Page III |
Vorwort |
Preface |
III | Der reislauf der Hypothesen, die den Ursprung der Evangelien zn deuten suchten — der Hypothesen wenigstens, die der Geschichte angehören und dazu dienten, selbst durch ihren Sturz dazu dienten, die richtige Stellung der Frage herbeizuführen, war vollendet, als ich vor zehn Jahren mit dem auftrat, was ich für den Anfang der Lösung hielt.
Und noch dafür halte — wenn ich auch nicht einmal von der verkommensten Corporation das Zeugniß erwarte, daß ihre Zeit vorüber sey. Am wenigsten würde es sich für denjenigen ziemen, der die Grundlage der religiösen und kirchlichen Gewohnheit untersucht, von dem Gegner dieses Zugeständniß zu erwarten. Er würde nur den Irrthum des Gegners erneuern und am Leben erhalten. Nur die religiösen Neuerer zogen vom Himmel das Feuer herab, mit dem sie die Ungläubigen, die sie weder gewinnen noch widerlegen konnten, zu vernichten drohten. Aber es nie vermochten. Jehova, der alle Götter der Erde widerlegen wollte, hat sich ruhig darein ergeben müssen, daß Zeus mit seiner olympischen Tafelrunde die Gesetze der idealen Schönheit aufrecht erhalt und der Capitolinische Gott heute noch durch seine Sprüche die Nechtsstremgkeiten der civilisirten W elt ent scheidet. Zeus und Jupiter haben seine schrecklichsten Drohungen überlebt; er hat nicht einmal den niedrigsten Fetisch widerlegen können, wenn die Widerlegung nur in der völligen Vernichtung besteht. |
The course of the hypotheses which tried to interpret the origin of the Gospels – the hypotheses at least which belong to history and served, even by their fall, to bring about the correct position of the question, was completed when I appeared ten years ago with what I considered to be the beginning of the solution.
And I still think so – even if I do not expect even from the most degenerate corporation the testimony that its time is over. Least of all would it behoove him who examines the basis of religious and ecclesiastical custom to expect this concession from the opponent. He would only renew the error of the opponent and keep it alive. Only the religious innovators drew down from heaven the fire with which they threatened to destroy the unbelievers whom they could neither win nor refute. But they never succeeded. Jehovah, who wanted to refute all gods of the earth, has had to surrender calmly to the fact that Zeus with his Olympic Round Table upholds the laws of ideal beauty and that the Capitoline God still decides today by his sayings the rights of the civilized world. Zeus and Jupiter have survived his most terrible threats; he has not been able to refute even the lowest fetish, if the refutation consists only in the total annihilation. |
IV | Vergebens haben auch die Schöpfer der christlichen Gemeinde die ungeheure Schaar der Sünder zusammengebracht, um mit ihrer Hilfe das Privilegium des Judenthums zu stürzen und die Härte des gesetzlichen Gottes brechen — es war vergeblich, daß die kühnen Neuerer das Vorrecht des Judenthums profanirten und den Völkern Preisgaben — vergeblich der Urtheils spruch der Verwerfung und Vernichtung, den sie über das privilegirte Volk Jehova’s ausspracken — das Judenthum besteht doch noch, nachdem es dem Christenthum auf allen seinen Eroberungszügen gefolgt ist, um es an seine Schwäche zu mahnen und an die Maaßlosigkeit seiner Drohungen zu erinnern. Die Tochter, die das Kind des Himmels seyn wollte, hat die Flüche und Schmähungen ihrer leiblichen Mutter nicht ersticken können.
Die Welt ist groß und hat auch für die Vergangenheit noch Raum genug, wenn sie bereits den neuen Vorrechten als Schauplatz dient. Die alten Vorrechte finden immer noch eine Stätte , auf der sie neben den neuen Privilegien ihre Existenz behaupten. Wohl aber werden die Späteren den Früheren, die sie vergeblich mit der völligen Vernichtung bedrohten, immer ihre Zeugungskraft rauben. Die Welt gibt dem Alten Raum zur Existenz, die Neuerer aber nehmen die Kraft des Fortschritts und der geschichtlichen Gestaltung für sich allein in Anspruch und werden dieselbe, wenn der Kampf um dieß Vorrecht auch Jahrhunderte dauert, am Ende sich ausschließlich aneignen. Ihr Auftreten ist das gewisse Zeichen, daß das Alte sich erschöpft — gerade in der Hervorbrmgung des Neuen seine Kraft erschöpft hat. |
It was in vain that the creators of the Christian community brought together the immense multitude of sinners in order to overthrow the privilege of Judaism with their help and to break the severity of God’s law – it was in vain that the bold innovators profaned the privilege of Judaism and exposed it to the nations – in vain the sentence of condemnation and destruction that they pronounced on the privileged people of Jehovah, which they pronounced on the privileged people of Jehovah – Judaism still exists, after having followed Christianity on all its conquests, in order to remind it of its weakness and of the intemperance of its threats. The daughter, who wanted to be the child of heaven, has not been able to stifle the curses and abuses of her biological mother.
The World is big and still has room enough for the past, if it is already serving as a stage for the new prerogatives. The old prerogatives still find a place on which they can maintain their existence alongside the new privileges. But probably the later ones will always rob the earlier ones, which threatened them in vain with complete annihilation, of their procreative power. The world gives the old room to exist, but the innovators claim the power of progress and of historical shaping for themselves alone and, even if the struggle for this prerogative lasts for centuries, they will acquire it exclusively in the end. Their appearance is the certain sign that the old has exhausted itself – has exhausted its power precisely in the bringing forth of the new. |
V | Zeus wird keine Ideale mehr zeugen — das Gesetzbuch des Capitolinischen Gottes ist geschlossen — die Synagoge hat neben der Kirche Nichts mehr entdecken und gestalten können, was für die Welt von Werth gewesen Ware.
So wird auch das Christenthum bleiben und niemals widerlegt, niemals zum Geständniß gebracht werden, daß es widerlegt sey, — es wird die Freude desselben Triumphes genießen, den das Judenthum und der niedrigste Fetischdienst über seine Ansprüche auf Alleinherrschaft davontrugen. Es wird unbesieglich und unwiderleglich dastehen. Seine Existenz wird keine Gefahr leiden, wenn es auch erkannt und sein Ursprung erforscht ist. Es wird ihm nie an Bekennern fehlen, die Nichts davon ahnen, daß ihr Lebensgrund nur Eine zener Schichten war, auf denen der immer höher steigende Boden der Geschichte ruht, nie an Lehrern, die durch ihre Unklar heit und durch die Unbestimmtheit ihres Geistes dazu geschaffen sind, der Verwirrten und abgeschwächten Ueberlieferung einer Macht, die durch die Klarheit und Scharfe ihrer innern Gegensätze die Welt sich unterworfen hatte, als Träger zu dienen. Um so sicherer wird es bestehen, da die Zerflossenheit des Bewußtseyns, in welcher sich seine strengen Gegensätze verloren haben, die Apathie, die aus den erfolglosen Kämpfen der letzten Jahre nur die Lehre von dem Vortheil der Passivität gezogen hat, die Gleichgültigkeit gegen das Detail und die Verehrung der Phrase ihm als Wall und Schutzwehr dienen. Es kann nicht mehr kämpfen — aber es braucht auch nicht mehr zu kämpfen, da die Abgestumpftheit der Gegensätze, die es als sicherer Schirm umgibt, alle Angriffe, wenn die Ergebnisse der Forschung als Angriffe bezeichnet werden könnten, zurückweist. |
Zeus will no longer beget ideals – the law book of the Capitoline God is closed – the synagogue, besides the church, has no longer been able to discover and form anything of value for the world.
Christianity, too, will remain and never be refuted, never be made to confess that it is refuted, — it will enjoy the same triumph that Judaism and the lowest fetish service won over its claims to autocracy. It will stand invincible and irrefutable. It will suffer no danger when its existence is recognized and its origin investigated. It will never lack confessors who suspect nothing of the fact that their foundation of life was only one of those layers on which the ever higher rising ground of history rests; it will never lack teachers who, by their obscurity and by the indeterminacy of their spirit, are made to serve as bearers of the confused and attenuated tradition of a power which, by the clarity and sharpness of its inner contrasts, had subjugated the world to itself. It will exist all the more securely because the dissolution of consciousness, in which its strict opposites have been lost, the apathy that has drawn from the unsuccessful struggles of recent years only the lesson of the advantage of passivity, the indifference to detail and the veneration of the phrase serve it as a rampart and protective defense. It can no longer fight – but it also no longer needs to fight, since the dulness of the opposites that surrounds it as a safe screen repels all attacks, if the results of research could be called attacks. |
VI | Was hat es zu bedeuten, wenn nachgewiesen wird, daß sich uns im Marcusevangelium der ursprüngliche Typus der evangelischen Geschichte erhalten hat? *) — Nichts wenn die allgemeine Gleichgültigkeit gegen das Detail dem kirchlichen Bew ußt seyn zur Hilfe kommt und eS berechtigt, aus der Auflösung der Evangelien sich zur Phrase des Evangeliums zu retten und die Unterschiede und Gegensätze der wirklichen Evangelien mittelst jener Phrase auszugleichen und abzustumpfen.
Was verschlägt es der Kirche, wenn nachgewiesen wird, daß der Inhalt der Evangelien das Werk verschiedener Epochen, das Erzeugniß von Standpunkten ist, die durch eine lange Reihe von geschichtlichen Erfahrungen und Erschütterungen von einander getrennt sind? Nichts! Denn die Gewohnheit schützt sie gegen diesen Beweis — die Gewohnheit, die selbst diejenigen beherrscht, die der Heiligkeit des Buchstaben längst den Gehorsam gekün digt haben und die Unbestimmtheit ihres Unglaubens durch die Verehrung des Jota wieder gut machen. Der herrschenden Formlosigkeit wird die vereinfachte Unter suchung, die aus dem schriftstellerischen Bau der Evangelien ihr gegenseitiges Verhältniß und ihren Ursprung bestimmt, als Formalismus, als reiner Formalismus gelten und das kirchliche Bewußtseyn wird sich freuen, daß seine Gleichgültigkeit gegen Zusammenhang und Proportion an der populären Abneigung gegen die straffe Bestimmtheit eine Stütze findet. |
What does it mean if it is proved that in the Gospel of Mark the original type of the Gospel story has been preserved for us? *Nothing if the general indifference to detail helps the ecclesiastical consciousness and entitles it to save itself from the disintegration of the Gospels to the phrase of the Gospel and to balance and blunt the differences and contrasts of the real Gospels by means of that phrase.
What does the Church miss if it is proved that the content of the Gospels is the work of different epochs, the product of points of view separated from each other by a long series of historical experiences and shocks? Nothing! For habit protects them against this proof – the habit that dominates even those who have long since renounced obedience to the sanctity of the letter and make up for the indeterminacy of their unbelief by the veneration of the iota. To the prevailing formlessness, the simplified investigation, which determines from the scriptural construction of the Gospels their mutual relationship and their origin, will be regarded as formalism, as pure formalism, and the ecclesiastical consciousness will rejoice that its indifference to coherence and proportion finds a support in the popular aversion to strict definiteness. |
VI * | *) sich erhalten hat! — wenn es nämlich unumstößlich feststcht, daß nur im Marcusevangelium die einzelnen Abschnitte correct gestaltet sind und ihr inneres Ebenmaaß sich zur Harmonie des Zusammenhangs er weitert, der sie selbst wieder zu einem fast vollendeten Ganzen zusammen- faßt, so sind einzelne Mängel seiner Darstellung, einzelne Inkorrektheiten und Dissonanzen doch so groß, daß es den Ruhm der absoluten Priorität nicht behaupten kann. Seine Vorzüge vor den beiden andern synoptischen Evangelien werden für immer feststehen; nachdem sie aber gesichert sind, kommt es darauf an, sie mit seinen Mängeln — Mängeln, die seiner eignen Korrektheit Widerstreiten — ernstlich zusammenzubringen und die Frage nach seinem Ursprünge so wie nach seinem Verhältuiß zu den beiden andern synoptischen Evangelien noch einmal aufzunehmen. Es ist nicht das Urevangelium, aber es hat uns dasselbe am treusten erhalten. | *) has been preserved!- For if it is irrefutably certain that only in the Gospel of Mark are the individual passages correctly arranged and their inner symmetry is extended to the harmony of the context which unites them again into an almost complete whole, the individual defects of its presentation, individual inaccuracies and dissonances are so great that it cannot claim the glory of absolute priority. Its merits over the other two synoptic Gospels will be established forever; but after they have been secured, it is necessary to bring them seriously together with its defects – defects which contradict its own correctness – and to take up again the question of its origin as well as of its relation to the other two synoptic Gospels. It is not the original Gospel, but it has preserved it for us most faithfully. |
VII | Das Heiligthum ihrer evangelischen Geschichte w ird der Kirche unverletzt erhalten bleiben, denn draußen vor den Pforten steht zur Wache die große Schaar der Ungläubigen, die die Schätze, welche ihr die göttliche Eingebung geschenkt hat, dem mysteriösen Kalten der Ueberlieferung verdanken. Fragt diese ungläubigen Wächter, ob die Ueberlieferung fähig ist, einen großen historischen Plan mit sämmtlichem Detail mit sich umher zu tragen oder zersplitterte Einzelheiten zu behalten, ob in der Menge der verschiedenartigsten Köpfe das Ganze sich als solches und mit seinem ursprünglichen Zusammenhang erhalten kann, ob bei den wechselnden Interessen der Epochen, bei der unaufhör lichen Umgestaltung der einzelnen Lebenskreise das Detail sich nicht allmählig umsormen, endlich verschwinden und zerstieben muß — ob die Ueberlieferung das Gedächtniß hat, um große, kunstreich gefügte Abschnitte zu behalten, den Athem, um sie nn- mer in Einem Zuge herzusagen, Schubfächer für kleinliche, an sich gleichgültige Notizen — fragt sie: sie werden sich im Dienst ihrer Göttin , der Tradition nicht irre machen lassen und ihre Standhaftigkeit wird den letzten Nest des kirchlichen Dogma’s von der In spiration beschützen.
Dieser dürftige Rest kann sich sogar auf den Schutz der Ungläubigen verlassen, die der Ueberlieferung die Kraft zuschrejben, einzelne Theile der evangelischen Geschichte zu schaffen, de nen sie nicht nur als Canal, sondern auch als Quelle gilt: — fragt sie, ob die Ueberlieferung der Gemeinde in ihrer mystischen Unbestimmtheit fähig ist, einen Plan zu entwerfen und das Detail zu schaffen, ob es außer dein Schriftsteller und Künstler ein Wesen gibt, Welches die Form und Gestalt erzeugen kann, ob es außer der Form bestimmten Gehalt gibt, fragt sie, ob die Ueberlieferung die Hand um zu schreiben hat, den Geschmack, um zu componiren, die Urtheilskraft, um das Zusammenhängende zu verbinden, Fremdes abzuschneiden — die Frage wird vergeb lich seyn, die Schamanen fahren fort, das Heiligthum zu um kreisen und drinnen werden die Kirchlichen eurer lächeln, wenn ihr beweisen wollt, daß Plan wie Detail der evangelischen Geschichte der schriftstellerischen Kunst ihren Ursprung verdanken. |
The sanctuary of its evangelical history will be preserved to the church unharmed, for outside the gates the great crowd of unbelievers stands guard, who owe the treasures that divine inspiration has given them to the mysterious coldness of tradition. Ask these unbelieving guardians whether tradition is capable of carrying around a great historical plan with all its details or of retaining fragmented details, whether in the multitude of the most diverse minds the whole can be preserved as such and with its original coherence, whether, with the changing interests of the epochs, with the incessant transformation of the individual circles of life, the detail must not gradually reshape itself, finally disappear and dissipate – whether tradition has the memory to retain large, artistically composed sections, the breath to recite them all at once, pigeonholes for petty, intrinsically indifferent notes – she asks: they will not let themselves be misled in the service of their goddess, Tradition, and their steadfastness will protect the last nest of the ecclesiastical dogma of inspiration.
This meager remnant can even rely on the protection of the unbelievers, who ascribe to tradition the power to create individual parts of evangelical history, for which it is not only a canal but also a source: – it asks whether the tradition of the church in its mystical indeterminacy is capable of drawing up a plan and creating the detail, whether there is a being apart from the writer and artist which can produce the form and shape, whether there is definite content apart from the form, it asks whether the tradition has the hand to write, the taste, the taste to compose, the power of judgment to connect the coherent, to cut off the extraneous – the question will be in vain, the shamans will go on circling the sanctuary and inside the ecclesiastics will smile at you if you want to prove that plan and detail of Protestant history owe their origin to the literary art. |
VIII | Für wen ist der Beweis da, daß allgemeine Grundsätze, allgemeine Anschauungen es waren, was der Gemeinde ihr Daseyn gab — daß auch die ersten Thatsachen des christlichen Bewußtseyns vom Versöhnungstod und der Auferstehung des Messias anfangs den Werth und die Form von allgemeinen Sätzen hatten und erst später zur Biographie und Suetonifchen Anekdotensammlung wurden — daß die allgemeinen Elemente, das allgemeine Wesen, das Princip und sein Verhältniß zum Beste henden, zum Gesetz und Heidenthum der Gegenstand waren, mit dem sich die erste Gemeinde beschäftigte — daß erst später die gewonnenen allgemeinen Grundsätze durch einzelne Collisionen und Aeußerungen Jesu ihre Bestätigung erhielten, die einzelnen Fälle und Aeußerungen daher mit dem allgemeinen Interesse, welches sie bestätigen und zur Anschauung bringen sollen, immer in Widerspruch stehen? – – für das kirchliche Bewußtseyn wenig stens und für diejenigen, die der mysteriösen Ueberlieferung ihre heilige Geschichte verdanken, wird dieser Beweis niemals da seyn. | For whom is there proof that general principles, general views were what gave the congregation its existence – that even the first facts of Christian consciousness of the atoning death and resurrection of the Messiah at first had the value and form of general propositions and only later became a biography and a collection of anecdotes – that the general elements, the general essence, that the general elements, the general essence, the principle and its relation to the existing, to the law and to paganism were the subject with which the first church was concerned – that only later the general principles gained received their confirmation by individual collisions and utterances of Jesus, the individual cases and utterances are therefore always in contradiction with the general interest which they are to confirm and bring to view? – For the ecclesiastical consciousness at least and for those who owe their sacred history to the mysterious tradition, this proof will never be there. |
IX | In der Sandwüste ihrer Unklarheit und Zerflossenheit wer den die Träger des kirchlichen Bewußtseyns unbesieglich und unwiderleglich jedem Fortschritt der Cultur widerstehen und wenn sie gegen die Forschung eines Bundesgenossen bedürften, so ist er ihnen in jenen gewaltigen Geistern gewiß, die in ihrem Unglauben so sicher sind, daß sie den Kampf unnöthig, das Detail des Beweises einen Ueberfluß, die Ausführung eine unnütze Last nennen. Allerdings benutzt die Kirche diese Bundesgenossen, aber sie schlagt sie zuletzt, wenn sie ihre Hilfe benutzt hat, unfehlbar auf das Haupt. So brach sich der letzte europäische Völker aufstand zuerst am Bollwerke der Staatskirche Englands, auf dem Festtande mußten sich die Neformbestrebungen der Haupt städte der kirchlichen Gewohnheit des platten Landes gefangen geben, die bescheidnen Grundrechte des deutschen Parlaments konnten den Uebergang vom Papier ins Leben nicht finden, weil sie sich im Labyrinth der kirchlichen Ruinen, die die bürgerliche Aufklärung gegen den ernstlichen Angriff vertheidigt, verloren, und jetzt gibt die Kirche die Zügel der Regierung denjenigen in die Hand, von denen sie erwarten kann, daß sie die Völker für den oberflächlichen Auffland gegen ihr uraltes Privilegium bestrafen werden.
Die Kirche bleibt, aber es wird ihr mittelst der Forschung das Detail ihres Besitzes entzogen werden. Die Unbestimmtheit der Geister, die sie als schützender Wall umgibt und in deren Nebelbildern sich ihre Voraussetzungen in abgeschwächter Gestalt wiederholen, wird bleiben — wenn die Kirche im Christenthum nur die äußerliche Ausführung eines längst geweissagten und in der Erwartung des jüdischen Volks feststehenden und dogmatisch ausgebildeten Planes sah, wird die Aufklärung darauf bestehen, daß das Christenthum weiter Nichts als „die Anwendung einer Vorgefundenen messianischen Dogmatik auf die Person Jesu ” sey — aber diese Aufklärung wird auch bei ihrem Mangel an Selbstgefühl die Beute jedweder Gewalt bleiben — sie wird sich als der geistlose Niederschlag des Christenthums erhalten und den negirenden und schöpferischen Geist desselben wird die Forschung als Gewinn davontragen und in die Zukunft mit hinübernehmen, indem sie die Chimäre jener vor christlichen messianischen Dogmatik beseitigt und den Beweis lie fert, daß die Gemeinde ihre Dogmatik selbst geschaffen hat und im ersten Selbstgefühl ihrer höhern Macht und Würde den Quell der Ueberzeugung enthielt, daß sie der Zweck des A . T . und dieses ihre Weissagung sey. |
In the sandy desert of their obscurity and dissolution, the bearers of ecclesiastical consciousness will invincibly and irrefutably resist any progress of culture, and if they were in need of an ally against research, they are sure of one in those mighty spirits who are so secure in their unbelief that that they have not fought the battle unnecessarily, the detail of the proof an abundance, the execution a useless burden. To be sure, the church uses these confederates, but in the end, when it has used their help, it unfailingly strikes them on the head. Thus the last European peoples’ uprising broke out first at the bulwark of the state church of England, on the mainland the reform efforts of the capitals had to surrender to the ecclesiastical custom of the plains, the modest fundamental rights of the German parliament could not find the transition from paper to life, because they were lost in the labyrinth of ecclesiastical ruins which the bourgeois Enlightenment defends against serious attack, and now the church is giving the reins of government into the hands of those whom it can expect to punish the peoples for the superficial rebellion against its ancient privilege.
The Church remains, but by means of research the detail of its possession will be taken from it. The vagueness of the spirits that surrounds it as a protective wall and in whose nebulous images its presuppositions are repeated in a weakened form will remain – if the church saw in Christianity only the outward execution of a plan long since prophesied and fixed and dogmatically formed in the expectation of the Jewish people, the Enlightenment will insist, that Christianity is nothing more than “the application of a found messianic dogmatics to the person of Jesus” – but this Enlightenment, even with its lack of self-awareness, will remain the prey of any violence – it will remain as the spiritless precipitation of Christianity and the negating and creative spirit of the same will be carried away by research as a profit and carried over into the future, by eliminating the chimera of that pre-Christian messianic dogmatics and providing the proof that the congregation created its dogmatics itself and contained in the first self-feeling of its higher power and dignity the source of the conviction that it was the purpose of the O . T . and that this is its prophecy. |
X | Die Verwirrung des Bewußtseyns, in der sich alle Unterschiede der Evangelien verlieren, wird bleiben, aber unschädlich wird sie werden, wenn der grellste Widerspruch, der sich im vierten Evangelium concentriert, der Widerspruch zwischen dessen neuen Tendenzen und Absichten und zwischen Voraussetzungen, die nur in den synoptischen Evangelien zu Hause, in diesen nur wirklich ausgeführt sind, von den Gläubigen wohl gelaugnet, aber nicht mehr umgefloßen werden kann.
Das Alterthum ist so geschwächt, das Bewußtseyn der Gegenwart, in dem das gesammte Alterthum verwest, ist so theilnahmlos geworden, daß es nicht einmal an sich selber mehr Interesse nimmt und die Frage , die endlich einmal gestellt wer den muß, die Frage , ob Paulus wirklich der Verfasser der Briefe seyn kann, die die bisherige theologische Kritik für unan greifbar und unverletzlich hielt, die Frage also, ob die Revolution, die den neuen Gehalt und die Uebermacht des Christen thums über die Gegensätze der alten Welt constituirte, eine rein jüdische That war oder aus der Reibung der chaotischen Kämpfe aller Culturelemente der alten Welt sich entzündete — für eine höchst gleichgültige Frage hält. Aus Gleichgültigkeit gegen sich selbst ignorirt das Alterthum die Forschung — aber es meidet sie auch deshalb, weil es nicht erkannt seyn, d. h. sich nicht auf geben will und weil eS in feiner Halbheit, Geschwachtheit und Verstimmung doch noch einmal zu siegen hofft. War doch die europäische Erschütterung des Jahres 1848 eine Folge der passiven Auflösung, der das gesammte Alterthum anheimgesallen ist — warum soll der Verfa ll nicht öfter noch zu Augen blicken führen, in denen wiederum ganze Theile des alten Ge bäudes krachend Zusammenstürzen? Es wird geschehen, aber der Verfall, auch der krachende Zusammensturz wird nie ein Sieg und die verfallende Culturw elt des Westens, der es vor ihrer Selbsterkenntniß graut, wird doch die Beute des Herrn werden, der erst das große Terrain schaffen wird , auf dem es sich zu kämpfen verlohnt und die Forschung als Siegerin über das Alterthum sich bewähren wird. |
The confusion of consciousness, in which all differences of the gospels are lost, will remain, but it will become harmless, when the most glaring contradiction, which is concentrated in the fourth gospel, the contradiction between its new tendencies and intentions and between presuppositions, which are only at home in the synoptic gospels, in these only really executed, can be denied by the believers, but can no longer be circumvented.
The antiquity has become so weakened, the consciousness of the present, in which the entire antiquity is decaying, has become so indifferent that it no longer even takes an interest in itself, and the question that must finally be asked, the question of whether Paul can really be the author of the epistles, which previous theological criticism held to be intangible and inviolable, The question whether the revolution that constituted the new content and the supremacy of Christianity over the antagonisms of the old world was a purely Jewish act or was ignited by the friction of the chaotic struggles of all cultural elements of the old world – is considered a highly indifferent question. Out of indifference to itself, antiquity ignores research – but it also avoids it because it does not want to be recognized, i.e. because it does not want to give itself up, and because it hopes to win once again in its subtle half-heartedness, weakness and disgruntlement. If the European upheaval of 1848 was a consequence of the passive dissolution to which the entire antiquity fell victim, why should the fall not more often lead to glimpses in which whole parts of the old edifice once again collapse with a crash? It will happen, but the decay, even the crashing collapse, will never be a victory, and the decaying cultural world of the West, which is afraid of its self-knowledge, will nevertheless become the prey of the Lord, who will only create the great terrain on which it is worth fighting and research will prove itself as the victor over antiquity. |
XI | Die Auflösung der christlichen Welt wird ihren Gang gehen, aber wir werden uns in ihr orientiren und mitten im allgemeinen Verfall uns selbst behaupten, indem wir ihr Vorbild, die Auflösung des morgenländischen und classischen Alterthums und das Christenthum selbst als diese Auflösung kennen lernen.
Diese Auflösung der alten Welt und den Aufgang des Christenthums wird das vorliegende Werk schildern. Um den wirklich geschichtlichen Grund und Boden zu gewinnen, werden wir zuvor das Detail der heiligen Geschichte untersuchen und das schriftstellerische Verhältniß der Evangelien sowohl zueinander als zu den gleichzeitigen und vorangehenden Erzeugnissen des christlichen Bewußtseyns den Ursprung der evangelischen Anschauung überhaupt deuten lassen*). Das spätere Machwerk wird zum Ursprünglichen führen: — den Anfang macht daher das späteste, das vierte Evangelium. |
The dissolution of the Christian world will take its course, but we will orient ourselves in it and assert ourselves in the midst of the general decay by getting to know its model, the dissolution of the Oriental and Classical antiquity, and Christianity itself as this dissolution.
The present work will describe this dissolution of the ancient world and the rise of Christianity. In order to gain the real historical ground, we will first examine the detail of the sacred history and let the scriptural relationship of the Gospels both to each other and to the contemporaneous and preceding products of Christian consciousness interpret the origin of the evangelical view in general*). The later work will lead to the original: therefore, the latest, the fourth Gospel, makes the beginning. |
XI * | *) werde ich namentlich meinen frühern Arbeiten auf diesem Gebiete die Widerlegung angedeihen lassen, die Andere ohne Erfolg versucht haben — aber zugleich die durchgreifende Widerlegung, die ihrem blei benden Gehalt die Vollendung gibt, die er verdient und soweit ich sie ihm jetzt zu geben im Stande bin. | *I will especially give my earlier works in this field the refutation that others have tried without success – but at the same time the thorough refutation that gives their lasting content the completion it deserves and as far as I am now able to give it. |
Neil Godfrey
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