keep the connection with the presuppositions of his own work – he made his own representation meaningless. Just now he had described the reception that Jesus found in Galilee, in the foreign country, to which the prophet must turn if he wants to find acceptance, as a favorable one – to make matters worse, he had explained this favorable reception from the fact that the Galileans had seen the signs of Jesus in Jerusalem at the time of the feast – so they believed for the sake of the signs. And yet he lets Jesus condemn this belief in miracles as the most reprehensible thing? He had just praised the favorable reception of Jesus by the Galileans, and of these people he knows how to name only one man whom the Lord has to approach and reject in the hardest way? |
113 | Er hatte vergessen, was er so eben selbst niedergeschrieben, als er jetzt, wo die Bitte um ein Wunder berichtet werden sollte, zugleich an die zeichenfordernden Pharisäer der Synoptiker dachte. Er hat durch dieses neue Interesse die ganze Anlage seiner Darstellung zerstört und die Polemik gegen die Zeichenforderung zur Unzeit in einen Bericht hineingezogen, wo ein Mann dasteht, der an das Zeichen als Zeichen gar nicht dachte und von vorn herein mit festem Glauben zum Herrn trat.
Der Verfasser ruht nicht, bis er die Berichte, an denen er im Augenblick arbeitet, und zugleich allen Zusammenhang mit dem Vorhergehenden zerstört hat. Er ist zu reich an Gedanken — und an Reminiscenzen aus den synoptischen Evangelien — um nur Einen Gedanken rein durchzuführen. Ihn beschäftigen immer zu viel Interessen zu gleicher Zeit, um nur Eines klar auszuarbeiten. Im gegenwärtigen Augenblick, wo er an einem Beispiel die günstige Gesinnung der Galiläer hätte zur Anschauung bringen sollen, wo er dem Lukas und Matthäus das Bild des glaubensstarken Hauptmanns entlehnte, bringt er das Gegentheil, das Bild der verdammlichsten Sucht und Böswilligkeit hervor, indem er mit seiner Polemik gegen den Glauben um der Wunder willen dazwischenfuhr und den Synoptikern (Marc. 8, 12) den Donner gegen die Wunderforderung entlehnte. Weil er diesen Donner rollen lassen wollte, hatte er für die großartige Angelegenheit, um die es sich bei Lukas und Matthäus handelte, als der Hauptmann von Kapernaum mit seinem Glauben den Herrn bedrängte und überraschte, für die Wendung im Geschick der Juden und Heiden keine Aufmerksamkeit übrig. |
He had forgotten what he had just written down himself, when he now, where the request for a miracle should be reported, at the same time thought of the sign demanding Pharisees of the synoptics. By this new interest he destroyed the whole layout of his account and dragged the polemic against the demand for signs into an untimely report, where a man stands there who did not think of the sign as a sign at all and came to the Lord with firm faith from the beginning.
The author does not rest until he has destroyed the reports he is working on at the moment and at the same time all connection with the preceding. He is too rich in thoughts – and in reminiscences from the synoptic gospels – to carry out only One thought purely. He is always occupied by too many interests at the same time to work out only one thing clearly. At the present moment, when he should have illustrated the favorable attitude of the Galileans with an example, when he borrowed from Luke and Matthew the image of the centurion with strong faith, he brings forth the opposite, the image of the most damning addiction and malice, by intervening with his polemic against faith for the sake of miracles and borrowing from the Synoptics (Mark 8, 12) the thunder against the demand for miracles. Because he wanted to let this thunder roll, he had no attention left for the great matter that Luke and Matthew were dealing with, when the centurion of Capernaum harassed and surprised the Lord with his faith, for the turn in the fate of the Jews and Gentiles. |
113/114 | Seine Abhängigkeit von der synoptischen Darstellung muß aber der Vierte von Neuem verrathen, wenn er sich zu ihr zu- rückwendet und den Vater des Kranken auch nach der barschen Abfertigung, die ihm von Jesus zu Theil geworden, in aller Seelenruhe noch dastehen und einfach seine Bitte wiederholen läßt. So war es aber recht, da die Abfertigung allerdings nichtssagend war und den Bittsteller nicht im Geringsten berührte — d. h. mit dem Hauptmann des Lukas und Matthäus, der doch einmal dasteht, Nichts zu thun hatte. Der Evangelist bedurfte ferner dieser erneuerten Bitte, da er doch einmal das Wunder berichten wollte, also auch nach einer Abfertigung, die eigentlich die ganze Angelegenheit erledigen mußte, eine Brücke brauchte, die ihn wieder zum beabsichtigten Wunder führte. | But the fourth must betray his dependence on the synoptic representation anew when he turns back to it and lets the father of the sick man stand there in all peace of mind and simply repeat his request even after the harsh rebuff that Jesus gave him. This was the right thing to do, since the rejection was meaningless and did not touch the petitioner in the least – i.e. it had nothing to do with the centurion of Luke and Matthew, who was standing there after all. Furthermore, the evangelist needed this renewed request, since he wanted to report the miracle, thus also after a dispatch, which actually had to settle the whole matter, he needed a bridge, which led him again to the intended miracle. |
114/115 | Beidemal läßt er den Vater nur darum bitten, Jesus möge zu ihm in sein Haus kommen und seinen Sohn heilen — sehr natürlich in dem neuen Zusammenhänge, wo diese Bitte schon mit dem Donner der Verdammung empfangen wird und kein Donner mehr herbeigeschafft werden konnte — denn Marc. 8, 12 lieferte ihm keinen gewaltigern — der stark genug gewesen wäre, um dieVermeffenheit der wahren, der ursprünglichen, der synoptischen Bitte zu strafen, einer Bitte, die auch für seinen Bericht nothwendig wäre, um den Schluß desselben zu erklären, die er aber gleichwohl abschwächen mußte, da er für die Strafe, die sie nach seiner neuen Voraussetzung verdiente, keine neuen Worte finden konnte. Wie die Pharisäer, die Marc. 8, 12 abgefertigt werden, nur ein einfaches Wunder, ein Wunder überhaupt verlangten, so muß auch der Königische sich mit dem Verlangen begnügen, daß Jesus zu ihm kommen und seinen Sohn heilen möge — seine synoptische Voraussetzung, daß Jesus die Heilung in der Ferne vollbringen könne, wäre hier zu stark, zu überfliegend gewesen — gleichwohl sagt der Jesus des Vierten schon hier, wo er in Kana steht: dein Sohn lebt, er fällt also in den Widerspruch, daß er erst die Bitte um das Wunder überhaupt straft und jetzt, als nichts Neues, was seinen Entschluß verändern könnte, dazwischengetreten war, seine Wunderkrast mit einer unmotivirten Steigerung ausübt. | Both times he only lets the father ask Jesus to come to his house and heal his son – very natural in the new context where this request is already received with the thunder of condemnation and no thunder could be brought anymore – because Mark 8, 12 did not provide him with a more powerful one – which would have been strong enough to punish the lack of the true, the original, the synoptic request, a request which would also be necessary for his report to explain the conclusion of it, but which he nevertheless had to weaken, since he could not find new words for the punishment it deserved according to his new premise. Like the Pharisees, who Mark 8, 12 are dispatched, demanded only a simple miracle, a miracle at all, so also the royal one must be content with the demand that Jesus may come to him and heal his son — his synoptic presupposition that Jesus could accomplish the healing in the distance would have been here too strong, too overflown – nevertheless the Jesus of the Fourth says already here, where he stands in Cana: Your son is alive, so he falls into the contradiction that he first punishes the request for the miracle at all and now, when nothing new, which could change his decision, had intervened, he exercises his miracle-crast with an unmotivated increase. |
115 | Mag der Vierte aber immerhin den synoptischen Bericht um seinen ursprünglichen Sinn und Zusammenhang gebracht haben; — dafür hat er ihn mit einem neuen, wichtigen Zuge bereichert. Während Lukas (C. 7, 40) die Gesandten, die der Hauptmann zu Jesus schickte, nachdem dieser den Glauben des Heiden anerkannt hatte, den Kranken gesund finden läßt, Matthäus einfach den Erfolg berichtet (C. 8, 13): und sein Knabe ward zur Stunde geheilt, läßt der Vierte diesen Erfolg sich auf das genaueste bestätigen, indem er dem Vater auf seiner Heimkehr einen Knecht mit der glücklichen Botschaft, daß sein Sohn lebe und außer Gefahr sey, entgegenschickt und durch seine Frage, wann die Kirfis eingetreten, ihn erführen läßt, daß es genau zu derselben Stunde geschehen sey — es war die siebente! — zu der Jesus die Wunderworte: dein Sohn lebt! zu ihm gesprochen hätte.
Der Dogmatiker, der mit gezierter Verachtung auf den Wunderglauben herabsah, hatte also doch ein so lebhaftes Interesse am Wunder und suchte in dem Grade den Wunderglauben seiner Leser zu sichern, daß er die Wunderkraft Jesu sogar juristisch bewies und zu dem Zwecke diesen Schluß bildete, der seinen Donner gegen den Wunderglauben glücklich zum Schweigen bringt. Er theilte aber nur das gemeinsame Geschick aller Dogmatiker, die gegen den Wunderglauben nicht stark genug donnern und gleichwohl die Glaubwürdigkeit jedes einzelnen Wunderberichts ihrer Evangelien nicht juristisch und empirisch genug beweisen können. |
The fourth may have deprived the synoptic report of its original meaning and context, but it has enriched it with a new and important element. While Luke (ch 7, 40) lets the messengers, whom the centurion sent to Jesus after he had acknowledged the faith of the Gentile, find the sick man healthy, Matthew simply reports the success (ch. 8, 13): and his boy was healed at the hour, the fourth one has this success confirmed in the most exact way, by sending a servant to the father on his return home with the happy message that his son was alive and out of danger, and by his question when the kirfis occurred, he lets him know that it happened at exactly the same hour – it was the seventh! – at which Jesus would have spoken to him the miraculous words: your son lives!
The dogmatist, who looked down on the belief in miracles with a pointed contempt, had such a lively interest in miracles and sought to secure the belief in miracles of his readers to such an extent that he even proved the miraculous power of Jesus juristically and for this purpose formed this conclusion, which happily silences his thunder against the belief in miracles. But he only shared the common fate of all dogmatists who do not thunder strongly enough against the belief in miracles and at the same time cannot prove the credibility of every single miracle report of their gospels juristically and empirically enough. |
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Neil Godfrey
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