77 |
2.Die Berufung der vier ersten Apostel |
2.The calling of the four first apostles |
77 | Nachdem Lukas den Herrn sogleich im Anfänge mitten in sein Werk versetzt hatte, konnte er die Berufung der vier ersten Apostel nicht mehr so einfach geschehen lassen, wie sie in der Schrift des Marcus geschieht. Derjenige, der bei seinem ersten Auftreten sich als den übermenschlichen Wunderthäter bewiesen und (E. 4, 36) das Erstaunen der Leute über die Macht und Gewalt erregte, mit der er selbst den teuflischen Geistern gebot, durfte die ersten Jünger nicht mehr einfach zu sich heranrufen, sondern mußte sich wiederum als den übernatürlichen Macht-Haber beweisen und diejenigen, die er gewinnen wollte, durch das Erstaunen über seine außerordentliche Gewalt zu seinen Füßen nieder wersen.
Las thut er auch in der Schrift des Lukas. Er bewirkt den Leuten, die ihm von jetzt an angehören sollten, einen wunderbaren Fischzug und die Offenbarung einer so unerhörten Macht über die Natur versetzt sie in dasselbe Erstaunen, welches die Bürger von Kapernaum beim Anblick seines siegreichen Kampfs mit den Geistern des teuflischen Reichs ergriffen hatte. Simon Petrus stürzte ihm sogar vor Entsetzen*) zu Füßen, |
After Luke had placed the Lord in the midst of his work right at the beginning, he could not let the calling of the first four apostles happen as simply as it happens in the writing of Mark. He who at his first appearance proved himself to be the superhuman miracle worker and (E. 4, 36) aroused the astonishment of the people at the power and authority with which he himself commanded the devilish spirits, was no longer allowed to simply call the first disciples to him, but had to prove himself again as the supernatural holder of power and bring down those whom he wanted to win to his feet through the astonishment of his extraordinary authority.
This is also what he does in Luke’s writing. He causes the people who were to belong to him from now on a marvellous haul and the revelation of such an unheard-of power over nature puts them into the same astonishment that had seized the citizens of Capernaum at the sight of his victorious battle with the spirits of the devilish kingdom. Simon Peter even fell at his feet in horror*), |
77* | *) Dieß Entsetzen des Petrus und seiner Genossen, sowie der Bürger von Kapernaum bezeichnet Lukas beidemal (C. 4, 36. 5, 9) als θάμβος | *) The horror of Peter and his comrades, as well as of the citizens of Capernaum, is described by Luke both times (C. 4, 36. 5, 9) as θάμβος |
77/78 | Wurde dieser Pragmatismus durch die Anlage des Ein-gangs noch so sehr geboten, so hatte er doch eine Inconvenienz zur Folge, der sich der spätere Geschichtsschreiber nur mittelst einer besondern Wachsamkeit und Vorsicht hätte entziehen können, in der That aber nicht entzogen hat. | Even if this pragmatism was so much dictated by the layout of the entrance, it nevertheless resulted in an inconvenience that the later historian could only have avoided by means of special vigilance and caution, but in fact did not. |
78 | Wenn nämlich Jesus sich bereits so auffallend, wie die beiden vorhergehenden Berichte voraussetzen, sich als den Gewaltigen offenbart hat, so kann kaum noch angenommen werden, daß die Leute, denen er lm Augenblick der Berufung eigentlich als ein Unbekannter entgegentreten mußte, ihn noch nicht kennen. Nein! sie müssen ihn kennen — sie sind in Kapernaum zu Hause, in dieser Stadt hat er durch seine Wundertat das größte Aufsehen erregt — sie kennen ihn also und Petrus redet ihn, als er das Zeichen zum Fischzug gab, wirklich als Meister an *) — d. h. er huldigt seiner Überlegenheit mit derselben Anrede, gibt ihm denselben Titel, den ihm die Jünger des Lukas auch späterhin, besonders aber im Augenblick der Noth oder in der Freude über die glänzende Offenbarung seiner Herrlichkeit geben.**)
Er kennt ihn also bereits als seinen Gebieter, ge-hört ihm als der Untergebene an — und doch soll er erst berufen werden, — soll ihn Jesus erst gewinnen d. h. durch das Wort der Berufung ihn sich zu eigen machen und die Macht seines Worts gerade dadurch beweisen, daß er ihn beim ersten Zusammentreffen sogleich an sich heranzieht und für immer an sich kettet? |
If Jesus has already revealed himself as the mighty one in such a striking way, as the two previous reports presuppose, then it can hardly be assumed that the people, to whom he actually had to confront him as an unknown at the moment of the calling, do not know him yet. No! They must know him – they are at home in Capernaum, in this city he caused the greatest sensation by his miraculous deed – so they know him and Peter, when he gave the sign to go fishing, really addresses him as Master *) – i.e. he pays homage to his superiority with the same form of address, gives him the same title which Luke’s disciples also give him later, but especially in the moment of need or in the joy over the brilliant revelation of his glory.)
So he already knows him as his master, belongs to him as his subordinate – and yet he is to be called first, – is Jesus to win him first, i.e. to make him his own through the word of calling and to prove the power of his word by immediately drawing him to himself at the first meeting and binding him to himself forever? |
78* | *) ἐπιστάτα C. 5, 5.
**) “ἐπιστάτα, ἐπιστάτα, wir kommen um!” rufen sie z. B- in der Noth des Sturmes auf dem See C. 8, 24. ἐπιστάτα, hier ist gut seyn!” ruft Petrus in der Freude über die Verklärung C. 9, 33. ״ἐπιστάτα, lerbarme dich unser!” rufen die Aussätzigen, die von ihm Heilung verlangen C. 17, 13. |
*) ἐπιστάτα ch. 5:5.
**) “ἐπιστάτα, ἐπιστάτα, we perish!” they cry e. g. in the distress of the storm on the lake Ch 8:24. ἐπιστάτα, here is good to be!” cries Peter in the joy of the transfiguration ch. 9:33. ״ἐπιστάτα, have mercy on us!” cry the lepers who demand healing from him ch. 17:13. |
79 | Der Evangelist hat sich ein Versehen zu Schulden kommen lassen, — ein Versehen aber, welches durch die Umgebung seines Berichts natürlich genug herbeigeführt wurde. Er will die Berufung der Jünger berichten, d. h. jenes erste Zusammentreffen Jesu mit denjenigen, auf welche er durch ein bloßes Wort seines Mundes einen so tiefgreifenden Eindruck machte, daß er sie auf eine bleibende, ja unauflösliche Weise an sich zog — der Evangelist hat diese Absicht, weil sie ihm durch einen bereits feststehenden Typus der heiligen Geschichte aufgedrungen war — aber er vereitelt die Ausführung, weil zugleich die Voraus-setzungen des Eingangs seiner Schrift auf ihn einwirken und die ungeheure Wunderthat Jesu in der Synagoge zu Kapernaum dessen Ruf so sicher gegründet hat, daß ihn Petrus Simon bereits kennen mußte.
Der Bericht ist Haltungslos — er schielt und sieht in demselben Augenblick nach zwei Seiten hin. Einmal will der Verfasser die Berufung der ersten Jünger und das erste Zusammentreffen Jesu mit denselben berichten, — darum stellt er die Sache auch von vornherein so dar, daß Jesus nur zufällig mit den beiden Brüderpaaren zusammentraf und nur durch die zufällige Verlegenheit eines Augenblicks bewogen wurde, in einen der Nachen zu treten, die ihnen gehörten (C. 5, 1—3.) — andererseits schielt er auf ein Paar Zeilen hin, die er soeben erst hingeschrieben und die eine bereits seit längerer Zeit bestehende Vertrautheit Jesu mit Simon Petrus voraussetzen. |
The evangelist is guilty of an oversight – an oversight, however, which was naturally enough brought about by the setting of his report. He wants to report the calling of the disciples, i. e. that first meeting of Jesus with those on whom he made such a profound impression by a mere word of his mouth that he drew them to himself in a lasting, even indissoluble way – the evangelist has this intention, The evangelist has this intention because it was forced upon him by an already established type of sacred history – but he thwarts the execution because at the same time the presuppositions of the beginning of his writing affect him and the tremendous miraculous deed of Jesus in the synagogue at Capernaum established his reputation so surely that Peter Simon must already have known him.
The report is attitudeless – it squints and looks at two sides at the same moment. On the one hand, the author wants to report the calling of the first disciples and the first meeting of Jesus with them – that is why he presents the matter from the beginning in such a way that Jesus only met the two pairs of brothers by chance and was only moved by the accidental embarrassment of a moment to step into one of the boats that belonged to them (ch. 5:1-3.) – on the other hand, he is squinting at a pair of lines that he has just written and which presuppose a familiarity of Jesus with Simon Peter that had already existed for a long time. |
79/80 | Als er nämlich das Zerwürfniß Jesu mit seiner Heimath Nazareth dargestellt hatte und die Frage für ihn entstand, wo nun der Herr zunächst wieder auftreten solle, bot ihin eine Schrift, die wörtlich mit der des Marcus übereinstimmte, die Antwort dar. Der Herr des Marcus beruft die vier ersten Jünger, als er alsbald nach seinem ersten Auftreten einmal am Ufer des See Genezareth wandelte — mit diesen Jüngern geht er augenblicklich darauf nach Kapernaum, wo sie angesessen waren, in der Synagoge der Stadt vertreibt er aus einem Besessenen den teuflischen Geist, darauf begiebt er sich mit seinem neuen Jüngerkreise ins Haus des Simon und Andreas, am Abend heilt er die Kranken, die man ihm brächte, am Morgen darauf bricht er. frühzeitig auf, Simon Petrus und seine Genossen eilen ihm nach und wollen ihn zurückhalten, da Alles nach ihm verlange, aber er fordert sie auf, mit ibm in die benach-barten Flecken zu ziehen, da es sein Beruf fordere, daß er auch diesen das Heil verkünde (Marc. 1, 14—38). | When he had depicted Jesus’ disintegration with his hometown Nazareth and the question arose for him where the Lord should first appear again, a scripture that literally corresponded to that of Marcus offered the answer. The Lord of Mark calls the first four disciples, when he once walked on the shore of the Sea of Galilee immediately after his first appearance – with these disciples he immediately goes to Capernaum, where they had settled, in the synagogue of the city he casts out the devilish spirit from a man possessed, then he goes with his new circle of disciples to the house of Simon and Andrew, in the evening he heals the sick who are brought to him, in the morning he sets out early, he heals Simon Peter and Andrew, and in the evening he heals the sick who are brought to him. Simon Peter and his comrades hurry after him and want to hold him back, since everything is longing for him, but he asks them to go with him to the neighbouring villages, since his profession demands that he also proclaim salvation to them (Marc. 1, 14-38). |
80 | Dieser Bericht, eine Darstellung wenigstens, die wörtlich mit demselben übereinstimmte, sagte es ihm, daß er Jesum nach dem Zerwürfniß mit Nazareth nach Kapernaum zurückführen müsse — hier führt er ihn in Simons Haus, läßt ihn die Schwiegermutter desselben von ihrem Fieber heilen, läßt dieselbe dann der Gesellschaft, die Jesus mitbrachte, die aber nur Marcus wirklich erwähnt hatte, Lukas nicht erwähnen konme, weil er erst nachher die Berufung der beiden Brüderpaare berichtet, aufwarten *) — am Abend folgt dann die Heilung der Kranken, am Morgen der Aufbruch Jesu (C. 4, 39—43).
Also war es wirklich so: Petrus kannte Jesum schon vor seiner Berufung — also ist es kein Wunder mehr, wenn ihn Petrus als seinen Gebieter anredet — aber Lukas hat nun auch diese Vertrautheit nicht erklärt und die folgende Berufung, das zufällige Zusammentreffen Beider sinnlos gemacht. |
This report, at least an account that literally corresponded with it, told him that he had to lead Jesus back to Capernaum after the quarrel with Nazareth – here he leads him into Simon’s house, lets him heal the mother-in-law of the same from her fever, then lets the same wait on the company that Jesus brought with him, but which only Marcus had really mentioned, Luke could not mention, because he only reports the calling of the two pairs of brothers afterwards *) – in the evening the healing of the sick follows, in the morning the departure of Jesus (C. 4, 39-43).
So it was really like this: Peter already knew Jesus before his calling – so it is no wonder when Peter addresses him as his master – but Luke did not explain this familiarity and made the following calling, the coincidental meeting of both senseless. |
80* | *) διηκόνει αὐτοῖς schreibt er dem Marcus nach ch. 4, 39. Vergleiche Marcus 1. 31. | *) διηκόνει αὐτοῖς he writes in Mark according to ch. 4, 39. Compare Mark 1. 31. |
80/81 | Freilich hatte er die Schwierigkeit, in die er sich durch die Voranstellung jenes Berichts vor seinem Bericht von der Berufung verwickelte, wohl gefühlt. Nachdem er durch eine unabweisbare Nothwendigkeit gezwungen — denn er wußte der wie-verholten Einkehr Jesu in Kapernaum keine neue und zugleich natürliche Gestalt zu geben — Simons Namen erwähnt hatte, unterdrückt er ihn wenigstens unmittelbar darauf, wenn er zum frühen Ausbruch Jesu kommt, läßt er nämlich das Volk ihm nacheilen, läßt er Jesum das Volk mit jenen Worten abweisen, mit denen er in der Schrift des Marcus die Jünger——-nun? auch einfach ab weist? Nein! vielmehr in seine Aufgabe, in seinen Beruf mit hineinreißt, d. h. zugleich in das Element zieht, in dem sie von jetzt an leben sollen. | Admittedly, he had felt the difficulty in which he was entangled by placing this report before his report on the calling. After he had been forced by an unavoidable necessity – for he did not know how to give a new and at the same time natural form to Jesus’ repeated return to Capernaum – to mention Simon’s name, he suppresses it at least immediately afterwards, when he comes to Jesus’ early departure, namely, he lets the people hurry after him, he lets Jesus reject the people with the same words with which he simply rejects the disciples in Marcus’ writing? No! Rather, he drags them into his task, into his calling, i.e. at the same time draws them into the element in which they are to live from now on. |
81 | Das ist der Sinn dieser Worte: ״Kommt, laßt uns in die benachbarten Orte ziehen, damit ich auch dort predige, denn dazu bin ich gekommen!”
Das ist ihr Zweck! Sie sollen die Jünger über das Leben, das sie von jetzt an führen sollen, orientiren. Nur in der Schrift des Marcus sind sie, was sie seyn sollen. Lukas dagegen hat ihnen, weil die Berufung erst folgen sollte, ihren wahren Sinn und Zweck geraubt. |
This is the meaning of these words: ״Come, let us go into the neighbouring places, that I may preach there also, for that is what I have come to do!”
That is their purpose! They are to orient the disciples about the life they are to lead from now on. Only in the writing of Marcus are they what they are to be. Luke, on the other hand, because the calling was to follow, robbed them of their true meaning and purpose. |
81/82 | Der Umstand, daß Lukas vor der Berufung der ersten Jünger bereits das vertraute Verhältniß zwischen Petrus und seinem Gebieter angeknüpft hat, hatte noch eine weitere Inconvenienz zur Folge. Während er nämlich die Berufung der vier ersten Jünger berichten will und demnach die Sache so darstellen müßte, daß Jesus sie alle vier in gleicher Weise zufällig angetroffen, sie alle in gleicher Welse zu sich herangerufen habe, schielt er von Anfang an vorzugsweise auf Petrus hin: als Jesus die Leute mit ihren Nachen am Ufer des Seees trifft und in einen derselben steigen will, fügt es sich gerade so, daß er den des Petrus besteigt (C. 5, 3.); zum Petrus sagt er sodann, er solle in den See hineinfahren; Petrus wird endlich die einzige handelnde Person, er nennt Jesum Gebieter, auf sei-neu Wink erst kommen seine Genossen im andern Schiff herbei und helfen ihm das volle Netz herausziehen — Petrus stürzt Jesu zu Füßen und huldigt ihm als einem übernatürlichen Wesen — nur zu Petrus sagt endlich Jesus: fürchte dich nicht, denn von nun an sollst du Menschen fangen. Dennoch folgten auch die Andern dem Herrn nach, C. 5, 4—11., nachdem sie die Schiffe an’s Land geführt und Alles im Stich gelassen hatten——- und der Herr hat kein Wort an sie gerichtet — hat sie nicht berufen. | The fact that Luke had already established the intimate relationship between Peter and his master before the calling of the first disciples resulted in a further inconsistency. For while he wants to report the calling of the first four disciples, and thus would have to portray the matter in such a way that Jesus encountered all four of them by chance in the same way and called them all to Himself in the same way, from the beginning he is aiming primarily at Peter: when Jesus meets the people with their barges on the shore of the lake and wants to get into one of them, it just so happens that He boards Peter’s (C. 5, 3.). 5, 3.); he then tells Peter to enter the lake; Peter finally becomes the only acting person, he calls Jesus master, at his first hint his comrades in the other ship come and help him to pull out the full net – Peter falls at Jesus’ feet and pays homage to him as a supernatural being – only to Peter Jesus finally says: do not be afraid, for from now on you shall catch men. Nevertheless, the others also followed the Lord, C. 5, 4-11. after they had led the ships ashore and abandoned everything——- and the Lord did not address a word to them – did not call them. |
82 | Nun die Inconvenience, die den ganzen Bericht selbst dann zerstören würde, wenn er besser und solider gebaut wäre, als er wirklich gebaut ist. Als Lukas sich nach Mitteln und Wegen umsah, wie er Jesum zu den Fischern und in einen ihrer Na-chen bringen könne, erfuhr er aus der Schrift des Marcus (C. 3, 9.), daß Jesus, um dem übergroßen Gedränge des Volks sich zu entziehen, einmal einen Nachen bereit halten ließ, — aus derselben Schrift (C. 4, 1.) ersah er, daß Jesus, als einmal eine große Volksmenge sich am See um ihn gesammelt hatte, einen Nachen bestieg und von hier aus lehrte — nun hat er es gefunden: Jesus befindet sich am See, das Volk fiegt ihm an, er solle ihm das Wort Gottes zu hören geben — er sieht zwei Nachen am Ufer stehen, die Fischer waren ausgetreten und wuschen ihre Netze——- | Now the inconvenience that would destroy the whole account even if it were better and more solidly built than it really is. When Luke looked around for ways and means to bring Jesus to the fishermen and into one of their niches, he learned from the writing of Marcus (C. 3, 9.) that Jesus, in order to avoid the great crowd of the people, once had a boat kept ready, – from the same writing (C. 4, 1.) he learned that Jesus, when once a great crowd had gathered around him at the lake, boarded a boat and taught from there – now he has found it: Jesus is at the lake, the people are catching at him, he should give him the word of God to hear – he sees two yachts standing on the shore, the fishermen had gone out and were washing their nets——- |
82/83 | und wuschen ihre Netze — in demselben Augenblicke, als die Menge in den Herrn drang, er solle sie das Wort Gottes hören lassen! Stumpf und gleichgültig sind sie mit ihrem täglichen Gewerbe beschäftigt, während das Volk, welches mit ihnen zugleich am Ufer steht, vor Ungeduld brennt, das Wort Gottes zu hören! Und die Stumpfsinnigen sollen in demselben Augenblick berufen, aus der Menge emporgehoben und der Ehre der besonderen Nachfolge teilhaftig werden! | and washed their nets – at the very moment when the crowd was pressing upon the Lord to let them hear the Word of God! Dull and indifferent, they are busy with their daily business, while the people, standing at the same time with them on the shore, are burning with impatience to hear the Word of God! And the dull ones shall be called at the same moment, lifted up from the crowd and given the honour of special discipleship! |
83 | Ihre Unschuld wird aber sogleich an den Tag kommen, wenn wir bemerken, daß nur Lukas den Widerspruch zwischen ihrer Gleichgültigkeit und dem Eifer der Volksmenge verschuldet hat. In der Schrift des Marcus (C. 1, 16. 19.) liest er, wie sie theils mit dem Fischfang, theils mit dem Ausbessern ihrer Netze beschäftigt waren, als sie Jesus zum erstenmale traf und sogleich berief — diese Arbeit laßt er sie immer noch fortsetzen, obwohl er sie in eine Umgebung versetzt hat, in welcher ihre Gedanken auf Elwas ganz Anderes als das Waschen ihrer Netze gerichtet seyn mußten. Lukas hat sie erst mit dem lernbegierigen Volk umgeben; wenn sie aber in dieser neuen Umgebung als todte Wesen erscheinen, so ist andererseits auch das Volk, welches sie mit seiner Lernbegierde beschämt, nur ein tod-tes Mittel, welches die Augen Jesu auf die Nachen richten und dadurch die Berührung mit den Fischern vermitteln sollte. Las Volk, obwohl es den Herrn um die Predigt vom Wort Gottes angeht, obwohl Jesus, indem er einen der Nachen besteigt, Anstalten trifft, sein Verlangen zu befriedigen, bekommt nichts zu hören — natürlich! Sein brennendes Verlangen nach dem Wort Gottes hat bewirkt, was es bewirken sollte — es hat Jesum in einen der Nachen zu den Fischern getrieben und nun kann — muß die Berufung der Menschenfischer folgen.
Ob nun erst Lukas den wunderbaren Fischzug geschaffen hat? Die Art und Weise, wie er einzelne Züge aus der Schrift des Marcus zusammenwürfelt, das Ungeschick, mit dem er die Berufung der beiden Brüderpaare in die des Petrus aufgehen läßt, macht es allerdings mehr als wahrscheinlich, daß er die Elemente, aus denen er sein Seewunder bildete, bereits vorgefunden hat. |
Their innocence, however, will immediately come to light when we notice that only Luke was responsible for the contradiction between their indifference and the eagerness of the crowd. In the writing of Mark (C. 1, 16. 19.) he reads how they were partly busy with fishing, partly with mending their nets, when Jesus met them for the first time and immediately called them – he still lets them continue this work, although he has placed them in an environment in which their thoughts must have been directed to something quite different than the washing of their nets. Luke first surrounded them with the people eager to learn; but if in this new environment they appear as dead beings, then on the other hand the people, who shame them with their eagerness to learn, are only a dead means which should direct Jesus’ eyes to the nets and thereby mediate the contact with the fishermen. The people, though they approach the Lord for the preaching of the Word of God, though Jesus, mounting one of the barges, makes an effort to satisfy their desire, get nothing to hear – of course! His burning desire for the Word of God has brought about what it was supposed to bring about – it has driven Jesus into one of the boats to the fishermen and now the calling of the fishermen of men can – must follow.
Whether it was Luke who first created the wonderful procession of fish? The way in which he throws together individual elements from the scripture of Marcus, the clumsiness with which he allows the calling of the two pairs of brothers to merge into that of Peter, makes it more than likely that he had already found the elements from which he formed his maritime miracle. |
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84 | Auch Matthäus führt uns zur Schrift des Marcus zurück. Wenn er nämlich berichtet C. 4, 48: Jesus ״sah zwei Brüder, Simon Petrus und Andreas, seinen Bruder”, ebenso V. 21: Jesus ״sah ein anderes Brüderpaar, den Jakobus, den Sohn des Zebedäus und Johannes, seinen Bruder”, so sagt er dem Leser zweimal dasselbe und benutzt er zwei Quellen, ohne daran zu denken, daß er zur zweiten Quelle nicht mehr zu gehen brauchte, nachdem er aus der ersten geschöpft hatte — d. h. er benutzt die zweite Quelle mechanisch, schreibt dem Marcus mechanisch nach: ״den Simon und den Andreas, seinen Bruder”, ״den Jakobus, den Sohn des Zebedäus und Johannes, seinen Bruder” (Marc. 1, 16.1l).), nachdem er vorher aus seinem Kopfe schon die Notiz genommen hatte, daß jene Leute, je zwei immer ein Brüderpaar waren.
Marcus hat somit wiederum den ausschließlichen Nuhm der Einfachheit und der zusammenhängenden Darstellung gewon-nen, der Boden aber, auf den uns sein Bericht erheben will, ist in dieser, der wirklichen Welt so wenig zu finden, wie derjenige, auf den Lukas sein ungestaltetes Ungethüm gestellt hat. Die Bildung eines Jüngerkreises macht sich in dieser Welt nicht dadurch, daß der Meister vor ein Paar Leute Hintritt und ihre Folgsamkeit daran erprobt, ob sie ihm auf einen einfachen Zuruf sogleich gehorchen und sich ihm für immer anschließen — sondern allmählig erst können Einzelne sich dazu bewogen fühlen, ihre Persönlichkeit der eines Andern unterzuordnen und endlich ganz hinzugeben, je nachdem sie seine Bedeutung kennen lernen und ihre Erfahrung von seiner anregenden oder schöpferischen Kraft sie zu ihm hinzieht. |
Matthew also takes us back to the writing of Mark. For when he reports C. 4, 48: Jesus ״saw two brothers, Simon Peter and Andrew his brother’, likewise v. 21: Jesus ״saw another pair of brothers, James the son of Zebedee and John his brother’, he tells the reader the same thing twice and uses two sources without thinking that he no longer needed to go to the second source after he had drawn from the first – i.e. he uses the second source mechanically, he mechanically copies Mark: ״the Simon and the Andrew, his brother’. That is to say, he uses the second source mechanically, mechanically writes after Marcus: ״Simon and Andrew his brother’, ״James the son of Zebedee and John his brother’ (Marc. 1, 16.1l)), after he had already taken note from his head that those people, two each, were always a pair of brothers.
Mark has thus again gained the exclusive glory of simplicity and coherent presentation, but the ground on which his report wants to raise us is as little to be found in this, the real world, as the one on which Luke has placed his unformed monstrosity. The formation of a circle of disciples does not take place in this world by the Master stepping in front of a few people and testing their obedience by whether they immediately obey him at a simple call and join him forever – but only gradually can individuals feel moved to subordinate their personality to that of another and finally surrender completely, depending on whether they get to know his significance and their experience of his stimulating or creative power draws them to him. |
84/85 | Je größer der Mann ist, der mit einem neuen Princip auftrilt, je größer der Gehalt seines Selbstbewußtseyns, je sicherer er auf seine schöpferische Kraft vertrauen kann, um so wem-ger wird er daran denken, durch die magische Gewalt eines Wortes Einzelne an sich zu ketten — je freier er sich selber fühlt, um so weniger wird er auf den Gedanken kommen, den Gehalt seines Geistes in Maschinen zu gießen — er wird viel-mehr arbeiten, seinen innern Schatz ans Licht ziehen und gestal-ten und sich darauf verlassen, daß die Erfahrung und der An-klang der innern Stimme ihm diejenigen, die sich ihm verwandt fühlen, zuführen werden. | The greater the man is who strides forth with a new principle, the greater the content of his self-awareness, the more certain he can trust in his creative power, the less he will think of chaining individuals to himself through the magical power of a word – the freer he feels himself to be, the less he will think of pouring the content of his spirit into machines – he will rather work, draw his inner treasure to light and shape it, and rely on experience and the sound of the inner voice to bring to him those who feel a kinship with him. |
85 | Solange es eine Geschichte gibt, hat es noch keinen Meister gegeben, dessen erstes Werk die Berufung eines Jünger-kreises gewesen wäre. Der Meister wird immer selbst erst durch seine Arbeiten und er denkt nie daran, seine Jünger zu ״berufen”, sondern er sammelt und erwirbt sie sich, indem er den neuen Gehalt, den er in die Geschichte bringt, entwickelt und der Oeffentlichkeit preisgibt.
Es war nicht einmal eine Nothwendigkeit, die aus der Anschauung von der göttlichen Bestimmung des Herrn — aus diesem allgemeinen Wesen hervorging, was die Berufung der Jünger zur ersten Handlung bei seinem Auftreten machte. Eben so wenig war diese Anordnung durch einen allgemeinen Typus der heiligen Geschichte geboten. Die Darstellung des Marcus ist zwar dem alttestamentlichen Bericht von der Berufung des Elisa durch Elias nachgebildet — aber hat denn Elias seinen Nachfolger in dem Augenblick berufen, wo er auftrat? So wenig wie Moses die Aeltesten erwählte, ehe er das Werk der Befreiung seines Volks begonnen hatte. Ja das Vorbild Mo-se’s hat es bewirkt, daß dasjenige, was wirklich als die Erwählung eines Jüngerkreises betrachtet werden kann, auch in der evangelischen Geschichte eine spätere Stelle erhielt und von Jesus erst vorgenommen wurde (Marc. 3, 13. 14.), als er die Bedeutung seines Werks vollkommen klar entwickelt hatte. |
As long as history has existed, there has never been a master whose first work was the calling of a circle of disciples. The master always becomes himself through his work and never thinks of ״calling’ his disciples, but collects and acquires them by developing the new content he brings to history and revealing it to the public.
It was not even a necessity arising from the view of the Lord’s divine destiny – from this general essence – that made the calling of the disciples the first act at his appearance. Nor was this arrangement dictated by a general type of sacred history. Marcus’ account is indeed modelled on the Old Testament account of Elijah’s calling of Elisha – but did Elijah call his successor at the moment he appeared? No more than Moses chose the elders before he had begun the work of liberating his people. Indeed, Moses’ example caused that what can really be regarded as the election of a circle of disciples was also given a later place in the Gospel story and was only undertaken by Jesus (Marc. 3, 13. 14.) when he had developed the significance of his work completely clearly. |
86 | Es war vielmehr nur eine technische Zweckmäßigkeit, was die Berufung der ersten Jünger an eine so frühe Stelle brächte. Kapernaum sollte der Mittelpunkt der Wirksamkeit Jesu und seiner Reisen in Galiläa werden, die Berufung der beiden Brüderpaare, die in dieser Stadt ansässig sind, zumal die Berufung des Petrus, der ihn als Gast in seine Wohnung führte, sollte ihn demnach sogleich im ersten Augenblick seines Auftretens in diese bevorzugte Stadt bringen. Zum Theil wirkte auch die Gewohnheit der Anschauung mit, die das Bild Jesu, wenn ihm sein Züngerkreis fehlte, für unvollständig hielt — endlich verlangten die Collisionen, die in der Entwickelung des evangelischen Drama’s eine der ersten Stellen einnahmen und zu denen (Marc. 2, 18. 23) das freie Benehmen der Zünger den Anlaß gab, daß wenigstens der Kern des spätern Züngerkreises so schleunig wie möglich gebildet wurde. | It was rather only a technical expediency, which would bring the calling of the first disciples to such an early place. Capernaum was to become the centre of Jesus’ activity and his journeys in Galilee, the calling of the two pairs of brothers who lived in this city, especially the calling of Peter, who brought him as a guest to his home, was therefore intended to bring him to this favoured city at the very first moment of his appearance. In part, the habit of perception also played a role, which considered the image of Jesus incomplete if he lacked his circle of disciples – finally, the collisions, which occupied one of the first places in the development of the evangelical drama and to which (Marc. 2, 18. 23) the free behaviour of the disciples gave rise, demanded that at least the core of the later circle of disciples be formed as quickly as possible. |
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Neil Godfrey
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