48 |
3.Die Tempelreinigung.C. 2., 12-22. |
3.The cleansing of the temple.C. 2., 12-22. |
48/49 | Heimisch kann sich der Jesus des Vierten in Galiläa nicht fühlen, da er sobald wie möglich nach Judäa zurück muß, um dort mit seinen Gegnern, den Juden — als ob es nur in Judäa, nicht auch in Galiläa „Juden” gab — zu kämpfen und ihren Unglauben, so wie ihre Bosheit an der Wunderkraft seiner Einsicht und seines Willens abprallen zu lassen. Der Vierte denkt, die wahren Kämpfe seines Lebens habe Jesus allein in Judäa führen können, und er versieht es mit dieser Hetzjagd, auf der er ihn von Judäa nach Galiläa und von dort wieder zurücktreibt, daß er ihn nirgends heimisch werden läßt, denn war es vorher nur ein unvorhergesehener, zufälliger Umstand, die Einladung nach Kana, die den Herrn nach Galiläa führte, so ist es jetzt wiederum nur ein Paschafest, was ihn wenige Tage darauf, nachdem er sich mit Mutter, Brüdern und Jüngern nach Kapernaum begeben hatte, nach Judäa ruft.
Kaum aber hat er ihn in Jerusalem, so stürzt er ihn in den Kampf, sich selbst aber auch in. einen schreienden Widerspruch mit den Synoptikern, die von der Tempelreinigung, die er in den Anfang der öffentlichen Wirksamkeit Jesu versetzt, nur in den leßten Tagen, die seinem Leiden unmittelbar vorhergingen, Etwas wissen wollen. Allerdings glaubt er durch die Anschaulichkeit des Details, das er in seine Darstellung verwebt hat, die Synoptiker weit hinter sich zu lassen: wahrend z. B. Marcus (C. 11., 15.) einfach nur berichtet, daß Jesus „die Verkäufer und Käufer im Tempel Hinaustrieb und die Tische der Wechsler und die Stühle der Taubenhändler umstieß”, weiß er, der Vierte, von mehreren Arten der Viehhändler zu erzählen, macht er den Tempel zu einem Viehmarkt, indem er zuerst bemerkt, wie Jesus im Tempel Händler fand, die Ochsen, Schaafe und Tauben feil hatten, fügt er sodann noch die „sitzenden Wechsler” hinzu, läßt er den Herrn aus Stricken eine Geißel machen und „Alle, die Schaafe und die Ochsen” aus dem Tempel treiben, berichtet er sodann, wie Jesus das Geld der Wechsler ausschüttete und die Tische umstieß, und läßt er ihn dann erst an die Taubenhändler, die er zur Wegräumung ihrer Sachen aufforderte, die Worte richten: „macht meines Vaters Haus nicht zum Kaufhaus!” — Worte, die der Jesus des Marcus in der Form eines alttefla- mentlichen Citats zur Rechtfertigung und Erklärung der ganzen Handlung, die er so eben vollbracht hatte, dem Volke zu bedenken gab. |
Jesus of the Fourth Gospel cannot feel at home in Galilee, because he has to return to Judea as soon as possible, in order to fight there with his opponents, the Jews – as if there were “Jews” only in Judea, not also in Galilee – and to let their unbelief, as well as their malice, bounce off the miraculous power of his insight and his will. The Fourth Gospel thinks that Jesus could have fought the true battles of his life in Judea alone, and he provides it with this chase, on which he drives him from Judea to Galilee and from there back again, that he does not let him become at home anywhere, For if before it was only an unforeseen, accidental circumstance, the invitation to Cana, which led the Lord to Galilee, now again it is only a Passover, which calls him to Judea a few days later, after he had gone to Capernaum with his mother, brothers and disciples.
But as soon as he has him in Jerusalem, he plunges him into battle, but also himself into a screaming contradiction with the synoptics, who want to know something about the cleansing of the temple, which he places in the beginning of the public activity of Jesus, Only in the last days, which immediately preceded his suffering, he wanted to know something. However, by the vividness of the detail he has woven into his account, he thinks he leaves the Synoptics far behind: while, for example, Mark (ch. 11., 15. ) simply reports that Jesus “drove out the sellers and buyers in the temple and overturned the tables of the moneychangers and the chairs of the dove-dealers”, he, the Fourth, knows to tell of several kinds of cattle-dealers, he makes the temple a cattle-market by first noting how Jesus found in the temple dealers who had oxen, sheep and doves for sale, he then adds the “sitting changers”, he has the Lord make a scourge out of cords and drive “all, the sheep and the oxen” out of the temple, he then relates how Jesus poured out the money of the changers and overturned the tables, and only then has him address the dove merchants, whom he told to clear away their things, with the words: “do not make my Father’s house a storehouse! ” – Words that the Jesus of Mark gave to the people in the form of an Old Testament citation to justify and explain the whole action that he had just performed. |
49/50 | Allein der Wetteifer mit den Synoptikern war vergeblich und ein unglücklicher Gedanke, wenn der Vierte nicht anders kämpfen konnte als so, daß er eine Menge unnützen Details zu- sammenhäufte, unter dessen ungeordneter Last der Bericht erstickt. Erstlich war der Tempel kein Viehmarkt, wo es von Ochsen und Schaafen wimmelte — der Verfasser trennt die Ochsen- und Schaafhändler von den Taubenhändlern, gegen Erstere läßt er den Herrn die im Augenblicke verfertigte Geißel gebrauchen, an die letzteren die Worte richten, die in der Schrift des Marcus zur Belehrung des ganzen Volks benutzt werden: — eS ist gewiß, daß der Vierte zwischen den verschiedenen Viehhändlern einen Unterschied machen will und den Herrn gegen die Taubenkrämer schonender auftreten lassen will — gewiß, daß er die Taubenhändler für unschuldiger hält, aber diese Unterscheidung hat in den ganjen Bericht eine wüste Verwirrung gebracht und der Evangelist hat uns nicht einmal sagen können, weshalb die Taubenkrämer unschuldiger waren und welcher Ca- suistik Jesus folgte, als er ihnen größere Schonung widerfahren ließ. Waren die Tauben etwa für die Armen nöthig, die sich nicht einen Ochsen oder ein Schaaf kaufen konnten? Als ob die Armen eher sündigen durften! als ob sie nicht auch anderwärts ihr Opfervieh kaufen konnten und ihr Bedürfniß gerade die Entweihung des Heiligen entschuldigt hätte! Oder mußte nur das massive, ungeschlachte Vieh mit der Geißel vertrieben werden und theilte der Herr die populäre und sentimentale Vorstellung von der Unschuld der Tauben? — als ob es sich hier nicht vielmehr darum handelte, den Kram und Schacher überhaupt aus der Nähe des Heiligen zu vertreiben. | But the competition with the synoptics was in vain and an unfortunate thought, if the Fourth could not fight otherwise than by piling up a lot of useless details, under whose disorderly burden the report suffocates. First of all, the temple was not a cattle market teeming with oxen and sheep – the author separates the ox- and sheep-dealers from the dove-dealers, against the former he lets the Lord use the scourge made in an instant, to the latter he addresses the words used in the writing of Mark for the instruction of the whole people: – It is certain that the Fourth wants to make a distinction between the different cattle dealers and to let the Lord act more gently against the pigeon dealers – certain that he considers the pigeon tradlers to be more innocent, but this distinction has brought a great confusion into the whole report and the evangelist has not even been able to tell us why the pigeon dealers were more innocent and which criterion Jesus followed when he showed them greater mercy. Were the doves necessary for the poor, who could not buy an ox or a sheep? As if the poor were rather allowed to sin! As if they could not buy their sacrificial cattle elsewhere and their need would have justified the desecration of the sacred! Or was it only the massive, unslaughtered cattle that had to be driven out with the scourge, and did the Lord share the popular and sentimental idea of the innocence of the doves? – As if it was not rather a question here of driving away the stuff and haggling at all from the proximity of the saint. |
50/51 | Stelle dieser Macht, gegen die sie nicht gewaffnet waren, eine Waffe tritt, die sie nur zu leicht zum Widerstand hatte reizen können, da sie es nun mit einem Gegner zu thun hatten, dem sie vollkommen ebenbürtig waren und dem sie Gleiches mit Gleichem vergelten konnten. Die Handlung bleibt durch die Schuld des Vierten im Niedrigen stehen — die Waffe würde nicht nur diese gefährliche Waffe, sondern sogar dieser gefährliche Ueberfluß bleiben, wenn der Verfasser — aber er gibt keine Andeutung, die uns zu dieser Annahme berechtigte — das Weichen der Krämer und Wechsler weniger als Wirkung der äußerlichen Züchtigung denn als Wirkung des heiligen Ernstes, mit dem Jesus ihnen entgegentritt, und ihres eignen strafenden Gewissens betrachtete; allerdings sagt der Evangelist nicht ausdrücklich, daß die Geißel auf den Rücken der Krämer und auf die Ochsen und Schaafe niederfiel — das Gefühl für den An- stand hielt ihn davon ab, diese ernstliche Consequenz seiner Darstellung zu ziehen und auszusprechen, aber die Geißel soll doch das wirksame Mittel zur Vertreibung der Händler aus dem Tempel seyn*) d. h. es bleibt bei einer inconvenienz, deren wirkliche Folgen nur dadurch verhütet werden, daß der Verfasser von einer Anschauung und Geschichtsdarstellung abhängig ist, nach welcher die Krämer vor der Macht des heiligen Unwillens widerstandslos zurückweichen. | In the place of this power, against which they were not armed, a weapon is introduced, which could have provoked them only too easily to the resistance, since they had to do it now with an opponent, to whom they were completely equal and to whom they could repay like with like. The action remains low because of the guilt of the Fourth – the weapon would remain not only this dangerous weapon, but even this dangerous excess, if the author – but he gives no hint that would entitle us to this assumption – considered the yielding of the merchants and money changers less as an effect of the external chastisement than as an effect of the holy seriousness with which Jesus confronts them, and of their own punishing conscience; However, the evangelist does not explicitly say that the scourge fell on the backs of the merchants and on the oxen and sheep – the feeling for the situation kept him from drawing and pronouncing this serious consequence of his account, but the scourge is supposed to be the effective means for the expulsion of the merchants from the temple.*) i.e. it remains with an inconvenience, whose real consequences are only prevented by the fact that the author is dependent on a view and history representation, according to which the merchants retreat before the power of the holy displeasure without resistance. |
51* | *) ποιήσας φραγέλλιον πάντας έξεβαλεν. | *) ποιήσας φραγέλλιον πάντας έξεβαλεν. |
51/53 | Der Vierte mag es endlich erklären, warum der Herr, den er so oft zu den Festzelten nach Jerusalem schickt, nur noch das Einemal, in den letzten Tagen, die seinem Leiden voran- gingen, die Tempelreinigung vornahm. Denn der Erfolg der ersten Reinigung konnte kein bleibender seyn, da er nur auf einer augenblicklichen Bestürzung der Sünder beruhte und was be-reits zur Volkssitte geworden ist, durch einen Ueberfall von Seiten des eigenmächtigen Eifers sich wohl einmal stören, aber nicht für immer unterdrücken laßt; wenn daher Jesus öfter zu den Fcstzeiten nach Jerusalem reiste und daS erstemal dem Unfug an der heiligen Stätte entgegentrat, so hätte er jedesmal, so oft er nach Jerusalem kam, dieselbe Handlung wiederholen müssen, wenn er nicht etwa in der Weise der Indolenz denken und handeln wollte, die den Frevel dann erst angretft, wenn er schreiend und grell hervortritt, und dem einmal bekämpften Bösen so lange wieder zusieht, bis es den ganzen Boden — in diesem Falle noch dazu den Boden des Heiligen — überwuchert hat.
Diese Consequenz seiner eignen Darstellung hat aber der Vierte nicht gezogen, weil er sich von der Abhängigkeit von einer Anschauung, für welche die Tempelreinigung nur Einmal geschehen ist, nicht losmachen konnte und weil er fühlte, daß bei der Wiederholung, die noch dazu immer erfolglos bleiben mußte, die Handlung den Anstrich einer rein policeilichen Maaßregel erhalten hätte. So abhängig ist er von einer Anschauung, nach welcher die Handlung nur Einmal und bei dem ersten Eintritt Jesu in Jerusalem vollzogen ist, daß er jetzt, Wo er den Herrn auch zum erstenmal in Jerusalem einführt, die Handlung sogleich geschehen läßt und nicht bedenkt, daß sie in dem neuen Zusammenhang seiner Schrift, wo Jesus öfter nach Jerusalem kommt, erfolglos, zwecklos, haltlos wird. Er hat der Handlung den bedeutungsvollen Charakter genommen, den sie in dem synoptischen Gesichtskreis besitzt — er hat es endlich vollständig übersehen, daß der kühne Schritt, den der Herr mit diesem gewaltsamen Acte that, ursprünglich die Bestimmung hatte, den entschiedenen Bruch mit dem officiellen Judenthum auszudrücken und die letzte Katastrophe herbeizuführen. |
The Fourth may finally explain why the Lord, whom he so often sends to the tents in Jerusalem, only once, in the last days preceding his suffering, performed the cleansing of the temple. For the success of the first cleansing could not be permanent, since it was based only on a momentary consternation of the sinners and what has already become a popular custom can be disturbed once by an attack from the side of arbitrary zeal, but not suppressed forever; If, therefore, Jesus often traveled to Jerusalem at the feast times and for the first time confronted the mischief in the holy place, he would have had to repeat the same action every time he came to Jerusalem, if he did not want to think and act in the manner of indolence, which only attacks the outrage when it comes out screaming and glaring, and watches the once fought evil again until it has overgrown the whole ground – in this case, moreover, the ground of the holy place.
But the Fourth did not draw this consequence of his own representation, because he could not free himself from the dependence on a view, for which the cleansing of the temple happened only once, and because he felt that with the repetition, which, moreover, always had to remain unsuccessful, the action would have received the appearance of a purely police regulation. So dependent is he on a view according to which the action is accomplished only once and at the first entry of Jesus into Jerusalem, that now, when he also introduces the Lord for the first time into Jerusalem, he lets the action happen immediately and does not consider that it becomes unsuccessful, purposeless, groundless in the new context of his writing, where Jesus comes more often to Jerusalem. He has deprived the action of the meaningful character that it possesses in the synoptic context – he has completely overlooked the fact that the bold step that the Lord took with this violent act was originally intended to express the decisive break with official Judaism and to bring about the final catastrophe. |
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53/54 | Doch — er hat einen An klang an diese letzte Katastrophe in seine Darstellung verwebt. Durch die kühne Handlung überrascht verlangen die Juden ein Zeichen, das seine Vollmacht zu einem so eigenmächtigen Auftreten außer Zweifel setze; — er antwortet.’ „brechet diesen Tempel ab und in drei Tagen werde ich ihn aufrichten” — die Zuden glaubten, er meine den sichtbaren Tempel, aber mit Unrecht, wie der Evangelist hinzu- setzt, da Jesus vielmehr seinen Leib meinte und diesen vielmehr als den Tempel bezeichnete, der drei Tage nach seinem Zusammenbruch wieder aufgerichtet würde.
Hier also hätten wir wirklich den Bericht über ein Ereigniß, welches die Synoptiker nur andeuten, wenn sie im Verhör Jesu vor dem Hohenpriester Zeugen auftreten lassen, die gegen ihn aussagen, er habe sich gerühmt, daß er diesen von Menschenhänden gemachten Tempel abbreehen und in drei Tagen einen andern erbauen werde, der nicht von Menschenhänden gemacht ist? Wenn es aber nur nicht der Vierte wäre, der den synoptischen Geschichtskreis mit dieser Ergänzung beschenken will — ein Schriftsteller, der die Juden alle Aeußerungen seines Herrn mißverstehen läßt und am allerwenigsten im Stande ist, es uns begreiflich zu machen, daß sein Jesus dießmal Zuhörer hatte, die seine Worte jahrelang im Kopfe trugen, bis sie dieselben als Zeugen einmal gegen ihn benutzen konnten! Ein ganz anderer Schriftsteller gehörte dazu, um die Symmetrie der synoptischen Darstellung, in welcher der Spruch, auf den sich die Zeugen berufen, nicht durch einen Zeitraum, der Jahre umfaßt, von dem Augenblick des Verhörs abgetrennt werden darf, zu zerstören. Die Hilfe, die der Vierte den Synoptikern anbietet, indem er eS eben durch diesen langen Zwischenraum erklärlich machen Will, wie es kam, daß die Zeugen den Spruch entstellen und zum Nachtheil Jesu wenden konnten, müßte nicht unnöthig seyn, da die Synoptiker einen bedeutungsvollen Spruch anführen und es gar nicht einmal erklären, nicht erklärt wissen wollen, worin die Wendung besteht, die dem Zeugniß den Charakter des Falschen gab. Ihnen genügt es, einen Spruch hinzustellen, der in der That ein Capitalverbrechen gegen das ganze Judenthum enthielt, ihnen ist es genug, die Zeugen als falsche zu bezeichnen, ohne daß sie daran denken, nun zu sagen, ob sie zu dem bedeutungsvollen Spruch Etwas hinzugesetzt oder ihm eine nähere Bestimmung geraubt haben — sie geben vielmehr den Spruch und lassen sich nur die Zeugen, jedoch vergeblich, Marc. 14, 59., martern, ihn zu constatiren und ihm eine gerichtliche Bedeutung zu geben. Das ist ein Zusammenhang — siehe noch einmal die Darstellung des Marcus — den der Vierte, der den Spruch nicht einmal im Verhör Jesu anbringt und benutzt, nicht auflösen kann- Der Vierte bringt den Spruch aber im Verhör Jesu nicht mehr vor, weil er der Meinung lebt, er habe ihm hier schon die volle Beziehung auf das Leiden desselben gegeben, wenn er ihn als eine Anspielung aus seinen Tod und seine Auferstehung bezeichnet hat. |
But – he has interwoven a reminiscence of this last catastrophe into his representation. Surprised by the bold action, the Jews demand a sign that would put his authority for such an arbitrary appearance out of doubt; – he answers.’ “Break down this temple and in three days I will raise it up” – the Jews believed that he meant the visible temple, but wrongly, as the evangelist adds, since Jesus rather meant his body and rather referred to it as the temple that would be raised up again three days after its collapse.
So here we really have the report of an event that the synoptics only hint at when they have witnesses appear in the interrogation of Jesus before the high priest who testify against him that he had boasted that he would break down this temple made by human hands and build another one in three days that was not made by human hands? If only it were not the Fourth who wants to give this addition to the synoptic historical circle – a writer who makes the Jews misunderstand all utterances of his Lord and is least of all able to make us understand that his Jesus had listeners who carried his words in their heads for years until they could use them as witnesses against him once! A quite different writer was needed to destroy the symmetry of the synoptic account, in which the saying to which the witnesses refer must not be separated from the moment of interrogation by a period of time that covers years. The help that the Fourth offers to the Synoptics, in that he wants to explain precisely through this long interval, how it came about that the witnesses could distort the saying and turn it to the disadvantage of Jesus, should not be unnecessary, since the Synoptics cite a meaningful saying and do not even need to explain it, do not want to know it explained, in what the turn consists that gave the testimony the character of the false. It is enough for them to present a saying that in fact contained a capital crime against all of Judaism, it is enough for them to call the witnesses false without thinking of saying whether they added something to the meaningful saying or robbed it of a closer meaning – they rather give the saying and only let the witnesses, but in vain, Mark 14, 59, torture themselves to state it and to give it a judicial meaning. This is a connection – see once again the account of Mark – that the Fourth, who does not even bring up and use the saying in the interrogation of Jesus, cannot resolve. The Fourth, however, does not bring up the saying in the interrogation of Jesus anymore, because he lives in the opinion that he has already given it the full relation to the suffering of Jesus, when he called it an allusion to his death and resurrection. |
54/55 | Und wie ist ihm die neue Beziehung des Spruchs gelungen! Man betrachte den Spruch in seiner ganzen Einfachheit und inneren Belebtheit in der Schrift des Marcus, wie dieser von Menschenhänden gemachte Tempel und der andere, der nicht von Menschenhänden gemacht ist, sich klar und rein gegenüber stehen, wie ruhig und sicher der Blick von dem einen zu dem andern übergeht, wie leicht und natürlich und über allem Zweifel erhaben beide Tempel sich selbst erklären, wie der Zusatz, der ihren Ursprung bezeichnet, den sichtbaren Tempel zum Repräsentanten des ganzen Judenthums macht, den andern als die christliche Gemeinde ausweist, man beachte es endlich, wie die Bestimmung, daß dem Sturz des ersten Tempels der Aufbau des andern in drei Tagen folgen soll, keinen Zweifel daran zuläßt, daß mit der Auferstehung des Herrn der Sturz des Judenthums und die Gründung der Gemeinde entschieden sey, und man wird es dann verstehen, was es zu bedeuten hat, wenn Marcus berichtet (C. 15, 38), daß als Jesus verschied, der Vorhang des Tempels von oben bis unten in zwei Stücke zerriß. Der Geschichtsschreiber, der in seinem Werk einen wirklichen Zusammenhang zu schaffen wußte. Will damit sagen, daß der Tempel, nachdem das Allerheiligste durchbrochen war, seinen Sinn und Zweck verloren habe und daß jetzt die Erfüllung jenes Spruchs Jesu, dem die Zeugen im Verhör vor dem Hohenpriester keine kriminelle Bedeutung abzuwinnen wußten, begonnen habe; d. h. in der Schrift des Marcus ist der Spruch ursprünglich zu Hause, hier nur hat er seine richtige Stelle, hier hat er Sinn und Bedeutung. | And how has he succeeded in the new relation of the saying! Consider the saying in all its simplicity and inner vitality in the writing of Mark, how this temple made by human hands and the other, not made by human hands, stand clearly and purely opposite each other, how calmly and surely the gaze passes from the one to the other, how easily and naturally and beyond all doubt both temples explain themselves, how the addition which designates their origin, makes the visible temple the representative of the whole Judaism, the other one as the Christian church; finally, notice how the provision that the fall of the first temple should be followed by the building of the other one in three days leaves no doubt that with the resurrection of the Lord the fall of Judaism and the foundation of the church were decided, and one will then understand what it means when Mark reports (ch. 15, 38) that when Jesus died, the curtain of the temple was torn in two from top to bottom. The historian who knew how to create a real context in his work. He wants to say that the temple, after the holy of holies was broken, lost its meaning and purpose and that now the fulfillment of that saying of Jesus, which the witnesses in the interrogation before the high priest did not know how to extract any criminal meaning from, had begun; i.e. in the writing of Mark the saying is originally at home, here only it has its right place, here it has meaning and significance. |
55/56 | Was für ein Ungeheuer von Sinn legt ihm aber der Vierte bei! Er will uns glauben machen, daß die Juden und die Jünger Jesu ihn auf ganz entgegengesetzte Subjecte bezogen — jene auf den sichtbaren Tempel, diese auf den Leib des Herrn; da aber Jesus sagt: „diesen Tempel”, so muß er mit seiner Hand auf den Tempel, den er meinte und allein ins Auge gefaßt wissen wollte, gezeigt haben; zeigte er auf den wirklichen Tempel, so war wenigstens der Ausgangspunkt, von dem die Juden mit ihrer Auffassung ausgingen, nicht falsch und war die Erklärung, die die Jünger nach der Auferstehung ihres Herrn dem Spruche gaben, unmöglich — oder zeigte Jesus auf seinen Leib, so war die Auffassung der Juden abgeschnitten und wäre nur das Eine befremdlich, daß Jesus zu den Juden Worte sprach, die für sie schlechterdings sinnlos seyn mußten, und daß er darauf rechnete, die Jünger würden ihn auch nach Jahren noch vor Augen haben, wie er in diesem Augenblicke auf seinen Leib zeigte und ihnen gleichfalls unverständliche Worte sprach — kurz, daß er erwartete, die Jünger würden ein für sie bedeutungsloses Bild mit der sinnlosen Unterschrift Jahrelang festhalten und warten, bis endlich die Auferstehung kam und ihnen das Räthsel löste.
Eine Auffassung schließt die andere aus — die Voraussetzung, die die eine allein möglich machen konnte, macht die Voraussetzung, die zu der andern führen konnte, zu einem Ding der Unmöglichkeit, man müßte denn annehmen, der Evangelist habe einen Doppelsinn der Worte angenommen und beabsichtigt, einen scheinbaren und ostensibeln Sinn für die Menge und einen innern, der den Jüngern nach der Auferstehung ihres Herrn aufging; — wäre das aber der Fall, dann wäre es auch gewiß, daß der Evangelist seine Absicht nicht wirklich durchgeführt hat und seine Annahme auf eine Unmöglichkeit gründete, da ein Doppelsinn nur möglich ist, wenn der tiefere, entlegenere Sinn in derselben Richtung liegt, den die Worte und Gedanken einschlagen mußten, um zu dem ersten, dem scheinbaren Sinn zu gelangen. Wollte daher der Vierte einen Doppelsinn wirklich durchführen, so hätte er erst das Wunder vollbringen müssen, daß der Herr mit derselben Handbewegung zu gleicher Zeit vorwärts und rückwärts, auf den Tempel und auf seinen Leib zeigte. |
But what a monster of meaning the Fourth one attaches to it! He wants to make us believe that the Jews and the disciples of Jesus referred him to quite opposite subjects – the former to the visible temple, the latter to the body of the Lord; but since Jesus says: “this temple”, he must have pointed with his hand to the temple which he meant and which alone he wanted to have in view; If he pointed to the real temple, then at least the starting point from which the Jews proceeded with their conception was not wrong and the explanation that the disciples gave to the saying after the resurrection of their Lord was impossible – or if Jesus pointed to his body, then the conception of the Jews was cut off and only the one thing would be strange that Jesus spoke words to the Jews that must have been absolutely meaningless for them, and that he counted on the disciples still seeing him years later, as he pointed to his body at that moment and spoke words that were also incomprehensible to them – in short, that he expected the disciples to hold on to a meaningless image with a meaningless signature for years and wait until the resurrection finally came and solved the mystery for them.
One conception excludes the other – the presupposition that could make the one alone possible makes the presupposition that could lead to the other a thing of impossibility, one would have to assume that the evangelist had assumed and intended a double sense of the words, an apparent and ostensible sense for the crowd and an inner one that dawned on the disciples after the resurrection of their Lord; – but if this were the case, it would also be certain that the evangelist did not really carry out his intention, and based his assumption on an impossibility, since a double sense is only possible when the deeper, more remote sense lies in the same direction that the words and thoughts had to take in order to arrive at the first, apparent sense. Therefore, if the Fourth really wanted to carry out a double sense, he would have had to perform first the miracle that the Lord pointed with the same hand movement at the same time forward and backward, to the temple and to his body. |
56/57 | Doch fallen wir dem Vierten nicht mit einer Wunderforderung zur Last — die Verwirrung, die er in alle seine Berichte bringt und in deren Dissonanz er sie sich auflösen läßt, entstand dießmal dadurch, daß er einen Spruch, der ursprünglich in der Geschichte der letzten Tage Jesu zu Hause ist, in den Anfang der Wirksamkeit desselben verlegte, kam namentlich daher, daß er in demselben Augenblick, wo er dem Spruch eine entgegengesetzte Auffassung angedeihen lassen will, das zeigende Wort, die zeigende Handbewegung, die dem Spruch in seiner Heimath nur Eine Bedeutung sichern*), in seine Darstellung mit hinübergenommen hat.
Nachdem die Verwirrung ihre Erklärung erhalten und sich vollständig aufgelöst hat, brauchen wir nicht daran zu erinnern, welches ungeheuerliche Bild der Vierte von seinem Herrn geschaffen hat, wenn er ihn Sprüche vortragen läßt, die Niemand versteht und die Juden — so will er wenigstens, daß wir die Sache ansehen — ins Alberne wenden und nur ins Alberne wenden können. Einer Darstellung gegenüber, wie er sie gegeben hat, ist es fast ungehörig, an die Darstellung eines Marcus zu erinnern, in dessen Schrift der Herr auch manches Wort spricht, dessen voller Gehalt erst sich später entwickeln sollte, bei alle dem aber so eindringlich und gewaltig spricht, daß er auch schon die ersten Hörer ergreift und in ihnen die Ahndung einer neuen Welt erweckt, eine Ahndung, die sie nicht wieder losläßt und sie unablässig und gründlich beschäftigt. |
But we do not burden the Fourth with a miracle claim – the confusion which he brings into all his reports and in whose dissonance he lets them dissolve, originated this time by the fact that he transferred a saying, which is originally at home in the history of the last days of Jesus, The reason for this was that at the same moment, when he wants to give the saying an opposite meaning, he took the pointing word, the pointing hand movement, which in his homeland secure only one meaning*), over into his representation.
After the confusion has received its explanation and has completely dissolved, we do not need to remind what monstrous picture the Fourth has created of his Lord, when he lets him recite sayings, which nobody understands and which the Jews – at least so he wants us to look at the matter – can turn into the silly and only into the silly. It is almost unseemly to remind of the presentation of a Mark, in whose writing the Lord also speaks some words, whose full content should develop only later, but in all this he speaks so forcefully and powerfully that he already seizes the first listeners and awakens in them the presentiment of a new world, a presentiment that does not let them go again and occupies them constantly and thoroughly. |
57* | *) „Diesen Tempel”. Marcus 14, 58. | *) “This temple”. Mark 14, 58. |
57/58 | Da wir es ferner in der Schrift des Vierten mit dem Spruch Jesu nicht einmal in seiner ursprünglichen Gestalt zu thun haben, so ist es auch kaum nöthig, darauf hinzuweisen, wie der Sinn, den der Spruch hier, in der Darstellung des Vierten haben soll — erst sehr spät und auf dem Umwege durch eine Menge von Vermittlungen entstehen konnte. Erst mußte sich die Gemeinde vom Tempeldienst losgeriffen, erst mußte sie sich selbst als den Tempel gefaßt haben, in welchem der Geist Gottes allein auf angemessene Weise wohne, sodann mußte erst die individuelle Fassung des Bildes sich festgesetzt haben, wonach der Leib der Gläubigen überhaupt als ein Tempel betrachtet wurde, ehe eS möglich wurde, dem Spruch die Beziehung zu geben, die er vom Vierten erhalten hat.
Aber Eine Jnconvenienz müssen wir noch erwähnen, weil sie dazu dient, jeden Zweifel über die ursprüngliche Heimath dieses Berichts zu heben. Die Juden fragen Jesum: „Was für ein Zeichen zeigst du uns, daß du Solches thust?” —- d. h. sie verwirren zweierlei: sie fordern ein Zeichen und fragen zugleich nach der Vollmacht, die durchaus nicht in einem Zeichen zu bestehen braucht. Daß aber die Frage ursprünglich nicht einmal auf eine Zeichenforderung angelegt war, beweist der Vierte selbst, wenn er Jesum nur mit einem Spruche antworten und mit diesem Spruche die ganze Angelegenheit beendigen läßt. Mit Einem Worte: der Vierte hat in die Frage nach seiner Vollmacht, die im synoptischen Gesichtskreis dem Herrn nach der Tempelreinigung vorgelegt wird, *) die ungehörige Zeichenforderung eingeschoben. Er hat uns recht deutlich zeigen wollen, daß er fremde Elemente benutzte und nicht Meister genug war, sie widerspruchslos in die neue Richtung, die er beabsichtigte, zu verarbeiten. Diese neue Richtung war aber von vornherein selbst schon eine verfehlte. |
Since, furthermore, in the writing of the Fourth, we do not even have to do with the saying of Jesus in its original form, it is hardly necessary to point out how the meaning that the saying is supposed to have here, in the account of the Fourth – could only come into being very late and on the detour through a lot of mediations. First the congregation had to get rid of the temple service, first it had to understand itself as the temple in which the Spirit of God alone dwells in an appropriate way, then the individual version of the image had to be established, according to which the body of the believers was regarded as a temple at all, before it became possible to give the saying the relationship it received from the Fourth.
But we have to mention one more fact, because it serves to remove any doubt about the original home of this report. The Jews ask Jesus, “What sign dost thou show us that thou dost such things?” — i.e. they confuse two things: they ask for a sign and at the same time they ask for the authority, which does not need to consist in a sign. But that the question was originally not even intended as a demand for a sign is proven by the Fourth himself, when he lets Jesus answer only with a saying and with this saying ends the whole matter. In one word: the Fourth has inserted the improper demand for a sign into the question about his authority, which is presented to the Lord after the cleansing of the temple in the synoptic circle of vision *). He wanted to show us quite clearly that he used foreign elements and was not master enough to process them without contradiction in the new direction he intended. But this new direction was from the beginning itself already a missed one. |
58* | *) Marc II. 28:: τίς 001 τήν έξονοίαν ταύτην ίδωκεν, ίνα ταΰτα ποιεΐς; Job. 2, 18: τί σημείον δεικνύεις ήμΐτ, ότι ταύτα ποιείς. | *) Mark 2:28. τίς 001 τήν έξονοίαν ταύτην ίδωκεν, ίνα ταΰτα ποιεΐς; John 2:18: τί σημείον δεικνύεις ήμΐτ, ότι ταύτα ποιείς. |
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Neil Godfrey
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